Der Schuldenabbau der Euro-Staaten hat noch nicht begonnen Trotz allen politischen Bekenntnissen hat im Euro-Raum insgesamt betrachtet noch kein Abbau der Staatsverschuldung begonnen. Im Gegenteil: Die kumulierten Bruttoschulden der Euro-Staaten sind im zweiten Quartal 2012 um 175 Mrd. € auf 8517 Mrd. € oder 90,0% des gemeinsamen Bruttoinlandprodukts (BIP) gestiegen, wie einem am 24. Oktober 2012 veröffentlichten Bericht des EU-Statistikamts Eurostat zu entnehmen ist. Dies ist der höchste Wert seit dem Start der Währungsunion. Per Ende des ersten Quartals hatte die Schuldenquote 88,2% und per Ende des zweiten Quartals 2011 87,1% des BIP betragen.
In der ganzen EU (EU-27) ist die Situation eine Spur besser, da einige Nicht-Euro-Staaten, namentlich Schweden, Dänemark und einige Staaten im Osten Europas, relativ tiefe Schulden haben: Der Schuldenstand der EU-27 erreichte per Ende des Berichtsquartals 84,9% des BIP, nach 83,5% im Vorquartal und 81,4% im selben Vorjahresquartal. Zwischen den einzelnen Staaten gibt es dramatische Unterschiede. Die höchste staatliche Schuldenquote wies per Ende Juni Griechenland mit 150,3% des BIP aus, vor Italien (126,1%), Portugal (117,5%), Irland (111,5%) und Belgien (102,5%). Am anderen Ende des Spektrums lagen Estland (7,3%), Bulgarien (16,5%) und Luxemburg (20,9%).
Die Rekordverschuldung von 90% des BIP zeigt, welcher Kraftakt nötig sein wird, will die Euro-Zone als Ganzes die Schuldenquote auf den «Maastricht»-Referenzwert von 60% des BIP senken. Bisher ging die Entwicklung in die Gegenrichtung. Zum starken Anstieg der Verschuldung in den letzten Jahren trugen neben Bankenhilfen laufende Staatsdefizite bei, wie sie die grosse Mehrheit der EU-Staaten auch 2011 (und voraussichtlich 2012) noch immer ausgewiesen hat, wenn auch mit sinkender Tendenz. Die Schuldenquoten werden zudem rechnerisch durch die Wachstumsschwäche ungünstig beeinflusst: Sinkt das BIP, würde die Verschuldung in Prozent des BIP sogar ohne Neuverschuldung steigen. In Staaten wie Zypern, Portugal und Spanien gesellte sich ein solcher mathematischer Effekt zu hohen Defiziten hinzu, so dass ihre Schuldenquote im Jahresvergleich besonders stark stieg. Doch selbst in Staaten mit relativ guter Wirtschaftslage ist die Kennzahl gewachsen, so zum Beispiel in Deutschland auf 82,8 (i. V. 81,1)% des BIP. Nur eine kleine Minderheit der EU-Staaten hat über ein Jahr betrachtet die Schuldenquote verringert, am deutlichsten Griechenland. Das Land ist insofern ein Sonderfall, als die Schuldenquote dank dem von den privaten Gläubigern gewährten Schuldenschnitt im ersten Quartal deutlich sank und danach wegen neuer Hilfskredite wieder gestiegen ist. NZZ, 25. Oktober 2012, S. 23.
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Arbeitslosigkeit im Euro-Raum stagniert auf Rekordniveau: Die Lage auf vielen Arbeitsmärkten in der EU bleibt vor dem Hintergrund der drohenden Rezession, der Schuldenkrise und staatlicher Sparprogramme düster. Im August betrug die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in der Euro-Zone (EZ-17) 11,4% und in der ganzen EU (EU-27) 10,5%, wie das EU-Statistikamt Eurostat am 1. Oktober 2012 mitteilte. In beiden Wirtschaftsräumen stagniert die Quote damit auf jenem historischen Höchstwert, den sie – laut nun nach oben revidierten Daten – bereits im Juni erreicht hat.
