Übersicht Editorial 2021/1Im letzten Herbst haben die Deutschen Grünen an einer Delegiertenversammlung die Forderung nach direkter Demokratie auf Bundesdeutscher Ebene preisgegeben, nachdem diese Forderung seit Jahrzehnten in ihren Programmen stand. Stattdessen befürworten sie nun das unverbindliche Instrument des Bürgerrates. Die Lehre aus der Geschichte: Parteien, dieser unvermeidlichen, oft üblen Erscheinung moderner Gesellschaften, ist bestenfalls zu trauen, wenn sie durch direkte Demokratie inhaltlich in Schach gehalten werden. Zudem zeigt sich, dass es schwierig ist in parlamentarischen Systemen direkte Demokratie durchzusetzen: sobald die Parteien, welche eventuell aus wahltaktischen Gründen direkte Demokratie fordern, sich der Macht nähern, sind sie versucht, die Forderung aufzugeben: sie hoffen dann, ungestörter durchregieren zu können. Für die Wählerinnen und Wähler ist es oft schwierig, Parteien in diesem Falle abzustrafen. Es gibt ja noch andere wichtige Themen, und man ist gezwungen, das kleinste Übel zu wählen. Der Entscheid der Grünen war der Anlass, in diesem Magazin die Idee der Bürgerräte zu diskutieren. Wir haben zwei Vertreter von Mehr Demokratie, der deutschen Bewegung für direkte Demokratie in Deutschland eingeladen, den Entscheid der Grünen und die Idee der Bürgerräte eingehender zu diskutieren. Mehr Demokratie hatte schon selbst Bürgerräte begleitet und konnte mit dem Instrument Erfahrungen sammeln.
Paul Ruppen
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