Die zentralen Motive der EU für den Abschluß von Fischereiabkommen mit westafrikanischen Ländern sind die Deckung ihres steigenden Fischbedarfs, die Erhaltung von Arbeitsplätze, die Auslastung der 40%igen Flottenüberkapazität der EU sowie der Schutz der Bestände in eigenen Gewässern. Um diese Ziele zu erreichen, betreibt die EU eine Politik, die auf Kosten der westafrikanischen Bevölkerung und im Widerspruch zu den eigenen hehren entwicklungspolitischen Grundsätzen, gnadenlos die Ressourcen der westafrikanischen Küsten plündert.
von Martina Schaub, Diplomagraringenieurin, Handelsreferentin bei GERMANWATCH
Die Prinzipien der EU-Entwicklungspolitik
Der seit 1993 geltende Maastrichter Vertrag enthält in Artikel 130 auch die Grundprinzipien der EU-Entwicklungspolitik. Diese sind neben der Kohärenz Komplementarität und Koordination. Komplementarität bezieht sich darauf, daß die Entwicklungspolitik der EU die Entwicklungspolitik der Mitgliedstaaten nur "ergänzen" soll. Obwohl es in der Vergangenheit erste Ansätze für eine verbesserte operationelle Koordinierung gab, existieren in Europa real noch 16 unterschiedliche Entwicklungspolitiken (15 Mitgliedstaaten plus Kommission), die sich in der Projektarbeit vor Ort teilweise sogar Konkurrenz machen.
Das Kohärenzgebot verpflichtet die EU, bei allen poltischen Entscheidungen, die Entwicklungsländer betreffen können, entwicklungspolitische Ziele (z.B. Armutsbekämpfung, Förderung einer nachhaltigen Entwicklung) zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz steht allerdings oft im Widerspruch zur praktischen Politik der EU, wie das Fallbeispiel der Fischereipolitik der Europäischen Union zeigt. Die EU konterkariert mit ihren Fischereiabkommen mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP-Staaten) ihre Entwicklungsmaßnahmen für den Fischereisektor der Partnerländer.
Die EU und ihr Fischereiproblem
Die Fischereiflotte der Europäischen Union ist in Bezug auf die zur Verfügung stehende Fischmenge, die in europäischen Gewässern gefangen werden kann, zu groß. Die Flottenkapazität liegt um ca. 40% höher als es eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung erlauben würde; die Folge ist eine Überfischung der europäischen Gewässer.
Die Abrüstung der Flotte erfolgt entgegen den Selbstverpflichtungen der EU nicht in vollem Umfang, weil damit viele Arbeitsplätze von Fischern, insbesondere in Spanien, Frankreich und Italien verloren gehen würden. Die Alternative ist der Kauf von Fangquoten in ausländischen Gewässern, ca. 1000 EU-Trawler fischen regelmäßig in den Gewässern des Indischen und Atlantischen Ozeans und vor den Küsten Afrikas.
Die EU verfolgt mit ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP, seit 1983 definiert, reformiert 1993) den Grundsatz der Schaffung einer modernen, wettbewerbsfähigen Flotte. Dies soll theoretisch durch eine "rationelle, verantwortungsvolle und dauerhafte Nutzung der Fischereibestände, Gleichgewicht zwischen Fischereiaufwand und verfügbaren sowie zugänglichen Ressourcen, strenger kontrollierter Zugang zu den Beständen...." erreicht werden (Europäische Kommission, Generaldirektion Fischerei: Die neue gemeinsame Fischereipolitik. Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG. Luxemburg.1994, S.10). Der Lebensunterhalt der Fischer und die Arbeitsplätze in der Verarbeitungsindustrie sollen für die Zukunft gesichert und den europäischen Verbrauchern Fisch zu angemessenen Preisen geboten werden. In der Praxis lag der Schwerpunkt, besonders nach dem EU-Beitritt von Spanien und Portugal 1986, stark auf der Modernisierung und Industrialisierung der Fischerei. Nach deren Beitritt nahmen die Fangkapazität um 75%, die Tonnage um 65%, die Fischereierzeugung und der Verbrauch um jeweils 45% zu. In Spanien ankert die größte europäische Fischereiflotte. 70% aller europäischen Fischer und Besatzungsmitglieder kommen von dort, ca. 300.000 Spanier leben direkt oder indirekt von der Fischerei. (‚Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von EU-AKP Fischereiabkommen' (1998) von Katja Hansen im Auftrag von GERMANWATCH und Brot für die Welt kann bei GERMANWATCH bezogen werden.)
