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Kurzinfos 2/96

Europa-Magazin Kurzinfos



Mehr Demokratie in Deutschland

Die Mitglieder der Bewegung ,Mehr Demokratie", die sich für die Einführung der direkten Demokratie in Deutschland einsetzen, haben nach dem Erfolg von ,Mehr Demokratie in Bayern" ihre Mitgliederzahlen verdoppeln können. In den nächsten fünf bis sieben Jahren will die Gruppierung nun direkte Demokratie durch eine Kampagne in ganz Deutschland zur Diskussion stellen. Ziel ist die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. Wir wünschen ,Mehr Demokratie" viel Erfolg (,Mehr Demokratie" gibt die ,Zeitschrift für Direkte Demokratie" heraus, Fritz-Berne-Strs. 1, 81241 München).


Brüsseler Demokratieverständnis

Brüsseler Bürokraten nehmen Demokratie vor allem als Risiko wahr. So äusserte sich der EU-Kommissar van den Broek in der Weltwoche wie folgt: ,Wenn wir das demokratische Risiko reduzieren können, wird es einfacher, eine Lösung zu finden". Für solchen Klartext bedanken wir uns (Weltwoche, 11. 4. 96).


Österreichs Bauern unter Anpassungsdruck

Die österreichische Landwirtschaft zählt zu jenen Wirtschaftsbereichen, welche die Folgen des EU-Beitritts unmittelbar zu spüren bekommen haben. Wie zu erwarten war, sind die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse stark zurückgegangen: für pflanzliche Agrarprodukte um gut 20%, für Produkte aus der Tierhaltung um rund 23% und für Milch um einen Drittel. Von den niedergerissenen Agrarschutzwällen haben die Konsumenten hingegen kaum profitiert: Der Rückgang der Agrargüterpreise betrug im Detailhandel nur 1,7% (NZZ. 30. 5. 96).


"Flexiblere" Militäreinsätze

An ihrer Frühjahrstagung in Berlin haben die Nato-Aussenminister die Voraussetzungen für flexiblere Militäreinsätze ausserhalb des Bündnisgebietes geschaffen. Dazu wurde das Konzept der ,Combined Joint Task Forces (CJTF)" beschlossen. Ein CJTF-Kommando wird in Fällen gebildet, wo NATO- und Nicht-NATO-Einheiten für Friedensoperationen ausserhalb des Bündnisgebietes zum Einsatz kommen. Eine solche CJTF kann auch für Einsätze unter Leitung der Westeuropäischen Union (WEU) zur Verfügung stehen (NZZ.4. 6. 96). Die Parlamentarische Versammlung der WEU hat in Paris das Communiqué der NATO zum Anlass genommen, einen Ausbau der militärischen Kapazitäten der WEU zu fordern. Mit Befriedigung wurde zur Kenntnis genommen, das nicht nur das Prinzip gemeinsamer Streitkräftekommandos (CJTF), sondern auch die Zuständigkeit der WEU für begrenzte Operationen in europäischem Namen ausserhalb des NATO-Gebietes anerkannt wurde (NZZ. 7. 6. 96).


Übergang zu Auslandeinsätzen

Das mittelfristige französische Militärprogramm für 1997 bis 2002 sieht strategische Umstrukturierungen für die Armee vor, namentlich den Übergang zu einem auf Auslandeinsätzen spezialisierten Berufsheer. Damit die Welt (vor allem die afrikanische) auch im nächsten Jahrhundert an europäischem Wesen genesen kann (NZZ. 15. 5. 96).


Neutralitäts-Volksbegehren in Österreich

In Österreich wurde von der Bürgerinitiative ,Nein zur EU" ein Volksbegehren zur Wahrung der Neutralität lanciert. Das Volksbegehren verlangt, dass Verhandlungen über den Beitritt zu supranationalen Organisationen oder Bündnissen, die eine gemeinsame Verteidigungspolitik betreiben oder anstreben, nur auf Grund einer vorhergegangenen Volksabstimmung geführt werden dürfen. Mit diesem Volksbegehren - das rechtlich eher eine Petition als ein wirkliches Volksbegehren darstellt - wollen die Initianten der Regierung in sicherheitspolitischer Hinsicht die Hände binden. Die ÖVP dringt seit etlicher Zeit auf grössere ,Solidarität" - wie neuerdings die militärische Blockbildung der reichen Industrieländer genannt wird. Diese ,Solidarität" könnte laut ÖVP die Gestalt eines Beitritts Östereichs zur Westeuropäischen Union oder gar zur NATO annehmen (NZZ. 19. 3. 1996).


