Während für die Einen klar ist, dass der motorisierte Verkehr halbiert werden muss, um so unsere Gesundheit
und Umwelt zu schützen, planen andere weiterhin im Grossmassstab die Verdoppelung des
Verkehrsaufkommen in Europa. Verkehrsaufkommen wird von der EU positiv gewertet, denn es lässt sich in
Prozenten des Bruttosozialproduktes ausdrücken. Wäre es nicht an der Zeit, das Nicht-Verkehrsaufkommen zu
quantifizieren? Wenn ich zuhause bleibe oder per Fahrrad oder zu Fuss unterwegs bin, verursache ich keine
Kosten: Autos, Parkplätze, Autobahnen, Überlandstrassen, Tankstellen, Garagen, Spital- und Friedhofplätze
für Unfallopfer, usw. sind dann überflüssig. Die bestehende Wirtschaftsordnung rechnet diese Kosten aber
insgesamt zum Bruttosozialprodukt. Sie lebt von der Umweltverschmutzung und nicht vom Umweltschutz.
Wer ökologisch lebt, handelt wirtschaftsfeindlich, da er das Bruttosozialprodukt verringert. Allerdings, würde
es nicht genügt, die Transportpreise zu verdreifachen, um so auf einfachste Weise das Bruttosozialprodukt zu
steigern? Die trans-EU-Netzwerke, die derzeit geplant werden, entsprechen dem "modernen ökonomischen
Denken": viel und gross soll gebaut werden, um die "Transaktionskosten" zu verringern. Auf dass für jedes
Mobilitätsbedürfnis zu jedem Zeitpunkt eine "freie Wahl der Verkehrsmittel" möglich ist. Wie sagte doch Rosa
Luxemburg: Die Freiheit des einen endet dort, wo die des andern endet. Meine Freiheit, in Ruhe auf dem
Balkon zu sitzen, endet entsprechend immer wieder - mit jedem Lastwagen, Auto oder Motorrad, die den
Strassenzug mit Lärm und Abgasen verpesten. Was die hinter diesem System stehende Intelligenz anbelangt,
bringt es Herrmann Knoflacher, ein Verkehrsexperte auf den Punkt: "Je dümmer eine Volkswirtschaft, desto
mehr Mobilität braucht sie".
Alex C. Bauert
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