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Wegweisungspolitik auf höherer Ebene



Einer der prominentesten Mitglieder der Initiativbefürworter ist der berüchtigte Stadtberner Polizeidirektor und Nationalrat Kurt Wasserfallen. Seine EU-Begeisterung sagt viel über die "Offenheit" der EU aus.

von Luzius Theiler, Bern

Demonstrationen sind Wasserfallen grundsätzlich zuwider. Vor zwei Jahren verbot er die Kundgebung von "Amnesty International" zum 50-jährigen Jubiläum der Menschenhenrechtserklärung wegen "Beeinträchtigung des Weihnachtsverkaufes". Vor kurzem versuchte er mit allen Mitteln eine Verurteilung von Christiane Brunner wegen Teilnahme an einer "illegalen Kundgebung" auf dem Bundesplatz am Abend der Abstimmung über den Mutterschaftsurlaub zu erreichen. Er kann den zweimaligen klaren Freispruch der Ständerätin vor Gericht heute noch nicht verwinden.

Damals noch Mitglied des Berner Kantonsparlamentes boxte Wasserfallen einen "Wegweisungsartikel" ins neue Polizeigesetz. Diesen rechtsstaatlich skandalöse Paragraph erlaubt Leute vorübergehend wegzuweisen "wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie oder andere, die der gleichen Ansammlung zuzurechnen sind, die öffentliche Ordnung gefährden oder stören".

Unter der zynischen offiziellen Sprachregelung "Stadtpflege" wendet Wasserfallen den Wegweisungsparagraphen munter an, etwa gegen Obdachlose, öffentliche Biertrinker und sogar gegen Ärzte der "ambulanten Medizin", die Junkies Überlebenshilfe leisten. Auswärtige müssen drüber hinaus mit einem Stadtverbot rechnen. Fast alle bis heute gerichtlich beurteilten Wegweisungen wurden wieder aufgehoben - aber begreiflicherweise nehmen nur wenige der Weg- und Ausgewiesenen die Mühsalen und Kostenrisiken eines Ganges zur Justiz in Kauf.

Wahrscheinlich muss Wasserfallen von Zeit zu Zeit einigen etwas unflexiblen Gesinnungsfreunden aus der rechtsbürgerlichen Szene seine EU-Begeisterung erklären. Für uns ist seine Haltung ganz logisch: Mit der rasch vorangetriebenen Umsetzung der Verträge von Schengen und Dublin betreibt die EU Wegweisungspolitik auf höherer Ebene. Denn die vielgerühmte Niederlassungsfreiheit im EU-Raum gilt nur für einen Teil der Bewohnerschaft. Arbeitslose, Obdachlose, Personen, die "Sittlichkeit und Sicherheit" gefährden, sind ganz oder teilweise ausgeschlossen, sog. "Drittstaatenausländer" von ausserhalb der EU sind völlig rechtlos.

Eine Schweiz ausserhalb der "Festung Europa" werde zur "Unsicherheitsinsel", argumentiert Wasserfallen immer wieder. Sicherheit durch Europol, Eingreiftruppe und Abschottung gegenüber den ärmeren Ländern? Dann schon lieber auf der Insel leben.

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