Übersicht Kurzinfos Liste | |
Kurzinfos 4/98
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"Mut zu führen"
Die EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies meldete sich neulich wie folgt zu Worte. "Natürlich muss Deutschland seine Interessen, auch die materiellen, in der EU entschlossen vertreten. Es muss seinen Nachbarn aber auch klarmachen, dass es seine führende Position in Europa akzeptiert und auszufüllen bereit ist. Europa bedeutet mehr als eine historische Pflicht, die aus dem Grauen des Zweiten Weltkriegs erwachsen ist. Europa bedeutet die einzige Chance, deutsche Interessen im Zeitalter der Globalisierung zu vertreten." und "Wir brauchen eine deutsche Regierung, die den Willen und den Mut hat, in Europa zu führen; eine Regierung, die deutlich macht, dass und warum wir Europa wollen. Das erwarten unsere Nachbarn zu Recht von uns". Spiegel, 40/1998, S. 38.
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Verlustrechnung fürs Volk
An einer Tagung der "Gesellschaft für Aussenpolitik" im Emmental (Oktober 98) diskutierte Prof. Dieter Freiburghaus (Lausanne) die Auswirkungen eines EU-Beitritts auf die Demokratie. Ein EU-Beitritt führe zu einer massiven Einschränkung der staatlichen Handlungsautonomie (demokratische oder andere). Diese Einschränkung werde bei der Mitwirkung ungleichmässig teilweise wettgemacht: die Exekutive kann "dabei sein", für das Volk stelle dies eine eindeutige Verlustrechnung dar. Zwischen direkter Demokratie und Aussenpolitik sieht Freiburghaus kein besonders schwieriges Verhältnis, das verfassungsrechtliche Neuerungen rechtfertige. Das Problem sei nicht eine schweizerische Langsamkeit, sondern der komplizierte interne Entscheidfindungsprozess der EG/EU. NZZ. 8.10.98
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Dänemark weiterhin von Klage bedroht
Die EU-Kommission wirft Dänemark vor, sowohl mit seinem Dosenverbot als auch mit dem Verbot des Gebrauchs von Einwegflaschen gegen die EU-Verpackungsrichtlinie von 1994 zu verstossen. Während die Verpackungsrichtlinie versuche, Umweltaspekte und Marktbarrieren gleichermassen zu berücksichtigen, wird Dänemark vorgeworfen, diese "Balance" mit seinem Verbot nicht ausreichend herzustellen. Die Verpackungsrichtlinie sieht daher vor, dass die Mitgliedstaaten keinen Verpackungstypus diskriminieren dürfen, solange er die gesetzlich fixierten technischen Anforderungen erfüllt. Damit soll die EU-weite Harmoniserung des Verpackungsrechts erreicht werden. Dänemark besteht weiterhin auf seinem Standpunkt, das Vorgehen der EU-Komission sei angreifbar, da die EU bisher noch keine harmonisierten technischen Standards eingeführt hat. Die dänische Regierung kündigte an, dass sie von ihrem Kurs auch nach der erwarteten Stellungnahme der Kommission nicht abweichen werde. Eine Aufhebung des Verbots für Einwegflaschen etwa würde auch einen 50-prozentigen Ansteig des Verpackungsabfalls bedeuten. DNR-EU-Rundschreiben, 10+11/98
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Fischer fordert Entlastung Deutschlands
Der deutsche Aussenminister Fischer verfolgt die Politik der CDU-Regierung weiter und verficht in Brüssel eine finanzielle Entlastung der Bundesrepublik. Eine Entlastung der Bundesrepublik sei auch wichtig, um die Akzeptanz der geplanten EU-Erweiterung in Deutschland zu sichern. NZZ. 10.11.98. Die Äusserungen Fischer sind vor allem auf dem Hintergrund der Einführung des Euros brisant, gehen Wirtschaftswissenschaftler doch davon aus, dass durch den Euro verstärkte Ungleichgewichte nur durch eine massive Erhöhung von Ausgleichszahlungen aufgefangen werden können. Dass diese Ausgleichszahlungen vor allem durch die wirtschaftlichen Profiteure des Euros, zu denen auch das exportstarke Deutschland gehört, zu berappen sein werden, ist klar.
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Weltoffenheit der Bundesräte Felber und Delamuraz
Die angeblich weltoffenen ehemaligen Bundesräte Felber und Delamuraz verstanden kein Wort englisch. Sie lasen sogar grundsätzlich keine englischen Texte - und sie waren zuständig für die EWR-Verhandlungen der Schweiz. Laut dem ehemaligen Staatsekretär Blankart, der die EWR-Verhandlungen leitete, wurde die sprachliche Unkenntnis der Scheizer Bundesräte von Brüssel bewusst ausgenutzt, indem sie manchmal allein unter Ministern sprechen wollten und dann den beiden Bundesräten ein Ja zu unverstandenen Texten abnahmen. NZZ. 10.11.98. Die Bitterkeit Blankarts über das EU-Beitritts-Gesuch des Bundesrates kurz vor der EWR-Abstimmung vermögen wir allerdings nicht zu teilen. Den Bundesräten, die für dieses Gesuch verantwortlich sind, müsste man ja eigentlich dankbar sein, da u.a. auch durch sie der neokoloniale EWR-Vertrag bachab ging.
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Ukraine kritisiert EU
Die Ukraine reagiert mit wachsender Sorge auf den zu angestrebten Beitritt ihrer Nachbarstaaten Ungarn und Polen zur EU. Während eines zweitägigen Besuches in der ungarischen Hauptstadt Budapest Ende Oktober drückte der ukrainische Staatspräsident Kutschma die Befürchtung aus, es könnte zu einer neuen Spaltung Europas kommen. Ungarn und Polen würden sich vor dem Zustrom von Emigranten schützen und gemäss dem Schengener Abkommen ein striktes Visa-Regime einführen müssen, sagte Kutschma. Die Ostgrenzen der EU-Kandidaten könnten sich so in politische Grenzen Westeuropas verwandeln und zu neuen Hindernissen im Reiseverkehr und im Handel der Ukraine mit den beiden Staaten werden. NZZ. 2.11.98
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"Öffnung" von Europol für Drittstaaten
Die 40 Europaratsstaaten haben sich auf eine engere polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption verständigt. Kern einer solchen, besonders auch von den osteuropäischen Regierungen erhofften, engeren technischen Zusammenarbeit soll die Anbindung auch der Nicht-EU-Staaten an das Fahndungssystem Europol der Union werden. Koller, der an der zweitägigen Konferenz zur Polizeizusammenarbeit in Strassburg teilnahm, wies daraufhin, auch die Schweiz sei nach wie vor sehr an einer Anbindung an Europol bemüht. Die Schweiz habe trotz föderalistischer Strukturen ein eigenes Informationssystem auf Bundesebene geschaffen und sei für die Zusammenarbeit mit Europol gerüstet. "Leider" sei der Wunsch der Schweiz, auch dem Schengener Vertrag beizutreten, was von den unmittelbaren Nachbarn unterstützt worden sei, am Widerstand einiger ferner liegender Länder gescheitert. Deshalb habe Bern mit Paris und Rom bilaterale Abkommen abgeschlossen, wie sie gegenwärtig auch mit Deutschland und Österreich erarbeitet würden. NZZ. 7/8.11.98
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Malta und EU-Parlament Nachdem die sozialdemokratische, EU-kritische Regierung Maltas abgewählt wurde, steuert die neue bürgerliche Regierung erneut EU-Beitrittkurs. Das EU-Parlament nahm zur Reaktivierung des Beitrittsgesuches positiv Stellung "in der Erwägung, dass Malta integraler Bestandteil der europäischen Staaten- und Kulturgemeinschaft ist" und "unter Hinweis auf die geostrategische Bedeutung der Insel aufgrund ihrer Lage zwischen dem europäischen und dem afrikanischen Kontinent." (B4-0952,0953,0954,0955,0956,0957 und 0958/98)
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Schengenland
Zur Abwehr der "illegalen" Einreisen von Ausländern wollen die Schengen-Staaten die Kontrollen an ihren Aussengrenzen verschärfen. Die neun Schengen-EU-Staaten, die an ihren Binnengrenzen die Grenzkontrollen abgeschafft haben, haben nach Angaben des deutschen Innenministers Kanther am Mittwoch in Bonn unter anderem eine "lückenlose Überwachung der Land- und Seeaussengrenzen"vereinbart. Nach dem Beschluss des Schengen-Exekutivausschusses sollen auch Häfen gesichert und "illegal" eingereiste Ausländer "unverzüglich und konsequent" in ihr Heimatland zurückgeführt werden. NZZ. 17.9.98
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Preisbindung
