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Kurzinfos November 09EU verfehlt Grenzwerte
Nur 14 von 27 Mitgliedstaaten der EU können bis 2010 voraussichtlich alle vereinbarten Luftschadstoffgrenzwerte einhalten. Das ist das Ergebnis des Statusberichts der Europäischen Umweltagentur (EEA) zur sogenannten NEC-Richtlinie mit Bezugsdaten von 2007. Die Richtlinie 2001/81/EG legt Grenzwerte für den Ausstoß von Schwefeldioxid (SO2), Stickoxiden (NOx), nicht methanhaltigen flüchtigen organischen Verbindungen (NMVOC) und Ammoniak (NH3) fest, die bis 2010 erreicht werden müssen. Stickstoffoxide scheinen am schwierigsten reduzierbar zu sein. Zwölf Staaten schätzen, dass sie die Grenzwerte nicht einhalten werden. Irland, Belgien und Österreich gaben sogar an, ihre Grenzwerte um bis zu 60 Prozent zu überschreiten.
Frankreich, Deutschland und die Niederlande werden bei zwei der Stoffe die Grenzwerte wohl nicht einhalten können. In Deutschland sind dies Stickoxide und Ammoniak.
Ende dieses Jahres müssen die Mitgliedstaaten ihre Daten von 2008 übermitteln. Ob die Wirtschaftskrise Auswirkungen auf die Emissionswerte hat, sei noch nicht abzusehen, so die EEA. Die NEC- Richtlinie hat zum Ziel, die weitere Versauerung der Böden sowie die Entstehung von bodennahem Ozon und Feinstaub zu verhindern. Zurzeit laufen Diskussionen über eine strengere Reglementierung der nationalen Grenzwerte. Umwelt aktuell, November 09, S. 9, www.kurzlink.de/eea-nec-status2008
Geld fürs Klima gibt es später Die EU-UmweltministerInnen haben sich im Oktober 09 nicht auf eine endgültige Position für die Klimaverhandlungen im Dezember in Kopenhagen einigen können. Offen blieb vor allem die Frage, wie die Anpassung an den Klimawandel finanziert werden kann. Auch die mögliche Verwendung von sogenannter heißer Luft im Emissionshandel- überschüssigen Emissionszertifikaten auf grund des Zusammenbruchs der osteuropäischen Industrien nach 1990 – blieb ungeklärt. Über beides sollte der Rat der Staats- und Regierungschefs Ende Oktober entscheiden, dessen Ergebnisse bei Redaktionsschluss noch nicht feststanden. Zu anderen klimapolitischen Fragen konnte sich der Ministerrat einigen. So will die EU den Flug- und Schiffsverkehr in den Klimaschutz einbeziehen. Beide sollen bis 2020 zehn beziehungsweise 20 Prozent Emissionen gegenüber 2005 einsparen.
Weiterhin betonte der Rat die Bedeutung einer ökoeffizienten Wirtschaft. Er strebt eine Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch an und will Ökoeffizienz als zentralen Baustein in der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung verankern. Die Strategie, die in Kürze überarbeitet werden soll, wird von Umweltorganisationen als einseitig wirtschaftsorientiert kritisiert. Das Europäische Umweltbüro forderte von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Maßnahmen für eine „grüne Lissabon- Strategie“ zu ergreifen. Umwelt aktuell, November 09, S. 12, Rat der Europäischen Union: www.consilium.eu; Europäisches Umweltbüro: www.eeb.org, Aktuelle Ergänzungen zu dieser Meldung siehe www.eu-koordination.de (EU-News)
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EU-Emissionshandel Das Europäische Gericht hat Polen und Estland Recht gegeben, die gegen eine aus ihrer Sicht zu niedrige Zuteilung von VerschmutzungszertifIkaten im Rahmen des Emissionshandelssystems durch die EU-Kommission geklagt hatten. Die Kommission habe ihre Kompetenzen deutlich überschritten, indem sie die beantragte Zertifikatemenge für Polen um 28 Prozent und für Estland um 43 Prozent gesenkt habe, sagte das Gericht. Es sei eine Entscheidung der Mitgliedstaaten, wie viele Zertifikate sie an ihre Unternehmen ausgebe. Die Kommission habe lediglich eingeschränkte Kontrollbefugnisse.
