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Kurzinfos Oktober 2005Fragen der EU zu kantonalen Steuerregimen
Die EU hat die Schweiz am 26. September 05 (zwei Tage nach dem Ja zur Freizügigkeit des Schweizer Volkes) in einem Brief um Erläuterungen zu bestimmten kantonalen Steuerregimen für Unternehmen gebeten. Laut Angaben beider Seiten geht es insbesondere um die Frage, ob Unternehmen steuerliche Vorteile entweder für Transaktionen mit Nichtschweizern (non-residents) oder für wirtschaftliche Tätigkeiten ausserhalb der Schweiz geniessen. Explizit als Beispiele erwähnt werden die beiden Kantone Zug und Schwyz. Die Kommission will laut dem Schreiben aufgrund von ihr zugetragenen Hinweisen klären, ob eine Verletzung von Art. 23 des bilateralen Freihandelsabkommens von 1972 vorliegen könnte. Gemäss diesem Artikel ist «jede staatliche Beihilfe, die den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige verfälscht oder zu verfälschen droht», mit dem guten Funktionieren des Abkommens «unvereinbar», soweit sie geeignet ist, den Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz zu beeinträchtigen. Die EU-Kommission war ihrerseits 2003 mit einer einschlägigen Anfrage eines niederländischen EU-Parlamentariers konfrontiert. Am Donnerstag erläuterte ein Brüsseler Experte, zwar sei jeder Staat bei der Gestaltung seines Steuersystems frei. Doch Steuervergünstigungen, die selektiv gewährt würden, indem sie beispielsweise nur ausländischen Unternehmen oder nur für Tätigkeiten im Ausland zugänglich seien, könnten wie Subventionen wirken und damit dem Beihilfeverbot im Freihandelsabkommens zuwiderlaufen. Auch die Welthandelsorganisation (WTO)sehe Steuervorteile ähnlich, wie der FSC-Fall zeige. In diesem Fall hat die WTO US- Steuerermässigungen für Exporteure als WTO-widrig verurteilt. Das Schreiben an die Schweiz enthält jedoch keinen Verweis auf die WTO.
Unterzeichnet ist der Brief vom derzeitigen Vorsitzenden des von der Schweiz und der EU zur Durchführung des Freihandelsabkommens eingesetzten und gemeinsam bestückten Gemischten Ausschusses, Richard Wright. Wright ist als Direktor in der Generaldirektion für Aussenbeziehungen der EU-Kommission unter anderem für die EFTA zuständig. Die Kommission will nun die von Bern in Aussicht gestellten Informationen abwarten und sich noch nicht zu allfälligen weiteren Schritten äussern. Für den Fall, dass eine der Parteien eine Verletzung des Freihandelsabkommens vermutet, sieht dieses zunächst die Anrufung des Gemischten Ausschusses vor. Vertreter der EU und der Schweiz betonten indessen am Donnerstag beschwichtigend, vorerst gehe es lediglich um AbkIärungen. NZZ, 7. Oktober 05, S. 21
EU importiert nach wie vor illegales Holz In der Europäischen Union wurde 2003 aus ganz Asien illegales Holz im Wert von 2,6 Milliarden Euro importiert. Auf der Grundlage der Außenhandelsdaten der EU ermittelte der WWF einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden. Der illegale Handel, eine geduldete Form der organisierten Kriminalität, drücke den Holzpreis weltweit um bis zu 16 Prozent. Das schade nicht nur dem Wald, sondern auch nachhaltig wirtschaftenden Waldbesitzern und Holzunternehmen.
Nach der WWF-Studie „Heiße Ware Tropenholz“, die im August 05 veröffentlicht wurde, importiert allein Deutschland mehr als 23 Prozent seines Tropenholzes im Wert von 150 Millionen Euro direkt oder über Transitländer aus Indonesien. Drei Viertel der indonesischen Holzexporte stammen nach Angaben des WWF aus illegalen Quellen. Illegaler Holzhandel ist kontraproduktiv für nachhaltige Forstwirtschaft Das Geschäft mit dem illegalen Holz trägt laut WWF maßgeblich zur Zerstörung der Regenwälder bei. Auf der indonesischen Insel Borneo bestehe die Gefahr, dass die artenreichen Tieflandregenwälder, Heimat der letzten Orang-Utans, bis 2012 verschwinden. Bis heute hätten die asiatischen Menschenaffen bereits 80 Prozent ihres ursprünglichen Lebensraumes verloren. Ihre Zahl sei seit Anfang der 90er Jahre um zwei Drittel auf 55.000 Tiere gesunken. Die Menschen in den betroffenen Gebieten würden von der Holzindustrie ausgebeutet. Der WWF forderte erneut ein Verbot des Holzhandels aus illegalen Quellen. www.wwf.de. DNR-EU-Rundschreiben, Oktober 05, S. 17
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EU-Kommission genehmigt Gentech-Futtermais MON863 Die Europäische Kommission hat Anfang August 05 das Inverkehrbringen der gentechnisch veränderten Maissorte MON 863 für die Einfuhr und die Verarbeitung zu Tierfutter genehmigt. Eine im Vorfeld bekannt gewordene, von Monsanto zurückgehaltene Studie hatte gezeigt, dass es bei einem Versuch mit Ratten, die MON 863 verzehrt hatten, zu kritischen Deformationen innerer Organe kam (www.gmwatch.org/archive2.asp?arcid=5397). Die Europäische Lebensmittelbehörde bewertete die Studie entgegen der Meinung unabhängiger Experten als nicht erheblich. Der für seine Geschäftspraktiken heftig kritisierte US-amerikanische Konzern Monsanto (www.gmwatch.org, unter „Search“: Suchwort "Monsanto) hatte bei der zuständigen Behörde Deutschlands das Inverkehrbringen eines gentechnisch veränderten Maisprodukts (Linie MON 863) beantragt, das gegen den Maiswurzelbohrer resistent ist. Der Antrag für das Produkt umfasste die Einfuhr, die Verarbeitung und die Verwendung in Futtermitteln, jedoch nicht die Verwendung in Lebensmitteln oder für den Anbau.