EU-Wettbewerbskommissar Van Miert fordert im Streit um die Buchpreisbindung weiterhin Zugeständnisse von deutschen und österreichischen Buchhandel. Van Miert sagt am Montag in Berlin, es werde nur eine Kompromisslösung geben, wenn Zugeständnisse gemacht würden. Zu der von seiten des Buchhandels angedrohten Klage gegen die Preisbindung sagte er, der EU-Gerichtshof habe sich in ähnlichen Fällen schon mehrmals im Sinne der EU-Kommission geäussert. Eine Festlegung der Preise auf der Ebene der Mitgliedstaaten sei möglich. Als Beispiel nannte Van Miert Frankreich, das seine Buchpreise für Frankreich festlege: "man muss aber dafür sorgen, dass es nicht grenzüberschreitende Effekte gibt". NZZ. 22.9.98
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Erfolg der EU-kritischen Linken in Schweden
Bei den schwedischen Wahlen im September errang die EU-kritische Linke einen Erfolg bei den Wahlen. Die Linkspartei unter der Federführng von Parteichefin Gudrun Schyman will bereits im nächsten Jahr ein Referendum durchführen lassen zur Frage, ob sich Schweden der Wirtschafts- und Währungsunin (WWU) anschliessen soll oder nicht. Die Linken sind erbitterte Gegner einer WWU-Teilnahme Schwedens, weil dies "wie sie nicht ganz zu Unrecht erklären" (NZZ), die geld- und fiskalpolitische Hoheit Stockholms unweigerlich einengt. Die von der Linkspartei angestrebte Ablehnung der WWU durch das Volk soll letztlich nur eine Zwischenetappe bei der Verfolgung eines grösseren Ziels sein: der Austritts Schwedens aus der EU. NZZ. 23.9.98
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Einheit für die Betrugsbekämpfung
Der Sonderbericht 8/98 des Rechnungshofs über die mit der Betrugsbekämpfung befassten Dienststellen der EU-Kommission, insbesondere die Einheit für die Koordinierung der Betrugsbekämpfung (UCLAF) hat selbst das EU-Parlament beunruhigt. Es bezeichnet sich als "alarmiert von den Ergebnissen der Untersuchung des Rechnungshofs, die zeigen, dass trotz der in den letzten Jahren unternommenen Anstrengungen die für die Betrugsbekämpfung zuständige Dienststelle der Kommission nur in beschränktem Umfang handlungsfähig ist". Das EU-Parlament kritisiert, dass "die Politik der Kommission bei Fällen von Korruption in ihren eigenen Reihen nach wie vor nicht klar und konsequent ist und dass deshalb eine Tendenz besteht, solche Fälle nach Möglichkeit zu vertuschen". (A4-0297/98)
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Was kostet die EU?
Zwar sickerte vom noch vertraulichen Entwurf zum angekündigten Integrationsbereich 1999 des Bundesrats nichts neues durch. Man wusste schon seit dem "Bericht über einen Beitritt der Schweiz zur Europäischen Gemeinschaft vom 18. Mai 1992", wieviel ein EU-Beitritt ungefähr kostet. Die nun erwähnten 3.6 Milliarden sind unbedeutend gegenüber den übrigen Verlusten: massive Einschränkungen der direkten Demokratie, Anhebung der unsozialen Mehrwertsteuer auf mindestens 15%, Aufgabe einer eigenen Geldmengenpolitik und der damit verbundenen Möglichkeit, eine der eigenen Wirtschaft angemessenen Konjunkturpolitik zu betreiben, Verschärfung des Wettbewerbs mit entsprechendem Druck auf die Löhne und Erhöhung der Gewinne der Gewinner, Anstieg der Mieten, negative Auswirkungen auf die Umwelt (Transitpolitik, Verbot, Vorreiterrollen im Umweltbereich zu übernehmen) usw. Die Gewinne sind demgegenüber geradezu unbedeutend: Zugang zu Märkten, die im Grossen und Ganzen bereits zugänglich sind und bleiben, Mitsprache durch die Exekutive auf Kosten der Selbstbestimmung und der demokratischen Kontrolle der stimmberechtigen Bevölkerung, Personenfreizügigkeit, die man auch sonst haben kann, und ähnliches..... .
Interessant im Zusammenhang mit dem Tamtam um die 3,6 Milliarden: die angeblich liberalen Zeitungen vermelden "erheblich weniger Asylgesuche in der Schweiz als Vorteil einer EU-Intergration" (Berner Bund, 23.11.98). Offensichtlich sind die euronationalen Kräfte zum Schluss gelangt, dass ohne latente Fremdenfeindlichkeit ein EU-Beitritt nicht schmackhaft zu machen ist. Das zu vollbringende Kunststück der Euronationalen wird also darin bestehen, weiterhin die EU-Debatte zu blocherisieren und gleichzeitig selber fremdenfeindlich zu argumentieren. Dazu muss die eigene Fremdenfeindlichkeit latent genug daher kommen, da man sich sonst von Blocher zuwenig unterscheiden würde. Letzteres hätte für die euronationale Strategie verheerende Folgen, da sie ohne die Blocherisierung der EU-Debatte keine Chance auf Erfolg hat (siehe obige Liste von Nachteilen). Anderseits muss die Fremdenfeindlichkeit aber doch sichtbar genug werden, um Wirksamkeit zu entfalten. Ob die Gratwanderung gelingen wird, wird sich zeigen. Jedenfals ist der ehemalige SP-Präsident bereits auf diese Linie eingeschwenkt (siehe WoZ-Beilage, 19.11.98, S. 5, wo Peter Bodenmann billigend vermerkt "Innerhalb der Festung Europa werden künftig die Asylsuchenden auf die verschiedenen Länder anteilsmässig verteilt werden. Dies zum Vorteil der Schweiz, die weniger Asylsuchende wird aufnehmen müssen).
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OECD-Lob und Kritik an Schweizer Umweltpolitik
Die OECD attestiert der Schweiz beachtliche Erfolge im technischen Umweltschutz, insbesondere in den Bereichen Luftreinhaltung, Gewässerschutz, Abfallbewirtschaftung und Lärmschutz. So gehört der Emissionsgrad von Luftschadstoffen zu den niedrigsten unter den OECD-Staaten. Bei Kanalisations- und Kläranlagen für Abwasser ist der Anschluss- und Ausstattungsgrad sehr hoch und bei der Abfallbewirtschaftung weit fortgeschritten. Dennoch bleiben selbst in diesen Bereichen gemäss OECD auch in der Schweiz noch viel zu tun. So müssen die Zielvorgaben für die Luftreinhaltung betreffend Stickoxid, flüchtige organische Verbindungen und Ozon erst noch erreicht werden. Weiter müssen u.a. die Kanalisations- und Kläranlagen unterhalten und erneuert, die Infrastrukturen für die Behandlung von Siedlungs- und Industrieabfällen vervollständigt, schadstoffbelastete Böden saniert, diffuse Umweltverschutzungen reduziert und die Gentechnologie gesetzlich geregelt werden. Beim "grünen Umweltschutz", also beim Natur- und Landschaftschutz, kritisiert sie dagegen den Verlust an Naturräumen sowie den damit verbundenen Artenschwund. Die entsprechenden Anstrengungen der Schweiz zum Schutz von Natur, Landschaft und Biodiversität seien trotz einigen Erfolgen bei der Erhaltung der Waldfläche ungenügend. Die OECD verweist auf die Belastungen durch die wirtschaftlichen Tätigkeiten in der dichtbevölkerte Schweiz mit einem erhebliche Tourismussektor. Die Liste der OECD-Vorschläge an die Schweiz für einen besseren Schutz von Natur und Landschaft ist lang: Sie enthält etwa mehr Schutzflächen von Biotopen und ökologischer Vernetzung, systematischer Einbezug von Umweltbelangen in die Fremdenverkehrspolitik. Die OECD empfiehlt weitere Bemühungen zur Umsetzung des Verursacherprinzips und zur Verringerung der Subventionen im Kampf gegen die Umweltverschmutzung. Ausdrücklich genannt wird die Strassenfiskalität im Güterverkehr. Angesichts des im Vergleich zu den übrigen Ländern niedrigen Benzinpreises verfüge die Schweiz hier über einen bedeutenden Handlungsspielraum. NZZ. 20.10.98
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Polens NATO-Beitritt - Kosten von 3 Milliarden Franken
Das polnische Kabinett hat am 20. 10. 98 die Ratifizierungsvorlage für den Beitritt des Landes zur NATO verabschiedet. Bis zum Beitritt müssen die polnischen Streitkräfte noch zahlreichen Modernisierungsauflagen der NATO nachkommen. Polen rechnet mit Kosten von umgerechnet rund drei Milliarden Franken, um Kommunikationseinrichtungen, Luftabwehr- und Steuersysteme dem NATO-Stand anzupassen. NZZ. 21.10.98
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EU, WEU und NATO
"Eine EU-Ratspräsidentschaft, die weder der Westeuropäischen Union (WEU) noch der NATO angehört, stösst - wie sich beim informellen Treffen der EU-Aussenminister im September in Salzburg zeigte - rasch an ihre Grenzen. Wenn der Vertrag von Amsterdam ratifiziert ist und die Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP) anläuft, könnte sich die Frage stellen, ob eine nicht der NATO und der WEU angehörende EU-Ratspräsidentschaft in Sicherheitsfragen den Stab nicht an einen EU-Staat weiterreichen müsste, der diesen Organisationen angehört." (EUmagazin, 10/98).
