von Christian Thomas, Zürich
Kurz vor Drucklegung des EM erhielten die Mitglieder der Grünen Partei des Kantons Zürich vom Vorstand eine Aufforderung, bis am 5. Oktober folgende Fragen anzukreuzen:
Urabstimmung zur EU
• Ich bin gegen Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union
• Ich bin für Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union (Wenn Du Dich für diese zweite Position entscheidest, kreuze ebenfalls eine Spezifizierung an)
- Ich möchte die Bedingungen für einen Beitritt zur Europäischen Union kennen. Bei der konkreten Abstimmung kann ich mich dann in Kenntnis aller Fakten für oder gegen einen Beitritt entscheiden.
- Ich möchte, dass die Schweiz der Europäischen Union beitritt. Bei der konkreten Abstimmung werde ich mich mit grosser Wahrscheinlichkeit für einen Beitritt zur EU entscheiden.
Nach unbestätigten Gerüchten soll es ein ziemliches Gerangel um die genaue Fragestellung gegeben habe. Das gedruckte Formular bestätigt das Gerücht: Die Formulierung in Klammern weist darauf hin, dass es eine Vor-Version der Fragen mit Spezifizierung auch für die erste Frage gab, denn nur so lässt sich das Wort "ebenfalls" erklären. Tatsächlich hätte eine Spezifizierung auch hier einen Sinn: Man könnte zum Beispiel eine der folgenden Eventualpositionen einnehmen:
• Ich bin gegen Beitrittsverhandlungen solange die bilateralen Dossiers noch offen sind. • Ich werde gegen Beitrittsverhandlungen sein, solange man nicht weiss, wie sich die EU und ihr Euro bis zu einem möglichen Beginn von Verhandlungen entwickeln werden. • Ich werde Zeit meines Lebens gegen Beitrittsverhandlungen sein.
Offensichtlich will der heutige GP-Vorstand klare Verhältnisse schaffen, und die möglichen EU-SkeptikerInnen möglichst sauber eingrenzen oder halt ausgrenzen. Tatsache ist, dass sich die Frage, ob Beitritts- Verhandlungen sinnvoll sind oder nicht, so lange nicht stellt, wie die EU mit der bereits aufgegleisten Ost-Erweiterung beschäftigt ist. Die Frage nach den Beitrittsverhandlungen mitten im Endspurt der bilateralen Verhandlungen zu stellen, kann nur kontraproduktiv für die EU-Beitreter werden, denn es wird undifferenziert denkende Leute geben, die sich sagen, "wenn wir den EU-Beitritt noch verhindern wollen, müssen wir gegen alles sein, was irgendwie den Weg zum Beitritt ebnet". Die rechtslastige anti-EU-Szene ruft mit diesem Argument jetzt schon zu einem Nein gegen die LSVA auf. Die Polarisierung, die jetzt auch die Zürcher Grünen im Baumann'schen Fahrwasser betreiben, kann nur der AUNS und der SVP nützen. Schade. Hoffentlich gibt es möglichst viele Grüne, die sich der Stimme enthalten.
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