Tschechien, Rumänien, Bulgarien, Litauen und Lettland haben ähnliche Klagen eingereicht. Es ist anzunehmen, dass das Gericht auch ihnen Recht geben wird. Die Kommission wird voraussichtlich in Revision gehen. Sollte die zweite Instanz – der Europäische Gerichtshof (EuGH) – dieselbe Auffassung vertreten, wäre das System des Europäischen Emissionshandels (ETS) ernsthaft infrage gestellt. Denn dann könnten die EU-Mitgliedstaaten in der zweiten Verpflichtungsperiode deutlich mehr Zertifikate austeilen als bisher vorgesehen und damit ein Überangebot schaffen, Wie es schon in der Testphase 2005 bis 2008 bestand. Die Preise auf den Zertifikatemärkten würden einbrechen und der Anreiz für Unternehmen, in emissionsarme Technologien zu investieren, würde stark sinken. Das Klimaziel der EU, die vom ETS erfassten Treibhausgasemissionen bis 2020 um 21 Prozent zu senken, dürfte damit deutlich schwieriger zu erfüllen sein. Umwelt aktuell, November 09, S. 12, www.curia.eu/de
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EU will Genmais für Futtermittel erlauben In der EU werden voraussichtlich bald drei neue Genmais-Sorten zugelassen. Beim EU -Agrarministerrat in Luxemburg gab es im Oktober keine ausreichende Mehrheit gegen den Vorschlag der EU-Kommission, die genmanipulierten Produkte in Europa zu vermarkten. In einem solchen Fall, wie er bei der Zulassung von Genpflanzen regelmäßig auftritt, kann dann die Europäische Kommission entscheiden, ob sie die Genmais-Sorten zulässt oder nicht. Bisher stimmte die Kommission in der Regel für eine Genehmigung. Sie folgte dabei stets der Einschätzung der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA. Diese hält die drei Genmaissorten für genauso sicher wie konventionellen Mais.
Es geht um drei genmodifizierte Sorten von Monsanto (MON 88017 und MON 89034) und von Pioneer (59122xNK603). Die Maissorten wurden gegen bestimmte Schädlinge immun gemacht. Die Konzerne beantragten eine Zulassung für den Import als Futter- und Lebensmittel, ein Anbau in Europa ist nicht geplant.
Nach Angaben der europäischen Futtermittelindustrie ist die Versorgung mit Futter gefährdet, wenn der Genmais nicht auf den Markt kommt. Im Sommer war Tierfutter aus den USA wegen Spuren nicht zugelassener genveränderter Bestandteile an den europäischen Grenzen abgewiesen worden. Industrievertreter und Bauernverbände fordern deshalb die Abschaffung der Nulltoleranz für in der EU nicht genehmigte Genpflanzen.
Dass die Lage auf dem Futtermittelmarkt tatsächlich so prekär ist wie behauptet, bezweifelt unter anderem der BUND. Aus einem Hintergrundpapier des Umweltverbandes geht hervor, dass es sich nur um wenige verunreinigte Futtermittelladungen handelt, die fast ausschließlich aus den USA kamen. Lieferungen aus den anderen Hauptanbauländern Brasilien und Argentinien seien dagegen frei von Verunreinigungen mit illegalen genmanipulierten Bestandteilen. Umwelt aktuell, November 09, S. 16, Ergebnisse des Agrarministerrates (PDF): www.kurzlink.de/agrarrat19.10.09, Hintergrundpapier zur Nulltoleranz (PDF, 5 S.): www.kurzlink.de/nulitoieranz-bund
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EU-Weißbuch ohne grüne Akzente Auf der Agenda des EU-Verkehrsministerrates im Oktober stand die Debatte über das Weißbuch Verkehr, das im kommenden Jahr veröffentlicht werden soll. Darin präsentiert die EU-Kommission Vorschläge für fast sechzig Maßnahmen, um ein „modernes Verkehrssystem“ zu entwickeln, das die unterschiedlichen Verkehrsträger miteinander in Einklang bringen soll. Nach ihren Vorstellungen sollen der Schienenverkehr wieder belebt, der See- und Binnenschiffsverkehr gefördert und der wachsende Flugverkehr geregelt werden. Die Kommission ist überzeugt davon, dass mit dem Weißbuch der Verkehr nachhaltig gestaltet werden kann. Das Dokument folge der Strategie für eine nachhaltige Entwicklung, die der Europäische Rat von Göteborg im Juni 2001 festgelegt hatte.
Verfechter einer ökologischen Verkehrswende halten die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch für ungenügend oder sogar kontraproduktiv. Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kritisierte bereits die Datengrundlage des Weißbuches. So betrage nach offiziellen Angaben der Anteil des Schienengüterverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen derzeit rund zehn Prozent. Betrachte man die Menge der beförderten Güter, liegt laut Cramer der Marktanteil in Europa bei 17 Prozent, in den USA hingegen bei 40 Prozent. Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene müsse deshalb zentrales Ziel bleiben. Bei der Veröffentlichung des Aktionsplans Güterverkehr im vergangenen Jahr hatte Cramer gefordert, mindestens 40 Prozent der EU -Gelder für Verkehr in die Schiene zu investieren. Zudem müsse die Verknüpfung der Verkehrsträger Schiff, Bahn, Lkw und Flugzeug verbessert werden.
