EU will WTO-Urteil über Gentechnik nicht anfechten
Ende November 06 hat die EU-Kommission beschlossen, keinen Einspruch gegen das Urteil der Welthandelsorganisation (WTO) im Gentechnikstreitfall einzulegen. Nach dem Urteil vom September 06 sind EU-lmportverbote für gentechnisch veränderte Lebensmittel rechtswidrig (EUR 11.06, S. 5).
Friends of the Earth Europe (FoEE) kritisierten die Anerkennung des Urteils. Das Umweltnetzwerk, dem in Deutschland der BUND angehört, sieht darin einen "gefährlichen Präzedenzfall" für künftige Umweltstreitigkeiten. Das WTO-Urteil widerspreche dem Vorsorgeprinzip, wie es unter anderem im Biosicherheitsprotokoll (BSP) festgeschrieben ist.
Das Vorsorgeprinzip greift in Fällen, in denen unklar ist, welche Folgen eine Maßnahme für Gesundheit und Umwelt hat. Dieses Prinzip gilt in zahlreichen internationalen Vereinbarungen, so auch in dem von der EU mit unterzeichneten Biosafety-Protokoll. Das BSP erlaubt es, im internationalen Handel Schutzmaßnahmen wie z. B. Importverbote im Interesse der biologischen Sicherheit zu erlassen. Dies hätten die WTO-Richter vollkommen ignoriert, monierte FoEE. Die WTO sei das falsche Forum, um über umweltrelevante Handelsfragen zu entscheiden. DNR EU-Rundschreiben, Dezember 2006, S. 21
Berlin unterliegt im Kampf gegen EU- T8bakwerbeverbot
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat am Dienstag eine von Deutschland erhobene Klage gegen das EU-Verbot für Tabakwerbung abgewiesen (Rechtssache C-380/03). Berlin hatte zwei Artikel einer EU-Richtlinie (Gesetz) von 2003 über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen angefochten. Die beiden Artikel untersagen mit wenigen Ausnahmen die Tabakwerbung in Printmedien, Radio und Internet sowie das Sponsoring von Radioprogrammen durch Tabakunternehmen. Deutschland stützte seine Klage insbesondere auf das Argument, dass diese Verbote nicht auf Grundlage des Binnenmarktartikels im EG- Vertrag (Art. 95) hätten erlassen werden können. Dieser ermächtigt die EU, im Dienste des Binnenmarkts Massnahmen zur Angleichung nationaler Vorschriften zu erlassen.
Die Luxemburger Richter halten unter anderem fest, die zuvor bestehenden Unterschiede zwischen den nationalen Werbe- und Sponsoringvorschriften hätten ein Tätigwerden des EU-Gesetzgebers gerechtfertigt. Die Unterschiede seien geeignet gewesen, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu behindern, und sie hätten zu einer beträchtlichen Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen geführt. Da die Voraussetzungen für die Heranziehung von Art. 95 erfüllt seien, könne die Wahl dieser Rechtsgrundlage nicht deshalb beanstandet werden, weil sich der Gesetzgeber möglicherweise auch vom Gesundheitsschutz habe leiten lassen.
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft äusserte nach dem Urteil die Befürchtung, dass die EU-Kommission nun unter dem Vorwand der Binnenmarkt-Harmonisierung in die Kommunikationsfreiheit der Unternehmen sämtlicher Wirtschaftszweige eingreifen könne. Die Abweisung der Klage war seit einem einschlägigen Schlussantrag des zuständigen EuGH-Generalanwalts im Juni erwartet 06 worden. NZZ, 13. Dezember 2006, S. 21
EU und Deutschland legen Streit um ARD und ZDF bei
Der Streit zwischen der EU-Kommission und Deutschland um die Finanzierung der öffentlich- rechtlichen Sender ARD und ZDF ist beigelegt. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sowie die Ministerpräsidenten Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) und Edmund Stoiber (Bayern), die im Namen der Bundesländer verhandelt hatten, meldeten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung eine Einigung. Der öffentlichrechtliche Auftrag der Rundfunkanstalten werde klarer definiert und es würden Massnahmen in den Bereichen Marktkonformität, Transparenz und Finanzkontrolle ergriffen. Dies soll innert zweier Jahre umgesetzt werden. Im Gegenzug will Kroes dem Kommissionskollegium nun die Einstellung des 2005 eingeleiteten EU-Verfahrens vorschlagen. Die Kommission hatte im März 2005 von Deutschland eine KlarsteIlung verlangt, da sie zur vorläufigen Auffassung gelangt war, das Finanzierungssystem für die Rundfunkanstalten stehe nicht mehr in Einklang mit dem EU-Beihilferecht
Zwar ist es den EU-Mitgliedstaaten freigestellt, öffentlichrechtliche Radio- und Fernsehanstalten zu errichten und diese für ihren Grundversorgungsauftrag (Service public) mit staatlichen Mitteln oder über Rundfunkgebühren zu entschädigen. Die EU fordert zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Anbietern aber eine klare Definition dieses Auftrags sowie eine saubere Trennung von kommerziellen Tätigkeiten, für die ein marktkonformes Verhalten verlangt wird. Im deutschen Fall wird diese Definition laut Kommission nun auch klären, wieweit neue Medien (etwa online-Angebote) in den Service public einbezogen werden. Weiter sei zu gewährleisten, dass die Grundversorgung nicht überkompensiert werde. Dies soll eine Quersubventionierung kommerzieller Aktivitäten der Sender verhindern. Nach diesem Muster wurden bereits Fälle in einer Reihe anderer EU-Staaten gelöst; weitere sind hängig. NZZ, 16./17. Dezember 2006, S. 25