Einige Mitgliedstaaten machten gegen den darauf folgenden Bericht der Behörde Einwände geltend. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erklärte im April 2004, dass der Mais MON 863 so sicher wie herkömmlicher Mais sei und dass daher schädliche Auswirkungen durch die Verwendung als Futtermittel unwahrscheinlich seien. Die Folge: Wissenschaftliche Untersuchungen von staatlicher Seite und der Gentech- Industrie blieben aus. Stattdessen müssen Gegner der Grünen Gentechnik deren Schädlichkeit beweisen. Nachdem der Umweltministerrat sich im Juni 2005 nicht auf einen Gemeinsamen Standpunkt einigen konnte, beschloss die EU-Kommission, MON 863 zuzulassen.
Da es aber kaum Gelder für gentechnikkritische Forschungen gibt, sind solche Untersuchungen rar. Aber einige Studien geben Grund zu der Annahme, dass Eigenschaften gentechnisch veränderter Pflanzen auf Organismen in den Verdauungsorganen von Menschen und Nutztieren übertragen werden können (3 www.gmwatch.org/print-archive2.asp?arcid=1131). Wie sich solche Permutationen langfristig auswirken, ist völlig unklar. Viele Mitgliedstaaten hatten Bedenken geäußert, ob angesichts bisher zurückgehaltener Ergebnisse aus einer Rattenstudie eine Genehmigung möglich sei. Die EFSA kam aber in der ihr inhärenten Logik zu dem Ergebnis, dass ihre ursprüngliche Stellungnahme zu diesem Produkt durch die Studie nicht in Frage gestellt wird.
Der Regelungsausschuss wurde erneut am 29. November 2004 einberufen. Der Ausschuss, der mit qualifizierter Mehrheit befindet, hat keine Stellungnahme abgegeben. Daher legte die Kommission den Entscheidungsvorschlag dem Rat vor. Am 24. Juni kamen die Umweltminister/innen zu keinem Gemeinsamen Standpunkt zu diesem Vorschlag. Gemäß EU-Recht oblag es nun der Kommission, eine Entscheidung zu treffen. Die Kommission hat zwar das Recht, zu entscheiden. Faktisch hat sie aber gegen den erklärten Willen eines Großteils der EU-Bürger/innen entschieden, die keine Versuchspersonen für „absolut identische“ Grüne Gentechnik werden wollen. Experten kritisieren dieses Demokratiedefizit seit langem grundsätzlich. Die Kommission ist so mit einer Macht ausgestattet, die sie gegen die Verbraucher wenden kann.
Gentech-Experten aus Umweltverbänden fordern von der Kommission seit langem, erst dann gentechnisch veränderte Sorten auf dem Markt zuzulassen, wenn u. a. ein funktionierendes System für die Koexistenz konventioneller und gentechnisch veränderter Sorten in der landwirtschaftlichen Nutzung besteht. Die bestehende EU-Gesetzgebung bleibt weiter hinter dem wissenschaftlich Notwendigen zurück. So ist z.B. eine wirtschaftlich sinnvolle Kern- forderung der Verbände, dass Anbauer von Gentech-Sorten für die ökonomischen Risiken, die sich aus der Kontamination für andere Landwirte ergeben, haftbar gemacht werden können. Das EU-Recht lässt den Mitgliedstaaten hier aber alle Möglichkeiten zur Ausgestaltung in der nationalen Gesetzgebung offen.
Produkte, die unter Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel produziert werden, müssen trotz massiver Proteste von Verbraucherschutzorganisationen immer noch nicht gekennzeichnet werden. Würde die EU in diesem Bereich eine Politik für ihre Bürger/innen machen, wäre eine transparente Kennzeichnung eine einfache Lösung. Anscheinend bedient sie aber die Interessen der Gentechnik-Konzerne. Und die fürchten berechtigter Weise um den Absatz ihrer Produkte.