Auch aus Sicht der Allianz pro Schiene ist mit dem Weißbuch Verkehr der Wechsel zu umweltfreundlichen, energieeffizienten und sicheren Verkehrsträgern nicht zu schaffen. Dem Weißbuch fehlten sowohl konkrete ökologische Ziele und Maßnahmen als auch eine Vision für die EU-Verkehrspolitik bis zum Jahr 2020, kritisierte der Geschäftsführer der Allianz Dirk Flege. Die EU sei bei der Analyse der Mobilitätstrends „nicht auf der Höhe der Zeit“. Flege zitierte eine aktuelle Umfrage der Bundesregierung, wonach sich fast 90 Prozent der Bevölkerung für die Förderung des öffentlichen Verkehrs aussprechen. Die Allianz pro Schiene forderte die EU auf, den Bürgerwillen im künftigen Weißbuch Verkehr zu berücksichtigen. Umwelt aktuell, November 09, S. 24, EU-Weißbuch Verkehr: www.kurzlink.de/verkehrsvision2010;
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Abwehr mit allen Mitteln Es sind schreckliche Zahlen, die der Internetblog «Fortress Europe» zusammengestellt hat: Die Auswertung von Presseberichten seit dem Jahr 1988 hat ergeben, dass bis heute 10861 Personen im Mittelmeer und im Atlantischen Ozean bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, starben. Und die Dunkelziffer ist hoch. Trotzdem nehmen jedes Jahr Tausende von Personen den gefährlichen Weg in kleinen und häufig seeuntauglichen Booten auf sich – in der Hoffnung auf Schutz oder ein besseres Leben.
Die EU – und mit ihr die Schweiz, da diese dank Sozialdemokraten und Grünen im Schengenraum ist – empfängt sie jedoch nicht mit offenen Armen. Zuwanderung wird ausschliesslich unter dem Aspekt der Bekämpfung illegaler Migration und Einwanderung betrachtet und als Sicherheitsproblem behandelt. Entsprechend liegt der Schwerpunkt der EU darin, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten auszubauen, die Rückkehr- und Rückübernahmepolitik zu intensivieren und die Aussengrenzen durch das integrierte Grenzschutzsystem zu verstärken. Im Zentrum dieses Grenzabschottungssystems steht die im Mai 2005 eingerichtete Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen, kurz Frontex (von frz. frontieres exterieures). Es handelt sich um eine Gemeinschaftsagentur der EU mit eigener Rechtspersönlichkeit und Sitz in Warschau. Hauptaufgabe von Frontex ist der „Schutz“ der Aussengrenzen durch die Koordination der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und ihrer konkreten Unterstützung.
Frontex ist somit keine eigenständige Grenzschutzpolizei, sondern eine Agentur zur Harmonisierung und fortschreitenden Weiterentwicklung des europäisierten Grenzschutzes. Sie koordiniert die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, indem sie einerseits eine Datenbank für technische Ausrüstungsgegenstände (Schiffe, Hubschrauber, mobile Radarstationen, Nachtsichtgeräte etc.) und verfügbare Grenzschutzspezialisten der Mitgliedstaaten führt. Andererseits arbeitet sie auf der Grundlage einer nachrichtendienstlich ausgerichteten Risikoanalyse gemeinsame Operationen aus und unterstützt diese. Die konkrete Durchführung der Operationen verbleibt aber in den Händen der Mitgliedstaaten.
Aktionsschwerpunkt der koordinierten Einsätze war in den vergangenen Jahren der Mittelmeerraum. Hier führte Frontex in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt sechs Einsätze durch. Bekannt wurden vor allem die drei grossen Operationen Hera vor den Kanarischen Inseln und der Küste Westafrikas, Nautilus zwischen Libyen und Tunesien sowie Italien und Malta und Poseidon im östlichen Mittelmeer, insbesondere vor der Küste Griechenlands. Ziel der Frontex-Einsätze ist der konsequente Stopp illegaler Einwanderung durch Verhinderung der Einreise. Aus den Tätigkeitsberichten von Frontex ergibt sich, wie diese Abwehr aussieht: Der Jahresbericht 2006 beschreibt die Operation Hera II und legt dar, dass im Einsatzzeitraum von August bis Dezember 2006 insgesamt «3887 illegale Einwanderer in 57 Cayucos (kleine Fischerboote) in der Nähe der afrikanischen Küste abgefangen und umgelenkt wurden». Aus der offiziellen Statistik des Einsatzes Hera 2008 geht hervor, dass Frontex in diesem Jahr 5909 Menschen auf hoher See oder vor den Küsten Afrikas abgedrängt hat. Frontex führt dazu aus, dass die abgedrängten Personen entweder überzeugt worden seien, umzukehren, oder sie seien zum nächsten Hafen (in Senegal oder Mauretanien) zurückeskortiert worden.