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Mehr Demokratie in Hamburg
Die Gruppierung "Mehr Demokratie in Hamburg" konnte im September 98 zwei Initiativen in Hamburg zur Abstimmung bringen. Die erste beinhaltete eine Erleichterung der direkten Demokratie auf Bezirksebene, die andere die Erleichterung der direkten Demokratie auf Landesebene. Beide Initiativen wurden vom Volk mit hoher Mehrheit akzeptiert, die zweite scheiterte aber an der Hürde, die sie abschaffen wollte. Die Hürde besteht in einem Quorum bei Abstimmungen. Nur wenn 50% der Wahlberechtigten teilnehmen, ist die Abstimmung gültig. Die Initiative wollte diese antidemokratische Klausel wegbringen. Die Initiative wurde von den regierenden Sozialdemokraten heftig bekämpft. In Bayern zählt die SPD demgegenüber zu den starken Verfechtern der direkten Demokratie. Das Beispiel zeigt: auch die SPD ist nur für mehr Volksrechte, wenn sie nicht selber an der Regierung ist. Die Zeit, 1.10.98
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Rosinenpickerei und Egoismus
Jörg Thalmann beschreibt in der "Courage", Zeitschrift der Euronationalen, deutlich, was er unter Rosinenpickerei und Egoismus bei Kleinstaaten versteht. Ein Kleinstaat begeht Rosinenpickerei, wenn er nicht ohne weiteres ein Vertragswerk übernimmt, das vorsieht, dass er bei der künftigen Weiterentwicklung nichts zu sagen hat. Ohne Mitbestimmung soll vielmehr neu geschaffenes Recht übernommen werden: "Er (Delamuraz) liess es auch zu, dass sich die Schweiz in unhaltbare Forderungen wie diejenige verstieg, alle ihr nicht passenden EWR-Weiterentwicklungen abzulehnen und nur dort dabeizubleiben, wo es ihr passte. Dieser krasse Ausdruck helvetischen Rosinenpickens führte zu einer demütigenden Episode. Als Delamuraz und René Felber diesen Antrag auf ein ‚individuelles Opting-out' stellen, antwortete der italienische Aussenminister De Michelis mit einem Seitenblick auf die Türe schneidend: ‚You can have your opting-out. Just now!' Mit anderen Worten: Wenn ihr auf diesem Opting-out besteht, werfen wir euch hinaus. Den beiden Schweizern wurde brutal klar gemacht, dass Europa für so egoistische Länder keinen Platz mehr habe." (Courage, 11.11.98). Krasser als Thalmann kann man die Zustimmung zu neokolonialen Verhältnissen in der Tat nicht ausdrücken.
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Zürcher Grüne: Ja zu EU-Beitrittsverhandlungen
Bei den Zürcher Grünen äusserten sich anlässlich einer Umfrage im Oktober (siehe EM 3/98) 80% für EU-Beitrittsverhandlungen. 36,7% würden bei einer Abstimmung mit grosser Wahrscheinlichkeit für einen Beitritt stimmen, die anderen hingegen möchten zuerst die Bedingungen kennen, bevor sie sich entscheiden. Im TA wurde das Resultat dieser Urabstimmung zu einem feurigen Bekenntnis zu "Europa" umfunktioniert. Beim Vorstand der Grünen Partei Zürich liegen drei Beschwerden vor, die wegen tendenziöser Fragestellung eine Wiederholung der Urabstimmung verlangen. TA.14.10.98
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Grüne Partei Schweiz: sofortige Beitrittsverhandlungen und EU-Beitritt fürs Jahr 2002
In einem Positionspapier fordern die Grünen sofortige Beitrittsverhandlungen. Am Parteitag Ende Oktober 98 in Montreux wurde das Papier verabschiedet. Es stellt einen Abklatsch von SP-Positionen und Integrationsbüro-Ideologie dar. Entsprechend lohnt es sich kaum, es zu lesen. Parteipräsident Baumann meinte, eine Integration in Europa würde der Schweiz guttun. Damit würde sie die Erfolge und Misserfolge in Europa mittragen. Er sei sicher, dass Europa die Grünen nicht mehr nur bewege, sondern dass die Grünen künftig Europa bewegten. Soweit zum Niveau der Grünen-Debatte. Nachdem die Grünen die Ablehnung des EWR in verantwortungsloser Art dem rechten Lager überlies und kurz nach der Abstimmung einen undemokratischen Pro-EU-Kurs einschlugen (der Vorstand setzte sich ohne Rücksprache über alle diesbezüglichen Beschlüsse der Parteitage hinweg), erlitten die Grünen eine wohlverdient Schlappe in den nachfolgenden Wahlen. Allzu krasser Opportunismus wird zum Glück von den Wählerinnen und Wählen nicht goutiert. Die Niederlage wurde allerdings von den Grünen scheinheilig ihrem alten Vor-EWR-Abstimmungs Kurs zugeschrieben.
Das Problem mit dem antidemokratischen Kurs der Grünen besteht darin, dass es in der Schweiz seit dem Schwenker vor 6 Jahren keine demokratische Partei mehr gibt, die links von der Mitte anzusiedeln wäre. Viele Bürgerinnen und Bürger haben damit keine Möglichkeit mehr, ihre Meinungen im Parlament vertreten zu lassen. Auf absehbare Zeit scheint für eine neue Partei, die diesen Leuten politischen Ausdruck verschafft, allerdings keine Chance zu bestehen: es gibt kaum Leute, welche die entsprechende Aufbauarbeit auf sich nehmen würden.
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Euro-Sparkurs auf Kosten der unteren Einkommensschichten
Griechenlands Sozialisten kennen den Preis ihrer EU-Politik, und sie verfolgen sie trotzdem weiter. Die von Maastricht vorgegebenen Konditionen bedingen einschneidende Sparmassnahmen. Folgen sind Firmenschliessungen und Massenentlassungen auch in der Verwaltung. Die grössten Opfer erbringen die unteren Einkommensschichten, die traditionelle Wählerbasis der Panhellenischen Sozialisten (Pasok). Basler Zeitung, 9.10.98
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UNO-Bericht: Armut wächst
Die Anzahl der absolut armen Länder und der absolut armen Menschen wird weiter steigen - dies laut einem im Oktober veröffentlichten Bericht der UNO-Handels und Entwicklungskonferenz (Unctad). Im Jahr 2000 werden vier Fünftel der Erdbevölkerung in Entwicklungsländern leben und die Anzahl der absolut Armen wird fortwährend steigen. Gegenwärtig sind ca. 1.3 Mrd. Menschen arm. Die armen Länder wuchsen zwar, ihr Anteil am Welthandel und an der Weltproduktion konnten sie aber nicht verteidigen. Die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise verbunden mit anderen Faktoren (EL Niño, Zerfall von Rohstoffpreisen, sinkende Entwicklungshilfe, Verzögerung der Entschuldung, usw.) wird den Abstieg der am wenigsten entwickelten Länder beschleunigen. Laut dem Unctad-Bericht sind diese Länder gegen dieses Schicksal fast völlig wehrlos. Die Unctad fordert die reicheren Länder auf, die öffentliche Entwicklungshilfe nicht zu kürzen, trotz der eigenen Budgetsorgen. Die Schweiz habe ihre bescheidene öffentliche Finanzhilfe seit 1990 um etwa einen Drittel gekürzt. Die Entschuldung sei immer noch unvollständig und ungenügend. Basler Zeitung, 15.10.98
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EU-Mittelmeer
Zwischen der EU und 12 Anrainerstaaten des Mittelmeers bestehen 12 Assoziationsabkommen (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Malta, Marokko, Palästina, Syrien, Tunesien, Türkei und Zypern). Ihr Anteil an den EU-Investitionen im Ausland ist von rund 25% in den achtziger Jahren auf nicht viel mehr als 2% im Jahr 1997 zurückgegangen. Binnenmarktkommissar Mario Monti informierte die Vertragspartner über das von der EU-Kommission vorgelegte Freihandelskonzept EU-Mittelmeer, das bis 2010 vewirklicht werden soll. Er richtete einen Appell an die "Partner", mit der Liberalisierung ernst zu machen und nicht bis 2010 zu warten. Von den EU-Unternehmen könne man nicht erwarten, dass sie ihre Normen und Produkte auf unterschiedliche Anforderungen in jedem der kleinen Märkte umstellten. EUmagazin, 11/98.