Entwicklungspolitische Kritik

Der Bundesrat ersucht die eidgenössichen Räte um die Eröffnung eines fünften Rahmenkredites im Umfange von 960 Millionen Franken, der es erlauben soll, während mindestens vier Jahren neue finanzielle Verpflichtungen zur Weiterführung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen in den Entwicklungsländern einzugehen. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Swissaid/Fastenopfer/Brot für alle/Helvetas/Caritas wird mit einzelnen Teilen des neuen entwicklungspolitischen Rahmenkredits des Bundes das Gebot, die Hilfe zugunsten der ärmeren Länder und Bevölkerungsschichten zu verbessern, völlig missachtet. Zu einem Teil handle es sich um einen Kampffonds für die Schweizer Exportwirtschaft, der in einem Entwicklungshilfekredit nichts zu suchen habe. Abzulehnen sei auch die ohne Bedarfsnachweis beantragte Erhöhung der Ausfallgarantien für die Exportrisikogarantie von 100 auf 200 Millionen Franken. Damit werde auch versucht, über den einkalkulierten Abbau der effektiven Auszahlungen hinwegzutäuschen. Die Hilfswerke fordern statt dessen einen Ausbau der Zahlungsbilanzhilfe (NZZ. 30. 5. 96).


EU-Schokolade

Die EU-Kommision schlägt vor, dass Kakaobutter bei der Schokoladeherstellung bis zu 5% durch andre Pflanzenfette ersetzt werden könne. Damit ist sie auf heftige Kritik gestossen. Entwicklungspolitiker sehen einen Rückgang des Kakaoverbrauchs um 80 000 bis 200 000 t, einen heftigen Preisverfall und dramatische soziale Konsequenzen für Länder wie Ghana voraus, deren Export zum überwiegenden Teil vom Kakao abhängt. Auch EU-Mitgliedländer, wie die Niederlande, die in Amsterdam den grössten Kakoeinfuhrhafen der Welt besitzen, wehren sich gegen die Verfälschung der Schokolade (NZZ. 19. 4. 96).


Kroatien im Europarat

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat am Mittwoch der Aufnahme Kroatiens als 40. Mitglied des Europarats trotz erheblicher Bedenken zugestimmt. Die Entscheidung fiel unter der Voraussetzung, dass Zagreb in den nächsten drei Jahren 26 konkrete Auflagen erfüllt. Ausschlaggebend für die Zustimmung des Plenums waren schliesslich die Sozialisten und die Christlichdemokraten, die den umfassenden Zusagen der Regierung und des kroatischen Parlaments vertrauten. Einzig die Vereinigte Linke blieb bei ihrer ablehnenden Haltung, der sich auch die britischen Labourabgeordneten und manche Liberale anschlossen (NZZ. 25. 4. 96). Kroatiens Präsident übte nach der anfänglichen Weigerung des Europarats, Kroatien aufzunehmen, Kritik an dieser Institution. Kroatien gehöre aus der Sicht der Regierung in Zagreb als römisch-katholisches Land zum Kreis der westeuropäischen Zivilisation, nicht zu Osteuropa und dem Kreis der Orthodoxen (NZZ. 28. 5. 96).


Sanktionsmöglichkeiten im Europarat

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat in ihrer Frühjahrsitzungswoche die Möglichkeit zu kurzfristigen Sanktionen gegenüber Mitgliedstaaten geschaffen, die ihren beim Beitritt eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommen. Einstimmig sprach sich die Versammlung dafür aus, dass die Parlamentarier eines Landes, das die Grundprinzipien der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte verletzt oder aber die Zusammenarbeit bei der Überprüfung seiner beim Beitritt eingegangenen Verpflichtungen verweigert, von den Beschlüssen oder der gesamten Arbeit der Versammlung ausgeschlossen werden können. Das Ministerkomitee kann in Form einer Empfehlung aufgefordert werden, die Mitgliedschaft des Landes auf bestimmte Zeit ruhen zu lassen oder ganz zu beenden (NZZ. 24. 4. 96).