Für Hera wurden Vereinbarungen mit Mauretanien und Senegal getroffen. Seitdem dürfen Frontex-Schiffe unter Beteiligung senegalesischer Soldaten direkt vor den Küsten patrouillieren, um Flüchtlingsboote zur Umkehr zu bewegen. Dadurch wird der Grenzschutz aus dem europäischen Raum direkt vor die Küsten Afrikas verlagert. Mit welchen Methoden Frontex bei der Abwehr von Flüchtlingsbooten vorgeht und wie die Überzeugungsarbeit bei solchen Einsätzen aussehen kann, schilderte eindrücklich der Haupteinsatzleiter der italienischen Militärpolizei in Rom, Saverio Manozzi, in einem SWR-Radiobeitrag im Juni 2008: «Wir wurden bei offiziellen Treffen mit Einsatzplänen und schriftlichen Befehlen konfrontiert, nach denen die Abwehr der illegalen Einwanderer darin besteht, an Bord der Schiffe zu gehen und Lebensmittel und Treibstoff von Bord zu nehmen, sodass die Immigranten dann entweder unter diesen Bedingungen weiterfahren können oder aber lieber umkehren.»
Asylrecht verletzt
Mitten auf dem Meer aufgegriffene Flüchtlinge haben – ebenso wie jene, die es bis in Küstennähe schaffen – nach geltendem Völkerrecht das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Sie dürfen auch nicht abgeschoben werden, wenn ihnen möglicherweise Verfolgung oder Misshandlung droht. Ein faires Asylverfahren, das rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, kann allerdings nicht ad hoc auf den Einsatzschiffen erfolgen. Die bei den Einsätzen aufgegriffenen Personen müssen daher auf das europäische Festland gebracht werden. Nur hier ist die Durchführung eines Asylverfahrens möglich, das völkerrechtlichen Standards gerecht wird.
Es liegt auf der Hand, dass bei dem pauschalen Ansatz der Frontex-Operationen, Menschen zurückzudrängen, nicht geprüft werden kann, ob sich darunter Flüchtlinge befinden, die Anspruch auf Schutz in der EU haben. Fakt ist jedoch, dass sich unter den Bootsflüchtlingen regelmässig Menschen befinden, die vor Verfolgung in ihrem Heimatland fliehen. Nach Angaben des UNHCR beantragen etwa 70 Prozent der Personen, die Malta über das Mittelmeer erreichen, dort Asyl und knapp die Hälfte wird als schutzbedürftig anerkannt. Dies wird durch den Frontex- Tätigkeitsbericht 2007 bestätigt: Dieser gibt an, dass die auf Malta ankommenden Einwanderer hauptsächlich aus Eritrea, Somalia, Äthiopien und Nigeria stammten – alles Länder, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.
Um eine effektive Umsetzung der menschenrechtlichen Standards auch im Einsatz zu garantieren, sollte daher ein verbindlicher Verhaltenskodex ausgearbeitet und den Grenzschutzbeamten in Schulungen vermittelt werden. Zwingend erforderlich ist zudem ein dauerhaftes und unabhängiges System, das die Einhaltung der Menschenrechte im Rahmen dieser Missionen überwacht und eine effektive parlamentarische Kontrolle ermöglicht. Zudem muss sichergestellt werden, dass in Fällen, in denen Menschen bei diesen Einsätzen zu Tode kommen, strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. Amnesty, November 2009, Die ganze Nummer ist dem Thema „Festung Europa: Schiffbruch für Migrationspolitik“ gewidmet. Adresse: Magazin „Amnesty“, Redaktion, Postfach 3001 Bern.