Demnächst steht die Abstimmung über die Zulassung von MON 863 auch als Lebensmittel auf der Tagesordnung des Ministerrats. Das könnte eine zweite Chance für den Rat der EU-Minister/innen sein, hier klar im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher Stellung zu beziehen. Denn ohne Zulassung auch als Lebensmittel kann der Mais laut Gesetz nicht in die EU eingeführt werden. (Daniel Unsöld, DNR Berlin, EU- Koordination) DNR-EU-Runschreiben, Oktober 05, S. 20
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Afrika: Überfischung bedroht Ernährungssicherheit Auf dem „Fish for all“-Gipfel der NEPAD (New Partnership for African Development) Ende August 05 im nigerianischen Abuja war die drohende Überfischung afrikanischer Gewässer eines der Hauptthemen. Mehr als 200 Millionen Menschen in Afrika ernähren sich von Fisch, mehr als 10 Millionen Menschen arbeiten in der Fischindustrie, die jährlich rund 2,7 Milliarden US-Dollar durch Exporte an Gewinn einbringt. Eine Möglichkeit, die drohende Überfischung afrikanischer Gewässer noch zu verhindern, sehen Expert/innen in der Errichtung von Aquakulturen für die Fischzucht. Hierdurch soll Fisch als Nahrungsquelle für Menschen in Afrika gesichert werden und durch Fischerei verursachte Umweltschäden verringert werden.
Nina Thüllen, Meeresbiologin bei Greenpeace Österreich, kritisierte diesen Vorschlag unter Verweis auf die Rolle, die europäische Fischfangflotten in afrikanischen Gewässern spielen.
Europäische Fischereiabkommen ermöglichen es europäischen Fischern, vor den Küsten der Vertragspartner zu fischen. Hierdurch sind sie laut Thüllen mitverantwortlich für die Ernährungs- und Umweltprobleme, die sich in Afrika ergeben. Statt des Ausbaus von Aquakulturen, die aufgrund ihres Flächenverbrauchs und des Verbrauchs von Fischmehl zur Fütterung der gezüchteten Fische selbst auch nicht als umweltneutral angesehen werden, schlägt Thüllen die Einschränkung europäischen Fischfangs vor afrikanischen Küsten und die Förderung nachhaltigen Fischfangs vor. Derzeit wird auf EU-Ebene ein neues Fischereiabkommen mit einem afrikanischen Staat, Marokko, angestrebt. Das Abkommen soll im März 2006 in Kraft treten. Für die Zulassung von 119 EU- Fischfangfahrzeugen in der entsprechenden Region sowie jährlicher Quoten in Höhe von 60.000 Tonnen kleiner pelagischer Arten bietet die EU Marokko Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 144 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre an. Die Zahl der EU-Fischfang- Erträge vor der Küste Westafrikas hat sich zwischen 1950 und 2001 verzwanzigfacht. Thüllen: „Es ist lächerlich, wenn EUFischflotten vor der Küste Afrikas alles leer fischen und danach Reglemente zur Fischerei aufstellen.“ DNR-EU-Rundschreiben, Oktober 05, S. 43
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Sinkendes Interesse am Euro in neuen Mitgliedsländern Die Währungen der drei baltischen Staaten, Sloweniens, Zyperns und Maltas sind bereits in den mindestens zwei Jahre dauernden Wechselkursmechanismus eingebunden, der zu einem späteren Beitritt zur Euro-Zone führen soll. Unter den vier mitteleuropäischen Staaten, die seit Mai 04 ebenfalls der EU angehören, scheint die Begeisterung für einen frühzeitigen Währungswechsel in letzter Zeit jedoch zu verblassen.
Die Bewegung Gesetz und Gerechtigkeit der beiden Brüder Kaczynski verdankt ihren Erfolg bei den polnischen Parlamentswahlen nicht zuletzt ihren EU- und auch Euroskeptischen Positionen. Unmittelbar nach dem Wahlsieg liess sie der Bevölkerung denn auch ausrichten, dass es im Laufe der anstehenden Legislaturperiode nicht zur Euro-Übernahme kommen werde. Ähnlich klingen die jüngsten Stellungnahmen aus Budapest. Auf die Mahnungen der EU-Finanzminister vom Dienstag, die Verpflichtungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt ernster zu nehmen (vgl. NZZ vom 12. 10.05), entgegnete Regierungschef Gyurcsany, er wolle die wirtschaftlichen und sozialen Ziele seiner Regierung allein wegen des Euro nicht aus den Augen verlieren. Die Maastricht-Kriterien (die vor der Euro-Übernahme erfüllt sein müssen) seien für das Land da, nicht umgekehrt.
Solche Töne wurden bisher von offizieller (oder bald einmal offizieller) Seite noch nie angeschlagen. Verzögerungen auf dem Weg zum Euro sind bisher immer mit wirtschaftspolitischen oder technischen Hindernissen begründet worden. Man hatte sich bei der Verschiebung der Beitritts-Zieldaten von anfänglich 2007/2008 auf 2009 (Slowakei) und 2010 (die übrigen drei) denn auch eher entschuldigt, hie und da wegen der scharfen Aufnahmekriterien etwas gemurrt, nie aber offene Ablehnung geäussert. Auf einen ähnlichen Konfrontationskurs wie Polen und Ungarn könnten auch die beiden andern neuen mitteleuropäischen EU-Länder einschwenken, sollte in den Wahlen 2006 in Tschechien die von Vaclav Klaus inspirierte bürgerliche Opposition und in der Slowakei die gegen die Reformerregierung Dzurinda gerichtete linke Opposition gewinnen. Beide liegen in den Umfragen weit vorne.
