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Für eine reformierte und dezentralisierte EU



Die Europäische Union (EU) schwächt die Demokratie, da Entscheidungen, die früher durch ein vom Volk gewähltes Parlament gefällt wurden, nun grösstenteils in geschlossenen Gremien der EU gefällt werden. In diesen gilt weder das Prinzip der Öffentlichkeit noch der öffentlichen Zugang zu den offiziellen Dokumenten. Demokratie muss auf die aktive Teilnahme der Menschen am Aufbau der Gesellschaft und auf der Möglichkeit, Politiker für ihre Handlungen zur Verantwortung zu ziehen, gegründet sein. Die Zentralisierung der Macht in der Hand verschiedener Gremien der EU - weit weg von der Bevölkerung - fügt der Demokratie Schaden zu und schafft Unsicherheit darüber, wo die wirkliche Macht vorliegt.

Positionspapier der "Progressiven EU-Gegner"(1)

Die EU-Politik führt in verschiedenen Bereichen zu einer Verschlechterung des Zustands der Umwelt in Europa. Die Anforderungen des Binnenmarktes stehen gewöhnlich über der Umweltpolitik. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die Struktur- und Regionalpolitik schaden der Umwelt oft beträchtlich. Die Möglichkeit, Maximalgrenzen im Umweltschutz zu setzen (Art. 100a) hindert die Mitgliedstaaten darin, ihre Gesetze zu verbessern und kann sogar eine Verschlechterung der bestehenden Gesetzgebung bewirken. Die Landwirtschaftssubventionen bedrängen die Bauern in der Dritten Welt und vergrössern den Graben zwischen dem Norden und dem Süden.

Der Aufbau der EU bedeutet die Bildung einer Grossmacht, welche den Gegensatz zwischen Nord und Süd verschärft. Die Welt braucht gerechten Handel und eine gerechte Verteilung der Mittel. Die EU arbeitet gegen dieses Ziel - mit ihrer Handels und Zollpolitik und mit der Entwicklung einer gemeinsamen Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

1.Wir wollen, dass die Macht in der EU dezentralisiert wird. Die EU soll weniger Entscheidungskompetenzen als die einzelstaatlichen Parlamente haben. Die nationalen Parlemente sollen dass Recht haben, in der EU die Gesetzgebung zu veranlassen. Die nationalen Parlamente spielen eine zentrale demokratische Rolle. Deshalb sollte ihre Bedeutung gestärkt werden. In den EG/EU-Verträgen sollte eine eindeutige Aufteilung der Entscheidungskompetenzen eingeführt werden. Artikel 235 (der "Gummi-Artikel") sollte gestrichen werden. Die EU muss das Prinzip des öffentlichen Zugangs (zu allen offiziellen Dokumenten), der Offenheit und der öffentlichen Kontrolle beachten.

2.Wir wollen eine Aussenpolitik der EU, die auf Freiwilligkeit der Gliedstaaten beruht. Mitgliedstaaten sollen das volle Recht haben, in der internationalen Arena unabhängig aufzutreten. Die Rolle der neutralen und nicht-allierten Länder soll ausgebaut werden.

3.Wir wollen die Verbindung zwischen der EU und der WEU aufbrechen. Die Kollektive Sicherheit in Europa sollte über die UNO und die OSCE gewährleistet werden. Frieden und Sicherheit wird vor allem durch Konfliktprävention und Konfliktlösungsmethoden, durch Abrüstung und friedliche Zusammenarbeit erreicht.

4.Wir wollen für eine Zusammenarbeit der Regierungen bezüglich gesetzgeberischer und polizeilicher Massnahmen eintreten. Diese Kooperation soll nicht nur EU-Staaten umfassen und muss der öffentlichen Kontrolle unterliegen. Unter diesen Bedingungen sagen wir ja zu einer Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden - wir sagen aber Nein zur Entwicklung einer EU-Bundespolizei. Wir betrachten den freien Personenverkehr als etwas positives, aber wir sind für die Beibehaltung der Grenzkontrollen, um den Drogen- und Waffenschmuggel bekämpfen zu können. Wir treten für eine Flüchtlingspolitik ein, die auf Solidarität und humanitären Überlegungen beruht.

