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Kurzinfos August 08

Gründe des Schweizerischen Obstverbandes gegen ein Agrarfreihandelsakommen mit der EU

Interview von suisseurope, Zeitschrift des Integrationsbüros EDA/EVD (Bundeshaus Ost, Bern) mit Pius Jans, dem Präsidenten des Schweizerischen Obstverbandes.

Als Präsident des Schweizerischen Obstverbandes lehnen Sie den Agrarfreihandel mit der EU ab. Ihr Hauptgrund?

Obst und Beeren zu produzieren ist sehr arbeitsintensiv. Durchschnittlich entfallen 60 Prozent der Produktionskosten auf die Arbeitskosten des Betriebsleiters und der vielen Angestellten und Saisonniers. Dieser bedeutende Kostenfaktor würde aufgrund unserer geschützten Lohnkosten auch bei einem Agrarfreihandel unverändert bleiben. In der Schweiz verdient ein Saisonnier knapp 20 Franken pro Stunde, im EU-Durchschnitt die Hälfte.

Die Auswirkungen wären laut einer Studie der Uni St. Gallen fatal: ein Preiszerfall von 50 %, Marktanteilsverluste von 30 % und ein Drittel weniger Obstbaubetriebe.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Produzenten würde dank günstigeren Produktionsmitteln gestärkt. Wie gross schätzen Sie diesen Effekt ein?

Sehr gering, weil bei unseren Produkten eben nicht die Kosten für Produktionsmittel, sondern die Kosten für die Löhne übermässig ins Gewicht fallen. Selbst wenn unsere Produzenten sämtliche Kosten für Pflanzgut, Dünger, Pflanzenschutz, etc. abziehen könnten, wäre ein Kilo Äpfel, in der Schweiz produziert, immer noch teurer als im benachbarten Ausland.

Mit Begleitmassnahmen sollen die Produktionsbetriebe beim Übergang in die neue Marktsituation unterstützt werden. Welche konkreten Massnahmen sind aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Wir verlangen, den arbeitsintensiven Obst- und Gemüsesektor ganz von einem Abkommen auszuklammern. Eine Liberalisierung anderer Agrarsektoren könnten wir allenfalls unterstützen. Andernfalls müssten wirksame Kompensations- und Begleitmassnahmen analog dem EU-Früchtemarkt eingeführt werden, die den Steuerzahler stark belasten würden. Unerlässlich wären auch eine Harmonisierung von Gesetzen, eine Differenzierung der Direktzahlungen nach der Arbeitsproduktivität, Entschuldungsmassnahmen sowie Übergangsfristen.

Wie schätzen Sie die Zukunft ihrer Branche ein, wenn es keinen EU-Agrarfreihandel, aber doch einen Abschluss der WTO-Verhandlungsrunde (Doha) gibt?

Genauso wenig wie die weltweite Entwicklung der Nahrungsmittelproduktion voraussehbar ist, wissen wir heute, wie gross die WTO-Konzessionen letztlich sein werden. Ein Zollabbau von durchschnittlich 54 %, wie er momentan vorgeschlagen wird, wäre für uns zwar ausserordentlich folgenschwer, aber immer noch weniger einschneidend als ein vollständiger Zollabbau im Rahmen eines Agrarfreihandels mit 27 EU-Staaten. Im übersättigten EU-Markt warten die wenigsten Konsumenten auf die Frischobst-Exporte aus der Schweiz mit Ausnahme der Nischenmärkte. Wenn Befürworter mit solchen Sachzwängen für den Agrarfreihandel argumentieren, finde ich dies im Übrigen nicht sehr fair.

Der Schweizerische Obstverband (SOV) vertritt die Produzenten und Verarbeiter von Obst und Beeren gegenüber Behörden, Wirtschaft, Konsumenten und Öffentlichkeit. www.swissfruit.ch. Aus: suisseurope August, 2008, S. 7, Zeitschrift des Integrationsbüros.



Bürgerrechte im Umweltschutz: Kein Grund zum Feiern

Die Arhus-Konvention ist zehn Jahre alt und wird immer mehr zum ungeliebten Kind. Im Juni 08 fand in Riga die dritte Vertragsstaatenkonferenz der Arhus-Konvention statt. Das Treffen wurde von der EU dominiert, die eine Weiterentwicklung des bürgerfreundlichen Umweltrechtsabkommens verhindern will. In Deutschland sind die Naturschutzverbände auch von der Umsetzung enttäuscht.