Die neuen EU-Länder hatten sich bei ihrem Beitritt verpflichten müssen, den Euro zu über- nehmen. Wann der Währungswechsel erfolgen muss, ist jedoch nicht festgeschrieben worden. Die EU-Kommission hat bisher keine Zweifel daran gelassen, dass es ihr nicht eilt und sie nicht mehr wie damals im Falle Italiens oder Belgiens gewillt ist, Beitrittserleichterungen zu gewähren. Im Gegenteil, die vom früheren EU- Wirtschaftskommissar Pedro Solbes vorgenommene restriktive Auslegung des Wechselkurskriteriums im Vertrag von Maastricht hat die neuen EU-Länder in der Annahme bestärkt, in der Euro-Zone nicht sonderlich willkommen zu sein.
Damit ist es den Politikern, die den Spiess nun umdrehen und die Beitrittswilligkeit ihrer Länder relativieren, leicht gemacht worden. Regierungen, die sich auf diesen Kurs festlegen, dürften es mit der Haushaltsdisziplin künftig weniger genau nehmen. Die absehbaren Lockerungen werden, wie das ungarische Beispiel zeigt, bereits auch theoretisch unterfüttert. So ist etwa zu hören, die Maastricht-Kriterien seien für die Transformationsländern mit ihrem Aufholbedarf ein zu enges Korsett. Um die institutionellen und strukturellen Reformen weiterführen und den Wohlstand erhöhen zu können, müssten die Behörden in der Lage sein, mehr Schulden zu machen und mehr Elastizität in die Geldsteuerung einzubauen. NZZ, 13. Oktober 05, S. 21
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Streit um Östereichs Universitäten Der österreichische Bundeskanzler Schüssel hat erneut Kritik am Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 7. Juli 05 geübt, das die Gleichstellung österreichischer und ausländischer Studenten an Österreichs Universitäten verlangt und die bisherige österreichische Zulassungspraxis als diskriminierenden Verstoss gegen EU- Recht verurteilt. Als Folge dieses Urteils verzeichnen die österreichischen Universitäten, die sich gezwungen sahen, die Zulassungsbeschränkungen für Ausländer aufzuheben, einen gewaltigen Zustrom vor allem deutscher Studierender. So stammten von den akzeptierten 2650 Anmeldungen für die medizinische Fakultät an der Wiener Universität 49 Prozent von deutschen Studenten, von den 2730 in Graz 64,8 Prozent, von den 1720 in Innsbruck kamen gar 75,3 Prozent von Deutschen. An der Veterinärmedizin in Wien (1062 Zulassungen) sind derzeit 58,4 Prozent deutsche Studenten eingeschrieben. Die Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hatte noch Ende August kämpferisch festgestellt, dass ein Volk von 8 Millionen nicht Studienplätze für ein Volk von 80 Millionen bereithalten könne. Die gegenwärtigen Zustände sprechen eine andere Sprache.
Zuvor hatte das System in der Praxis fast nur österreichischen Maturanden freien Zugang zu den Universitäten verschafft, da ausländische Bewerber um einen Studienplatz in ihrem Heimatland eine Studienberechtigung erbringen mussten. Falls sie dies nicht konnten, war diesen "Numerus-clausus-Flüchtlingem" nach bisheriger Praxis die Ausweichmöglichkeit Österreich abgeschnitten. Für österreichische Studienwillige hingegen gab das inländische Maturazeugnis automatisch die Berechtigung zum Besuch der Universität. Österreich war bis zum Urteil des EuGH praktisch der einzige Staat in der EU mit vollständig freiem Hochschulzugang für Inländer.
Schüssel spricht jetzt von einem «nicht begründbaren Urteil» mit «grundlegenden Fehlern». Er bemängelt insbesondere, dass jener Richterspruch Österreich ohne Übergangsfrist just zu Beginn des Einschreibungstermins für das laufende Wintersemester ereilt habe. Die Folge sei, dass nun «zweitrangige Studenten» aus Deutschland zu österreichischen Universitäten zugelassen werden müssten. Kritik am Urteil des EuG H hatte auch der Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, geübt. Für ihn wird durch jenes Urteil das Gleichgewicht zwischen nationaler Gestaltungssouveränität und EU-rechtlicher Einheitlichkeit verletzt. Nur wenn diese Balance eingehalten werde, könnten die Entscheide des EuGH auf die Dauer - insbesondere bei den «Verlierern» solcher Rechtssprüche - Akzeptanz finden. Für die Bildungsministerin Gehrer stellt sich die Frage, ob innerhalb der EU Gleichbehandlung im Bildungsbereich höher zu bewerten sei als Selbstgestaltung. Für Gehrer ist es unbestreitbar, dass auf dem Bildungssektor auch innerhalb der EU die Autonomie Vorrang beansprucht.
Dennoch hat Österreich, um dem Urteil des EuGH Genüge zu tun, sehr rasch - manche meinen überstürzt - reagiert. Für die acht vom Ansturm der Deutschen hauptsächlich betroffenen Studienrichtungen Human-, Zahn- und Veterinärmedizin, Biologie, Pharmazie, Psychologie, Publizistik und Betriebswirtschaft wurden durch einen Nationalratsbeschluss schon am Tag nach dem Entscheid des EuGH, also am 8. Juli, Zulassungsbeschränkungen in Form von beispiellos harten Selektionsprüfungen eingeführt - und zwar für Inländer wie Ausländer. Dies hat naturgemäss in der von den Sozialdemokraten und den Grünen dominierten österreichischen Hochschülerschaft zu einem Aufschrei geführt. Geplant ist eine grosse Studentendemonstration am 18. November gegen die hierzulande ungewohnte Einschränkung des freien Hochschulzugangs für Inländer.