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Vom gewerkschaftlichen "Ja, aber" zum "Nein, wenn nicht"?
Am 50. SGB Kongress in Davos verlangte der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB hohe Leitplanken gegen Lohn- und Sozialdumping. Anders als bei der EWR-Abstimmung wolle der SGB bei der Freizügigkeit im Personenverkehr den Kampf gegen die AUNS und Blocher "nicht mit leeren Händen" führen. Die Zustimmung der Gewerkschaften zu einem bilateralen Abkommen mit der EU sei nicht zum Nulltarif zu haben.
Die 210 Delegierten hiessen zudem ein von der Gewerkschaft Bau und Industrie verschärftes Positionspapier zur "europäischen Integration" gut. Es fordert eine erleichterte Allgemeinverbindlichkeit für Gesamtarbeitsverträge. Weitere Bedingungen für die Freizügigkeit im Personenverkehr sind eine Einführung kantonaler Mindestlöhne im Normalarbeitsvertrag sowie eine autonome Umsetzung der EU-Ent-senderichtlinie durch die Schweiz. Die Gewerkschaften wollen in die Kontrollen der Umsetzung dieser flankierenden Massnahmen einbezogen werden.
Eine vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe der Sozialpartner hat bereits Vorschläge für flankierende Massnahmen unterbreitete, die aber den Arbeitgebern zu weit gehen und den Arbeitnehmern nicht genügen. Co-Präsident Pedrina interpretierte das integrationspolitische Votum des Kongresses als Signal an Wirtschaft und Politik, dass die Position der Gewerkschaften zur EU vom "ja, aber..." zum "nein, wenn nicht..." verschärft worden sei (NZZ. 6.11.98).
Laut Pressedienst des SGB richtete der Kongress damit ein klares Signal an die Arbeitgeber und an die Politik. Diese müssten wissen, dass der SGB wegen seiner "grundsätzlich EU-freundlichen Haltung" nicht erpressbar sei. Es gehe hier nicht um ein verbaltaktisches Spiel. Wer Abstriche an den flankierenden Massnahmen vornehmen wolle, müsse klar wissen, dass der SGB dies nicht einfach murrend hinnehmen werde.
Zugestimmt wurde des weiteren auch der Forderung der GBI, wonach die Schweiz sich auch sozial in die EU zu integrieren habe. Nach einem erfolgreichen Abschluss der bilateralen Verhandlungen und vor einem Beitritt in die EU soll die Schweiz in einem Swisslex-2-Pakte sich unter anderem dazu verpflichten, die EU-Gemeinschaftscharta über soziale Grundrechte sowie die Europäische Sozialcharta einzuhalten. Pressedienst SBG, 11.11.98
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Personenfreizügigkeit auf bilateral
Das Abkommen der Schweiz mit der EU über den freien Personenverkehr wurde im September bereinigt. Es beinhaltet einerseits eine schrittweise Liberalisierung der Arbeitsmärkte, anderseits eine Belastung der Arbeitslosenversicherung um anfänglich 200 Millionen, nach sieben Jahren dann von 370 - 600 Millionen Franken pro Jahr. Die schrittweise Liberalisierung der Arbeitsmärkte beinhaltet die Ersetzung der Saisonniers durch Kurzaufenthalter mit einem Arbeitsverhältnis von weniger als einem Jahr (ohne Beschränkung auf Saisonbranchen und mit Bewilligung für das ganze Land sowie mit beruflicher geographischer Mobilität). Gleiches gilt für die Daueraufenthalter bis zu fünf Jahren. Grenzgängern wird die berufliche und geographische Mobilität im ganzen Grenzgebiet zugestanden. Weiter ist der Zugang für Selbständigerwerbende und Nichterwerbstätige sowie für Erbringer von grenzüberschreitenden Dienstleistungen ohne dauernden Aufenthalt in einem andern Staat vorgesehen.
Nach zwei Jahren sollen der Inländervorrang und sämtliche unterschiedlichen Behandlungen bei der Kontrollstelle der Lohn- und Arbeitsbedingungen abgeschafft werden. Zudem sollen Ausländer aus nicht-EU-Staaten durch Präferenzquoten für EU-Bürger diskriminiert werden (innerhalb der Kontingente sind 15 000 Aufenthaltsbewilligungen mit einer Gültigkeit von mehr als einem Jahr und 115 000 Kurzaufenthaltsbewilligungen für EU-Bürger reserviert).
Nach fünf Jahren wird dann erstmals der freie Personenverkehr getestet. Für alle EU-Bürger werden die Kontingente aufgehoben. Es ist noch ein Bremsmechanismus vorgesehen: Falls die Zuwanderung aus der EU in diesem Jahr 15% des Mittels der vorangegangenen der Jahre übersteigt, kann die Schweiz unilateral und ohne Gefahr von Retorsionsmassnah-men für die nächsten zwei Jahre wieder Kontingente einführen. Nach sieben Jahren kann die Schweiz mit einem referen-dumsfähigen Entscheid den Vertrag weiterführen. Sollte allerdings dann zumal ein allfälliges Referendum Erfolg haben und den Aussteig aus dem Vertrag erwirken, würden auch die andern sechs Vereinbarungen des bilateralen Abkommen hinfällig.
In der zweiten Vertragsperiode ist noch zweimal ein solches Probejahr mit Bremsmechanismen vorgesehen, bis dann nach insgesamt 13 Jahren endgültig der freie Personenverkehr mit lediglich noch einer generellen Schutzklausel gilt. Für die Arbeitslosenversicherung von Arbeitnehmern mit Verträgen von weniger als 12 Monaten haben die Unterhändler eine Übergangsfrist von sieben Jahren vereinbart. Leistungen erhalten in dieser Phase nur Personen, die während mindestens sechs Monaten Beiträge in der Schweiz entrichtet haben. Beiträge von weniger als sechs Monaten Dauer werden den Heimatstaaten der betroffenen Arbeitnehmer rückvergütet.
Die tatsächliche zusätzliche Belastung für die ALV ist schwierig abzuschätzen und dürfte von der Konjunkturlage abhängen. Geht man von 1997 mit rund 90 000 Arbeitnehmern mit Verträgen von weniger als einem Jahr und Saisonniers aus, würde eine Mehrbelastung von etwa 210 Millionen Franken pro Jahr resultieren. Nach siebenjähriger Übergangsfrist wird dieser Betrag vermutlich 370 Millionen bis 600 Millionen Franken erreichen. Dafür wird ab dem achten Jahr die Rückerstattung von Grenzgängerbeiträgen hinfällig. Eine solche Rückerstattung ist im EU-Recht nicht vorgesehen, wird von der Schweiz zurzeit indes auf Grund eines bilateralen Abkommen mit den Nachbarstaaten im Umfang von rund 200 Millionen Franken pro Jahr geleistet.