Fischereiabkommen öffnen Fanggründe
Die zentralen Motive der EU für den Abschluß von Fischereiabkommen sind die Deckung ihres steigenden Fischbedarfs, die Erhaltung der Arbeitsplätze in der Fischindustrie und derjenigen der betroffenen Fischer, die Auslastung der 40%igen Flottenüberkapazität der EU sowie der Schutz der Bestände in eigenen Gewässern.
Zur Zeit hat die EU Zugang zu den Hoheitsgewässern von 16 AKP-Staaten. In diesen sogenannten "gemischten" Fischereiabkommen werden der Thunfischfang ebenso wie der Fang von anderen Fischen geregelt. Fischereiabkommen mit AKP-Ländern sind keine Gegenseitigkeitsabkommen, d.h. "Fisch gegen Fisch" wie z.B. mit Norwegen und Island, sondern es sind Fischereiabkommen gegen finanzielle Ausgleichszahlungen, also "Fisch gegen Euro".
Die Fangrechte für Trawler werden in Brutto-Register-Tonnen (BRT) definiert und nicht, wie sonst üblich, in Fangmengen, also Tonnen. Dies erlaubt der EU die zunehmende Erhöhung ihres Fischereiaufwandes bei gleicher BRT-Zahl, wie es durch technische Neuerungen möglich ist.
Die Fischereiabkommen mit AKP-Ländern enthalten bereits die Möglichkeit zur höheren Auslastung der vereinbarten Fangmengen. Nachzahlungen für "zusätzliche" Fänge sind an der Tagesordnung. Fischereiabkommen werden zudem immer im Vorgriff angewendet, d.h. vor der Ministerrats-Entscheidung.
Die geforderte Schutzzone von 12 Seemeilen für Kleinfischer wird nicht in allen Protokollen vorgeschrieben. In Äquatorialguinea beispielsweise existiert nur eine Schutzzone von vier Seemeilen. Von den in den Fischereiabkommen vorgeschriebenen örtlichen Fanganlandungen der EU-Flotten im Senegal profitieren anstatt der örtlichen insbesondere französische Verarbeitungsfirmen. In Guinea sind die EU-Schiffe im Rahmen des neuen Abkommens sogar zur kostenlosen Anlandung von Fisch vor Ort verpflichtet, was den Markt der einheimischen Fischer erheblich stört.
Rückgang der Fischbestände
Die FAO stellt fest, daß sich 70% der Bestände in westafrikanischen Gewässern in einem kritischen Zustand befinden - anderen Quellen zufolge sind bis zu 90% der Bestände in westafrikanischen Gewässern bereits überfischt. Trotzdem schafft es die EU, dank ihrer starken Verhandlungsposition, ihre Fangmöglichkeiten in jedem neuen Fischereiabkommen mit einem AKP-Land zu erhöhen. Sie setzt sich regelmäßig über wissenschaftlich empfohlene Fangquoten hinweg.
So wurde EU-Schiffen im neuen Abkommen mit dem Senegal zum ersten Mal Möglichkeiten zur "pelagischen Fischerei" eingeräumt. Diese Schwarmfische machen 85% der Fänge der lokalen Fischer des handwerklichen Sektors aus. In Mauretanien sind nun im Rahmen des neuen Fischereiabkommens 240 im Vergleich zu zuvor 165 EU-Schiffe zugelassen. In sämtlichen Abkommen hat sich vor allem auch die Zahl der zugelassenen Thunfischfänger drastisch erhöht.
Diese Fischereiabkommen mit AKP-Ländern zerstören die Basis der marinen Ressourcen und damit die Versorgung der Bevölkerung mit ihrem Grundnahrungsmittel Fisch. Trotz Eingeständnissen, daß die EU-AKP-Fischereiabkommen problembehaftet seien, hält die EU stets am Abschluß neuer Abkommen in AKP-Ländern fest.
Den Angaben über tatsächliche Fangmengen der EU fehlt es an Transparenz. Die geschätzten tatsächlichen Fangmengen betragen oft ein Vielfaches der offiziellen Schätzungen, z.B. das Vierfache in der Elfenbeinküste oder das Dreifache in Mauritius. Ein zweifelloser Indikator für die Überfischung mauretanischer Gewässer ist die Tatsache, daß sich der zeitliche Aufwand (in Std/Tonne Fisch) bei der Zephalopoden-Fischerei (Kopffüßler, also Tintenfisch) zwischen 1992 und 1994 vervierfachte. EU-Flotten haben auch Fangrechte für diese Arten vor Mauretanien. Während der eingeführten Schonzeit in Mauretanien fischen EU-Flotten einfach einige Seemeilen weiter im Senegal oder in Guinea-Bissau. Zusätzlich schließen Europäische Reeder private Lizenz- und Charterverträge mit AKP-Staaten ab, wie z.B. in der pelagischen Fischerei in Mauretanien.
