Die irische Peace & Neutrality Alliance (PANA, Friedens- und Neutralitätsallianz) wurde gegründet, um für eine unabhängige irische Aussenpolitik einzutreten. Eine solche Politik beinhaltet die Beibehaltung der irischen Neutralität und Verfolgung der Sicherheitsinteressen Irlands in einer reformierten UNO und in der OSZE. PANA vertritt deshalb die Meinung, dass die künftige EU ein Verbund souveräner demokratischer Staaten ohne militärische Dimension zu sein hätte. Die irische politische Elite versucht, die unabhängige irische Aussenpolitik abzuschaffen, die irische Neutralität zu zerstören und eine Sicherheitspolitik zu betreiben, welche die Umwandlung der EU in einen nuklear bewaffneten europäischen Superstaat fördert. Diese neue imperiale Supermacht wäre ein natürlicher und unterwürfigen Verbündeter der USA, obwohl gewisse eher rechtsgerichtete Leute in den USA einen Mangel an Unterwürfigkeit der "Europäer" befürchten. Die irische politische Elite versucht, die Teilnahme der irischen Armee an den friedenserhaltenden Kräften der UNO zu beenden und die Armee in ein Regiment der embrionalen Europäischen Armee, den Schnelleingreiftruppen, umzuwandeln.
von Roger Cole, Peace & Neutrality Alliance, Irland
Das Referendum über den Nizza-Vertrag
Die Ergebnisse der Referenden, die dem Nizza-Referendum vorausgingen, zeigten, dass eine wachsende Zahl von Irinnen und Iren entschlossen sind, die Pläne der Militarisierung der EU und der Schaffung einer europäischen Grossmacht zu durchkreuzen. Die Anzahl der Stimmen gegen die schrittweise Umwandlung des Gemeinsamen Marktes von 1970 in eine imperiale Supermacht hat fortlaufend zugenommen. Mehr als 38% des irischen Volkes stimmten gegen den Amsterdamer Vertrag. Eine Meinungsumfrage von 1999 zeigte, dass 58% der Iren gegen die Schaffung einer Europäischen Armee waren. PANA glaubte deshalb, dass man dem Nizza-Vertrag siegreich entgegentreten könnte.
Wir waren auch ermutigt worden durch die Niederlage, die das dänische Volk in der Euro-Abstimmung der dänischen politischen Elite zugefügt hatte. Obwohl der Beitritt zur Euro-Zone der Anlass zur Abstimmung war, konzentrierte sich die Debatte auf die Themen "Demokratie" versus "europäische imperiale Grossmacht". Der Nizza-Vertrag verschaffte jenen Iren, welche die Demokratie in Irland, die Unabhängigkeit und die Neutralität verteidigen wollten, eine Gelegenheit für ihre Anliegen einzutreten. Die irische Elite hatte bereits im Vorfeld eine Niederlage befürchtet. Dies zeigte sich etwa an der Weigerung, ein Referendum über die irische Mitgliedschaft bei der NATO-Partnerschaft für den Frieden (eine Art Trainingscamp für die NATO-Mitgliedschaft) abzuhalten. Obwohl Mr. Ahern im Parlament (Dail) die Meinung geäussert hatte, dass es "fundamental antidemokratisch" sei, ohne Referendum der "Partnerschaft" beizutreten, fand keine Abstimmung statt.
Nizzavertrag
Die quasi-geheimen Verhandlungen des Nizza-Vertrags durch die EU-Eliten waren im Dezember 2000 abgeschlossen. Die irische Regierung stellte sich zuerst auf den Standpunkt, dass die Abhaltung eines Referendums nicht nötig sei. Das Verfassungsgericht belehrte sie dann aber eines bessern. Das Gericht hielt deutlich fest, dass nicht die politische Elite, sondern das irische Volk souverän sei, und dass deshalb Macht ohne die Zustimmung des Volkes nicht nach Brüssel delegiert werden dürfe. Entsprechend müsse ein Referendum abgehalten werden. Der Vertrag hätte nämlich einen Transfer von Macht weg vom irischen Volk und dessen gewählten Vertretern hin zu den Ministerräten beinhaltet, da der Vertrag eine massive Verminderung der Anzahl Gebiete vorsah, wo das Veto der Mitgliedländer noch möglich war. Zur selben Zeit sollten grösseren Staaten wie Frankreich und Deutschland mehr Macht verliehen werden, da sie mehr Stimmen erhalten und die Anzahl der Bereiche mit Mehrheitsabstimmung zugenommen hätten.