Uni-Zugangsentscheid des EuGHs: Keine Folgen für die Schweiz
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die Zulassung zum Studium hat offenbar auf die Schweiz trotz bilateralen Abkommen keine Auswirkungen. Es stützt sich nicht speziell auf die Regeln der Personenfreizügigkeit, sondern auf das Diskrimmierungsverbot im EG- Vertrag sowie auf Bestimmungen über Zusammenarbeit und Förderung der Mobilität im Bildungsbereich. Das Abkommen über die Personenfreizügigkeit garantiert zwar auch Studierenden ein Recht zum Aufenthalt in der Schweiz (und für Schweizer in den Staaten der EU), setzt aber nicht nur eigene Mittel für den Lebensunterhalt, sondern auch bereits die Einschreibung an einer Hochschule voraus. Im Integrationsbüro verweist man auf den klaren Satz: «Dieses Abkommen regelt weder den Zugang zur Ausbildung noch die Unterhaltsbeihilfen für die unter diesen Artikel fallenden Studierenden.» Demnach sind bei der Zulassung Restriktionen über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Mittelschuldiplome hinaus erlaubt. So ist das Medizinstudium, wo ein Numerus clausus herrscht, Schweizern und dauerhaft hier lebenden Ausländern vorbehalten, und die Universität St. Gallen zum Beispiel beschränkt den Ausländeranteil mittels Prüfungen auf eine bestimmte Quote. EU-Bürger, die zum Beispiel als Familienangehörige von Erwerbstätigen in der Schweiz leben, sind jedoch als «Inländer» zu behandeln.
In den Generalsekretariaten der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) und der Rektorenkonferenz ist oder war man doch nicht ganz sicher, ob die Universitäten «souverän» bleiben würden, und erwog, die Frage noch mit einem Gutachten klären zu lassen, damit man für alle Eventualitäten gewappnet sei. Doch im Moment scheint man dies nicht unbedingt für nötig zu halten. Im Übrigen ist die SUK auf Anfrage bereit, den österreichischen Hochschulen ihren (aus Deutschland übernommenen) Eignungstest für das Medizinstudium zur Verfügung zu stellen, damit sie Deutsche und Österreicher diskriminierungsfrei zulassen oder abweisen können. NZZ, 19. Oktober 05, S. 9
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EU-Sozialisierung von Globalisierungkosten Die EU-Kommission hat am Donnerstag, 20. Oktober 05, über zwei verschiedene Kanäle vorgeschlagen, in der Finanzperiode 2007-13 einen EU-Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zu schaffen. Daraus könnten in konkreten Fällen, in denen die Globalisierung massive Arbeitsplatzverluste verursacht, Abfederungsmassnahmen wie zum Beispiel Umschulungen unterstützt werden. Die Kommission sieht dies als Solidaritätsgeste der vielen, die von der Globalisierung profitierten, gegenüber jenen wenigen, die den Schock eines Arbeitsplatzverlustes erlitten. Es gehe nicht um Subventionen an die Industrie, sondern um Hilfe für die betroffenen Menschen, betonte Kommissionspräsident Barroso vor den Medien. Der Fonds, soll in Anlehnung an den bestehenden Solidaritätsfonds für Naturkatastrophen ausserhalb des regulären Haushalts geführt werden. Über Auszahlungen und deren Finanzierung sollen Ministerrat und EU-Parlament von Fall zu Fall entscheiden. Laut Kominissionskreisen ist an ein Volumen von rund 3,5 Mrd. Euro über die ganze Finanzperiode gedacht. Das Vorhaben modifiziert einen früheren Kommissionsvorschlag, der aber in der bisherigen Finanzdebatte von den Mitgliedstaaten abgelehnt worden ist. Die Kommission hat die Idee wieder aufgewärmt, nachdem ihr der französische Staatspräsident Chirac angesichts des geplanten Stellenabbaus von Hewlett-Packard Untätigkeit vorgeworfen hatte.