In anderen Sozialversiche-rungsbereichen ergeben sich kleinere Mehrkosten: gemäss Bundesrat betragen sie für die AHV/IV einschliesslich Ergänzungsleistungen 34 Millionen, für die zweite Säule 11 Millionen und bei den Haushaltungszulagen 2 Millionen Franken. Die Auswirkungen der Gleichbehandlungspflicht bei den kantonalen Kinderzulagen konnte der Bundesrat nicht beziffern. NZZ. 16.9.98
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Formen der wirtschaftlichen Isolation
Im Vergleich zur Vorjahresperiode stiegen die Exporte der schweizerischen Maschinen-Industrie in den ersten neun Monaten 1998 nominell um 7,3% an. Die Absatzmärkte Westeuropas verloren im dritten Quartal nur leicht an Dynamik; die Exporte in die EU stiegen immer noch um 12,2% an. Deutschland als wichtigstes Absatzland nahm um 9,2% mehr Produkte ab. Die Exporte in die übrigen EU-Länder stiegen zum Teil weiterhin sehr stark an. Medienmittleilung des ASM/VSM, 17.11.98
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Euro-Sparkurs auf Kosten der unteren Einkommensschichten
Griechenlands Sozialisten kennen den Preis ihrer EU-Politik, und sie verfolgen sie trotzdem weiter. Die von Maastricht vorgegebenen Konditionen bedingen einschneidende Sparmassnahmen. Folgen sind Firmenschliessungen und Massenentlassungen auch in der Verwaltung. Die grössten Opfer erbringen die unteren Einkommensschichten, die traditionelle Wählerbasis der Panhellenischen Sozialisten (Pasok). Basler Zeitung, 9.10.98
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UNO-Bericht: Armut wächst
Die Anzahl der absolut armen Länder und der absolut armen Menschen wird weiter steigen - dies laut einem im Oktober veröffentlichten Bericht der UNO-Handels und Entwicklungskonferenz (Unctad). Im Jahr 2000 werden vier Fünftel der Erdbevölkerung in Entwicklungsländern leben und die Anzahl der absolut Armen wird fortwährend steigen. Gegenwärtig sind ca. 1.3 Mrd. Menschen arm.
Die armen Länder wuchsen zwar wirtschaftlich, ihr Anteil am Welthandel und an der Weltproduktion konnten sie aber nicht verteidigen. Die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise verbunden mit anderen Faktoren (EL Niño, Zerfall von Rohstoffpreisen, sinkende Entwicklungshilfe, Verzögerung der Entschuldung, usw.) wird den Abstieg der am wenigsten entwickelten Länder beschleunigen. Laut dem Unctad-Bericht sind diese Länder gegen dieses Schicksal fast völlig wehrlos. Die Unctad fordert die reicheren Länder auf, die öffentliche Entwicklungshilfe nicht zu kürzen, trotz der eigenen Budgetsorgen. Die Schweiz habe ihre bescheidene öffentliche Finanzhilfe seit 1990 um etwa einen Drittel gekürzt. Die Entschuldung sei immer noch unvollständig und ungenügend. Basler Zeitung, 15.10.98
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EU - Mittelmeer
Zwischen der EU und 12 Anrainerstaaten des Mittelmeers bestehen 12 Assoziationsabkommen (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Malta, Marokko, Palästina, Syrien, Tunesien, Türkei und Zypern). Ihr Anteil an den EU-Investitionen im Ausland ist von rund 25% in den achtziger Jahren auf nicht viel mehr als 2% im Jahr 1997 zurückgegangen. Binnenmarktkommissar Mario Monti informierte die Vertragspartner über das von der EU-Kommission vorgelegte Freihandelskonzept EU-Mittelmeer, das bis 2010 vewirklicht werden soll. Er richtete einen Appell an die "Partner", mit der Liberalisierung ernst zu machen und nicht bis 2010 zu warten. Von den EU-Unternehmen könne man nicht erwarten, dass sie ihre Normen und Produkte auf unterschiedliche Anforderungen in jedem der kleinen Märkte umstellten. EUmagazin, 11/98.
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Job-sharing - Klage vor dem EU-Gerichtshof
Irische Klägerinnen, die als Bürogehilfinnen im öffentlichen Dienst beschäftigt waren, übten zwei Jahre lang ihre Tätigkeit im Rahmen von Teilarbeitsplatzverträgen aus. Als sie von dem Teilarbeitsplatz wieder auf eine Vollarbeitsplatz zurückkehrten, wurden sie auf der Zulagenskala und damit auf der Gehaltsskala für Vollzeitbeschäftigte niedriger eingestuft, als sie vorher auf der Gehaltskala für Mitarbeiter auf Teilarbeitsplätzen eingestuft waren. Die Behörde begründete die Rückstufung damit, dass die beiden Jahre auf dem Teilarbeitsplatz lediglich einem Jahr auf einem Vollarbeitsplatz entsprächen. Die Betroffenen reichten Klage beim EU-Gerichtshof ein. Der EU-Gerichtshof stellte fest, dass das strittige nationale Einstufungssystem Arbeitnehmer benachteiligt, die von einem Teilarbeitsplatz zu einem Vollarbeitsplatz wechseln, gegenüber denen, welche die gleiche Anzahl von Jahren vollzeitbschäftigt gewesen sind. Diese Benachteiligung stellt zwar keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar, durch die Tatsache jedoch, dass 99,2% der Bürogehilfen, die sich einen Arbeitsplatz teilen, sowie 98% sämtlicher Arbeitnehmer, die im öffentlichen Dienst aufgrund von Teilarbeitsplatzverträgen beschäftigt sind, Frauen sind, ergibt sich eine mittelbare Diskriminierung. Die Rückstufung steht somit im Widerspruch zu Artikel 119 EG-Vertrag und der Gleichstellungsrichtlinie. (Urteil vom 17. 6.98, Rs C-243/95 Kathleen Hill u.a. gegen The Revenue Commissioners, Departement of Finance).
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Vom Drei-Kreise- zum Zwei-Kreise-Modell
Der Bundesrat verabschiedete am 21. Oktober 1998 eine neue Ausländerreglung. Das Drei-Kreise-Modell der Ausländerregelung wird definitiv von einem (ebeno fragwürdigen) Zwei-Kreise-Modell abgelöst. Nach dem neuen Modell können Arbeitskräfte aus den EU-EFTA-Ländern prioritär zugelassen werden, soweit keine entsprechenden inländischen Personen verfügbar sind. Aus Ländern ausserhalb der EU und der Efta werden allgemein nur noch qualifizierte Arbeitskräfte zugelassen, bei denen besondere Gründe eine Ausnahme rechtfertigen. Saisonbewilligungen gibt es nur für Angehörige aus EU-EFTA-Staaten. Zudem bleibt der Umwandlungsstop von Saison- zu Aufenthaltsbewilligungen für Angehörige ausserhalb der EFTA-EU-Staaten bestehen (Basler Zeitung 22.10.98). Die Regelung ist aus folgenden Gründen abzulehnen: (1) Es werden zwei Kategorien von Ausländern geschaffen und damit eine diskriminiert. (2) Es wird versucht, den Ländern des zweiten Kreises, insbesondere den Entwicklungsländern, qualifizierte Arbeitskräfte wegzunehmen, die man nicht selber ausgebildet hat. (3) Personen aus Krisengebieten (wie Kosovo) wird es verunmöglicht, zum Unterhalt ihrer Familien beizutragen. Die Ausländerregelung stellt eine typisch bundesrätlich wirtschaftslastige Rosinenpickerei dar: zu lasten der sowieso schon Benachteiligten und zu Gunsten der Privilegierten.
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Vorteile einer eigenständigen Geldpolitik
Stephan Vaterlaus, stellvertretender Direkter der BAK Konjunkturforschung Basel AG zählt folgende Vorteile einer auch künftig eigenständigen Geldpolitik auf: Zwar besteht die Gefahr, dass die Euro-Einführung zu einem stärkeren Franken führen könnte, was sich negativ auf die Exportpreise auswirkt. Die Schweizerische Nationalbank könne aber übertriebenen Aufwertungen durch eine sachgerechte Geldpolitik bekämpfen. Aus gesamtwirtschaftlicher Optik ist darüber hinaus festzustellen, dass die Verbesserung der "Terms of trade" die Importe verbilligt (vor allem Schweizer Exporteure weisen einen hohen Importanteil bei den Vorleistungen auf), das Zinsniveau und die Inflation tief bleiben und eine latente Aufwertungsgefahr sich positiv auf die Produktivität und Innovationsfähigkeit auswirkt. Basler Zeitung, 23.10.98
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Sozialdemokratische EU?
Nachdem die Sozialdemokraten in den meisten Ländern der EU in der Regierung sitzen - sogar in den drei mächtigsten Ländern der EU (Frankreich, Gross-Britannien und Deutschland), werden Hoffnungen auf ein sozialeres "Europa" genährt, das dem Markt gegenüber das Primat der Politik durchsetze. Diese Hoffnungen sind allerdings nicht angebracht: Der Euro, die Maastrichter Kriterien und der Stabilitätspakt stellen ein wirtschaftspolitisches Korsett dar, dem sich die Sozialdemokraten zu unterwerfen haben (vorausgesetzt, sie hätten ehrlich Lust, vom neo-liberalen Pfad wegzukommen). Das Korsett selber wurde übrigens mit tatkräftiger Hilfe der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften konstruiert. Die sozialdemokratische Mehrheit in der EU hat allerdings etwas Gutes: Nachdem sich faktisch erwiesen haben wird, dass es keinen praktikablen Eurokeynesianismus gibt, wird sich eine weitere süsse Euroillusion zerschlagen haben - für die Lösung künftiger und gegenwärtiger Probleme ist nichts förderlicher als die Auflösung von Illusionen.