Zudem sollte der Vertrag von Nizza den Anspruch der Länder auf eine ständige Vertretung in der EU-Kommission aushöhlen. Nach der Übergangszeit hätte der Kommissionssitz in Rotation mit anderen Ländern geteilt werden müssen. Laut Vertrag hätte damit Irland während substantiellen Zeitspannen auf einen irischen Kommissar in der Kommission verzichten müssen. Die irische Regierung versuchte diesen Verlust als Sieg hinzustellen: man hätte auch mehr verlieren können!
Der Vertrag von Nizza hätte damit eine weitere Einschränkung der Demokratie in Irland und einen weiteren Schritt hin zur Schaffung eines Grossreichs unter der Herrschaft französischer und deutscher politischer Eliten bedeutet. Für PANA war dies jedoch nicht das Hauptthema. Uns ging es vor allem darum, die durch den Nizza-Vertrag bedingte Konsolidierung der zunehmenden Militarisierung der EU zu verhindern. Der Vertrag hätte nämlich die Institutionalisierung der Kommandostrukturen der EU-Armee (Schnelleingreiftruppen) bedeutet, wie sie vom Amsterdamer Vertrag bereits im Prinzip vorgesehen waren.
Der Amsterdamer Vertrag
Beim Referendum über den Amsterdamer Vertrag versuchte die irische politische Elite bereits, die Stimmberechtigten auszutricksen. Die Abstimmung wurde mit dem Referendum über das "Good Friday Agreement" zusammengelegt. Dies bedeutete, dass die Medien dem Amsterdamer Vertrag wenig Aufmerksamkeit schenkten. Dabei beinhaltete der Amsterdamer Vertrag bereits wesentliche Schritte hin zur Militarisierung der EU. Artikel J3 des Amsterdamer Vertrages hält fest:
"(1) Der Europäische Rat bestimmt die Grundsätze und die allgemeinen Leitlinien der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, und zwar auch bei Fragen mit
verteidigungspolitischen Bezügen."
Artikel J7 beinhaltet:
"(1) Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik umfaßt sämtliche Fragen,
welche die Sicherheit der Union betreffen, wozu auch die schrittweise Festlegung einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik im Sinne des Unterabsatzes 2 gehört, die zu einer
gemeinsamen Verteidigung führen könnte, falls der Europäische Rat dies beschließt."
Die dänische EU-kritische Bewegung, die sich für die Erhaltung der Demokratie in Dänemark einsetzt, ist stärker als die in Irland. Sie konnte die Dänische Regierung dazu bringen, ein Zusatzprotokoll für Dänemark durchzusetzen. Dieses hält fest:
"Hinsichtlich der vom Rat im Bereich des Artikels J.3 Absatz 1 und des Artikels J.7 des Vertrags
über die Europäische Union angenommenen Maßnahmen beteiligt sich Dänemark nicht an der
Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungs-
politische Bezüge haben; es wird allerdings die Mitgliedstaaten auch nicht an der Entwicklung
einer engeren Zusammenarbeit auf diesem Gebiet hindern. Dänemark nimmt daher nicht an der
Annahme dieser Maßnahmen teil. Dänemark ist nicht verpflichtet, zur Finanzierung operativer
Ausgaben beizutragen, die als Folge solcher Maßnahmen anfallen."
PANA trat bereits für ein Nein zum Amsterdamer Vertrag ein und verlangte eine Neuverhandlung, damit Irland ein ähnliches Protokoll zugestanden werde. Aus den selben Gründen rief PANA wieder zu einem Nein zum Nizza-Vertrag auf, sofern nicht ein Protokoll hinzugefügt werde, das Irland von der Militarisierung der EU auschliesse. Den Forderungen der PANA wurde jedoch nicht entsprochen.