VON FRANZISKA MISCHEK, UFU

An sich ist die Arhus-Konvention ein einmaliger völkerrechtlicher Vertrag. Sie verbindet das Recht jedes Einzelnen auf eine intakte Umwelt mit Bürgerrechten beim Engagement für den Umweltschutz. Die vor zehn Jahren unterzeichnete Konvention führt internationale Mindeststandards für den Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten ein. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) dürfen auf den Vertragsstaatenkonferenzen genauso oft wie die Regierungen sprechen und an allen Verhandlungen teilnehmen. Und das zu Recht, vertreten sie doch die umweltinteressierte Öffentlichkeit, für die das Abkommen überhaupt geschaffen worden ist.

Allerdings vereint die Europäische Union nunmehr 26 von 40 Mitgliedern der Konvention unter ihrem Dach und hat damit bei allen Entscheidungen eine Mehrheit. Die EU-Staaten sind zudem gehalten, sich in diesem internationalen Rahmen abzustimmen und zu einer gemeinsamen Position zu finden. Und an diesen Verhandlungen nehmen die NGOs nicht teil.

Die EU-Dominanz prägte auch die dritte Vertragsstaatenkonferenz der Arhus-Konvention vom 11. bis 13. Juni in der lettischen Hauptstadt Riga. Die EU zeigte sich in den ersten Konferenztagen zäh und war kaum kompromissbereit. Erst am letzten Tag einigte sie sich mit den anderen Parteien über die strittigen Punkte.

Strategischer Langzeitplan

Im Zentrum der Verhandlungen der Vertragsstaatenkonferenz stand ein strategischer Langzeitplan, der den Rahmen für zukünftige Entwicklungen der Konvention abstecken soll. Besonders strittig waren hierbei Punkte, die explizit die inhaltliche Weiterentwicklung der Konvention vorsehen. Zum Beispiel die Ausweitung des Umweltinformationsanspruchs gegen Private und zu Produkten sowie die generelle Ausweitung des Gerichtszugangs in Umweltangelegenheiten auf Umweltorganisationen. In beiden Punkten mussten die Umwelt-NGOs hinnehmen, dass Formulierungen so weit abgeschwächt wurden, dass zumindest bis zur nächsten Vertragsstaatenkonferenz keine entscheidenden Entwicklungen zu erwarten sind.

Als einen Erfolg bewerten die NGOs jedoch, dass in Riga eine Arbeitsgruppe zur Öffentlichkeitsbeteiligung eingerichtet wurde, die nun die Umsetzung der damit befassten sogenannten zweiten Säule der Konvention forcieren soll.

Kritisch bleibt der Etat der Arhus-Konvention. Bisher leisten alle Mitgliedsstaaten freiwillige Beiträge. Der Vorschlag, dies neu zu regeln, war auf eine Skala der Vereinten Nationen gestützt und hätte deutliche Mehrbelastungen für Deutschland und Großbritannien gebracht. Bereits in den Vorverhandlungen zeichnete sich ab, dass es dafür keine Mehrheit geben würde. Deshalb wurde die Übergangslösung der freiwilligen Beiträge verlängert. Damit verbundene Planungsunsicherheiten für das Sekretariat wurden in Kauf genommen.

Umweltverbände enttäuscht

Während der Feierlichkeiten zum zehnjährigen Jubiläum wurden die Einzigartigkeit und der progressive Geist der Konvention immer wieder hervorgehoben. Aber die Verhandlungen in Riga zeigten: Sie ist in die Jahre gekommen. Die veränderten politischen Rahmenbedingungen in Europa bedeuten beinahe Stillstand für eine Konvention, die weitere mutige Schritte wagen muss, wenn sie in einer globalisierten Welt bestehen will.