Die traurige Bilanz: 14850 Todesopfer zwischen 1988 und 2009 an den Aussengrenzen der EU, nachgewiesen auf Grund von Presseberichten in den beteiligten Ländern (ohne Dunkelziffer):
2614 Todesopfer zwischen Afrika und den Kanarischen Inseln
1861 Todesopfer zwischen Marokko und Spanien
603 Todesopfer in der Adria zwischen dem Balkan und Italien
4183 Todesopfer zwischen Libyen, Ägypten, Tunesien und Italien, Malta
1323 Todesopfer in der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland
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EU-Recht öffnet Schleusen Die österreichischen Universitäten haben mehr Studenten – und weniger Geld. Eine der Hauptursachen für die Misere an den österreichischen Universitäten ist der bisher unaufhaltsame Ansturm deutscher Studenten. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2005, die österreichischen Zulassungsbeschränkungen befänden sich im Widerspruch zum EU-Recht, öffnete die Schleusen. Deutsche Studenten, denen der Zugang zu bestimmten Studien zu Hause durch den Numerus clausus verwehrt wurde, strömten ins Nachbarland. Hier erwarteten sie in mancher Hinsicht geradezu idyllische Rahmenbedingungen: Überschaubare Städte, ein entspannter Wohnungsmarkt, die sprichwörtliche Gemütlichkeit fernab von der Hektik deutscher Metropolen. Als nun auch noch die Studiengebühren wegfielen, erhöhte sich die Attraktivität des Nachbarlandes zusätzlich. Im Wintersemester 2000/2001 waren hier noch 6354 Studierende aus Deutschland eingeschrieben, im letzten Jahr waren es bereits 17432, und Ende des laufenden Jahres soll die Marke von 20 000 durchbrochen werden. Die Gesamtzahl der Studierenden in Österreichs Universitäten tendiert gegen 285000 – und der Prozentsatz deutscher Kommilitonen von ursprünglich einem Bruchteil bald gegen 10 Prozent. Österreich steht in der Präferenz deutscher Studenten, die sich entschliessen, im Ausland zu studieren, weltweit an zweiter Stelle: Mehr als 18 Prozent wählen eine Hochschule in der Niederlanden, über 16 Prozent gehen nach Österreich.
Die Überforderung der Universitäts- Infrastruktur beschränkt sich nicht auf Wien. Der Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger, hat kürzlich festgestellt, dass sich der Einzugsbereich seiner Universität von den Bundesländern Salzburg und Oberösterreich auf das benachbarte Bayern verlagert habe. Im Fach Psychologie liege der Anteil deutscher Studierender inzwischen bei 75 Prozent. Die Schmerzgrenze der Uni Salzburg sei erreicht. Wenn im Jahr 2011 zugleich zwei Abiturjahrgänge an die Universitäten drängen, nachdem die Gymnasialzeit in Deutschland von neun auf acht Jahre verkürzt wurde, könnte erst die grosse Flutwelle auf Österreichs Universitäten zurollen. NZZ am Sonntag, 1. November 09, S. 5
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Staatsdefzitverfahren der EU-Kommission Da im Zuge der Krise die Mehrheit der EU-Staaten die EU-Obergrenze für das Staatsdefizit von 3% des Bruttoinlandprodukts überschreitet, sind inzwischen gegen 20 Staaten Defizitverfahren hängig. In 13 dieser Fälle hat die EU-Kommission am 11. November 09 in Abhängigkeit von den jeweiligen nationalen Umständen Fristen vorgeschlagen, innerhalb deren die Defizitsünder die Fehlbeträge reduzieren und die 3%-Limite wieder einhalten sollen. Die Vorschläge müssen nun noch vom EU-Finanzminister-Rat (Ecofin) an seiner nächsten Sitzung Anfang Dezember gutgeheissen werden.
In 9 Fällen geht es um die erstmalige Setzung einer Frist im Rahmen neuer, im Oktober 09 eingeleiteter Verfahren (NZZ 8. 10. 09). 2 dieser Staaten, Italien und Belgien, will die Kommission nur bis 2012 Zeit zur erneuten Einhaltung der 3%-Liffiite geben. Sie begründete dies einerseits mit den relativ geringen Defiziten der beiden Länder, anderseits aber mit ihrer hohen, rasch steigenden Verschuldung und der damit verbundenen Zinslast. Die übrigen Staaten sollen bis 2013 Zeit erhalten. Wie Belgien und Italien müssten die meisten von ihnen 2010 mit der Konsolidierung beginnen. Nur Deutschland, die Niederlande und Österreich haben laut Kommission dank einer relativ guten Ausgangslage Spielraum, um ihre Konjunkturprogramm planmässig fortzuführen und erst 2011 mit der Konsolidierung anzufangen.
Weiter hat die Brüsseler Behörde 5 jener 11 Staaten überprüft, gegen die bereits früher Defizitverfahren eröffnet worden sind. Bei ihnen allen zeigte sich, wenig überraschend, dass sie die ursprünglichen Konsolidierungs-Vorgaben nicht werden einhalten können. Im Falle von Frankreich, Irland, Spanien und Grossbritannien kam die Kommission aber zum Schluss, dass dies nicht an ungenügenden Anstrengungen liege, sondern an der unerwartet schlechten Konjunkturentwicklung. Diese 4 Staaten sollen deshalb wie im Stabilitätspakt vorgesehen je ein Jahr mehr Zeit für die Konsolidierung erhalten, so dass die Fristen neu zwischen 2013 und 2014/15 enden würden. Weil allerdings auch ihre Defizite höher sind als erwartet, wird der jährliche Defizitabbau trotzdem grösser sein müssen als ursprünglich verlangt.