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Unctad kritisiert deregulierten Kapitalverkehr
Die UNO-Handels- und Entwicklungskonferenz (Unctad) kritisiert in ihrem Jahresbericht heftig die herrschende Weltwirtschaftsordnung. Diese habe viele Krisen verschärft oder gar selbst erzeugt. Besonders der deregulierte Kapitalverkehr wird kritisiert: zu schnelle Deregulierung, Laschheit bei der Prüfung der Risiken, Schürung von Krisen und Aufschwüngen, um an den Differenzen zu gewinnen, usw. Die Gläubiger würden mehr geschützt als die Schuldner, die Spekulanten besser behandelt als ihre Opfer. Der grösste Teil der international mobilisierten Milliardenhilfe sei den Geldgebern zugute gekommen. Das habe zwar den reicheren Ländern grössere offene Krisen ihrer Banken erspart, sei aber unter dem Standpunkt einer gewissen Chancengleichheit in der Welt nicht vertretbar. Die Unctad schlägt eine Anwendung von Schuldbetreibungs- und Kunkursrechtsverfahren im Völkerrecht vor.
Die Liberalisierung des Welthandels wird ebenfalls kritisiert: der freiere Welthandel habe die gegenseitige Ansteckungsgefahr der Länder für wirtschaftliche Krankheiten und Krisen ganz erheblich erhöht. Das werde man ganz besonders in Europa zu spüren bekommen, welches sich gegenwärtig dank eines Exportaufschwungs noch relativ krisensicher fühle. Durch die Abwertungen in den Krisenländern, besonders in Ostasien, aber auch in Russland und eventuell bald in Lateinamerika, werde die Konkurrenzfähigkeit der Industrieprodukte auf dem Weltmarkt ganz erheblich zu Gunsten der billigeren Länder verändert. Gleichzeitig würden die bisherigen Exporte der Europäer wegen der sinkenden Kaufkraft in den Krisenländer bedroht. Basler Zeitung, 17.9.98
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6000 neue Stellen durch ausländische Firmen
Das Programm zur Förderung des Wirtschaftsstandortes Schweiz hat nach Ansicht der Verantwortlichen seit Beginn der Initiative im Januar 1997 350 ausländische Unternehmen mit über 6100 Arbeitsplätzen in die Schweiz geholt. Hauptzielländer der Kampagne sind Deutschland und die USA. Von den 350 neuen Unternehmen, die sich über die Kanäle der Standortpromotion in der Schweiz ansiedelten, stammten mit 145 Firmen klar die Mehrheit aus Deutschland. 48 Firmen kommen aus den USA und 38 aus Frankreich. Je 2000 Arbeitsplätze wurden von einer deutschen und einer Firma aus den USA geschaffen. Die französischen Firmen schufen in der Schweiz 860 Arbeitsplätze. Basler Zeitung, 18.9.98
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Dämpfer für neoliberale Euroturbos
Eine Studie der Konjunkturforschung Basel (BAK) im Auftrag des "Vereins Bürgergesellschaft" (Präsident Tito Tettamanti) kommt zum Schluss, dass ein EU-Beitritt der Schweiz wirtschaftlich die schlechteste Variante darstellt. Die unter neo-liberalen Vorzeichen erstellte Studie (sie warnt etwa vor der Gefahr einer Übernahme wachstumshemmender Regelungen im Bereich der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Steuerpolitik) sieht den Nutzen eines "Abseitsstehens" vor allem durch die Möglichkeiten einer autonomen Geld- und Währungspolitik begründet, da auf Grund der "schweizerischen Stabilitätstradition" auch in Zukunft vergleichsweise tiefere Realzinsen und besser Terms of trade zu erwarten seien. NZZ. 1.10.98.
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EWR-Geldfragen
Am sogenannten EWR-Rat, der die Aussenminister der 18 Vertragsstaaten des EWR halbjährlich zusammenführt, kamen Meinungsunterschiede über die Fortführung des EWR-Kohäsionsfonds zum Vorschein. Der Fonds ist mit 500 Mio. Ecu dotiert. Er läuft Ende 1998 aus und nun stellt sich die Frage, ob die drei EFTA-Länder Norwegen, Island und Liechtenstein weiterhin eine Art Abgeltung für den Zugang zum Binnenmarkt zahlen müssen. Aus EU-Sicht steht nicht der Fonds an sich in Frage, sondern nur die Höhe der neuen Mittelausstattung. Auf Island und in Norwegen stellt sich das Problem, dass bei der EWR-Kampagne die Beiträge in den Fonds als einmaliger Einkauf in den Binnenmarkt präsentiert wurde. Nun müssen sie innenpolitisch neue Rechtfertigungen suchen, um die Zahlungen zu rechtfertigen. Als Ausweg bietet sich die Osterweiterung der EU an. Die EFTA-Länder möchten, dass die Gelder den osteuropäischen Ländern zugute kommen. NZZ. 7.10.98
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Frauenerwerbsarbeit in der EU
Die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigungsquoten betragen in der EU durchschnittlich 20%. Am geringsten ist dieser Unterschied mit 5% in Schweden und Finnland, am höchsten mit 30% in Spanien und Grossbritannien. Die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit von Frauen liegt durchschnittlich 3% über jener der Männer. EU-weit arbeiten 31,6% aller beschäftigten Frauen und nur 5,5% aller Männer auf Teilzeitbasis. Planet, Sonderbeilage, 10/11. 98
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Gen-Entscheid des Verwaltungsgerichtshofes in Frankreich
Am 25. September 98 hob der Verwaltungsgerichtshof in einer vorläufigen Verfügung die Anbaugenehmigung für die drei bisher in Frankreich zugelassenen Gen-Mais-Sorten von Novartis auf. In seiner Begründung stellt der Gerichtshof fest, dass das Antragsdossier von Novartis unvollständig sei und eine langfristige Risikoabschätzung bezüglich der Antibiotikaresistenzen nicht erlaubt hätte. Das Vorsorgeprinzip gebiete daher die Aufhebung der Zulassung bis zu einem endgültigen Entscheid in dem von Greenpeace-France angestrengten Verfahren. Diese Entscheidung ist in doppelter Hinsicht von Bedeutung: Erstens wird damit das "Vorsorgeprinzip" erstmals tatsächlich angewendet. Zweitens wirft die Begründung schwerwiegende Zweifel an dem EU-Zulassungsverfahren unter Richtlinie 90/220 auf. DNR-EU-Rundschreiben. 10/11/98
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Klage Hollands
Parlament und Regierung in Den Haag haben beschlossen, gegen die nach 10-jährigem politischem Ringen erst im Juli 98 in Kraft getretenen "Patent-Richtlinie" (RS 5/98) beim EU-Gerichtshof in Luxemburg Nichtigkeitsklage einzubringen. Das EU-Parlament verabschiedete im Mai diese Richtlinie trotz des grossen Widerstandes von quasi allen Seiten der Gesellschaft (Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Entwicklungspolitik, Kirchen). In den politischen Debatten wurden immer auch eine Reihe von juristischen und völkerrechtlichen Einwänden vorgebracht. Nachdem das EU-Parlament unter dem enormen Druck der Biotech-Industrie alle Bedenken beiseite gewischt hatte, muss nun der EU-Gerichtshof entscheiden, ob die Richtlinie 98/44/EWR zulässig ist. Die Klage der Holländer stützt sich vor allem auf en Rechtsgutachten des bekannten EU-Völkerrechtlers Dr. Schweitzer der Universität Passau.
Das Gutachten zeigt gleich eine ganze Reihe von rechtlichen und juristischen Einwänden bzw. Unsicherheiten gegen die Richtlinie auf: (1) Besteht überhaupt ein Harmonisierungsbedarf in diesem Bereich und wenn ja, haben die EU-Institutionen überhaupt die Frage der Subsidiarität geprüft? Wenn dies nicht geschah (und nichts in der Richtlinie weist darauf hin), dann stellt dies einen groben Formfehler dar, der zur Nichtigkeit der Richtlinie führen könnte. (2) Liegt ein Verstoss der Richtlinie gegen die Menschenwürde und die Grundrechte vor? Es geht um die Frage der Patentierung von menschlichen Genen und die damit entstehende Abhängigkeit von Patientengruppen von einem Patentinhaber. Dies stünde im Widerspruch zur Menschenrechtskonvention. (3) Es könnte u.U. ein Widerspruch zu internationalen Abkommen vorliegen. Angeführt werden die Biodiversitätskonvention, das Europäische Patentabkommen, das Sortenschutzabkommen und die Menschenrechtskonvention.