Die Subventionierung der EU-Fischerei
Allein im Jahr 1996 hat die EU 95 Mio. ECU für Fischerei-Ausgleichszahlungen an AKP-Staaten aufgewendet. Dies entspricht etwa 12% des gesamten Budgets der gemeinsamen Fischereipolitik der EU. Innerhalb eines Jahrzehnts (1985 bis 1996) haben sich die Ausgaben für Fischereiabkommen verachtfacht. Dabei übersteigen die Kompensationsleistungen einschließlich sämtlicher Subventionen deren Wert erheblich.
Allein für das Fischereiabkommen mit Mauretanien gibt die EU über mehrere Jahre 60% (266,8 Mio. ECU) ihrer Ausgleichszahlungen für AKP-Staaten aus. Senegal (48 Mio. ECU) und Guinea-Bissau (36 Mio. ECU) folgen mit großem Abstand. Die EU verpflichtet die Partnerstaaten in keinem Fall zu einer Mittelbindung, obwohl z.B. 16 Mio. ECU für das Senegal-Abkommen aus dem EDF (European Development Found) stammen. Die eigentlich für die Entwicklung des handwerklichen Fischereisektors bestimmten Gelder kommen so mit Sicherheit nicht bei den Kleinfischern an.
Außer den oben angesprochenen Nachzahlungen für höhere Fänge werden auch die enormen Beifänge nicht als Kosten gewichtet. Der Wert der rückgeworfenen Fänge durch EU-Flotten in senegalesischen Gewässern entsprachen 1992-94 18% der finanziellen Ausgleichszahlungen. Auch werden sonstige Kosten wie für Anlandung, Lagerung, Schiffsreparaturen, Verhandlung, Verwaltung, Kontrollmaßnahmen, Infrastruktur und Monitoring nicht miteingerechnet.
Trotz der zweifelsfreien Notwendigkeit zum Abbau des Fischereiaufwands erhält Spanien zwischen 1994 und 1999 allein für seine "Erneuerung und Modernisierung der Fischereiflotte" über 334 Mio. ECU; Subventionen in gleicher Höhe erhält das Land für die "Anpassung des Fischereiaufwands". Man erkennt, daß diese Subventionen der EU einen Neutralisierungseffekt besitzen. Demnach ist es kein Wunder, daß sich die Anzahl der EU-Schiffe allgemein zwar leicht verringert hat, die Tonnage bzw. Fangkapazität hingegen gleichgeblieben ist. Frankreich erhält sogar mehr als doppelt soviel für die Modernisierung seiner Flotte als für deren Anpassung. Diese Subventionsbeispiele belegen, daß sich das Problem der Überkapazität auch weiterhin verschärfen wird.
Negative Auswirkungen auf die Länder Westafrikas
Fisch deckt in Westafrika 50 bis 80% des Gesamtbedarfs an tierischem Eiweiß. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch in Afrika südlich der Sahara ist von 9 kg (1990) auf 7 kg (1994) zurückgegangen. Anfang der 80er Jahre betrug dieser noch 15 kg. Insgesamt stammen 77% der Fänge aus dem handwerklichen Fischereisektor. Dieser ist zugleich die wichtigste Einkommens- und Beschäftigungsquelle. Die Fänge der Kleinfischer sind jedoch zwischen 1992 und 1994 um 8% zurückgegangen. Die EU-Fänge besitzen also negative Auswirkungen auf die einheimischen Fänge. Die AKP-Regierungen verkaufen die wichtigste Nahrungsgrundlage ihrer Bevölkerung gegen Devisen, um ihren Schuldenberg abzutragen oder zum Teil um wiederum Fisch zu importieren.
In Mauretanien wird Kraftstoff in erster Linie an ausländische Schiffe ausgegeben. Es wurde berechnet, daß dadurch den einheimischen industriellen Flotten jährlich etwa 20 Mio. US$ in Form "verlorener Fischfangzeit" aufgrund von Wartezeiten verloren gehen. Einheimische Fischer müssen zudem erheblich höhere Kosten für den Betrieb ihrer Schiffe aufwenden (z.B. Kraftstoff u. Ersatzteile).