In der EZ-17 sind 11,4% der höchste Wert seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1995, für die EU-27 reichen die Daten nur bis 2000 zurück. Die Zahl der Arbeitslosen ist im Gegensatz zur Arbeitslosenquote auch im August gegenüber dem Vormonat nochmals leicht gestiegen: in der Euro-Zone um 34 000 Personen auf 18,2 Mio. Menschen, in der EU-27 um 49 000 auf 25,5 Mio.
Über ein Jahr betrachtet verzeichneten 20 EU-Staaten einen Anstieg der Arbeitslosenquote und nur sechs – allen voran die baltischen Staaten – einen Rückgang. In Grossbritannien, für das erst Daten bis Mai vorliegen, blieb die Quote stabil bei 8%. Besorgniserregend bleibt die Situation in den Krisenstaaten. Spanien mit einer Quote von 25,1% im August und Griechenland mit 24,4% im Juni weisen nicht nur die EU-weit höchste Arbeitslosigkeit aus, sondern sie gehören zusammen mit Zypern und Portugal auch zu den Staaten mit dem grössten Zuwachs im Jahresverlauf. Die tiefste Arbeitslosigkeit wiesen im August Österreich, Luxemburg, die Niederlande und Deutschland aus (vgl. Tabelle). Auch der Trend des Auseinanderdriftens hält an: Während die Arbeitslosenquote in einer Reihe von Staaten seit kurzem stagniert oder gar leicht zurückgegangen ist, stieg sie in Krisenländern wie Spanien, Griechenland und Portugal bis zuletzt weiter an.
Grosse Sorgen weckt bei Politikern die Jugendarbeitslosigkeit, die ein Heer von Langzeitarbeitslosen zu schaffen droht. Zwar ist die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen im Euro-Raum von 22,9% im Juli auf 22,8% im August gesunken, doch bleibt sie damit weit über dem Vorjahreswert von 20,7%. In der EU-27 betrug sie 22,7%, was einem Anstieg sowohl gegenüber dem Vor- als auch dem Vorjahresmonat entspricht. Triste Rekordhalter blieben Griechenland mit 55,4% im Juni und Spanien mit 52,9% im August, während Deutschland mit 8,1% am besten abschnitt. NZZ, 2. Oktober 2012, S. 26
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EU bekommt Friedensnobelpreis Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) errechnete, dass die 27 EU-Staaten im Jahr 2011 rund 281 Milliarden Dollar für Rüstung und Militär ausgegeben haben.
Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Fortress Europe sterben in Friedenszeiten an den EU-Grenzen mehr Menschen als an anderen Grenzen. Zwischen 1988 und 2011 wurden 17.738 tote ImmigrantInnen gezählt. Freitag, 12. Oktober 2012, DNR EU-Koordination [http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/politik-recht/1732-eu-bekommt-friedensnobelpreis]
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Europäische AKWs fallen durch Stresstest Fast alle 134 Reaktoren der 68 europäischen AKWs weisen Sicherheitsmängel auf. Dies geht aus dem Abschlussbericht des Stresstests der EU-Kommission hervor, den EU-Umweltkommissar Oettinger heute offiziell in Brüssel vorstellt.
Defizite bestehen besonders bei der Umsetzung der Leitlinien der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) für schwere Unfälle. Manche Staaten hatten noch nicht einmal die Sicherheitsstandards umgesetzt, die nach den Atomkatastrophen in Three Mile Island in den USA 1979 und in Tschernobyl 1986 vereinbart wurden. Verbesserungsbedarf herrscht auch bei der Kalkulation von Flut- und Erdbebenrisiken: zehn der insgesamt 134 Reaktoren haben gar keine seismischen Geräte installiert. In vier der Reaktoren wäre bei Stromausfall deren Kühlung maximal eine Stunde gesichert. Allerdings haben vier Länder zusätzliche Sicherheitssysteme unabhängig der Normalen installiert.
Nun sind Nachrüstungen in die Sicherheit der AKWs erforderlich. Diese werden die europäischen Energiekonzerne in den kommenden Jahren insgesamt zwischen zehn und 25 Milliarden Euro kosten. Bis Ende des Jahres sollen die Mitgliedstaaten Aktionspläne aufstellen, wie die Mängel behoben werden können. 2014 will die Kommission dann einen Bericht über die Verwirklichung vorlegen.
