Übersicht Editorial edito 1/2014Nach dem Ja zur „Masseneinwanderungsinitiative“ gabe es in der Presse erneut Kritik an der direkten Demokratie. Andreas Auer, emeritierter Professor für öffentliches Recht der Universität Zürich, früheres Direktionsmitglied und Gründungsdirektor des Zentrums für Demokratie in Aarau, schreibt zum Beispiel, das Volk sei „eine mathematische Konstruktion, eine der direkten Demokratie innewohnende Fiktion, denn die Summe jener Aktivbürger, die am Stichtag eine Mehrheit bilden, ist keine organische Gesamtheit und kann weder denken noch diskutieren, noch handeln.“ Die Äusserungen Auers sind auch gegen rein parlamenterische Systeme gerichtet, da auch dort „die Summe jener Aktivbürger, die am Stichtag eine Mehrheit bilden, keine organische Gesamtheit ist und weder denken noch diskutieren, noch handeln kann“. Offenbar tritt Auer für die Diktatur einer einzelnen Person ein, denn auch Regierungen, Parteien oder Parlamente können nicht diskutieren oder denken– sondern nur deren Mitglieder. Auer konstatiert schliesslich ein Unvermögen des Volkes, für seine Entscheide Verantwortung zu übernehmen. Das ist schlicht Unsinn. In der direkten Demokatie kann man – im Gegensatz zu anderen System – Verantwortung nicht an Regierungen abschieben. Man muss die Folgen der eigenen Entscheidungen ohne Ausflüchte selber tragen – und genau das heisst doch „Verantwortung übernehmen“.
Paul Ruppen
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