Ständiger internationaler Strafgerichtshof

Die Ereignisse im früheren Jugoslawien und in Ruanda verstärkten den Druck der öffentlichen Meinung bezüglich der Schaffung eines ständigen internationalen Strafgerichts-hofes. Die Uno-Völkerrechtskommission (ein Organ der Generalversammlung) arbeitete deshalb einen entsprechenden Entwurf aus. Eine gewisse Zurückhaltung übten bisher zwei Grossmächte - die USA und Grossbritannien - sowie Japan. Dazu gesellten sich einige Entwicklungsländer, die dem gesamten Prozess der Stärkung des humanitären Völkerrechts skeptisch gegenüberstehen und die Errichtung eines ständigen Strafgerichtshofs als eine Erfindung des Westens zur weiteren Einschränkung ihrer Hoheit zur Rechtfertigung von Einmischungen in lokale Konflikte ansehen. Der von der Kommission ausgearbeitete Entwurf soll im Laufe des Jahres einer vorbereitenden Kommission und anschliessend einer Staatenkonferenz vorgelegt werden (NZZ. 2./3. 3. 96).


Niederländische Gefängisse in Übersee

Der Europarat hat die unmenschlichen Haftbedingungen in einem Gefängnis auf der niederländischen Antillen-Insel Curacao angeprangert. Die Europaratsvertreter fanden nach eigenen Angaben in den 22 Quadratmeter grossen, von Ratten und Küchenschaben wimmelnden Zellen bis zu 20 eingepferchte Gefangene vor. Auch Isolationshaft bis zu einem Jahr sei in dem Gefängnis üblich. Erst auf Drängen des Antifolterkomitees seien einige besonders archaische Sanktionen abgeschafft worden, wie das Festschnallen von Häftlingen mit eisernen Fussschnallen oder ihre Isolation in Kerkern bei Wasser und Brot - wie ,Europa" am Ende des 20. Jahrhunderts seine Kolonien behandelt! (NZZ. 19. 1. 96).


Britische Blockade

EU-Vertreter geben der Britischen Blockade von EU-Entscheidungsprozessen wenig Bedeutung. Ausserhalb der EU-Regierungskonferenz würden nämlich nur noch selten Entscheidverfahren angewendet, die Einstimmigkeit erfordern (NZZ. 28. 5. 96).


Minderheitenschutz

Abgeordnete aus den Parlamenten der 38 Mitgliedstaaten des Europarats (Januar 96) haben in einer Debatte über die Minderheitenpolitik den Vorwurf an einzelne Mitgliedstaaten gerichtet, die Anwendung der Rechtsmittel zum Minderheitenschutz zu verzögern oder ganz aufs Spiel zu setzen. Sie forderten die Regierungen in einer Entschliessung auf, die vom Europarat entwickelten Vetragstexte durch umgehende Ratifizierung in Kraft zu setzen. Vor allem am Widerstand von Ländern wie Frankreich, Griechenland und der Türkei, die als zentralistische Staaten die Existenz von Minderheiten ignorieren, scheiterten bis 1993 alle Versuche, zu Schutzrechten für Minderheiten zu gelangen. 1993 wurde unter dem Eindruck der Ereignisse in Osteuropa mit den Minderheitsrechten vorwärts gemacht. Es kam zur Ausarbeitung von Rahmenverträgen, die von den meisten Staaten ratifiziert wurden. Zu einem Skandal gerieten aber die Arbeiten der bis Ende 1994 geplanten Fertigstellung des Zusatzprotokolls für kulturelle Rechte. Die Arbeiten sind Ende letztes Jahr faktisch eingestellt worden. Die erabeiteten Papiere sollen nun veröffentlicht werden. Verantwortlich für die blockierte Situation: Frankreich, Grossbritannien und die Türkei (NZZ. 25. 1. 96).


Formen der Isolation

Der Bundesrat hat im Januar den Bericht über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat 1995 verabschiedet. Die Schweiz hat auch 1995 Projekte des Europarats mit freiwilligen Beiträgen unterstützt. Sie waren für eine Einrichtung zur Ausbildung der Richter in Albanien, für ein Fernsehprogramm für die russischsprachige Bevölkerung in Estland, für eine Schule für Kaderleute in Politik und Verwaltung in Moskau sowie für ein Projekt zur Ausstattung russischer Bibliotheken mit Menschenrechtsliteratur bestimmt (NZZ. 25. 1. 96). c


