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Öffentlicher Verkehr der Schweiz darf nicht unter die Räder der EU kommen

Das öV-System der Schweiz ist ein Erfolgsmodell. Tag für Tag nutzen Millionen Menschen in unserem Land den öV, um zur Arbeit zu gelangen, zum Einkaufen oder in der Freizeit. Gleichzeitig werden erfolgreich und umweltfreundlich massenhaft Güter im Binnen- und im Transitverkehr auf der Schiene befördert. Um dieses funktionierende und gute System beneiden uns unsere Nachbarn; anerkennend blickt ganz Europa auf den öV der Schweiz. Menschen und Güter gelangen zuverlässig, pünktlich und umweltfreundlich an ihre Ziele. Darauf können wir stolz sein. Es gibt also keinen Grund, dieses System infrage zu stellen, auch nicht anlässlich allfälliger Gespräche mit der EU-Kommission. Die wesentlichen Elemente, die das Schweizer System so erfolgreich machen, sind:

von Matthias Hartwich

• Tarifintegration und Taktfahrplan: Das bedeutet, dass Reisende zuverlässig und zeitlich abgestimmt mit einem für alle Systeme gültigen Fahrschein von A nach B gelangen. Und nur so funktioniert auch das GA. Das ermöglicht auch, dass wir mit der Alliance SwissPass ein gutes und bewährtes Steuerungsinstrument haben. Der Taktfahrplan verhindert zudem Streit um Trassennutzung. Das muss so bleiben.

• Kooperation statt Konkurrenz: Die Liberalisierung, die in Teilen Europas im Bahnsektor erzwungen worden ist, hat in aller Regel zu schlechterem Angebot, schlechteren Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit geführt. Wir wollen auch in Zukunft zuverlässige Bahnen in der Schweiz – für Menschen und Güter. Das ist notwendig, um Verkehr von der Strasse auf die Schiene zu bringen; in der EU geschieht gerade das Gegenteil. So sind SNCF in Frankreich und DB in Deutschland unter Beschuss wegen angeblich marktverzerrender Beihilfen für die Bahnen im Güterverkehr. Das Ergebnis ist, dass vermehrt Güterverkehr von der Schiene auf die Strasse wechselt.

• In der Schweiz ist der öV Teil des Service public. Ob Menschen oder Güter, der öV verbindet die Schweiz und sorgt für einen funktionierenden Alltag. Dank des öV kann das Grossi aus einem Urner Bergdorf selbständig ihre Enkel in Zürich besuchen. Das ist eine Errungenschaft, die wir keinesfalls opfern dürfen. In vielen peripheren Gebieten der EU sind ehemalige staatliche oder staatlich subventionierte Angebote durch die Liberalisierungs-und Wettbewerbspolitik verschwunden und private Angebote mangels Gewinnmöglichkeiten nicht vorhanden. Dumpingwettbewerb auf gewinnbringenden Strecken zulasten der Staatsbahnen hat dazu geführt, dass Nebenlinien nicht mehr quersubventioniert werden können und geschlossen werden, wenn die öffentliche Hand nicht einspringt.

• Ein funktionierender öV benötigt zwingend motiviertes und qualifiziertes Personal. Dafür braucht man GAV mit geregelten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der unterschiedlichen Unternehmen (insbesondere EVUs). Geregelte Verhältnisse mit GAV führen zu motivierten und qualifizierten Beschäftigten, geben Sicherheit und Verlässlichkeit. Solche Regeln stärken die Identifikation mit den Unternehmen. Das alles haben wir heute und dürfen es keinesfalls gefährden; die bisherigen EU-Regelungen reichen nicht aus, die Arbeitsbedingungen abzusichern. Insbesondere funktioniert der Lohnschutz der flankierenden Massnahmen in der öV-Branche nicht, da es keine allgemeinverbindlich erklärten GAV gibt. Schweizer Löhne auf Schweizer Schienen und in Schweizer Bussen und Bahnen, egal, woher das Personal kommt: Das muss der Grundsatz sein und bleiben. Das heisst: wir wollen und brauchen echten Lohnschutz, um qualifiziertes Personal im Sektor zu halten. Die Schweizer Stimmbevölkerung und das Parlament haben wiederholt klar gemacht, dass die Schweiz am bestehenden öV-System festhalten will. Die Menschen wollen keine Verhältnisse wie in Deutschland. Sie lehnen deshalb eine Liberalisierung im öV, wie sie von Teilen der EU- Kommission gefordert wird, ab. Sie wollen keinen Abbau des Service public. Die Zerstörung des funktionierenden Schweizer öV, um eine Einigung mit der EU-Kommission zu erzielen, kommt für den SEV nicht in Frage.

Für uns gilt: Wir sind nicht gegen Europa; wir sind für zuverlässige und leistungsfähige, funktionierende öV-Systeme, in der Schweiz und in Europa. Dazu bieten wir Hand. Aber wir bieten nicht Hand für unsinnige Liberalisierungen und Privatisierungen, für Schmutzkonkurrenz und Lohn- und Sozialdumping. Der Schweizer öV ist vorbildhaft und muss es bleiben; auch innerhalb Europas. 06. November 2023, Matthias Hartwich, Präsident SEV,

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