Etliche AKP-Länder sind sogar zum Import ihres Grundnahrungsmittels Fisch gezwungen, zu einem wesentlichen Teil aus der EU, und weisen dadurch negative Handelsbilanzen an Fischprodukten auf. Die Handelsdefizite an Fischprodukten beliefen sich in der westafrikanischen Region im Jahr 1993 auf 600.000 t. Dabei gingen die Importe innerhalb einer Dekade um 37% zurück. Die Verfügbarkeit von Fisch auf den einheimischen Märkten nimmt im Durchschnitt stetig ab, da die niedrigeren Importe nicht mit einem entsprechenden Anstieg der Fischproduktion wettgemacht werden können. Die Nahrungssicherheit ist dadurch immer stärker gefährdet. Obgleich der Senegal beispielsweise eine positive Handelsbilanz an Fischprodukten aufweist, importierte das Land 1993 für 24 Mio. US$ Fisch, vor allem aus nicht-afrikanischen Ländern. Die Importe an frischem Fisch in die Elfenbeinküste haben sich zwischen 1988 und 1992 sogar verzwölffacht! Eine Reihe westafrikanischer Länder importiert auch gerade die kleinen pelagischen Fische, die wichtigste Proteinquelle der Bevölkerung. Nigeria importiert Schwarmfische auch aus Deutschland, den Niederlanden und anderen europäischen Ländern. Die Bedeutung dieser Schwarmfische wird daraus ersichtlich, daß dort der Preis von gefrorenem pelagischen Fisch im Jahr 1994 11% desjenigen für Hühnerfleisch betrug.
Zieht man ein durchschnittliches Bevölkerungswachstum von 3% in Westafrika heran, so könnten allein von den Fängen der europäischen Flotten in westafrikanischen Gewässern 25 bis 50 Mio. Menschen zusätzlich ihren Fisch- bzw. Eiweißbedarf decken. Nimmt man nun die Bevölkerungsprognose der FAO für das Jahr 2010, so müssen zwischen 1997 und 2010 etwa 90 Mio. Menschen zusätzlich ernährt werden. Allein von den kleinen pelagischen Fischen, die von der EU vor Westafrika gefischt werden(160.000 t), könnten bei einem Pro-Kopf-Bedarf von 20 kg zusätzlich 8 Mio. Menschen ernährt werden.
Westafrikanische Küstenbevölkerungen sind demnach im Hinblick auf ihre Nahrungssicherung dreifach bestraft: Erstens erschweren Umweltprobleme wie Desertifikation in den Trockenregionen die Produktionssteigerung von Nahrungsmitteln, was bereits zu einem drastischen Anstieg des Fischkonsums geführt hat. Zweitens sind diese Länder mit einem unaufhaltsamen Bevölkerungsanstieg konfrontiert und drittens verlagert die EU ihre Flottenüberkapazitäten einfach in deren Gewässer und beutet diese aus, obgleich sie bereits überfischt sind.
Die Rolle der EU in westafrikanischen Gewässern
Im Durchschnitt stammen über die Hälfte der EU-Fänge aus den Fanggründen von Drittländern. Die EU ist die wichtigste ausländische Flotte in Westafrika. Insgesamt gehen die Hälfte der ausländischen Fänge auf das Konto der EU. Von den 422 Lizenzen in den westafrikanischen Staaten Senegal, Mauretanien, Guinea-Bissau und Gambia gingen 1995-96 294 an die EU. Von den Fangrechten profitieren vor allem die Spanier, Franzosen und Portugiesen. Spanien verbuchte 1992 fast 70% der EU-Fänge im östlichen Zentralatlantik. Die Spanier landen dabei nicht selten ihre Fänge illegal in Las Palmas an und können diese dann als EU-Fänge deklarieren. Bei der Ausbeutung von Fischressourcen nutzen EU-Flotten insbesondere fehlende Kontrollen.
Von EU-Schiffen gefangener Fisch wird auch als Nahrungsmittelhilfe nach Westafrika gebracht. Dies sind insbesondere getrocknete pelagische Fische. Mauretanien erhielt zwischen 1988 und 1990 pro Kopf 33 kg Nahrungsmittelhilfe von der EU. Sao Tomé importiert im Rahmen des Welternährungsprogrammes der UN etwa 200 t getrockneten Fisch pro Jahr aus skandinavischen Ländern.