Enthalten ist der Vorschlag zum einen in einem Papier über «Europäische Werte in der globalisierten Welt», dem Kommissionsbeitrag zum informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs vom nächsten Donnerstag in Hampton Court bei London. Dort sollen Chancen und Herausforderungen der Globalisierung debattiert werden. Das Papier enthält neben einer Analyse einige Vorschläge, die im Wesentlichen alte Brüsseler "Reform"-aufrufe von der Dienstleistungs- Liberalisierung bis zu Korrekturen der nationalen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiken wiederholen. Ausgangspunkt ist die These, dass Europa seine Politiken angesichts von Globalisierung und Überalterung modernisieren müsse, um seine Werte bewahren zu können. Es gebe kein einheitliches europäisches Sozialmodell: Jeder Staat habe sein eigenes System, gemeinsam seien die zugrunde liegenden Werte. Doch hätten die derzeitigen Strategien angesichts von 19 Mio. Arbeitslosen keine soziale Gerechtigkeit geschaffen. Zur nachhaltigen Finanzierung der Sozialsysteme wird unter anderem eine Teilverlagerung der Besteuerung von der Arbeit auf den Konsum und/ oder die Umweltverschmutzung angeregt. NZZ, 21. Oktober 05, S. 23
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Ostereuropa - Ende der EU-phorie Auf den EU-Beitritt folgt in Osteuropa der Kater. "Reform" zählt mittlerweile zu den meistgehassten Wörtern im postkommunistischen Osteuropa. "Reform" bedeutet denn auch Sozialabbau, Verschärfung der Konkurrenz und hohe Arbeitslosigkeit. In der Tat zählt Osteuropa zu den "reformeifrigsten" Ländern der Welt, wobei unter "Reformen" neoliberale Deregulierung gemeint sind. Die Deregulierung geht dabei mit recht hohen Wachstumsraten einher (4%). Die Zahl der Unternehmungsgründungen ist 2004, im Jahr des EU-Beitritts, im Schnitt um 42 Prozent gestiegen, die administrative Zeit für Firmengründungen wurde um zwei Drittel verkürzt. Trotz dieser Entwicklungen stehen in mehreren neuen EU-Ländern die Neoliberalen Regierungen vor ihrer Abwahl oder sind schon abgewählt worden. Rechte und linke Oppositionsparteien wettern wider die soziale Ungerechtigkeit und rufen das Ende des "neoliberalen Paradieses" aus, das die EU in ihren Ländern für internationale Konzerne und skrupellose Geschäftemacher geschaffen habe. In Polen wurde die postkommunistische neoliberale "Linke" dieser Tage entmachtet. Dem Volk waren schmerzhafte "Reformen" zugemutet worden, während sich die "Sozialdemokraten" zahllose Korruptionsaffären leisteten und sich schamlos bereicherten. In Tschechien droht den von Korruptionsaffären gebeutelten "Sozialdemokraten" 2006 die Entmachtung. Sie hatten den EU-Beitritt und die damit verbundenden "Reformen" orchestriert. In der Slowakei dürfte die rechtsliberale Regierung wegen ihrer "Reformpolitik" abgewählt werden - durch eine EU-kritische linke Partei, die den Stopp des Sozialabbaus verspricht und den Aufstand gegen Brüssel predigt. In Ungarn musste der parteilose Finanzminister Draskovics nach 14 Monaten im Amt wegen zu grossen "Reformeifers" seinen Hut nehmen. Die Beitrittskandidaten Rumänien und Bulgarien verschleppen seit dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen den durch die EU verlangten Sozialabbau und Deregulierungen ("Reformprozess").
Kurzum: in den Ländern Ostmitteleuropas hat sich Ernüchterung breitgemacht. Es gab viele Illusionen über "die Reformen". Man glaubte, wenn es mit der Wirtschaft konstant bergauf gehe, würden sich die sozialen Probleme von selbst lösen. Die Slowaken müssen für diesen Irttum am härtesten büssen: das früher scheinbar hoffnungslos rückständige Land hat sich mit rabiaten Sozialkürzungen und der Einführung der Einheitssteuer (flat tax) von 19 % zu einem der attraktivsten Standorte für Auslandinvestoren gemacht, namentlich in der Autoindustrie. Die Regierung nahm damit eine enorme Teuerungswelle in Kauf, die vor allem die mittleren und unteren Sozialschichten trifft. Viele der zehn neuen EU-Mittgliedländer mussten auch ernüchtert zur Kenntnis nehmen, dass hohe Wachstumsraten von jährlich durchschnittlich fünf Prozent die Heerschaaren Arbeitsloser nicht automatisch verringern. Polen hält mit 19 % EU-Rekord, in der Slowakei ist die Quote trotz freundlichem Investititonsklima nur geringfügig auf 16 % gesunken. Auch im industriell weitaus höher entwickelten Tschechien, das nach 1989 als "Reformvorreiter" gefeiert wurde, liegt die Arbeitslosigkeit mit 9 % unverändert hoch. Die noch immer niedrigen Löhne (im Schnitt 500 Euro) und die kargen Renten stehen Preisen in Osteurpa gegenüber, die längst westliches Niveau erreicht haben. Höherer Arbeitseinsatz wird mit Kürzungen von Rechten und Sozialleistungen belohnt, Kranksein kann sich niemand leisten. Die Volkswut entlädt sich zunehmend gegen die EU. Die Gewerkschaften erhalten Zulauf wie noch nie und rüsten zu Massenprotesten vor den Wahlen.