5.Wir treten dafür ein, dass Vollbeschäftigung das Hauptziel der Wirtschaftspolitik zu sein hat. Künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit muss auf diesem Ziel beruhen. Die Währungsunion (WWU) bedeutet, dass die Wirtschaftspolitik einseitig auf die Vermeidung von Budgetdefiziten, auf tiefe Zinsen und eine niedrige Inflation ausgerichtet ist. Die WWU-Politik wird die Arbeitslosigkeit und die regionalen Ungleichgewichte in der EU erhöhen. Das wirtschaftliche Wachstum muss auf eine nachhaltige Weise erfolgen. Eine einheitliche Währung für Europa sollte für wenigstens ein Jahrhundert auf Eis gelegt werden.

6.Wir wollen, dass jedes Land das Recht hat, strengere Umweltgesetze anzuwenden. Die Agrar-, Struktur- und Regionalpolitik der EU darf nicht auf einer Verschlechterung der Umweltsituation hinauslaufen. Wir wissen alle, dass eine umweltfreundlichere Politik mehr neue Arbeitsplätze schaffen würde. Das Wohlbefinden von Menschen und Tieren muss respektiert werden. Alle Umweltregeln sollten Minimalstandards sein.

7.Wir wollen die GAP in ihrer heutigen Form abschaffen. Sie ist teuer, bürokratisch und ungerecht. Sie sollte durch eine gemeinsame Politik ersetzt werden, die den Ansprüchen der Umwelt und des fairen Handels gerecht wird.

8.Wir wollen ein Europa, dessen Zusammenarbeit auf den freien Entscheidungen der verschiedenen Länder gründet. Dies bedeutet eine Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit zwischen autonomen Staaten und verschiedenen Regionen. Wir streben eine Entwicklung der Zusammenarbeit im Rahmen gesamteuropäischer Organisationen wie dem Europarat und der ECE (Uno-Wirtschaftskommission für Europa) an. In gewissen Bereichen können internationale Entscheidungen effizienter getroffen werden, wenn sie auf einer supranationalen Ebene gefällt werden. Beispiele dafür sind internationale Probleme wie gewisse Umweltprobleme, Menschenrechte und weltweite Währungsspekulation. Problemlösung auf dieser Ebene muss aber durch klare begrenzte Entscheidungskompetenzen gekennzeichnet sein. Sie hat in demokratischer und offener Weise zu erfolgen und die eingeführten Regeln dürfen Länder nicht davon abhalten, fortschrittlichere Regelungen auf nationaler Ebene zu erlassen

9.Wir wollen uns für die allgemeine Aufhebung von Zöllen und gegen die Entwicklung von neuen Supermächten einsetzen. Wir treten für eine gesamteuropäische und weltweite Zusammenarbeit ein.

10.Wir verlangen für die EU eine Austrittsklausel, die den Ländern das Recht gibt, die EU jederzeit zu verlassen. Alle demokratischen Länder Europas, die EU-Mitglieder werden wollen, und deren Beitrittswunsch durch ein innerstaatliches Referendum bestätigt wurde, sollen das Recht auf einen EU-Beitritt haben. Den Ländern, welche nicht Teil der EU werden möchten, soll eine enge und nicht diskriminierende Zusammenarbeit angeboten werden, und zwar in den Bereichen, in denen das Nicht-Mitglied-Land dies wünscht.

Anmerkung (1): Der hier gedruckte Positionsbezug ist eine Übersetzung des Artikels "What are our political goals for the European Union" aus der Zeitschrift "Progressive EU Opponents". Sie wird von einigen skandinavischen sozialdemokraktischen und linken EU-Kritikern herausgegeben. Der Fettgedruckte Vorspann ist Teil des Positionspapiers. Bestelladresse: Billy Eriksson, Left Party in European Parliament, RMA 605, 97-113, Rue Belliard, B-1047 Brussels, Belgium. Fax: 0032 2 284 95 63.

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