Der Widerspruch zwischen Fischereiabkommen und Entwicklungspolitik
Die EU verfolgt mit ihren Fischereiabkommen mit AKP-Ländern einerseits und ihrer Entwicklungspolitik andererseits eine völlig inkohärente Politik. Im Rahmen des Lomé-Abkommens liegt der Schwerpunkt der EU im handwerklichen Fischereisektor in der Region Westafrika. Sämtliche Fischereiprojekte im Rahmen von Lomé werden aus dem EDF finanziert (Das Lomé-Abkommen als Kernstück europäischer Entwicklungszusammenarbeit regelt seit 25 Jahren die Beziehungen zwischen der EU und 71 AKP-Staaten; das gegenwärtig gültige Abkommen läuft im Jahr 2000 aus, seine Zukunft wird momentan neu verhandelt). Zwischen 1959 und 1989 gingen somit 42% der gesamten EDF-Unterstützung in den westafrikanischen Fischereisektor. Zwischen 1981 und 1993 erhielt die Region Westafrika für regionale Projekte im Rahmen von Lomé 22,5 Mio. ECU. Zudem können AKP-Länder Gelder aus anderen EU-Fonds für Entwicklungsprojekte erhalten. Unterstützung erfährt vor allem der handwerkliche Fischereisektor in Westafrika, welcher am stärksten von der Konkurrenz durch EU-Flotten betroffen ist. Allein im Senegal gibt es 21 Entwicklungsprojekte der EU im Fischereisektor. Die GTZ betreibt z.B. ein Projekt zur Fischereikontrolle in Mauretanien. Im Zeitraum von 1977 bis 1991 beliefen sich die Entwicklungshilfegelder der EU für die gesamte afrikanische Region auf etwa 40% der Ausgaben für Fischereiabkommen. Die finanziellen Ausgleichszahlungen für Fischereiabkommen mit dem Senegal übertreffen seit 1990 die Zahlungen im Rahmen von Lomé IV erheblich. Die Fischereiabkommen der EU mit AKP-Ländern machen all diese Entwicklungmaßnahmen der EU zunichte. Entwicklungsgelder für den handwerklichen Fischereisektor fließen in ein Faß ohne Boden, da Fanggründe, welche die Existenz lokaler Küstenbevölkerungen sichern, von den EU-Flotten selbst zerstört werden und diese die Kleinfischer als Verlierer im Konkurrenzkampf zurücklassen.
Forderungen von GERMANWATCH e.V. an die Bundesregierung und die Europäische Kommission
· Massive Reduzierung und Einstellung des Fischfangs von EU-Flotten in westafrikanischen Gewässern innerhalb der nächsten zehn Jahre.
· Vorrang für einheimische Fischer.
· Der Prämisse der Fischereiabkommen, daß nur "Überschüsse" gefangen werden dürfen, muß Rechnung getragen werden; bei ungenügenden Bestandsuntersuchungen ist im Zweifelsfall die ungünstigste Bestandssituation zu berücksichtigen.
· Der Entwicklung des handwerklichen Fischereisektors muß Priorität zugestanden werden; Ausweitung der Schutzzone für handwerkliche Fischer von 6/8 auf 12 Seemeilen; die EU muß dafür sorgen, daß Gelder auch wirklich den Kleinfischern zugute kommen
· Einführung eines verbesserten Kontroll-, Überwachungs- und Monitoringsystems.
· Grundlegende Strukturveränderung im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklungsstrategie der europäischen Fischwirtschaft.
· Erstellung einer detaillierten Kosten-Nutzen-Analyse (einschl. sämtlicher Subventionen und Folgekosten) durch die EU; größere Transparenz der finanziellen Kompensationsleistungen hinsichtlich ihrer Fischereiabkommen mit AKP-Ländern.
· Miteinbeziehung des Europäischen Parlaments durch das Zustimmungsverfahren (bisher nur Konsultation). In Artikel 218 des Maastricht-Vertrags ist dies bei "größeren finanziellen Folgen für die EU" vorgeschrieben.
· Einführung von Mechanismen zur Kontrolle der Kohärenz zwischen Fischerei- und Entwicklungspolitik der EU:
- Einrichtung eines Verhaltenskodex für verantwortungsbewußte Fischereiabkommen durch den Ministerrat,
- Erstellung eines Jahresberichts über die erzielte Kohärenz zwischen den EU-Fischereiabkommen und ihrer Entwicklungspolitik,
- Einrichtung eines Beschwerdemechanismus für betroffene Fischer,
- jährliches Hearing im Europaparlament zu Kohärenzfragen
Autorin: Martina Schaub, Diplomagraringenieurin, Handelsreferentin bei GERMANWATCH, Budapester Straße 11, 53111 Bonn, Tel.: 0228-60492-13, Fax: 0228-60492-19
|