(4) Rechtsunsicherheit: Das Gutachten von Prof. Schweizter warf die Frage auf, ob die verschiedenen, z.T. ungewöhnlichen und widersprüchlichen Formulierungen in der Richtlinie nicht zu Rechtsunsicherheit für die Anwender führen würden. (5) Zuletzt wird die Rechtsbasis der Richtlinie in Frage gestellt. Art. 100a EUV vermöge die Richtlinie nicht abzusichern, da es sich nicht um eine Harmonisierungsmassnahme von Patentgesetzen handle, sondern vielmehr um eine Neuschaffung von Recht. In diesem Falle wäre Art. 235 EUV anzuwenden gewesen, der im Rat Einstimmigkeit vorsieht und dem EU-Parlament keine Mitentscheidung einräumt. Die Klage der Holländer hat zwar keine aufschiebende Wirkung, aber es ist wohl davon auszugehen, dass sich zumindest einige EU-Staaten mit der Umsetzung maximal Zeit lassen werden, um den Gerichtsspruch möglichst abzuwarten. Dies wird die Position der EU bei den WTO-Verhandlungen eventuell beeinflussen: Vor allem dann, wenn noch andere Mitgliestaaten der Klage beitreten, wie dies die Italiener schon angekündigt haben. Die Gen-Tech-Lobby hoffte mit der Richtlinie, die EU-Position jener der USA anzugleichen, um den Entwicklungsländer die "Patentierung von Leben" aufzwingen zu können. DNR-EU-Rundschreiben, 10+11/98
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Waldzustandsbericht der EU-Kommission
Eine Untersuchung der EU-Kommission bestätigt einen Rückgang der Gesundheit der europäischen Wälder in den letzten 10 Jahren. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil von Wäldern mit gemässigter bis schwerer Entlaubung sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt hat, was im wesentlichen einer Studie entspricht, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Der diesjährige Bericht zeigt, dass nur 51% der Nadelbäume und 37% der Laubbäume keine signifikante Entlaubung aufweisen. DNR-EU-Rundschreiben, 10+11/98
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Kennzeichnungsfarce
Am 1. September 98 trat die neue EU-Verordnung in Kraft (1139/98), die eine Kennzeichnung von Produkten mit gentechnisch verändertem Mais oder Soja vorsieht. Die Verordnung ist allerdings derart lückenhaft, dass sie einer Konsumententtäuschung gleichkommt. Nicht unter die Kennzeichnungspflicht fallen nämlich all jene Endprodukte, in denen der Gen-Mais oder das Gen-Soja nicht mehr nachzuweisen ist - also die grosse Mehrzahl der Produkte, die der Konsument im Supermarkt vorfindet, da bei der Verarbeitung die Nachweismöglichkeit der genetischen Veränderung verloren geht. Auch Gen-Zusatzstoffe sind von der Kennzeichnung ausgenommen. Während also dem Konsumenten vorgetäuscht wird, es gebe nun endlich eine Gen-Kennzeichnung, fallen verschiedenen Schätzungen zufolge 60-80% der Gen-Mais/Soja-Produkte nicht unter de Kennzeichnungspflicht. Zudem zeigte sich sehr bald, dass viele Hersteller sich auch an diese Verordnung nicht halten. Schon in den ersten Tagen des Septembers konnte Greenpeace in mehreren Ländern in den Supermärkten Gen-Produkte nachweisen, die keine entsprechende Kennzeichnung enthielten. Zuletzt erwies sich, dass ein lediglich kleingedruckter Hinweis "hergestellt mit moderner Biotechnologie" dem Zweck der Kundeninformation nicht genügen kann. Lediglich drei Prozent der dänischen Verbraucher hatten das kleingeschriebene Label überhaupt bemerkt. DNR-EU-Rundschreiben, 9/98.
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EU überfischt Atlantik vor Westafrika
Die EU besitzt derzeit Zugang zu den Hoheitsgewässern (200 Seemeilen) von 15 Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP). Als Gegenleistung bezahlt sie finanzielle Ausgleichszahlungen an die AKP-Regierungen. Die Motive der EU sind dabei rein wirtschaftlicher Natur. EU-Flotten sollen den steigenden Fischkonsum der EU-Bevölkerung decken, die mindestens 40%ige Flottenüberkapazität der EU auslasten, die Bestände in den eigenen Gewässern schützen, sowie die Fischverarbeitungsindustrien beliefern. Die EU exportiert dabei ihr eigenen Probleme in die Entwicklungsländer und nutzt die Fischereiabkommen als Freibrief zur Ausbeutung von Fischressourcen auf Kosten armer Küstenbevölkerungen. Der FAO zufolge sind 70% - anderen Angaben gemäss sogar bis zu 90% - der Bestände in westafrikanischen Gewässern bereits völlig ausgebeutet oder überfischt. Die grossen Industrieschiffe der EU saugen staubsaugerartig die restlichen Fischbestände mit ihren Grundschleppnetzen aus dem Meer heraus.
Anstatt zumindest ihren Fangaufwand angesichts der gefährdeten Ressourcenbestände zu reduzieren, erwägt die EU stets den Abschluss neuer Abkommen in AKP-Ländern. In sämtlichen Abkommen hat sich - im Vergleich zum vorherigen - die Zahl der zugelassen Schiffe drastisch erhöht. So wurden EU-Schiffe im neuen Abkommen mit Senegal zum ersten Mal Möglichkeiten zur Schwarmfischerei eingeräumt. Diese Fischereiabkommen mit den AKP-Ländern zerstören die Basis der marinen Ressourcen und somit die Versorgung der Bevölkerungen mit ihrem Grundnahrungsmittel Fisch. Die geschätzten tatsächlichen Fangmengen der EU betragen dabei oft ein Vielfaches der offiziellen Schätzungen, z.B. das Vierfache in der Elfenbeinküste oder das Dreifache in Mauritius. Die Kompensationsleistungen (zusätzliche direkte und indirekte Subventionen) für die AKP-Fischereiabkommen übersteigen den Wert der Fänge. Der Wert der Fänge der EU-Flotte in senegalesischen Gewässern betrug 18% der finanziellen Ausgleichszahlungen. Die EU betreibt somit eine Subventionswirtschaft, die die eigene Fischereiflotte ineffizient stützt, anderseits zu einem Raubbau der Fischbestände auf Kosten der Lokalbevölkerung führt. Die Oberschichten in den AKP-Staaten machen bei diesem Raubbau mit, um die Schuldenberge abzutragen. Damit hält sich die EU in keiner Weise an die zentralen Forderungen der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) nach einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung. Das Kohärenzgebot, das eine Übereinstimmung zwischen Fischerei- und Entwicklungspolitik gebietet, wird verletzt. DNR-EU-Rundschreiben 9/98
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Ja zur LSVA war Ja zur Umwelt, nicht Ja zum EU-Beitritt
Die Vox-Analyse zur Abstimmung vom 27. September brachte klar zu Tage, dass es der Wunsch nach einer ökologischen Verkehrspolitik und nicht etwa "europapolitische" Beweggründe waren, die den unerwartet hohen und erfreulichen Ja-Stimmen-Anteil von über 57% für die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) ergab. In der Deutschschweiz jedenfalls wurde die Integration der Schweiz in die EU laut Vox für lediglich 11% der Befragten als Beweggrund für ihr Ja angeführt (in der Westschweiz 24%). Auch in der Westschweiz standen bei 47% die Verkehrspolitik klar im Vordergrund. Nicht unwichtig ist auch das Ergebnis, dass in der Reihe der Argumentationsmuster das Ja zur LSVA-Vorlage nicht mit einem Ja zur Aufhebung der 28-Tonnen-Limite gleichgesetzt werden können. NZZ. 4.11.98.
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Das Zitat des Monats
"Je ne comprends pas les religieux de l'Europe" Pascal Couchepin. (Hebdo, 1er octobre 1998)
Die Äusserung seines Mangels an Verständnis musste Bundesrat Couchepin in der Folge - nachdem ihn F.A. Meyer und J. Pilet gemassregelt hatten - durch ständige EU-Propaganda abgelten.