In Griechenland hingegen, das nach dem jüngsten Regierungswechsel die Defizitzahlen stark nach oben korrigiert hat, liegt die Verschlechterung vor allem daran, dass die Behörden keine „ausreichenden“ Abhilfemassnahmen ergriffen haben. Deshalb hat die Kommission in diesem Fall (noch) keine neue Frist vorgeschlagen, sondern dem Ecofin empfohlen, zunächst festzustellen, dass Athen die Vorgaben nicht erfüllt habe. Dies würde zu einer Verschärfung des Verfahrens führen. NZZ, 12. November 09, S. 29
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EU-Anschlag auf regionale Kreisläufe Die EU-Kommssion überlegt sich eine Klage gegen Österreich, weil in oberösterreichischen Spitälern Milch aus der Region verabreicht wird. Die Krankenhäuser des Landes OÖ werden von der ausgelagerten Gesellschaft GESPAG verwaltet. Diese hat im Jahr 2008 erstmals den Bedarf an Frischmilch und Milchprodukten (Butter, Joghurt, etc.) europaweit ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielten allerdings fast ausschließlich regionale Versorger. Was nicht wundert, wenn man berücksichtigt, daß in der Ausschreibung z. B. die Einhaltung bestimmter Lieferintervalle – täglich frisch – ausbedungen wurden. In diesen Bedingungen erkennt der EU-Gerichtshof mitunter eine Behinderung des freien Warenverkehrs und die EU-Kommission prüft deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich. Für Turbulenzen in OÖ sorgte vor wenigen Wochen das Faktum, daß das Bundesheer einen Teil seiner Milchprodukte aus Deutschland importiert. „Alle, die sich aus ökologischen und sozialen Gründen für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe einsetzen, müssen erkennen, eine derartige Orientierung läßt sich nur gegen das EU-Binnenmarktregime entwickeln.“, meint dazu Boris Lechthaler von der Werkstatt Frieden&Solidarität. Werkstatt-Rundbrief, November 09, 25/2009.
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Jean-Pierre Roth – Vorteile einer eigenständigen Währung Der abtretende Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank äusserte sich am 28. November 09 in der NZZ zu den Möglichkeiten einer eigenständigen Währungspolitik. Es folgen ein paar Zitate.
„Die Konsolidierung [nach der Finanzkrise] wird eine riesige Last für die Wirtschaft sein, besonders in Europa, Ich bin tief überzeugt, dass Europa deutlich geschwächt aus dieser Krise herauskommen wird [..]. Wenn man sieht, wie stark viele Länder verschuldet sind, dass die Finanzierung der Altersvorsorge nicht gelöst ist, die Gesundheitskosten steigen, die Arbeitslosigkeit hoch bleiben wird, sind riesige Spannungen absehbar – erst recht mit Blick auf den Maastricht-Vertrag.“
„Die Krise hat die Notenbanken gezwungen, zusammenzuarbeiten. Das hat gut funktioniert. Wir kennen uns gut, wir haben einen guten intellektuellen Austausch. Beispielsweise waren wir bei der Vorbereitung des UBS-Pakets im Dialog mit Grossbritannien und den USA. Das Financial Stability Board ist ein gute Sache. Wir Schweizer haben alle Interesse, dass das internationale Finanzsystem stabil ist. Es wird für uns mit unseren zwei Grossbanken sehr schwierig, wenn etwas schief geht. Eine effiziente internationale Zusammenarbeit ist gut für uns. Da spüre ich überhaupt nicht einen Verlust von Autonomie“.