Mit der geplanten Einführung des EUro rollt auf die "reform"gestresste Bevölkerung die nächste Belastungswelle zu. Im Sozial- und Gesundheitswesen, bei Pensionen und in der Kommunalpolitik stehen für diesen Fall weitere schmerzhafte "Strukturreformen" bevor. Ein "sanierter" Staatshaushalt bei der Einführung des Euro ist nur mit massiven Sparkurs zu haben. In Ungarn steigt das Budgetdefizit seit drei Jahren hartnäckig an. Deshalb wird der Termin zur Einführung des Euro ständig verschoben. Vom Jahr 2007 ist man mittlerweile bei 2010 oder 2011 angelangt. Auch die Slowakei hat es mit dem Euro nicht eilig. Und in Polen solls unter der neuen Regierung dazu ein Referendum geben. Der Bund, 21. Oktober 05, S.4
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Norwegen - Die EU-Frage auf Eis gelegt Die siegreich aus den Parlamentswahlen hervorgegangene rot-grüne Mehrheit in Norwegen hat ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Aussenpolitisch ergibt sich dabei folgendes: das Dutzend norwegischer Offiziere, die im Irak eingesetzt sind, soll zurückgezogen werden, und die Regierung will auch die Beteiligung Norwegens an der Operation «Enduring Freedom» in Afghanistan beenden. An Militäreinsätzen, die unter dem Mandat der Vereinten Nationen stehen, will Norwegen jedoch auch künftig teilnehmen. Die Frage des Beitritts Norwegens zur Europäischen Union wird auch in den kommenden vier Jahren nicht in die politische Agenda aufgenommen; eine politische Diskussion über den möglichen Beitritt würde laut Koalitions-Vertrag das Ende der Koalition bedeuten. Eine solche «Selbstmordklausel» hatte auch die bisherige Regierung Bondevik vereinbart, die in der EU-Frage gleichermassen gespalten war. NZZ, 14. Oktober 05, S. 9
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EU-Parlament schwächt Bergbauabfall-Richtlinie Anfang September 05 hat das EU-Parlament in zweiter Lesung die Richtlinie zu Bergbauabfällen (Änderung der Richtlinie 2004/35/EG) angenommen. Zwar
wurden einige Verbesserungen am Text des Gemeinsamen Standpunktes des Ministerrates vorgenommen, weshalb der Text jetzt noch in den Vermittlungsausschuss muss. Wesentliche vom Ministerrat vorgenommene Änderungen wurden aber bestätigt und die Richtlinie damit geschwächt. Der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlaments Jonas Sjöstedt (Schweden, Nordische Grüne Linke) sagte, mit dieser Entscheidung müssten zwar Staaten mit niedrigen Standards ihre Regelungen verbessern, gleichzeitig seien aber weiter gehende Regelungen nicht angenommen worden. So müsste zum Beispiel alter Abraum zwar inventarisiert, aber nicht behandelt werden. Vom Ministerrat eingebrachte Ausnahmeregelungen und Gesetzeslücken seien ebenfalls abgesegnet worden. „Das ist ein Zeichen dafür, dass das Parlament konservativer geworden ist, wenn es um Umweltangelegenheiten geht“, sagte Sjöstedt. Es gibt eine unbekannte Menge alter Abraumhalden in der EU, die Schadstoffe ans Grundwasser abgeben. DNR-EU-Rundschreiben, Oktober 05, S. 17
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EU-Umweltziele bis 2010 könnten verfehlt werden Die umweltpolitischen Ziele der EU wie die Reduktion von Treibhausgasen oder der Ausbau von erneuerbaren Energien könnten verfehlt werden, warnt die Europäische Umweltagentur (EEA) in ihrem neuen „European Environmental Outlook“. Der Bericht gibt einen Ausblick auf die Entwicklung der Umweltsituation in der EU-25 bis zum Jahr 2010 und darüber hinaus Auskunft. EEA-Direktorin Jaqueline McGlade betonte bei der Vorstellung des Berichts, dass erfolgreiche Antworten auf zukünftige Gefahren vor allem von der Integration der Umweltpolitik in andere Politikbereiche abhingen. Der Cardiff-Prozess sollte eigentlich genau dies leisten, ist allerdings seit einigen Jahren in Vergessenheit geraten.
In dem Bericht werden Voraussagen mit den Zielen aus dem 6. Umweltaktionsprogramm verglichen. Beispielsweise könnte Schätzungen zu Folge im Zeitraum von 2008-2012 der Treibhausgasausstoß weniger als 3 % unter dem von 1990 liegen, verglichen mit dem Kyoto-Ziel von minus 8 %. Während die Zielvorgabe bei erneuerbaren Energien bei 12 % vom Gesamtenergieverbrauch liegen sollte, könnten in der Realität nur 7,5 % bis 2010 erreicht werden. Konsum wird wichtiger als Produktion Die EEA geht in ihrem Bericht weiterhin davon aus, dass der Druck auf Natur und Umwelt zukünftig stärker von Konsumgewohnheiten und weniger von Produktionsmustern ausgeht. Demnach entstehe Umweltverschmutzung künftig weniger durch große Industrieanlagen, sondern komme vielmehr aus einer großen Anzahl von kleinen, diffusen Quellen wie Haushalten und der Landwirtschaft, die für gesteigerten Energiebedarf, Wasserverschmutzung und Müllverbrennung verantwortlich sind. DNR-EU-Rundschreiben, Oktober 05, S. 10
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EU-Gericht kippt generelles Gentechnikverbot Die Bestrebungen des Bundeslandes Oberösterreich, sich zur genfreien Region zu erklären, sind gescheitert. Das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) hat in einem am Mittwoch 5. Oktober 05 veröffentlichten Urteil die von der Republik Österreich und von Oberösterreich angefochtene Entscheidung der EU-Kommission gegen das vom Bundesland 2002 erlassene Gentechnik-Verbotsgesetz in allen Punkten geschützt (Rechtssachen T-366/03 + T-235/04).