Kommissionsvorschläge zur EU-Regierungskonferenz

Die EU-Kommission präsentierte Ende Februar ihre Vorschläge zur Reform der EU-Verträge. Laut der Kommission stellt Maastricht II die letzte Gelegenheit dar, im Kreis von nur 15 Mitgliedstaaten die weitere Entwicklung der EU zu planen und durch einen flexibleren Grundriss sicherzustellen, dass mit der Erweiterung kein politischer Selbstmord verübt wird. Die Regierungskonferenz müsse deshalb (1) verhindern, dass die Institutionen durch neue Mitglieder aufgebläht werden, (2) sicherstellen, dass vom Einstimmigkeitsprinzip Abschied genommen wird und (3) dafür sorgen, dass das Integrationstempo nicht vom langsamsten bzw. störrischsten Mitglied vorgegeben wird. Konkret soll die Mitgliederzahl im EU-Parlament auf 700 beschränkt werden. Allenfalls sei auch die Stimmengewichtung im Ministerrat anzupassen. Mittels des doppelten Mehrs könnte grössere Rücksicht auf die Mehrheit der Unionsbevölkerung genommen werden. Pro Mitglied soll nur mehr maximal ein Kommissar nach Brüssel entsandt werden. Für grundsätzliche Fragen, etwa der Aussenpolitik, befürwortet die Kommission eine besonders qualifizierte Mehrheit. Diese sollte auch bei EU-Vertragsänderungen Geltung haben, die nicht Verfassungscharakter haben (NZZ. 29. 2. 96).


EU-Parlament für mehr Mehrheitsentscheide

Die Positionen des EU-Parlamentes bezüglich der EU-Regierungskonferenz liegen nahe bei denen der EU-Kommission. In seiner Entschliessung setzt sich das Parlament für acht wesentliche Zielsetzungen ein: für eine klare Definition der europäischen Staatsbürgerschaft; für wirksamere Antworten auf die Sorgen der Bürger über Mängel bei der inneren Sicherheit; für die Entwicklung der sozialen und der ökologischen Dimension und der Beschäftigungspolitik; für die Stärkung der außenpolitischen Rolle der EU; für grössere Offenheit und Transparenz in den EU-Gesetzgebungsverfahren; für entscheidende Fortschritte bei der Handlungsfähigkeit durch Mehrheitsentscheidungen; für die wirksame Bekämpfung von Betrügereien bei der Verwendung von Gemeinschaftsgeldern sowie für einen vereinfachten und verständlichen Vertrag (NZZ. 14. 3. 96).


Betrugsbekämpfung

Das EU-Parlament befürwortet den langfristigen Aufbau einer gemeinsamen Zollverwaltung in der EU, um eine wirkungsvollere Betrugsbekämpfung bei der Zollabrechnung zu erreichen. Vorerst sollen im Aktionsprogramm ,Zoll 2000" eine engere Vernetzung der nationalen Zollverwaltungen durch die Einrichtung einer europäischen Zollakademie zur gemeinschaftlichen Ausbildung von Zollbeamten der EU erreicht werden. Der Berichterstatter zum Aktionsprogramm, der deutsche Christdemokrat Karl von Wogau erklärte, das Ziel eines Binnenmarktes sei erst dann erreicht, wenn mit dem gemeinsamen Schutz der Aussengrenzen auch eine völlige Öffnung der Binnengrenzen einhergehe. Wogau schlug die Einführung des Begriffs ,Heimatmarkt" vor, um zu verdeutlichen, dass die weitere Entwicklung zu einem gemeinsamen Markt eine wirklich neue Stufe darstelle (NZZ. 18. 4. 96).


Brüsseler Manna gegen EU-Skepsis

Um den Schweden ihren EU-Blues aufzuheitern, will Brüssel einen Plan für die Entwicklung der Westregionen des Landes ausarbeiten. Die Schweden der Provinzen Bohuslän, Värmland, Skaraborg, Alvsborg und Halland blicken mit Neid zu ihren norwegischen Nachbarn, denen es trotz Fernbleiben von der EU blendend geht. Im vergangenen Winter beklagte die Wirtschaft von Göteborg stagnierende Verkäufe, einen kriselnden Immobiliensektor und steigende Arbeitslosigkeit. Brüssel möchte die Westschweden nun davon überzeugen, aus ihrer ,Region" ein ,europäisches Schaufenster" für den Rest Schwedens zu machen. Dazu sollen Investoren aus der EU angelockt werden. In Hinblick auf das ,Europa der Regionen" sollen die bestehenden Provinzen auch administratif verflochten werden (Journal de Genève, 24. 4. 96).


