In einem Gespräch mit der SonntagsZeitung entpuppt sich SP-Ständerätin Anita Fetz als EU-kritisch. „Ich will der EU heute nicht beitreten, denn sie ist ein neoliberales Projekt geworden“. Bis vor gut fünft Jahren sei der Beitritt der Schweiz zur EU eine Option gewesen.Doch seit 2008 sei es eine andere EU. „Das ist nur noch ein merkelsches Sparprojekt auf Kosten der Menschen in Südeuropa“. Das EU-Management der Finanzkrise sei haarsträubend. „Es bräuchte wieder nationale Währungen und den Euro nur noch als Leitwährung“. Auch wenn die SP in ihrem Parteiprogramm den EU-Beitritt anstrebe, ist für Fetz klar: „Die SP-Basis würde aktuell Nein sagen zum EU-Beitritt“. Sonntagszeitung, 1. September 2013, S. 17.
Kantone bringen die EWR-Lösung wieder aufs Tapet
Dem Schweizer Aussenminister steht eine schwierige Reise im Inland bevor. Am kommenden Freitag muss Bundesrat Didier Burkhalter in Genf versuchen, Regierungsräte der 26 Kantone von den europapolitischen Plänen des Bundesrats zu überzeugen.
Der Bundesrat hat sich am 21. August bereit erklärt, künftig dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bei der Interpretation der bilateralen Verträge das letzte Wort zu geben. Bevor der Bundesrat mit der EU über diese sogenannte EuGH-Lösung verhandeln darf, muss er aber die Kantone konsultieren. Wie sich jetzt zeigt, wird diese Konsultation nicht zum Selbstläufer. Dass die Kantone dem Bundesrat folgen, ist noch nicht gesichert. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) begnügt sich nicht damit, zu den Vorschlägen des Bundesrats einfach Ja oder Nein zu sagen. Der Leitende Ausschuss der KdK stellt zusätzlich zur Bundesratslösung eine Alternative zur Debatte: ein Andocken an die EWR-Institutionen.
Das geht aus Unterlagen hervor, die das neunköpfige Gremium den Kantonen am 6. September zugestellt hat. In den Papieren werden der Plan des Bundesrats und die Variante «Andocken an die EWR-Institutionen» als gleichberechtigte Optionen präsentiert. Das bestätigt der Präsident der KdK, der Waadtländer FDP-Staatsrat Pascal Broulis: «Wir wollen eine Diskussion über alle Varianten.»
Auch der Bundesrat hatte in Sondierungsgesprächen mit der EU mehrere Optionen ausgelotet, sich am 21. August aber auf eine Variante festgelegt. Sie besteht darin, dass der EuGH bei der Interpretation der bilateralen Verträge als eine Art Gutachter fungieren würde, dessen Avis auch für die Schweiz verbindlich wäre. Verworfen hat der Bundesrat hingegen einen Anschluss der Schweiz an die EWR-Institutionen (Efta-Überwachungsbehörde und Efta-Gericht). Diese Variante holt der KdK-Ausschuss nun wieder auf den Tisch.
Eigentlich waren die 26 Kantone gehalten, der KdK bis am Freitag eine erste Stellungnahme zukommen zu lassen. Doch so weit sind noch längst nicht alle. Viele der zuständigen Regierungsräte stehen noch mitten in ihrer persönlichen Entscheidfindung. Kein Wunder: Das Thema ist juristisch und politisch komplex, und die Kantone haben den Entwurf des Verhandlungsmandats erst vor zwei Wochen erhalten. Zudem sei die Begleitdokumentation, die der Bundesrat mitgeliefert habe, ziemlich rudimentär, klagen mehrere Personen.
Wegen der mangelnden Informationen ist die KdK bereits auf die Bremse getreten. Laut Broulis wollte der Bundesrat ursprünglich, dass die Kantone bereits kommende Woche definitiv zum Verhandlungsmandat Stellung beziehen. Gegen diesen Zeitplan hat Broulis namens der KdK beim Bundesrat interveniert. Nun haben die Kantone mehr Zeit erhalten: Ihre definitive Stellungnahme verabschiedet die KdK erst an ihrer übernächsten Plenarversammlung am 13. Dezember in Luzern.
Nächste Woche in Genf wird erst eine Grundsatzdiskussion geführt. Dabei erwarten die Kantone von Burkhalter mehr Informationen. Es gebe mehrere Punkte in den Vorschlägen des Bundesrats, «die nicht klar sind», sagt Broulis – etwa zu den «roten Linien» in den Verhandlungen oder inwieweit das institutionelle Abkommen auf die bisherigen Verträge mit der EU anwendbar wäre.
Für eine gültige Stellungnahme müssten sich 18 der 26 Kantone einig werden. Ob sich so viele Kantone für die eine oder andere Lösung aussprechen werden, ist unsicher. Sollten sich sich die Kantone klar hinter die Bundesratslösung stellen, wäre das ein wichtiger Support in diesem schwierigen Dossier. Sollte sich hingegen eine Mehrheit gegen die Bundesratsvariante aussprechen, hätte Burkhalter ein ernsthaftes politisches Problem. NZZ, 21. September 2013, S. 13