„Wir konnten in der Krise eine andere Politik fahren als die EZB. Wir haben bei der Steuerung des Libor eine andere, für die Schweiz bessere Politik implementiert. Wir haben auf unserem Kreditmarkt die Zinsen unter Kontrolle gehalten, während in Europa die Zinsen gestiegen sind. Wir haben die Unabhängigkeit in der Krise nicht verloren. Wir haben aber in vieler Hinsicht Solidarität gezeigt, etwa, bei der Unterstützung des IMF und dessen Finanzierung oder bei der Zusammenarbeit der Notenbanken zur besseren Versorgung der Märkte mit Dollars. Wenn Koordination die bessere Lösung ist, sind wir dabei.“
„Solange der Franken die bessere Dienstleistung für die Schweizer Wirtschaft erbringt als der Euro, ist der Schweizerfranken für unsere Wirtschaft ein positiver Faktor. Wir haben tiefere Zinsen und eine tiefere Inflation. Wenn wir höhere Zinsen und höhere Inflation wollen, sollten wir dem Euro beitreten. Das hat sich in den letzten zehn Jahren nicht geändert. Man hätte vor zehn Jahren erwarten können, dass vielleicht mit der Zeit die Zinsdifferenz verschwinden würde, dass vielleicht gleichzeitig die Inflationsdifferenz verschwinden würde, aber so war es nicht. Die Realität ist, dass wir keinerlei Anreize haben, beizutreten, weil wir eine bessere Performance haben.“ NZZ, 28. November 09, S. 37
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Tories begraben EU-Referendum Das tschechische Ja zum EU-Vertrag von Lissabon hat die Führung der britischen Konservativen in eine schwierige Lage versetzt. Parteichef David Cameron hat seit mehr als zwei Jahren einen zähen Kampf gegen Labour mit dem Versprechen geführt, ein Referendum über den Lissabon-Vertrag zu ermöglichen, sollten die Tories an die Macht kommen. Nun steht fest, dass der Vertrag, zu dem die britische Regierung ohne Konsultation der Bevölkerung längst ihre Zustimmung gegeben hat, bereits Anfang Dezember 09 in Kraft treten wird. Cameron fand sich in der unangenehmen Situation wieder, Teile seiner Wählerbasis enttäuschen und seine eigene Machtlosigkeit eingestehen zu müssen.
Cameron hat den Rückschlag am 4. November 09 in einer Rede in Westminster offen eingestanden. Er erklärte, die Kampagne der Konservativen für ein Referendum sei vorbei, denn wenn sie im Frühjahr an die Macht kommen sollten werde Lissabon kein Vertrag mehr sein, sondern bereits EU-Recht. Um sich und die Parteibasis mit der widrigen Realität zu versöhnen, musste Cameron einen Plan B vorlegen, den die Konservativen bisher stets im Dunkeln gelassen hatten. Er präsentierte am Mittwoch ein Drei-Punkte-Programm zur Sicherung und Rückführung der stetig abbröckelnden Souveränität des Inselstaats. Erstens will er – einmal an der Regierung – gesetzlich festlegen, dass jeglicher künftige EU-Vertrag, der zur Abtretung von Souveränitätsrechten führen könnte, dem Volk vorgelegt werden muss. Zweitens will er während der nächsten Legislaturperiode versuchen, durch Verhandlungen mit den EU-Staaten Ausnahmeregeln in einzelnen Rechtsbereichen zu erreichen. Diese sollen beim Sozial- und Arbeitsrecht, bei der Strafgerichtsbarkeit sowie bei den Grundrechten liegen. Drittens Will Cameron mit einem Souveränitäts-Gesetz klarstellen, dass das neu geschaffene Oberste Gericht in London ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Grenzen festlegen kann, die zum Schutz der (ungeschriebenen) Verfassung nicht überschritten werden können.
Viele Kommentatoren waren in ersten Reaktionen skeptisch, ob die drei Forderungen jemals eine wirksame Form annehmen könnten. Cameron gestand die Schwierigkeiten ein, beharrte aber darauf, sein Plan sei realistisch, vernünftig und erreichbar. Mehr dürfte zunächst gar nicht möglich sein, um die Glaubwürdigkeit der Konservativen einigermassen zu wahren. NZZ, 5. November 09, S. 5
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Zweidrittelmehrheit für den Volksentscheid in Deutschland Eine Zweidrittelmehrheit für den Volksentscheid, so könnte man meinen, wenn man auf das Ergebnis der Bundestagswahl blickt. Sowohl aus CSU wie FDP gab es deutliche Äußerungen für den Volksentscheid. Michael Efler vom Bundesvorstand erklärt die Positionen der Parteien und dass es jetzt darauf ankommt, aktiv zu werden... Wie schätzst du das Wahlergebnis ein? Ergeben sich durch das gute Abschneiden der FDP neue Chancen für den Volksentscheid?
Auf jeden Fall hat die FDP durch ihr Rekordergebnis ein größeres Gewicht bei den Koalitionsverhandlungen. Und in der Vergangenheit haben sich führende Vertreter der Partei für Volksentscheide eingesetzt und diese Forderung in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Die FDP wollte sogar eine Abstimmung über die EU-Verfassung. Es bleibt abzuwarten, ob sie ihr neues Gewicht auch für diese Frage einsetzt.