Die kriegerischen Aufgaben des EU-Imperiums
Artikel J.7.2 des Amsterdamer Vertrags hält fest: "(2) Die Fragen, auf die in diesem Artikel Bezug genommen wird, schließen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen
ein." PANA wies während der "Debatte" über den Amsterdamer Vertrag darauf hin, dies beinhalte das Recht der EU, sich in Kriege zu verwicklen. Die Eliten verneinten dies vehement und nannten uns "Extremisten und Isolationisten". Nach der Debatte meinte jedoch eines ihrer Mitglieder, John Bruton, damals Präsident der Fine Gael am 22/10/99, im Parlament: "Peacemaking bedeutet die Etablierung von friedlichen Bedingungen - unter Anwendung von Gewalt - in Formen, die durch den "Friedensmacher" festgelegt werden. Es ist sehr schwierig, dies von üblicher Kriegsführung zu unterscheiden, ausser man lasse sich in subjektive Diskussionen über Beweggründe ein, die sehr elastisch sind." ("Peacemaking means imposing, by the use of force, peaceful conditions under the terms laid down by the peacemaker. It is very difficult to distinguish that from war making, unless one gets into subjective questions of motivation which are highly elastic.")
Diese Äusserung beleuchtet eindrücklich die Verachtung, welche die politische Elite gegenüber dem Volk hegt. Sie gaben die wirklichen Implikationen des Amsterdamer Vertrages erst nach der Debatte zu und PANA war überzeugt, dass sie diese Haltung auch bezüglich des Nizza-Vertrages annehmen würde.
Militärische Aspekte des Nizza-Vertrags
Der Vertrag von Nizza besteht in einer Sammlung von Zusätzen, die den bereits bestehenden EU-Verträgen beigefügt werden soll. Artikel 1.5 des Vertrages von Nizza hält fest: "Unbeschadet des Artikels 207 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verfolgt ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee die internationale Lage in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und trägt auf Ersuchen des Rates oder von sich aus durch an den Rat gerichtete Stellungnahmen zur Festlegung der Politiken bei. Im Rahmen dieses Titels nimmt das Komitee unter der Verantwortung des Rates die politische Kontrolle und strategische Leitung von Operationen zur Krisenbewältigung wahr." Das Weissbuch der irischen Regierung zum Nizza-Vertrag unterstrich die neue Qualität dieser Entwicklung: "Ein neues, ständiges Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee wird eingeführt." Dieser Teil des Nizza-Vertrages hätte eine gewichtige Konsolidierung der Militarisierung der EU beinhaltet.
Artikel 1.2 verwischt die meisten Hinweise auf die Westeuropäische Union (WEU - ehemals als militärischer Arm der EU gedacht). Die meisten Aufgaben der WEU wurden der EU übertragen, die mit dem Nizzavertrag unmittelbar die militärischen Aspekte der Koordination übernehmen würde - insbesondere mittels des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees. Erstmals könnte die EU als solche selber in einen Krieg einbezogen werden.
Die Verbindung zur NATO
Bis 2005 soll gemäss dem NATO-Generalsekretär die transatlantische Verbindung von EU und USA in Stein gemeisselt sein. Bis 2005 wird die NATO und die EU eine nahe und vertrauensvolle Beziehung auf allen Ebenen pflegen. Formeller und informeller Austausch zwischen den Sekretariaten und den Militärbehörden wird eine Routineangelegenheit sein. Gemeinsame Treffen werden abgehalten werden, und höhere Beamte beider Organisationen werden sich regelmässig gegenseitig informieren (Brüssel 29/3/2000)
Die Ernennung des früheren NATO- Generalsekretärs Javier Solana zum "Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" zeigte deutlich, in welche Richtung die Entwicklung verlaufen soll. Am Gipfel von Feira (Juni 2000) einigten sich die Politiker darauf, "Konsultation, Zusammenarbeit und Transparenz" zwischen der EU und der NATO zu verbessern. Der NATO-Generalsekretär solle EU-Treffen beiwohnen, der Vorsitzende des NATO-Militärrates den Sitzungen des EU-Militärausschuss. Diese Verbindungen sichern die Dominanz der USA über die EU. NATO-Kapazitäten sollen durch die Europäischen Schnelleingreiftruppen nicht ohne die Erlaubnis der NATO einsetzt werden können.
