Seit über einem Jahr steht die Haltung der GSoA zur Revision des Militärgesetzes fest: Ohne friedenspolitische Minimalbedingungen wird dieses Gesetz die Militarisierung der Schweizer Aussenpolitik entscheidend vorantreiben. Dies will die GSoA nötigenfalls mit einem Referendum verhindern.
Renate Schoch, Nico Lutz, GsoA
Die Ausgangslage ist inhaltlich klar. Die GSoA fordert einen verstärkten Beitrag der Schweiz auf internationaler Ebene und eine solidarische Aussenpolitik: Einen Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit, mehr zivile Konfliktbearbeitung - mit der Initiative für einen zivilen Friedensdienst haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht -, Engagement für gerechtere Handelsbeziehungen und eine menschliche Asylpolitik. Dies wären Elemente einer solidarischen Friedenspolitik, die sich zum Ziel setzt, die Ursachen von Konflikten abzubauen. Bewaffnete Auslandeinsätze der Armee hingegen haben nichts mit Solidarität zu tun. Es geht eher um ein Beschäftigungsprogramm für die Schweizer Armee ohne Feind, um den militärischen Anschluss an die Nato-Armeen (Bundesrat Ogi dementiert wortreich, dass die Schweiz der Nato beitreten wolle. Das mag stimmen. Denn weder für die Schweiz noch für die Nato macht ein schweizerischer Beitritt Sinn. Die Nato ist bei ihren Interventionen zentral darauf angewiesen, mit Nicht-Nato-Staaten kooperieren zu können. Nur so kann sie sich als «westliche Wertegemeinschaft» die Legitimation für eigenständiges Handeln erarbeiten.) und schliesslich darum, im internationalen Verbund die schmutzigen Globalisierungsfolgen unter Kontrolle zu halten. Soweit zu unserer grundsätzlichen Kritik an der vorgesehenen Militärgesetzrevision. Wir haben gleichzeitig festgehalten: Ein friedenspolitisches Referendum halten wir dann für zwingend, wenn drei Minimalbedingungen nicht erfüllt sind:
- Bewaffnete Auslandeinsätze dürfen nur auf der Basis eines UNO-/OSZE-Mandates erfolgen.
- Die Schweiz beschränkt sich auf friedenserhaltende Aktionen und beteiligt sich nicht an friedenserzwingenden Operationen.
- Die Bewaffnung der Soldaten ist auf den Selbstschutz im Sinne des peace-keeping zu beschränken.
Der Nationalrat hat im März alle drei Minimalbedingungen verworfen. Einzig die aktive Teilnahme an Kampfhandlungen wurde per Gesetz untersagt - eine Beteiligung an friedenserzwingenden Einsätzen wäre aber weiterhin möglich. Die Schweiz könnte also überall mittun, nur nicht selber auf das «rote Knöpfchen» drücken.
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates hat im April beschlossen, das obligatorische UNO/OSZE-Mandat im Gesetz festzuschreiben. Solange aber der Verzicht auf Friedenserzwingung nicht ebenfalls festgehalten ist, wäre beispielsweise die Unterstützung von Interventionen wie der amerikanischen Desert Storm-Angriff im Golfkrieg möglich. Der Vorschlag der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates - gerade eine der drei Minimalbedingungen wäre erfüllt - ist für die GSoA nicht akzeptabel. Daher sind wir auch weiterhin damit beschäftigt, ein friedenspolitisches Referendum vorzubereiten. Wenn der Ständerat hingegen auf alle drei friedenspolitischen Bedingungen einschwenken würde, dann würde ein Referendum unwahrscheinlich. Das neue Militärgesetz würde dann nämlich kaum mehr erlauben als heute möglich ist.
Solidarität statt Soldaten
Warum ist uns diese Militärgesetzrevision so wichtig? Weil sie das Kernelement der Neuorientierung der Schweizerischen Sicherheitspolitik darstellt. In diese Orientierungsdiskussion wollen wir uns einmischen. Wir wollen nicht zwischen zwei falschen Optionen wählen müssen. Blochers Perspektive, der bewaffnete Alleingang, ist schlicht absurd. Es ist der Versuch, am falschen Mythos der Vergangenheit festzuhalten. Ogis Perspektive, Menschenrechte könnten mit «humanitären» Kriegen garantiert werden, ist hingegen der Versuch, einen neuen Mythos zu installieren. Wir wollen eine echte Alternative mit Zukunft: Solidarität statt Soldaten - ein deutlicher Ausbau der Zivilen Konfliktbearbeitung.
Mit unseren Initiativen für eine Schweiz ohne Armee und für einen freiwilligen Zivilen Friedensdienst schlagen wir eine Neuorientierung der Schweizer Sicherheitspolitik vor. Ein Militärgesetz, das dem Bundesrat einen weitgehenden Blankocheck für bewaffnete Auslandeinsätze ausstellt, steht dieser Forderung diametral entgegen. Die neue Armee XXI will sich bewaffnet im Ausland engagieren und militärisch mit den Nachbararmeen mithalten können. Die logische Konsequenz dieser Modernisierung sind steigende Armeeausgaben - selbst wenn die Anzahl der Soldaten halbiert oder gar noch stärker reduziert wird. Zuzulassen, dass die Schweiz mit der Beteiligung an bewaffneten Auslandeinsätzen auf die militärische Karte setzt, würde bedeuten, weiterhin auf die Friedensdividende verzichten zu müssen.
Terminliche Unklarheiten
Der Ständerat beschloss am 21. Juni, dass für bewaffnete Einsätze der Schweiz im Ausland ein UNO/OSZE-Mandat obligatorisch sein soll. Der Nationalrat hat die Mandatsfrage jedoch verworfen. Folglich wird ein Differenzbereinigungsverfahren nötig, das erst in der Herbstsession erfolgen kann. Die Referendumsfrist wird entsprechend ab dem 17. Oktober laufen.
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