Der Abschlussbericht hat gezeigt, dass zu große Unterschiede zwischen den Sicherheitsstandards der einzelnen Länder bestehen. Da der Bericht die Mitgliedstaaten jedoch zu keinerlei Maßnahmen verpflichten kann, will die EU-Kommission in Zukunft ihre Befugnisse stärken, EU-weite Sicherheitsstandards erarbeiten und eine einheitliche Überwachung von AKWs unabhängig von nationalen Aufsehern durchsetzen.
Bei der Durchführung der Stresstests, die im Zuge der Atomkatastrophe in Fukushima in Angriff genommen wurden, stießen die Prüfer auf zum Teil erheblichen Widerstand der Betreiber. Das führte dazu, dass der Bericht nicht wie ursprünglich angekündigt im Sommer veröffentlicht wurde. Außerdem konnten nur 24 der insgesamt 68 AKWs besucht werden.
Oettinger zeigte sich mit der allgemeinen Situation zufrieden, mahnte aber, dass es keinen Spielraum für Nachlässigkeiten gäbe. Umweltschutzorganisationen und die Grünen kritisierten den Test von Anfang an als unzureichend, da er wichtige Punkte ausließ. Nicht überprüft wurden Evakuierungspläne oder die Verkettung von Naturkatastrophen, wie es beispielsweise mit der Flutwelle in Fukushima der Fall war. Auch die Risiken bei Flugzeugabstürzen waren nicht in den Tests enthalten. Überdies wurde nicht geprüft, wie die Anlagen auf Terrorangriffe vorbereitet sind. Dass jetzt Investitionen in Milliardenhöhe notwendig sind, würde zeigen, dass sich Atomkraft finanziell nicht mehr lohnen würde, und dass die besonders unsicheren AKWs in Europa abgeschaltet werden müssten.
Auf dem nächsten EU-Gipfel am 18. und 19. Oktober will die EU-Kommission den Staats- und Regierungschefs die Ergebnisse der Tests zur Verfügung stellen. Außerdem wird sie Empfehlungen aussprechen, wie die Sicherheit verbessert werden kann, bevor die Ergebnisse dann an die Öffentlichkeit gehen. DNR EU-Koordination, Donnerstag, 04. Oktober 2012, [http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/klima-energie/1721-europaeische-akws-fallen-durch-stresstest]
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Wie gut hält die EU das Subsidiaritätsprinzip ein? Über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gibt es einen neuen Bericht der EU-Kommission. Der 19. Bericht über "Bessere Rechtsetzung" enthält eine Auswertung der aus den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten eingegangenen Stellungnahmen zu neuen EU-Gesetzen aus dem letzten Jahr.
Noch bevor ein Gesetz in EU-Ministerrat und -Parlament wirklich verhandelt wird, können nationale Parlamente seit dem Inkrafttreten des Lissabonvertrages prüfen, ob Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gewahrt worden sind. Diese beiden Grundsätze der EU entscheiden, ob eine Maßnahme überhaupt auf EU-Ebene vorzuschlagen ist (Subsidiarität) und wenn ja, wie diese ausgestaltet wird (Verhältnismäßigkeit). Wenn eine bestimmte Menge an Einwendungen aus den EU-Mitgliedstaaten vorliegt, kann der Gerichtshof eingeschaltet werden, um die Rechtmäßigkeit eines von der EU-Kommission angenommenen Rechtsaktes zu überprüfen. Das ist allerdings bisher noch nicht vorgekommen. Mindestens 18 von 27 Stimmen aus den EU-Mitgliedstaaten müssen vorliegen, um das sogenannten Verfahren der "gelben Karte" anzuwenden.
Laut Bericht gingen 2011 bei der Kommission 64 begründete Stellungnahmen von nationalen Parlamenten ein, die 28 Kommissionsvorschläge - meiste aus den Bereichen Steuern, Landwirtschaft, Binnenmarkt und Justiz - betrafen. Das entspricht einer Zunahme um fast 75 Prozent im Vergleich zu 2010, in dem der Subsidiaritätskontrollmechanismus zum ersten Mal Anwendung fand.