Die Entscheidung der irischen Politelite, der NATO-"Partnerschaft für den Frieden" beizutreten, wurde selbst von Mr Ahern, als er noch in der Opposition war, als "klares Signal" für den künftigen Beitritt Irlands zur NATO angesehen. Die irische Elite will deshalb die irische Neutralität abschaffen und der nuklear bewaffneten Militärallianz NATO beitreten.
Regiment des Imperiums
Als eine Folge des Amsterdamer Vertrages hat die EU bereits eine Europäische Armee auf die Beine gestellt - bekannt als "Schnelleingreiftruppe". Die Armee soll einen Bestand von ungefähr 250'000 Mann aufweisen, die benötigt werden, um 60'000 Soldaten ins Schlachtfeld schicken zu können. Dieser Armee wird das Recht verliehen, innerhalb eines Radius von 2'500 Meilen ausserhalb der EU zu intervenieren. So wäre z.B. eine Intervention in Afghanistan möglich. Es gibt auch Pläne, die ein Eingreifen in Teilen der Welt ausserhalb dieses Radius vorsehen. Während man uns glauben machen will, solches Eingreifen erfolge nur auf UNO-Mandat hin, zeigt der Krieg der NATO gegen Jugoslawien, dass man sich um solche Formalitäten kaum kümmert. Es gibt in der Tat im Nizza-Vertrag nichts, was ein UNO-Mandat als absolut notwendig erklären würde.
Es ist klar: die EU-Armee wird überall dort eingesetzt werden, wo es der EU-Elite passt, um ihre Interessen zu verteidigen. Der französische Präsident machte dies bei der Unterzeichnung des Nizza-Vertrages deutlich. Wenn die EU-Streitkräfte in Zukunft z.B. dazu eingesetzt werden, um die EU-Interessen im kaspischen Meer zu schützen - gegenüber Leuten, die in der Region einen gerechteren Gebrauch der Ressourcen anstreben, wird die lokale Bevölkerung nicht zwischen den "neutralen" irischen Regimenten der Armee des Europäischen Imperiums und anderen Regimenten unterscheiden - wie damals, als die Connaught Rangers die Verteidigung der Interessen des Britischen Empires übernahmen.
Abbau der Rolle Irlands bei UNO-Friedensmandaten
PANA argumentierte während den "Debatten" über den Amsterdamer Vertrag und des irischen Betritts zur NATO-"Partnerschaft für den Frieden", die irische Neutralität werden nach einer Salami-Taktik abgeschafft. Die lange und ehrenwerte Tradition des Einsatzes der irischen Armee als friedenserhaltende Kraft unter der Leitung der UNO würde abrupt gestoppt, sobald die irische Armee in die EU/NATO-Militärstrukturen eingebunden würde. Selbst der irische General Gerry McMahon (ad) , Chef der irischen Verteidigungskräfte vom Februar 1995 bis zum August 1998, lange Zeit Verfechter dieser Integration, erklärte, diese Politik lasse die UNO im Stich. ("desertion of the United Nations")
1999 unterzeichnete die Regierung das Beistandssystem der UNO (UNSAS) und versprach, bis 850 Mann für friedendserhaltende Aktionen der UNO bereitzustellen. Das Verteidigungsweissbuch der Regierung hielt jedoch fest, dies sei "Teil der irischen Politik gewesen und stelle nicht eine bindende Verpflichtung dar. ("an expression of policy and not a binding commitment.")
Als im Mai 2001 die irischen friedenserhaltenden Truppen im Libanon zurückgezogen wurden, wurde unser Engagement in der UN0 im wesentlichen beendet. Angesichts der begrenzten Grösse der irischen Armee wird die politische Elite eine Wahl treffen müssen. Es ist nicht möglich, sowohl der UNO friedenserhaltende Kräfte zur Verfügung als auch der Europäischen Armee ein Regiment. Diese Entscheidung ist in der Tat schon gefallen. Sie haben, abgesehen von ein paar kleinen, förmlichen Engagments, Irlands friedenserhaltende Rolle über Bord geworfen - in der einzigen wirklich globalen Organisation, die internationalen Frieden durch internationale Zusammenarbeit und kollektive Sicherheit bereitstellen will - nämlich der UNO.
