Atompolitik:
Die EU ist eine Atomgemeinschaft. Im EURATOM-Vertrag, einem der drei Gründungsverträge der Gemeinschaft,
erklären die EU-Staaten die "Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie" zum gemeinsamen Ziel. Obwohl mittlerweile
nur noch Frankreich seine Atomenergienutzung ausbaut, müssen dafür auch die übrigen 14 EU-Staaten zahlen. Von
ihrem Etat für die Energieforschung zahlt die EU zwischen 1994 und 1998 die Hälfte für die Atomkraft: 304 Millionen
Mark für die Erforschung der Kernspaltung und 1,5 Milliarden für die "kontrollierte Kernfusion". Weitere EU-Gelder
fließen in Atomkraftwerke in Osteuropa. Den erneuerbaren Energien sind dagegen nur 3,5 Prozent des
Forschungsbudgets gewidmet. Der vorgesehene europäische Binnenmarkt für Energie wird die Monopolstruktur der
Energieversorgung festigen und damit die Marktbedingungen für dezentrale, alternative Energien verschlechtern. Die
EU deckte 1995 auch die französischen Atomversuche auf Moruroa: Nach dem EURATOM-Vertrag hätte Frankreich
vor dem ersten Test eine Stellungnahme der Kommission einholen müssen. Frankreich bombte ohne Placet aus Brüssel,
und die Kommission schwieg.
Landwirtschaftspolitik
Trotz einer seit Jahren bestehenden Überschußproduktion ist die Rationalisierung und Intensivierung der Landwirtschaft
noch immer das Ziel der EU. Dafür gibt sie rund die Hälfte ihres jährlichen Budgets aus, derzeit 70 Milliarden Mark.
Doch die Agrarpolitik hat fatale Folgen für die Natur. Der Zwang zu hohen Erträgen je Produktionseinheit führt zur
Massentierhaltung sowie zum massiven Einsatz von Planzenschutzmitteln und künstlichem Dünger. Die Pestizide
vergiften das Trinkwasser, die Nitrat- und Phosphatfracht aus Gülle, Silage und Kunstdünger wirft Gewässer und
Naturlandschaften aus dem biologischen Gleichgewicht. Zudem schädigen die hohen Methanemissionen aus der
Tierhaltung das Klima. Durch den illegalen Einsatz von Tierarzneien landen Hormone im Grundwasser - mit
unabsehbaren Folgen für die natürliche Fauna. Die landwirtschaftlichen Monokulturen sind mittlerweile zum größten
Arten- und Lebensraumvernichter in der EU geworden. Absurd erscheint auch die Förderung des Tabakanbaus mit
jährlich über 2,3 Milliarden Mark: Die EU-Gesundheitsminister warnen auf jeder Zigarettenschachtel, daß Rauchen
Krebs verursachen kann.
Fischereipolitik
Theoretisch ist alles in Ordnung. Zum Schutz vor Überfischung schlägt eine Wissenschaftlerkommission der EU
jährlich biologisch verantwortbare Fangquoten vor. Doch dann korrigiert der EU-Ministerrat die Quoten, deren
Einhaltung ohnehin nicht alle Mitglieder ernsthaft überwachen, kräftig nach oben. Das Ergebnis: Die natürlichen
Bestände der EU werden systematisch überfischt. In Nord- und Ostsee sind viele Fischarten akut bedroht. Die
Fischereipolitik der Gemeinschaft ist widersprüchlich. Einerseits zahlt sie Prämien für die Reduzierung der viel zu
großen Fangflotten einzelner EU-Mitglieder, andererseits gibt sie jährlich fast 800 Millionen Mark für deren
Modernisierung und Erneuerung aus: Infolgedessen verdrängen hocheffektive Supertrawler die traditionellen Kutter.
Auch bei der international geächteten Treibnetzfischerei drückt die EU beide Augen zu: Regelmäßig bringen italienische
Fangschiffe im Mittelmeer bis zu 20 Kilometer lange Netzwände aus - und werfen 82 Prozent der Fische als Beifang tot
zurück ins Meer. Weil die europäischen Fanggründe mittlerweile leergefischt sind, kauft die EU für jährlich 540
Millionen Mark Fischereirechte vor Marokko, Chile oder Argentinien.
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