Das umstrittene Gesetz verhängte für das Land Oberösterreich ein flächendeckendes Verbot für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sowie für die Zucht und Freilassung von transgenen Tieren für die Jagd oder die Fischerei. Zwar enthält das einschlägige Gentechnikrecht der EU über die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) eine Schutzklausel, die es Mitgliedstaaten erlaubt, gezielte Verbote zu erlassen. Voraussetzung ist aber ein berechtigter Grund zur Annahme, dass ein bestimmtes GVO- Produkt die menschliche Gesundheit oder die Umwelt gefährde. Gestützt auf ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit entschied die Kommission 2003 gegen das generelle GVO-Verbot. Die von Oberösterreich vorgebrachte Begründung, stellte die Brüsseler Behörde damals fest, enthalte keine neue wissenschaftliche Erkenntnis, die eine derart drastische Massnahme zum Schutz der Umwelt rechtfertige.
Der EuG stützte den Befund der Kommission, wonach auch die kleinbetriebliche Struktur der Landwirtschaft nicht für das Verbot spreche. Diese sei keine Besonderheit des Bundeslandes Oberösterreich, sondern komme in anderen Mitgliedstaaten ebenfalls vor. Die Klägerinnen hätten zudem nicht nachweisen können, dass Oberösterreich über ein ungewöhnliches oder einzigartiges Ökosystem verfüge, das eine andere GVO-Umweltverträglichkeitsprüfung erfordere, als sie für Österreich insgesamt oder für andere vergleichbare Gebiete in der EU durchgeführt werde. Die angefochtene Entscheidung sei fehlerfrei, kam der EuG in seinem Urteil zum Schluss, und er wies damit auch den Klagegrund ab, die Kommission habe gegen das Vorsorgeprinzip verstossen. NZZ, 6. Oktober 05, S. 9
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Europa-Klausur des Bundesrates vom Oktober 05 Der Bundesrat hat den EU-Beitritt von einem Ziel zur «längerfristigen Option» zurückgestuft. Das seit 1992 in Brüssel eingefrorene Beitrittsgesuch wird aber nicht zurückgezogen.
Im Aussenpolitischen Bericht von 1993 war der EU-Beitritt das «strategische Ziel» der Integrationpolitik, im Bericht 2000 noch ein Ziel. Nach der europapolitischen Klausur des Bundesrates vom Mittwoch, 26. Oktober 05, ist er noch eine von fünf Optionen. Das Integrationsbüro wird diese mit ihren Vor- und Nachteilen bis Mitte 2006 darlegen.
Wie Aussenministerin Micheline Calmy-Rey vor den Medien sagte, reichen die Optionen vom Verwalten des bisher auf dem bilateralen Weg Erreichten über das Verhandeln von neuen bilateralen Abkommen, andere Formen der multilateralen Zusammenarbeit (»EWR 2») und einen EU-Beitritt «light» (mit Opting-Out) bis zum EU-Vollbeitritt. Wirtschaftsminister Joseph Deiss erklärte, der Bundesrat wolle sich alle Optionen offen halten. Das von Christoph Blocher angeregte zehnjährige Moratorium in der Europapolitik sei keine Option und in der Klausur kein Thema gewesen.
Die Landesregierung bekräftigte den bilateralen Weg als «erfolgreiche Interessenpolitik». Sie bestätigte auch den Willen, die zehn neuen EU-Staaten mit einer Milliarde Franken über 5 Jahre zu unterstützen - unabhängig vom EU-Kohäsionsprogramm, als Beitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten.
«Wir sind der Ansicht, dass der bilaterale Weg weiter verfolgt werden muss», sagte Rudolf Ramsauer, Geschäftsleitungsvorsitzender von economiesuisse. Ein EU-Beitritt sei für die Wirtschaft keine Option. Priorität müssten vielmehr die Umsetzung und Anwendung der neuen bilateralen Abkommen haben.
Die Schweiz hat die Europäische Union über den am Mittwoch vom Bundesrat gefällten Wechsel der Europa-Politik nicht informiert. Die zuständige Kommissionssprecherin reagierte am Donnerstag in Brüssel überrascht. «Wer hat das gesagt?», fragte Sprecherin Emma Udwin zurück, nachdem eine Schweizer Journalistin um eine Stellungnahme dazu ersucht hatte, dass der EU-Beitritt nicht mehr «strategisches Ziel», sondern eine «längerfristige Option» des Bunderates ist. Wie das Integrationsbüro bestätigte, wurde die EU nicht speziell informiert. «Kontakte finden laufend statt, in denen wird die EU auch über die Ergebnisse der Klausur informiert werden», sagte Informationschef Adrian Sollberger.
Inhaltlich wollte die EU-Kommissionssprecherin zum Bundesratsentscheid nicht Stellung nehmen. Es handle sich um eine interne Angelegenheit, «aber es ist eine interessante Aussage». Gleich zweifach wies Udwin zudem darauf hin, dass die Schweizer Schritte genau verfolgt würden. Fachleute, die sich in Brüssel intensiver mit der Schweiz beschäftigen, zeigten sich über die Klausurergebnisse nicht überrascht. Mit einem Schulterzucken reagierte ein hoher Funktionär den Wechsel vom «Ziel» zur «Option». http://www.europa.admin.ch/presse/archiv/d/2005/presse05_10.htm#27.10.05b
27.10.2005 (Homepage des Integrationsbüros)
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