Die "Neue Agenda Koalition"
Die "Neue Agenda Koalition" brachte sieben Regierungen zusammen (Irland, Brasilien, Mexico, Neu Seeland, Südafrika, Slovenien und Schweden), um zusammen die Idee einer nuklearwaffenfreien Welt zu fördern. 2000 wurde an der Konferenz der Vertragsparteien des Nicht-Verbreitungsvertrags von Kernwaffen eine neue Agenda für das Ziel einer nuklearwaffenfreien Zukunft angenommen. Dies ist u.a. als Erfolg der irischen Regierung zu begrüssen. Patrick Smyth, der damalige EU-Korrespondent der Irish Times wies jedoch mit Recht darauf hin, dass ein solches Engagement und ein solcher Erfolg im Rahmen der gemeinsamen EU-Aussen- und Sicherheitspolitik nicht möglich gewesen wäre. Ein Engagement zusammen mit Staaten, die nicht Mitglieder der EU sind oder werden, wäre nicht mehr vorstellbar. Dies zeigt den grundsätzlichen Gegensatz zwischen den Zielen einer irischen unabhängigen Aussenpolitik und denen des EU-Imperiums. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die irische politische Elite zugunsten des EU-Imperiums entschieden hat, da die Initiative zugunsten einer atomwaffenfreien Zukunft beinahe vergessen wurde.
Neutralität in die Verfassung
PANA ist nun selber aktiv geworden, um diese Widersprüche deutlich werden zu lassen, indem sie eine Verfassungsänderung vorschlägt: die Neutralität soll in der Verfassung garantiert werden. Die irische Verfassung, etwa im Gegensatz zur maltekischen, garantiert die Neutralität nicht verfassungsmässig. Eine Aufnahme der Neutralität in die Verfassung wurde bei ihrer Ausarbeitung als überflüssig betrachtet, da die Idee so breit verankert war. Als der zweite Weltkrieg ausbrach, stimmte das Parlament bis auf eine Stimme einhellig für die irische Neutralitätspolitik. In der Tat erklärt die politische Elite immer noch, die Neutralität bewahren zu wollen - obwohl sie durch ihre Unterstützung des Amsterdamer Vertrages und die irische Mitgliedschaft bei der NATO-"Partnerschaft für den Frieden" die Neutralitätspolitik ausschaltet. Deshalb möchte PANA, um die wirklichen Ziele der offiziellen Politik aufzudecken, eine Verfassungsänderung vornehmen lassen: Artikel 29.2 der Verfassung "Irland vertritt das Prinzip der friedlichen Beilegung internationaler Konflikte mittels internationaler Vermittlung oder gerichtlicher Verfahren. ("Ireland affirms its adherence to the principle of the pacific settlement of international disputes by international arbitration or judicial determination.")
sollte ergänzt werden durch: "Zu diesem Zweck soll insbesondere eine Politik des Fernbleibens von militärischen Allianzen verfolgt werden" ("To this end the State shall, in particular, maintain a policy of non membership of military alliances.")
PANA glaubt, dass die grosse Mehrheit der Iren die irische Neutralität immer noch befürwortet. In der Tat zeigen Meinungsumfragen eine massive Unterstützung der Idee der Neutralität. Im Gegensatz zur politischen Elite schreiben wir diese Unterstützung nicht dem zweiten Weltkrieg zu, sondern dem Wunsch der Iren, die Unabhängigkeit und die demokratische Selbstbestimmung zu wahren.
Die irische Neutralität
Die irische Neutralität wurde im 18. Jahrhundert von Wolfe Tone, dem Anführer der United Irishmen anlässlich eines möglichen Krieges zwischen Grossbritannien und Spanien befürwortet. Die United Irishmen wollten in den Jahren nach 1790 eine vereinigte, unabhängige und souveräne irische Republik gründen. Die Bewegung war Teil der internationalen, demokratischen Revolution gegen die Monarchie und die Privilegien. Sie verfolgten ihre Politik mit dem umfassenden Schlagwort: "Vereinigung der Katholiken, Protestanten und Dissenters im gemeinsamen Namen aller Iren."