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Biopatente: Wie die EU die EPÜ austrickst
Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) gerät von Seiten der EU unter Druck. Nach zehnjährigem zähen Ringen hat die EU im August 98 die Biopatent-Richtlinie (Richtlinie zum rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen) in Kraft gesetzt. Vorrangiges Ziel dieser Richtlinie ist es, ein innovationsfreundliches Klima für die biotechnologische Aufholjagd der EU gegenüber den USA zu unterstützten. Die EU-Staaten müssen ihr Patentrecht bis spätestens Ende Juli 2000 an die Richtlinie anpassen. Die EU hat es vermieden, die Fragen der Patentierung biotechnologischer Erfindungen mit Leiturteilen des Europäischen Patentamtes in München zu klären oder das seit 1973 bestehende Europäische Patentübereinkommen zu revidieren. EPÜ-Vertragstaaten sind heute neben den 15 Mitgliedstaaten der EU die Schweiz, Zypern, Liechtenstein und Monaco. Eine Revision des EPÜ hätte Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten und die Ratifikation durch alle nationalen Parlamente erfordert. Der Erlass einer EU-Richtlinie kann demgegenüber sogar Mitgliedstaaten der EU übergehen. Damit wählten die Lobbies der Gentechindustrien den für sie effizienteren Weg über die EU-Kommission, um die EPÜ zu übergehen und eine für sie günstige Regelung durchzusetzen. Nachdem die EU eine gentechfreundliche Regelung durchgeboxt hat, kann sie nun ihr ganzes Gewicht für eine Anpassung der EPÜ-Regelungen zum Einsatz bringen - ein Beispiel dafür, wie die Entscheidungsverfahren der EU auch für Nicht-Mitglieder schädlich sind und sie ihres Handlungsspielraumes berauben. NZZ. 21.10.98
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Regierungsreform - Anpassung mit Schielen auf EU-Beitritt
Bundesrätin Ruth Dreifuss wies an einer Fragerunde der 7. eidgenössischen Jugendsession darauf hin, dass die Regierungsreform nicht durch eine angebliche Überlastung der Bundesräte zu begründen sei. "Ich fühle mich nicht überfordert". Sie begründete die Regierungsreform mit der Absicht des Bundesrates, die Schweiz in die EU zu führen. Nach dem EU-Beitritt brauche es Personen, die legitimiert seien, den Bundesrat in Brüssel zu vertreten. NZZ. 16.11.98
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Forum für direkte Demokratie für UNO-Beitritt
An der Mitgliederversammlung des "Forums für direkte Demokratie" wurde beschlossen, die UNO-Beitritts-Initiative zu unterstützen. Zwar werden von den Initianten keine flankierende Massnahmen für eine künftige UNO-Politik des Bundesrates eingebaut. Solche Massnahmen müssten garantieren, dass der Bundesrat in der UNO eine an den Menschen-, und Minderheitenrechten orientierte Politik betrieben hätte. Ebenso hätte ein aktives friedens- und entwicklungspolitisches Engagement gefordert werden müssen. Ohne solche Leitplanken können wir uns für einen UNO-Beitritt nicht begeistern, obwohl wir ihn trotzdem unterstützten. (siehe zur weiteren Argumentation unsere UNO-Nummer).
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Mehr Demokratie in Deutschland
Die deutsche Gruppierung "Mehr Demokratie" plant eine Kampagne für die Einführung der direkten Demokratie in Deutschland auf Bundesebene. Die Politiker in Bonn wehren sich gegen mehr Kontrolle durch das Volk. Deshalb wird nun versucht, den Druck von unten zu verstärken. Die auf mehrere Jahre angelegte Kampagne, die bereits 1995 in Gang gesetzt wurde, geht nächstes Jahr von der Vorbereitungsphase in die Aufbauphase. Ziel ist der Aufbau eines bundesweiten Demokratienetzes. Es werden örtliche Aktionskreise gegründet (derzeit bereits 100 lokale Aktionskreise, Ziel 1000). Zudem wird ein bundesweites Aktionsbündnis mit Verbänden, Vereinen und Parteien aufgebaut. Zusätzlich werden prominente Unterstützer gesucht (bisher Günter Grass, Hans Koschnick, Franz Alt, Horst-Eberhard Richter, Martin Walser und Hans-Jochen Vogel). Die Anstrengungen zur Senkung von antidemokratischen Hürden (Quoren) auf Landesebene werden verstärkt.
Ab Frühjahr 2001 soll die Kampagne dann in eine heisse Phase übergehen. Es soll eine Volksabstimmung über die Möglichkeit von Volksabstimmungen durchgeführt werden. Zuerst werden 100 000 Unterschriften gesammelt, um den Bundestag mit dem vorgeschlagenen Gesetzesentwurf zu befassen. Im nächsten Schritt werden mindestens 1 Million Unterschriften mit der Forderung nach einer Volksabstimmung über die Volksabstimmung gesammelt. In Brandenburg und Schleswig-Holstein ist es möglich, landesweite Volksentscheide über den Gesetzentwurf zum Bundes-Volksentscheid herbeizuführen. Das Parlament soll mit der Million Unterschriften dazu gebracht werden, die Bürgerinnen und Bürger selbst über die Einführung des bundesweiten Volksentscheids entscheiden zu lassen. Das Forum für direkte Demokratie möchte die Bestrebungen zu mehr direkter Demokratie in Deutschland unterstützen. Für Spenden benutzen Sie bitte den beiliegenden Einzahlungsschein (Vermerk "Mehr Demokratie Deutschland).
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EU-Beitritt - Machtverlust für österreichisches Parlament
Laut einer Studie hat Österreichs Mitgliedschaft in der EU die politischen Entscheidungsstrukturen wesentlich verändert. Regierung und Verwaltung haben an Bedeutung gewonnen, das Parlament und die Länder verloren. Wolfgang Müller, Herausgeber der Studie "Österreich im europäischen Mehrebenensystem" spricht von einer "Zäsur". Eine erste wissenschaftliche Bilanz der EU-Mitgliedschaft zeigt, dass sich die politischen Entscheidungsstrukturen deutlich verändert haben. So wurden nicht nur Kompetenzen an die Union übertragen, sondern auch die nationalen Kompetenzen neu gewichtet. "Verlierer ist das Parlament", erklärte Müller bei der Präsentation der Studie des Zentrums für Angewandte Politikforschung.
Während die Bundesregierung und die Verwaltung an Einfluss gewonnen haben - beide sind in die Gesetzgebung auf europäischer Ebene eingebunden - , haben der Nationalrat, aber auch die Bundesländer wesentlich an Macht verloren. Laut Müller hat auch das in Österreich gesetzlich verankerte Mitwirkungsrecht des Parlaments bei Entscheidungen im EU-Ministerrat wenig Wirkung gezeigt. "Im Rahmen unserer Studie erwies sich das Parlament in keinem Fallbeispiel als massgeblicher Akteur." Das Problem liegt unter anderem bei der grossen Zahl an Entscheidungen auf EU-Ebene, die vom zuständigen Ausschuss des Parlaments gar nicht bearbeitet werden können. Müller zitiert einen der 150 Interviewpartner, der hinter der Informationsflut auch eine gewisse Absicht vermutet: "Die Idee der Bürokratie ist es, das Parlament solange mit Papier zu überschütten, bis es nicht mehr atmen kann und sowieso keine Chance hat herauszufinden, was wichtig ist." Die Mitwirkung der Länder an Entscheidungen in Brüssel bezeichnet Müller als "in der Praxis unbedeutend". Die Studie weist auch darauf hin, dass der Zeitdruck gestiegen sei. Österreich könne nicht mehr selbst den Zeitpunkt bestimmen, wann ein Gesetz ausgehandelt wird. Das gibt nun die EU vor. (Falkner, Müller (Hg.): Österreich im europäischen Mehrebenensystem, Wien, 1998, Signum-Verlag.
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Das Zitat des Monats (Dezember 98)
"Die Einbindung der sozialdemokratischen Eliten in die höheren Ränge der Staatsverwaltung, die Chefetagen von Industrie und Finanzwelt und in das privatwirtschaftliche Milieu verdichtet sich im selben Mass, wie ihre Anbindung an die Welt der Arbeit sich lockert. Angesichts der Unentschiedenheit einer europäischen Protobourgeoisie, die noch zwischen den Polen ihrer jeweiligen nationalen Basis, ihrer transnationalen Beziehungen und ihrer europäischen Interesse hin- und herschwankt, hat die Sozialdemokratie systematisch die Aufgabe übernommen, das liberale Feuer von Maastricht und Amsterdam anzufachen. So verhält sie sich vorerst wie der Generalbevollmächtigte des neuen europäischen Imperialismus". (Daniel Bensaïd, Le Monde diplomatique, Dezember 1998).
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