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Frauentagung in Norwegen zur EU-Gesundheitsrichtlinie

Wie jeden Herbst in den letzten 7 Jahren hat die norwegische Bewegung “Nein zu EU” 2007 eine Frauentagung organisiert. Der Hauptgrund dafür besteht im Ziel, die Bedeutung der Frauen im Kampf gegen die EU-Mitgliedschaft Norwegens zu betonen. Norwegen hat bisher zweimal über die EG/EU-Mitgliedschaft abgestimmt, 1972 und 1994, und bei beiden Abstimmungen stimmten die Frauen mit überwältigender Mehrheit Nein. Die Tagung vom letzten Herbst 07 nahm sich am ersten Tag des Themas der EU-Dienstleistungsrichtlinie sowie der kommenden EU-Gesundheitsrichtlinie vor. Am zweiten Tag wurde die norwegische Gleichstellungspolitik diskutiert.

Von Helle Hagenau 1)

Als die Tagung stattfand, wurde erwartet, dass die EU-Kommission noch vor Weihnachten 07 eine Gesundheitsrichtlinie vorstellen werde. Als die so genannte Bolkestein-Richtlinie publiziert wurde, umfasste diese auch die Gesundheitsdienstleistungen. Dieser Bereich wurde jedoch vom EU-Parlament entfernt - nach massiven Protesten von Gewerkschaften und einer breiten Koalition von Kräften, welche die öffentlichen Dienstleistungen verteidigten.

In der Folge wurde die EU-Kommission sehr schnell aktiv und sie publizierte ein Grünbuch, wie die Regulierungen des EU-Binnenmarktes auf den Gesundheitsbereich erweitert werden sollten. Es resultierte daraus ein Vorschlag für eine Richtlinie, die vor allem ein Recht auf Finanzierung durch den Wohnort-Staat enthält, wenn man in einem anderen EU-Staat behandelt wird. Auf den ersten Blick handelt es sich um einen harmlosen Vorschlag, aber er könnte verheerende Folgen für den Haushalt der öffentlichen Gesundheitssysteme haben.

Der Gesundheitssektor wird in den verschiedenen EU-Staaten unterschiedlich finanziert. In manchen Staaten handelt es sich um eine völlig öffentlich finanzierte Dienstleistung, während in anderen ein Mix von öffentlicher und privater Finanzierung vorliegt. Dieser Finanzierungsunterschied stellt eine grössere Herausforderung beim Versuch dar, das Feld EU-weit zu regulieren.

Die vorgeschlagene Gesundheitsrichtlinie würde ein Recht einführen, überall in der EU oder im EWR behandelt zu werden, wobei das behandelnde Land dem Land des Patienten die Behandlung in Rechnung stellen würde. Was hätte das für Folgen? Gewiss könnte der norwegische Staat eine Behandlung in Bulgarien zahlen. Kann aber Bulgarien für Bulgaren zahlen, die in Norwegen behandelt werden? Es könnte in der Tat für Norwegen viel billiger sein, Patienten zur Behandlung nach Bulgarien zu senden, als diese in Norwegen zu behandeln. Was wird das für Auswirkungen auf die Gesundheitssektoren der beiden Länder haben? Werden die Norweger in Bulgarien die Bulgaren aus den Spitälern drängen, weil die Spitäler dort ihre Kapazitätsgrenzen erreichen? Denn durch die Behandlung von Ausländern wird man Geld verdienen können, statt welches für die einheimische Bevölkerung auszugeben.

Als die Gesundheitsrichtlinie zuerst an einem Treffen des Ministerrates diskutiert wurde, stellten sich acht Länder gegen sie. Die Europäischen Sozialisten haben ihre Besorgnis geäussert, ebenso wie zahlreiche Gewerkschaften und Angestellte des Gesundheitssektors. Die vorgeschlagene Gesundheitsrichtlinie wurde plötzlich auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Allerdings hat die neu gewählte Gesundheitskommissarin angekündigt, dass sie beabsichtige, die Richtlinie zu reaktivieren, aber erst nach dem irischen Referendum zum Lissabonner Vertrag.

An der Tagung wurde festgestellte, dass die Prinzipien des Binnenmarktes (Personenfreizügigkeit, freier Waren- und Dienstleistungsverkehr) bei der EU-Kommission Vorrang vor dem Ziel der Mitgliedstaaten habe, den Einwohnern einen guten Gesundheitsdienst zu bieten. Die Rhetorik der Richtlinie behandle die Patienten wie Kunden. Sie beruhe auf bisheriger EU-Markt-Ideologie, nicht jedoch auf der besten Praxis bei der Behandlung von Patienten. Zudem würde die Richtlinie dazu führen, dass ausgebildete Personen aus den ärmeren Ländern in die reicheren Länder abwanderten.

1) Mitglied des “Frauenkomitees“ und des “Internationalen Komitees” von “Nein zur EU”, Norwegen


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