Sie wurden vom britischen Imperialismus brutal niedergemacht. Die Idee der Neutralität und der Unabhängigkeit wurde im 19. Jahrhundert durch die Bewegung der Young Irelanders sowie der Irish Republican Brotherhood hochgehalten. Die letzte Bewegung leitete im frühen 20. Jahrhundert den Aufstand von 1916 und den Unabhängigkeitskrieg. Der darauffolgende Vertrag, der die Staatsgründung brachte, sowie die späteren politischen Entwicklungen sicherten das Recht auf Neutralität und Unabhängigkeit ab. Dieser Wunsch nach Unabhängigkeit fand seinen Ausdruck in der Unterstützung internationaler Organisationen, wie dem Völkerbund und der UNO, dem Vertrag über Nichtverbreitung von Atomwaffen und der aktiven Unterstützung der UNO-Aktionen für Friedenserhaltung.
Die Nachfolger jener Iren, die den britischen Imperialismus unterstützten, führen ihre Politik fort. Die Traditionen eines Redmond und eines Lord Kitchener werden heute revitalisiert. Statt "britisch" zu sein, will man nun "europäisch" werden. Während die Elite einst die Inländerbehandlung innerhalb der britischen Union suchten, suchen sie heute die Inländerbehandlung innerhalb der Europäischen Union.
Diese Politik verfolgen sie, weil sie sich mit den reichen Eliten der USA und der EU-Staaten identifizieren können. Im Verbund mit diesen wollen sie den Erhalt der augenblicklichen wirtschaftlichen Weltordnung sichern, welche die Reichen reicher und die Armen ärmer macht. Die Rolle der NATO/EU-Streikräfte, in welche die irische Armee eingebunden werden soll (sie wurde gegründet, um eine unabhängige, demokratische Republik zu verteidigen), besteht in der Verteidigung der Reichen und derer Privilegien. Der "Krieg gegen den Terrorismus" ist in Wirklichkeit ein Krieg der Reichen gegen die Armen. Die Entscheidung der Sozialdemokratie, wie 1914-18 im Krieg die Reichen zu unterstützen, wirft die Armen in die Fängen des Fundamentalismus.
Internationalismus
Das wirkliche Elektorat der irischen politischen Elite sind jene Wirtschaftsinteressen, die das Establishment auch finanziell unterstützen. Ihrer Loyalität gilt der internationalen Polit-Elite im Dienste der internationalen Wirtschaftsgemeinde. In diesem Sinne ist die politische Elite sogar "internationalistisch". PANA's Internationalismus ist jedoch anderer Art. Wir knüpfen Kontakte auf internationaler Ebene zu Gruppen und Organisationen, die Frieden durch grössere soziale Gerechtigkeit und eine gleichheitlichere wirtschaftliche Weltordnung anstreben. Wir streben eine Allianz, nicht nur in Irland oder Europa sondern weltweit, mit allen jenen Gruppen an, die eine umfassende und reformierte UNO wünschen, welche der UNO-Charta gemäss den internationalen Frieden und die Sicherheit garantiert: durch die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Staaten, durch internationale Streitschlichtung, durch die Förderung des Respekts der Menschenrechte und durch die Bereitstellung einer Plattform, in deren Rahmen die Staaten ihre Politiken abstimmen können.
Es besteht die Wahl zwischen dem Internationalismus der Reichen und dem Internationalismus der Armen, dem Internationalismus der Privilegien oder dem Internationalismus der Demokratie, dem Internationalismus der Waffenhändler oder dem der Friedensbewegungen. Die wirkliche Wahl ist die zwischen einer erneuerten UNO und einem Europäischen Superstaat, der in die NATO eingebunden ist, zwischen der Demokratie in den europäischen Ländern oder dem Europäischem Elitismus. Die irische Polit-Elite hat ihre Wahl bereits getroffen. Wir forderten das irische Volk auf, seine Wahl anlässlich der Abstimmung über den Nizza-Vertrag zu treffen. Und das irische Volk stimmte Nein zu Nizza. Dieser Vertrag wäre nun legal tot. Jede Anstrengung, denselben Vertrag nochmals vors Volk zu bringen, wird einem noch höheren Nein begegnen. Seit der Abstimmung hat die Regierung ein "Nationales Forum über Europa" etabliert. Die PANA ist eine der Organisationen, die berechtigt ist, im sogenannten "Beobachtungspfeiler" (Observer Pillar) teilzunehmen. Der Titel des Beteiligungsgefässes unterstreicht die Rolle, die man uns zuschreiben möchte. Trotz ihrer Niederlage möchte die Polit-Elite das Forum kontrollieren, indem sie die meisten der Mitglieder stellt. So nimmt PANA am Forum teil, wenn auch ohne grosse Erwartungen, da wir im Prinzip immer mit allen diskutieren wollen.
