Die Rot-Grüne-Allianz Dänemarks lud Anfangs Februar in den kühlen Norden ein. Auf dem Programm der zweitägigen Zusammenkunft standen das Demokratiedefizit der EU, die Suche nach demokratischen Alternativen, die EU-Osterweiterung und die damit verbundenen Fragen der Sicherheit, die sozioökonomischen Folgen der EU-Integration, der Transport als Umweltproblem und schließlich das Schlusspodium mit dem Titel "Europäische Alternativen. Gibt es eine Zukunft ohne EU?".
axt.
Ole Karup, MEP (Member of the EU-Parlament) brachte es gleich zu Beginn auf den Punkt: Es gibt kein
Demokratie-Defizit in der EU, denn wo keinerlei Demokratie ist, kann nicht von einem solchen gesprochen
werden. Die Alternative zur EU sei eine erweiterte und umgebaute OSZE (Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa).
Zur Osterweiterung machte vor allem Laszlo Andor, Redaktor von Eszmélet, Lehrbeauftragter für Ökonomie
an der Uni Budapest, interessant Ausführungen. In Ungarn dürfe er schon kaum aussprechen, dass er gegen
den EU-Beitritt sei, da man ihn sonst für verrückt halte. Er legte differenziert dar, dass EU-PolitikerInnen
Ungarn viele Versprechen bezüglich baldigem EU-Beitritt gemacht hatten. Diese wurden von ungarischen
PolitikerInnen und sogar vom Wahlvolk für bare Münze genommen. Die Märkte sind der EU angepasst
worden - zum Nachteil Ungarns. Aus verschiedenen Gründen wird jedoch in absehbarer Zukunft nichts aus
dem EU-Beitritt Ungarns.
Die NATO bezeichnete Andor als die Hauptgefahrenquelle für Ost- und Mitteleuropa. Rußland fühlt sich
durch diese Länder, solange sie nicht in der NATO sind, nicht bedroht . Er verlangte die Abschaffung der
NATO, denn diese sei gegen den Warschauer-Pakt aufgebaut worden, den es ja nicht mehr gibt. Rußlands
Mißtrauen gegen die NATO brachte er Verständnis gegenüber.
Winfried Wolf, MEP (Grüne, Deutschland), prangerte den Unsinn der Transeuropäischen Netze an (siehe
EM 3/95). Der Kanaltunnel verlängere die Reisezeit für Reisende von Norddeutschland nach England. Per
Fahrplanwechsel und dadurch eingebauten Wartezeiten wurde dafür gesorgt, dass die Kanalstrecke doch
schneller wurde als die Variante Zug-Schiff-Zug.
75 % der EU-Strukturfondsmittel werden in den Straßenbau investiert. Der Erfolg bezüglich
Arbeitsplatzbilanz bleibt bescheiden und Folgen für die Umwelt sind katastrophal.
Die Schlußrunde bezüglich der Alternativen zur EU fiel schwach aus. Die Kritiken an der EU wurden
nochmals wiederholt. Als wäre die Welt ohne EU schon viel besser! GATT, WTO und die allzu freien
internationalen Finanzmärkte wurden ausgeblendet.
In Gesprächen beim Essen und während den Pausen machte sich die folgende Tendenz bemerkbar: die
südeuropäischen Organisationen sind für den Beibehalt der EU, die nordeuropäischen sind dagegen. Erstere
erhoffen sich von der EU Schutz vor rechtskonservativen Kräften im eigenen Land, letztere befürchten
wegen der EU Sozialabbau und schlechtere Umweltschutzgesetze, wobei diese Verschlechterungen vor allem
dem Wirken der südlichen EU-Länder zugeschrieben werden. Diese unterschiedlichen Sichtweisen sollten zu
konstruktiven Gesprächen führen - dann wird die für nächsten Dezember angesagte "Alternative Konferenz"
ein Erfolg.
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