edito 1/2022 Das Gespenst des EWR sucht uns immer wieder heim – es findet sich von Zeit zu Zeit ein Zeitungs-Kommentator, eine Verbands- oder eine Parteileitung, die diesen Zugang zum EU-Binnenmarkt ins Gespräch bringen möchte. Dies selbst nach den anfangs Jahr – nach der Öffnung der Archive – aufgetauchten vernichtenden Urteilen der damaligen Bundesräte zu diesem Vertragswerk. Entsprechend war es an der Zeit, in Norwegen nachzufragen, welche Erfahrungen sie mit dem EWR machen. Die Entdemokratisierung durch den EWR in wichtigen Bereichen wird im Artikel von Morton Harper deutlich beschrieben. Die Folgen für den Lohnschutz werden ebenfalls erwähnt, wobei Norwegen etwa im Gegensatz zu Schweiz einen gewissen geographischen Schutz vor Lohndumping geniesst. Trotzdem betrachten die Verfasserinnen und Verfasser des neuesten Papiers unserer Sozialdemokratie diesen Vertrag als besser als eine Verkümmerung des bilateralen Weges oder ein erneuertes Freihandelsabkommen. Wenn die Gewerkschaften am Lohnschutz festhalten und die Bürgerlichen an ihrer Ablehnung der Unionsbürgerrichtlinie, wird eine dieser Varianten aber unausweichlich sein. Die wirtschaftliche Bedeutung der Bilateralen Verträge I wird im Allgemeinen überschätzt und ein reiches, exportstarkes Land wie die Schweiz wird es sich leisten können, der EU gegenüber ein normales Land zu sein – ohne einen zu Lasten der Demokratie zu teuer erkauften, etwas privilegierteren Zugang zum Binnenmarkt.
Paul Ruppen
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