Während der Nizza-Kampagne waren die Streitpunkte der Abschaffung der Neutralität und der EU-Militarisierung eher abstrakt. Nun findet erneut ein wirklicher Krieg statt, der "Krieg gegen den Terrorismus" und unsere politische Elite hat unsere Flughäfen und den Luftraum der NATO zur Verfügung gestellt. Irland ist faktisch nicht mehr neutral. Irland ist im Krieg - in einem unbefristeten Krieg. PANA engagiert sich deshalb zusammen mit anderen Anti-Kriegs-Bewegungen gegen diesen Krieg. Unsere Opposition gegen den Nizza-Vertrag ist durch die neuen Ereignisse im nachhinein mehr als gerechtfertigt worden. Deshalb werden noch mehr Leute bei einem allfälligen zweiten Referendum gegen den Nizza-Vertrag stimmen. PANA strebt einen neuen Vertrag an, der ein Protokoll umfasst, das Irland aus der "Europäischen Schnelleingreiftruppe" ausschliesst. Diese politische Forderung ist für uns nicht verhandelbar.
Die Mitgliedschaft bei der Peace & Neutrality Alliance (PANA) ist Individuen und Gruppen offen, die ihre Ziele unterstützen:
1. Irland sollte seine Sicherheitsbelange innerhalb der OSZE und einer reformierten UNO verfolgen, und nicht in der EU.
2. Irland soll eine positive Neutralität und unabhängige Aussenpolitik verteidigen und sich nicht irgendwelchen militärischen Allianzen wie der WEU oder der NATO anschliessen.
3. Irland soll die europäische und internationale Sicherheitspolitik durch eine Politik der Abrüstung und Entmilitarisierung verfechten. Irland sollte deshalb der Militarisierung der EU entgegentreten.
4. Irland sollte jegliche Zusammenarbeit mit Politiken oder Militärallianzen verweigern, die Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen beibehalten.
5. Irische Truppen dürfen im Ausland nur in friedenserhaltender Mission unter Führung der UNO eingesetzt werden.
PANA ist eine politisch breit abgestützte Gruppierung, der politische Parteien, Nichtregierungsorgansationen und Einzelpersonen angehören.
113 Springhill Ave. Blackrock, Co Dublin, Ireland
Tel. 01-2806878, 01-2808247, 01-2844765, 01-2894315, 01-2806700
mobile, 087-2611597 E-mail; silchester@eircom.net
Sie können uns auch finanziell unterstützen:
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Interessante Zitate
"Wir müssen die schwierigen Aufgaben der Einführung eines einheitlichen Wirtschaftsraums, einer einheitlichen politischen Gebildes lösen. Das erste Mal seit dem Fall des römischen Reiches haben wir die Gelegenheit, Europa zu einigen."
EU-Kommission-Präsident Romano Prodi vor dem EU-Parlament 13/10/99
"Als ich über eine Europäische Armee sprach, machte ich nicht Witze. Wenn Sie es nicht Europäische Armee nennen wollen, nennen Sie es nicht so. Sie können es 'Margaret' oder 'Mary-Anne' oder wie auch immer nennen; aber es ist eine gemeinsame Anstrengung für friedenserhaltende Missionen - das erste mal, das wir eine gemeinsame, nicht bilaterale Antrengung dieser Art auf Europäischer Ebene haben."
EU-Kommissions-Präsident Romano Prodi, The Independent, 4/2/00
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