Dabei könnte sie in der CSU Verbündete finden...
... Parteichef Seehofer wurde von der Bildzeitung gefragt, welche drei Dinge er ändern würde, wenn er die alleinige Verantwortung trüge. Eins davon war die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheid. Das war eine überraschende Äußerung, denn die Beschlusslage der CSU sieht lediglich Volksentscheide bei EU-Themen vor. Nun hat die CSU bei der Wahl in Bayern ein sehr schlechtes Ergebnis gehabt. Beim Thema Volksentscheid könnte sie nun endlich mal einen eigenen Akzent setzen. Dies ginge aber nur gegen die CDU. Ob sie dazu den Mut haben wird. Wie hat sich den die CDU in dieser Frage geäußert?
Nun ja, es gab im Vorfeld die Aktion „Seit über sechzig Jahren verhindert die CDU den bundesweiten Volksentscheid“. Die bringt es leider auf den Punkt – die Parteispitze der CDU hat die Einführung der Volksabstimmung immer abgelehnt. Dabei gibt es unter den CDU-Wählern eine Mehrheit für den Volksentscheid. Das belegen verschiedene Umfragen. Immerhin haben sich aber 27 CDU-Direktkandidaten auf www.volksentscheid.de für bundesweite Volksbegehren und Volksentscheide ausgesprochen.
Bald schon werden die Koalitionsverhandlungen starten. Siehst du eine Chance für den Volksentscheid?
Es steht zu erwarten, dass nun relativ zügig die Verhandlungen beginnen. Nun ist es wichtig, wach zu bleiben und im entscheidenden Moment die Stimme zu erheben, um das Thema auf die politische Tagesordnung zu bringen. Mehr Demokratie wird sich entsprechend einbringen. Ich hoffe, dass uns möglichst viele Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen. http://www.mehr-demokratie.de/wahlausgang.html?&no_cache=1&sword_list[]=Volksentscheid, konsultiert am 20. November 09
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Propagandistische Äusserungen des EU-Botschafters Reiterer In der NZZ am Sonntag vom 15. November 09 gab der EU-Botschafter Reiterer ein paar propandistische Äusserungen von sich „Und das demokratische Element wird [durch den Vertrag von Lissabon] gestärkt. Das Europäische Parlament hat künftig praktisch überall ein Mitbestimmungsrecht. Auch die nationalen Parlamente bekommen gewisse Rechte. Und es gibt neu die Bürgerinitiative, mit der die Kommission verpflichtet werden kann, einen bestimmten Gesetzesentwurf einzubringen“.
Dazu gibt es einiges zu sagen: Die angeblich zusätzlichen Rechte der nationalen Parlamente verpflichten die EU-Kommssion zu nichts (s. Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, ARTIKEL 7 (Vertrag von Lissabon): (1) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission sowie gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihnen vorgelegt wurde, berücksichtigen die begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer der Kammern eines dieser Parlamente. Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen, die entsprechend dem einzelstaatlichen parlamentarischen System verteilt werden. In einem Zweikammersystem hat jede der beiden Kammern eine Stimme.
(2) Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen, wonach der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 zugewiesenen Stimmen, so muss der Entwurf überprüft werden. Die Schwelle beträgt ein Viertel der Stimmen, wenn es sich um den Entwurf eines Gesetzgebungsakts auf der Grundlage des Artikels 61i des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts handelt. Nach Abschluss der Überprüfung kann die Kommission oder gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihr beziehungsweise ihm vorgelegt wurde, beschließen, an dem Entwurf festzuhalten, ihn zu ändern oder ihn zurückzuziehen. Dieser Beschluss muss begründet werden.“ Die angeblichen Rechte der nationalen Parlamente sind kompliziert und unverbindlich.
Es ist unzutreffend, dass durch die „Bürgerinitiative“ die Kommission verpflichtet werden kann, einen bestimmten Gesetzesentwurf einzubringen. Im Vertrag von Lissabon heisst es in ARTIKEL 8b „(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Europäische Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen“. Die „Bürgerinitiative“ ist damit gemäss Vertragstext nichts als ein Petitionsrecht und verpflichtet die EU-Kommission zu gar nichts. Max Haller (Die Europäische Integration als Elitenprozess, S. 493) bringt es auf den Punkt: „Der Eindruck, den man von diesem neuen »demokratischen Recht« erhält ist, dass es sehr gut zum Image der EU als einem aufgeklärten, aber in der Tat wenig demokratischen Obrigkeitsstaat passt, deren politischen Lenker durchaus offen sind für die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Untergeordneten, aber selbst entscheiden, ob und in welcher Form diese erfüllt werden sollen oder nicht“.
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