Insgesamt hat die EU-Kommission im Jahr 2011 im Rahmen des breiter angelegten politischen Dialogs mit den nationalen Parlamenten 622 Stellungnahmen erhalten. Auch vom Europäischen Parlament gingen einige Stellungnahmen zum Subsidiaritätsprinzip ein (32 von insgesamt 12.000 Anfragen an die EU-Kommission). Insofern lautet das Fazit der EU-Kommission, dass die meisten nationalen Parlamente den Subsidiaritätskontrollmechanismus eher politisch anwenden, als dass tatsächlich begründete Stellungnahmen zur Subsidiarität eingehen. Die Folgenabschätzungen der Kommission blieben "das wichtigste Instrument, um Fragen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in der prälegislativen Phase zu thematisieren". Der Ausschuss für Folgenabschätzungen habe hierbei eine Schlüsselrolle. Dass die eingereichten Meinungen durchaus kontrovers waren, kommentiert die EU-Kommission so: "Gleichzeitig gingen die Auffassungen der Organe und anderen Akteure in Fällen, in denen die Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt wurde, zuweilen stark auseinander". In jedem Falle sei aber der Gesetzgebungsprozess dadurch transparenter geworden und die Vorschläge frühzeitiger öffentlich diskutiert worden, so die Kommission. Bericht: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:0373:FIN:DE:PDF; umwelt aktuell, Oktober 2012, S. 22.
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Porsche schreibt EU-Gesetz zu Autolärm Ein Mitarbeiter der deutschen Autofirma Porsche hat offenbar die Kompromissänderungsanträge des in der kommenden Woche im Parlament verhandelten Berichts zu Autolärm geschrieben. Der Umweltverband Transport & Environment (T&E) hat dies herausgefunden, weil der Name des Autors im Berichtsentwurf markiert war.
Der Kompromissvorschlag des tschechischen Europaabgeordneten Miroslav Ouzky zu Fahrzeuglärm sei durch einen Angestellten der Sportautofirma Porsche, Hans-Martin Gerhard, geschrieben worden. Ouzky hätte diesen als seinen Bericht ausgegeben, lauten die Vorwürfe von T&E. Ein Kompromissvorschlag sollte die Änderungsvorschläge der unterschiedlichen Gruppierungen abwägen und bündeln. Dieser sogenannte „Kompromissvorschlag“ zeigt im Vergleich zum Kommissionsvorschlag schwächere und spätere Vorgaben für den Lärmschutz – insbesondere bei Sportfahrzeugen.
Ouzky dementiert vehement, Wirtschaftskontakte zu Porsche zu haben. Gerüchteweise soll er selbst einen Porsche Panamera fahren.
Ouzky gibt keine Verbindungen zu Porsche in seiner Erklärung 2012 zu den finanziellen Interessen an, in der jeder Abgeordnete seine Nebeneinkünfte und Verbindungen offenlegen muss.
Die Abstimmung im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments über den sogenannten „Kompromissvorschlag“ zu Lärmbeschränkungen von Autos, Lieferwagen, Lastwagen und Bussen ist am 19. September. Eigentlich sollte sie bereits im Juni stattfinden, wurde aber laut T&E von Ouzky verschoben, um mehr Zeit für die Erarbeitung des Kompromissvorschlags zu bekommen.
Sofern der Umweltausschuss diese Änderungen annimmt, würde dies zu einer Schwächung der bestehenden 15 Jahre alten Lärmobergrenzen führen, bemängelt T&E. Fahrzeuglärm ist das größte Umweltproblem in Europa nach Luftverschmutzung, das Einfluss auf das Leben von mehr als 200 Millionen Europäern hat und mitverantwortlich für zahlreiche Krankheiten ist.
„Die Abgeordneten müssen die Kompromissänderungen ablehnen und sicherstellen, dass die Verordnung zu einer fortschrittlichen Verschärfung und nicht Schwächung Regelungen zum Fahrzeuglärm führt“, so Greg Archer von T&E. www.kurzlink.de/t-e-porsche-pm; umwelt aktuell Oktober 2012, S. 23
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