Die Neutralität gerät in der Schweiz zunehmend unter Druck. Anders als in Österreich ruft dies bei der hiesigen Friedensbewegung bisher kaum Widerstand hervor. Zwar war die schweizerische Neutralität nicht über jeden Zweifel erhaben, da die Regierenden und Besitzenden sie jeweils zu ihren Gusten auszudeuten wussten (z.B. Unterlaufen der Apartheid-Sanktionen). Anderseits muss man zur Kenntnis nehmen: die einzige Alternative zur Neutralität bedeutet die Integration in die NATO und den Machtblock der westlichen Hemisphäre. Sicher - ein Ausgleich der Interessen ist auf zivilisierte Weise nur über internationale Zusammenarbeit möglich. Diese notwendige Zusammenarbeit mit der Integration in die NATO zu identifizieren, wäre allerdings etwas gar blauäugig. Die westlichen Industrieländer verfolgen knallhart ihre eigene Interessenpolitik, die kaum weltverträglich ist. Das EU-Parlament formulierte neulich als eines der Ziele einer gemeinsamen "Verteidigungspolitik" der EU, deren Interessen in allen ihren Aspekten zu schützen, "einschliesslich der Versorgungssicherheit in wesentlichen Punkten, wenn diplomatische Instrumente .... dazu nicht mehr ausreichen". Solche Positionen können nur als extrem euronationalistisch taxiert werden. Im Lichte dieser Äusserung erhält die Neutralität eine wichtige friedenspolitische Bedeutung - dies vor allem, wenn es gelänge, die Neutralität um eine aktive Entwicklungs- und Friedenspolitik zu erweitern.
Paul Ruppen
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