Eher einen Schritt zurück hat die Umsetzung der zweiten Säule der Konvention gemacht: Mit dem Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz ist die bislang praktizierte Auslegung der "ortsüblichen" Bekanntmachung der Planungen, die vielerorts auch die Zusendung der Planungsunterlagen an die Verbände vorsah, nun rigider gefasst worden. Die Verbände, die ihre Kenntnisse der lokalen Ökosysteme uneigennützig in den Stellungnahmen an die Verwaltungen weitergeben, müssen sich die Planungsunterlagen nun selbst beschaffen. Die meist ehrenamtlich arbeitenden Naturschützer sollen damit nur noch die gleichen Rechte wie Betroffene haben. Weiterhin parallel geregelt sind Infrastrukturvorhaben, für die Erörterungstermine nunmehr im Ermessen der Behörde liegen.

Die Umsetzung der Gerichtszugangsrechte in Umweltangelegenheiten hat die Umweltverbände herb enttäuscht: Eine Verletzung von Umweltrecht können die Verbände nur geltend machen, wenn die entsprechenden Bestimmungen auch Rechte Einzelner begründen. Damit sind die einklagbaren Normen auf sogenannte drittschützende Normen begrenzt, das heißt die Verbände sind in ihren Klagerechten BürgerInnen gleichgestellt.

1) Die Umweltwissenschaftlerin Franziska Mischek arbeitet am Unabhängigen Institut für Umweltfragen in Berlin im Fachgebiet Umweltrecht und Partizipation. www.ufu.de, www.aarhus-konvention.de (aus DNR-Informationen, August/September 2008, S. 7)


Toleranz für illegale Gene

Die EU-Kommission will offenbar die Nulltoleranz für nicht genehmigte gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in Lebens- und Futtermitteln aufgeben. Das bedeutet nach Ansicht des Erzeugerverbandes Bioland, dass künftig Soja, Mais oder Reis mit Verunreinigungen durch illegale GVO in die EU importiert werden könnten. Die Kommission plant demnach eine Toleranzschwelle von 0,1 Prozent für GVO-Bestandteile und will den Mitgliedstaaten sogar noch weiteren Spielraum geben. Erst ab 0,2 oder 0,3 Prozent sollen die Länder verpflichtet werden, den Import zu verweigern. Damit reagiert die EU-Kommission auf den Druck von Futtermittelimporteuren und Tiermästern.

Eine grobe Missachtung des Verbraucher- und Umweltschutzes nannte Bioland-Präsident Thomas Dosch die Pläne. In Produkten seien illegale GVO nicht zu erkennen, ihre Sicherheit sei nicht geprüft. In der EU gibt es keine Kennzeichnungspflicht für tierische Produkte, wenn die Tiere Genmais oder Gensoja als Futter erhalten. Diese Kennzeichnungslücke werde noch gravierender, wenn verbotene GVO ins Spiel kämen, sagte Dosch. Bioland, Mainz, www.bioland.de, DNR-Informationen, August/September, 2008, S. 18


Die Wirkung von „Geschenken“ in internationalen Beziehungen – das Beispiel Polen

Das starke Wachstum und die Suche nach rentablen Anlage-Möglichkeiten haben Ostmitteleuropas Währungen in die Höhe schnellen lassen. Das setzt nicht nur die Exportwirtschaft unter Druck. Eine negative Konsequenz ist auch, dass die Subventionen aus Brüssels Fördertöpfen zusehends an Glanz verlieren. Im Falle Polens hat der Złoty seit dem EU-Beitritt gegenüber dem Euro um rund 17% zugelegt. Wie Polens Ministerin für Regionalentwicklung, Elżbieta Bienkowska, unlängst beklagte, hat diese Aufwertung den Wert jener 12,8 Mrd. Euro, die Polen in den ersten zwei Jahren EU-Mitgliedschaft an Struktur- und Kohäsionsgeldern zustanden, deutlich erodieren lassen; der Abschluss vieler Projekte sei daher in Gefahr. Eine Lappalie ist dies mitnichten, vor allem nicht für Polen, das zwischen 2007 und 2013 dank Subventionen von 67,3 Mrd. Euro der grösste Nettoprofiteur der EU-Strukturpolitik ist. In Warschau wird geschätzt, dass die EU-Fonds schon über 300000 Stellen geschaffen haben und pro Jahr durchschnittlich 1,5 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum beitragen. Kein Wunder, gehört Bienkowska zu den Befürwortern einer möglichst raschen Ablösung des Złoty durch den Euro. Dann könnte man das viele Geld aus Brüssel endlich für bare Münze nehmen. NZZ, 19. August 2008, S. 28

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