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Kurzinfos Dezember 08

Im Vorzimmer des Schengenraums

Die slowakischen Grenzwächter behaupten, ihre neuen Kameras würden die «Illegalen» daran hindern, in ihr Land einzudringen. Ihre ukrainischen Kollegen verkünden, die meisten Personen würden beim Versuch, „illegal“ die Grenze zu überqueren, festgenommen. Wenn das Mikrophon abgeschaltet ist, klingt es anders: Im allgemeinen reicht es, mit der richtigen Person handelseinig zu werden, um hinüber zu kommen. Unveröffentlichte Schätzungen der Sicherheitskräfte sprechen von mehr als 100 Millionen Dollar Jahresumsatz im ukrainischen Schleppergeschäft. «Der illegale Grenzübertritt kostet lokal 1500 bis 2000 Dollar. Über die transkarpatischen Grenzdörfer gelangen nicht weniger als 1000 Personen pro Monat in den Westen. Dieses Geschäft muss von höchster Stelle gedeckt sein, denn die Illegalen müssen auf ihrem Weg die ganze Ukraine durchqueren, mindestens 1500km. Wer kann schon so flächendeckend arbeiten?»

Offizielle Statistiken gibt es nur über diejenigen, die es nicht geschafft haben. Die Anzahl der Festgenommenen beträgt allein in Transkarpatien jährlich etwa 5000 Personen. Dazu werden auch Personen gerechnet, die von den Nachbarländern abgeschoben werden. Die «Illegalen» werden je nach Herkunft unterschiedlich behandelt. Leute aus den GUS-Staaten werden sofort ausgewiesen. Die anderen werden im berüchtigten Lager Pavshino unter Aufsicht der Grenzwächter und deren Hunde interniert. Hier soll ihre Identität festgestellt werden, was meist lange Zeit in Anspruch nimmt. Viele arme Länder haben in der Ukraine keine Gesandtschaft und die Anfragen werden nach Moskau geschickt. Grundsätzlich darf aber niemand länger als sechs Monate in Pavshino festgehalten werden. Zwar soll nun Pavshino schrittweise geschlossen und durch ein «moderneres» Internierungslager in Wolhynien ersetzt werden. Aber auch dies wird keine grundsätzlichen Änderungen bringen.

Viele Migrantlnnen stellen so schnell wie möglich Antrag auf Asyl. Dies ist mit Kosten verbunden: Die Migrationsbehörde fordert hohe Honorare für von ihr bestellte Dolmetscher, ansonsten gibt es keinen Antrag oder lange Wartezeiten. Wenn ein Asylverfahren eröffnet wird, bekommen die MigrantInnen einen provisorischen Aufenthaltstitel für die ganze Ukraine. Sie haben allerdings weder das Recht auf Arbeit noch auf Sozialhilfe. 99 Prozent der Anträge werden abgelehnt. Ein Einspruch gegen die erstmalige Ablehnung ist zwar hoffnungslos, verlängert aber das Aufenthaltsrecht. Die meisten MigrantInnen versuchen während dieser Periode erneut die Grenze Richtung Westen zu überqueren. «Meine Behörde empfängt 70 Prozent aller in der Ukraine gestellten Asylanträge. Von 500 Bewerbern erhalten nur vier bis fünf Personen einen positiven Bescheid », erklärt Mikola Tovt, Leiter der regionalen Migrationsbehörde in Transkarpatien. «Eine Mehrheit der Bevölkerung sieht in einem dunkelhäutigen Migranten automatisch einen Kriminellen. In der Provinzhauptstadt Uschgorod kam es in letzter Zeit vermehrt zu rassistisch begründeten Angriffen auf Asylbewerber.»

Aber nicht nur die Asylbewerber sitzen auf dem kürzeren Ast. Vor mehr als drei Jahren hat die Ukraine einseitig die Visapflicht für Reisende aus Westeuropa abgeschafft. «Zum Dank» ist es seither für UkrainerInnen deutlich schwieriger geworden, Schengenvisa zu erhalten. Mit der Erweiterung des Schengenraums auf die Slowakei, Polen und Ungarn Ende 2007 hat sich die Situation weiter verschärft. Die EU fordert von der Ukraine eine enge Zusammenarbeit in Migrationsfragen und zwang sie 2007 praktisch, ein Rücknahmeabkommen zu unterzeichnen, das 2010 in Kraft treten soll. Darin verpflichtet sich die Ukraine, jede Person, die über ihr Territorium « illegal» ins Schengenland gelangt ist, wieder aufzunehmen.

Dieser Handel - Visaerleichterungen gegen Rücknahme - wird zwangsläufig zu einer weiteren krassen Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Ukraine führen. Weder die ukrainische Politik noch die Bevölkerung ist auf eine menschengerechte Aufnahme zahlreicher Migrantlnnen auf der Flucht vor Krieg und Misere vorbereitet. Selbst wenn bis 2010 Schritte in Richtung einer entsprechenden Gesetzgebung unternommen würden, müssen wir davon ausgehen, dass internationale Konventionen in der Ukraine kaum mehr als Makulatur darstellen. Nataliya Kabatsiy, Uzhgorod (Bulletin Solidarité sans frontières, Nr. 4, Dezember 2008, S. 2.



Ressourcenhungrige EU wirft Auge auf Schutzgebiete

Die EU-Kommission hat am 4. November 08 einen Vorschlag für eine Strategie zur Sicherung der Rohstoffversorgung der europäischen Industrie vorgelegt. Angesichts der wachsenden Konkurrenz von Schwellenländern, die sich Rohstoffe beispielsweise in Afrika sichern, sowie "protektionistischer Maßnahmen" einzelner Staaten will die Kommission sich für "faire Bedingungen auf außereuropäischen Märkten" einsetzen. Wegen der Verteuerung von Rohstoffen wie seltener Metalle und Erden müssten aber auch Regelungen, die den Abbau in der EU selbst behinderten, überprüft werden. Außerdem müssten die Wiederverwertung und das Recycling gefördert und der illegale Altmetallexport wirksam unterbunden werden.

