Übersicht Editorial edito 1/08Die Regierungen der EU-Staaten wollten den Lissaboner Vertrag ohne Volksabstimmungen durchdrücken – nach den für sie negativen Erfahrungen mit dem Verfassungsprojekt in Frankreich und Holland. Etliche Kommentaren vermochten darin nichts Undemokratisches sehen – jedes Land könne doch nach seinem üblichen Entscheidungsverfahren Vertragsveränderungen ratifizieren. Es gebe ja nicht nur die direkte Demokratie sondern auch die ebenso erfolgreiche rein parlamentarische Demokratie. Diese Argumentation verrät einiges an radikal antidemokratischer Einstellung. Auch in der parlamentarischen Demokratie wird das Staatsvolk als der Souverän betrachtet, während das Parlament nur den Souverän repräsentiert. Gibt das Parlament Souveränität ab, so ist schwer einzusehen, dass es das aus eigener Kompetenz darf, ohne den Souverän zu befragen. Immerhin kann es bezüglich der abgetretenen Entscheidungsbereiche dem Souverän bei Wahlen nicht mehr Rechenschaft ablegen. Deshalb ist der Versuch der Regierungen der EU-Staaten, die Ratifizierung von EU-Verträgen rein parlamentarisch abzusegnen, als antidemokratisch zu betrachten. Glücklicherweise ist der Versuch an der irischen Verfassung und der Entscheidung der Iren gescheitert.
Weitere Texte zum Themenbereich:
|