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Eidg. Wahlen 07: Schwindender Einfluss der EU-phoriker

Vor vier Jahren waren es noch 77, diesmal sind es nur noch 55 Ratsmitglieder – knapp ein Viertel der am 21. Oktober gewählten Mitglieder der Eidgenössischen Räte - die das „label Europa“ der „Neuen Europäischen Bewegung NEBS“ unterzeichnet haben. Dies obwohl der Text der Deklaration so handzahm abgefasst war, dass er auch von der nicht selten vorkommenden Spezies von KandidatInnen - die in Vorwahlzeiten keinem Aufruf, von wo er auch kommt, ihre Unterschrift verweigern wollen - ohne schlafraubende Gewissensbisse unterzeichnet werden konnte.

Von Luzius Theiler

Das «label europa» stand Kandidierenden aus allen Parteien offen mit dem Ziel, „Klarheit für die Wählerinnen und Wähler“ zu schaffen. Gerade diese Klarheit brachte der Text nicht. Die Kandidatinnen und Kandidaten mussten sich einzig auf die folgenden drei Punkte verpflichten:
1) die Interessen der Schweizerinnen und Schweizer, die eine EU-Mitgliedschaft befürworten, zu vertreten.
2) mich in der kommenden Legislaturperiode für eine Neuorientierung der schweizerischen Europapolitik einzusetzen und den Prozess in der Schweiz mitzugestalten, der zu einer EU-Mitgliedschaft der Schweiz führt.
3) beizutragen, dass die Öffentlichkeit fundiert über die schweizerische Europapolitik und die Europäische Union informiert wird.

Die KandidatInnen mussten damit nicht klar Farbe bekennen, ob sie sich nach einer Wahl während der kommenden Legislaturperiode für einen baldigen EU-Beitritt der Schweiz einsetzten würden.

Von den 55 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Deklaration stammen beinahe die Hälfte aus der Romandie und dem Tessin, wo die Abdeckung bei der SP und weniger ausgeprägt bei den Grünen stark ist. Auch vereinzelte Bürgerliche aus der Westschweiz, dem Tessin und als Ausnahmen aus Zürich und Bern, an der Spitze selbstverständlich NEBS-Präsidentin Christa Markwalder, haben den Aufruf unterzeichnet.

Prominente Abwesende in der lateinischen Schweiz sind der grüne Lausanner Stadtpräsident Daniel Brélaz zusammen mit seinen neugewählten ListenkollegInnen Adèle Thorens und Christian van Singer sowie die Tessiner SP-Parlamentarierin Guscetti Marina Carobbio, die Tochter des langjährigen Nationalrates Werner Carobbio und Nachfolgerin von Franco Cavalli in Bern. . Sehr aufschlussreich ist, wer von den Gewählten der SP und der Grünen in der deutschsprachigen Schweiz das „label europa“ nicht unterzeichnet hat: Bei der SP sind dies: André Daquet (BE), Ricardo Lumengo (BE), Hans Stöckli (BE), Susanne Leutenegger Oberholzer (BL), Eric Nussbaumer (BL), Werner Marti (GL), Paul Rechsteiner (SG), Bea Heim-Niederer (SO), Andy Tschümperlin-Gamma (SZ), Christine Goll (ZH) und Andreas Gross (ZH).

Hauptsächlich beim Gewerkschaftsflügel der SP wächst – entgegen der noch aufrechterhaltenen offiziellen Parteidoktrin – die Skepsis gegenüber der EU, sei es wegen der neoliberalen Wirtschaftspolitik aus Brüssel oder aus Enttäuschung über die mangelhafte Wirkung der flankierenden Massnahmen zu den Personenfreizügikeit-Aabkommen mit der EU.

Bei den Grünen fehlen: Geri Müller (AG), Therese Frösch (BE), Maya Graf (BL), Anita Lachenmeier-Thüring (BS), Louis Schelbert (LU), Yvonne Gilli (SG), Brigit Wyss (SO), Marlies Bänziger (ZH), Bastien Girod (ZH) und Daniel Vischer (ZH).

Die Verweigerung der Mehrheit der um neun Mitglieder gewachsenen Vertretung der Grünen in den eidg. Räten gegenüber einer forcierten EU-Annäherung der Schweiz ist ein Ausdruck des Stimmungswandels bei der Parteibasis. Haben die Grünen noch vor wenigen Jahren unter dem Präsidium von Ruedi Baumann mit dem heiligen Eifer von Renegaten (1992 waren die Grünen mit ihrer kämpferischen Ablehnung der EWR-Vorlage massgebend an der historischen Niederlage der EU-Befürworter beteiligt) für den EU-Beitritt geweibelt, so verabschiedete die Partei vor gut einem Jahr nach lebhaften Diskussionen ein neues Arbeitspapier zur Europapolitik mit dem bezeichnenden Titel “Ja zu einem EU Beitritt – aber nicht um jeden Preis“. Darin wird zwar ein EU-Beitritt weiterhin befürwortet, aber mit zahlreichen Bedingungen ( keine Einschränkung der Volksrechte, Erhaltung der Neutralität, Weiterführung des Gentech-Moratoriums u.a) verknüpft, welche die EU in ihrer heutigen Form keinesfalls akzeptieren könnte.


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