Die Kommission empfiehlt die Aufstellung einer Liste kritischer Rohstoffe und eine umfassende Strategie mit drei Hauptzielen: - Zugang zu Rohstoffen auf dem Weltmarkt zu gleichen Bedingungen für alle, - Rahmenbedingungen, die eine dauerhafte Versorgung mit Rohstoffen aus europäischen Quellen begünstigen, - Steigerung der Ressourceneffizienz und Förderung des Recycling in der EU.

Eine Arbeitsgruppe der EU-Kommission soll klären, unter welchen Bedingungen der Abbau wertvoller Rohstoffe auch in EU-Natura-2000-Gebieten möglich sein könnte, meldete EurActiv. Während der Vorstellung der Strategie betonte Industriekommissar Günter Verheugen, jede Ausweitung der Bergbauaktivitäten auf geschützte Gebiete müsse auf "nachhaltige" Weise erfolgen. Vorschlag der EU-Kommission: www.europa.eu/rapid (Reference IP/O8/1628) EU-Strategiepapier zu Rohstoffen: www.eukoordination.de/PDFIRawMaterialS trategy.pdf; www.euractiv.com/de/umwelt/176951; umwelt aktuell, Dezember 2008/Januar 2009, S. 23


Tierärztliche Kontrollen an Grenzen zur EU fallen

Am 1. Januar 2009 werden die tierärztlichen Kontrollen an den Grenzen zur EU abgeschafft. Eine Folge der Handelserleichterung: In drei Jahren ist endgültig Schluss mit dem Verfüttern von Schweinesuppe. Der gemischte Veterinärausschuss Schweiz - EU stellte am Dienstag fest, dass die Gleichwertigkeit der Gesetze und somit die Voraussetzungen für einfachere grenzüberschreitende Transporte von lebenden Tieren und Tierprodukten gegeben sind.

Ab 1. Januar werden damit grenztierärztliche Kontrollen in der Schweiz nur bei Importen von ausserhalb der EU durchgeführt werden - konkret also an den Flughäfen in Zürich und Genf. Im Zuge der Verhandlungen mit Brüssel musste die Schweiz jedoch die Fütterung von Schweinesuppe definitiv verbieten - sie handelte dabei aber eine Übergangsphase von drei Jahren aus. Ein weiterer Knackpunkt in den Verhandlungen war der unterschiedliche Umgang mit US-Beef. Die EU verbietet den Import von hormonbehandeltem Fleisch. In der Schweiz ist die Einfuhr zugelassen, sofern keine Hormonrückstände nachweisbar sind; es besteht nur eine Deklarationspflicht. Und dies wird laut Bundesamt für Veterinärwesen (BVet) so bleiben. Diese Ausnahme sei wichtig, sagte BVet-Sprecher Marcel Falk. Denn sonst hätten der Schweiz vielleicht Strafzölle gedroht - wovon auch die Märkte wie Pharmaprodukte oder Uhren hätten betroffen sein können. NZZ, 24. Dezember 2008, S. 17


EU-Kommission klagt gegen Österreich

Die EU-Kommission hat beschlossen, gegen das sektorielle Fahrverbot auf der Inntal-Autobahn in Tirol beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage einzureichen. Da die Kommission auf eine einstweilige Verfügung vorerst verzichtete, soll das Fahrverbot wie vorgesehen per 1. Januar und dann nochmals per 1. Juli 2009 verschärft werden. Laut Tiroler Angaben sind vom bestehenden Fahrverbot, das seit dem 2. Mai 2008 auf der Strecke zwischen Kufstein und lnnsbruck für den Transitverkehr mit Abfällen, Steinen, Erde und Aushub gilt, etwa 40000 Fahrten pro Jahr betroffen.

Neu kommen Transporte mit Rundholz, Kork und Fahrzeugen dazu, was den Transitverkehr um weitere 80 000 Fahrten pro Jahr vermindern soll. Ab dem Juli sollen insgesamt 200 000 Fahrten pro Jahr betroffen sein, wenn auch Fahrten mit Stahl, Marmor, Travertin-Stein und Keramikkacheln verboten werden sollen. Die EU-Kommission hatte schon einmal gegen ein österreichisches Modell mit sektoralen Fahrverboten geklagt und 2005 vom EuGH recht erhalten.

Die österreichischen Behörden sind aber zuversichtlich, dass sie einerseits den damals vom Gericht festgestellten Mängeln weitgehend Rechnung getragen haben und dass anderseits Werte wie Klimaschutz und Luftreinhaltung gegenüber freiem Warenverkehr und Binnenmarkt in jüngerer Zeit an Gewicht gewonnen haben.

Normalerweise dauert es ein bis zwei Jahre, bis der EuGH ein Urteil findet; ausgeschlossen ist aber nicht, dass Brüssel doch noch zum Dringlichkeitsrecht greifen könnte. Dies würde vor allem dann wahrscheinlich, wenn auf der betroffenen Strecke bei der Einführung weiterer Beschränkungen ein Chaos ausbrechen würde. Die österreichischen Behörden verweisen aber auf die langen Vorlaufzeiten, die es den Spediteuren erlaubt hätten, sich frühzeitig auf die neue Situation einzustellen. NZZ, 18. Dezember 2008, S. 9

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