Nachwehen des Reinheitsgebots

Am 12. März 1987 urteilte der EU-Gerichtshof, dass das deutsche Importverbot von Bier, das dem deutschen Reinheitsgebot nicht genügte, mit dem EU-Recht nicht vereinbar sei. Eine elsässische Bierbrauerei reklamierte daraufhin Schadenersatzpflicht. Zwischen 1981 und 1987 hätte sie durch das faktische Importverbot Deutschlands einen Schaden von 1,8 Mio. DM erlitten. Der EU-Gerichtshof stellte fest, dass EU-Staaten auch dann schadenersatzpflichtig werden, wenn der ihnen zur Last gelegte Verstoss dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben ist. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden, die durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, könne nicht auf Schäden beschränkt werden, die nach dem Erlass eines Urteils eingetreten sind, sondern erstreckten sich auch auf die Schäden, die vorher verursacht worden seien. Mit dem Urteil des EU-Gerichtshofes, wonach der gesetzgebende Staat unter bestimmten Voraussetzungen für Schäden haftet, die dem Einzelnen durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, bleibt das Gericht auf der Linie eines Urteils von 1991. Damals (Rechtssache Fancovich), hatten die Richter entschieden, dass der Staate, der eine EU-Richtlinie nicht rechtzeitig umsetze, schadenersatzpflichtig werde, wenn einem Einzelnen dadurch ein Schaden entstehe (NZZ. 6. 3. 96).


Lobbying-Regelung gescheitert

Die Zahl der Interessenvertreter beim EU-Parlament übertrifft die Zahl der Abgeordneten um ein Vielfaches. Das EU-Parlament hat in einem neuen Anlauf vergeblich versucht, die Tätigkeit von Lobbyisten zu regeln (beratende Leistungen, Zuwendungen und Geschenke!). Ein britischer Mineralölkonzern allein beschäftigt in Brüssel 400 Mitarbeiter zur Wahrnehmung seiner Interessen. Um diesen Andrang zu kanalisieren, wurde vom Gechäftsordnungsausschuss des Parlaments eine Vorlage erarbeitet: ein Ausweis für den Zutritt zum Parlament hätte zur Pflicht werden sollen. Die Interessenvertreter hätten ihn unter der Voraussetzung erhalten, dass sie sich zur Einhaltung der Verhaltensregeln verpflichtet hätten. Dazu hätte die kostenpflichtige Eintragung in ein öffentlich zugängliches Register gehört, in dem hätte angegeben werden müssen, für wen wer auf welchen Gebieten tätig ist. Zudem hätte bei der Verlängerung des nur zwölf Monate gültigen Ausweises ein Bericht mit einer Auflistung aller Kontakte im Parlament verlangt werden sollen, sowie Belege aller erbrachten Leistungen oder Zuwendungen, die 1500 sFr überstiegen hätten. Diesbezüglich war ein Streit programmiert, da in manchen Ländern bereits kleinste Zuwendungen als Bestechung gelten. Im EU-Beamtenstatut sind aber Geschenke durchaus erlaubt. Nachdem Sozialisten und Christlichdemokraten in Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten die vom Geschäftsordnungsausschuss des Parlamentes erarbeiteten Vorlage ihres eigentlichen Sinns völlig entleert hatten, blieb als einziger Ausweg die Rückweisung in den Ausschuss. Zurück blieben gegenseitige Schuldzuweisungen mit Vorwürfen wie Schizophrenie, Kapitulation vor den Interessengruppen bis hin zu Manipulationsversuchen gegenüber der Öffentlichkeit (NZZ. 20./21. 1. 96).


Entsenderrichtlinie für 1999?

An einem Treffen vom 3. 6. 1996 erklärten sich die EU-Arbeitsminister bereit, 1999 in ihren Staaten sogenannte Entsende-Gesetze einzuführen. Dieser Beschluss, der gegen britischen und portugiesischen Widerstand fiel, hat zum Ziel, dass für entsandte Arbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen wie für die ,einheimischen" gelten sollen. Dabei wurde ein italienischer Kompromissvorschlag gutgeheissen, der eine Schwellenfrist von bis zu einem Monat vorsehen kann und in einer Öffnungsklausel den Sozialpartnern erlaubt, Ausnahmen für Arbeiten von geringerem Umfang einzuführen. Der deutsche Arbeitsminister Blüm schöpfte im Anschluss an die Sitzung neue Hoffnung für ein in Deutchland geplantes Entsendegesetz, das mittlerweile wegen Opposition diverser Arbeitgeberverbände auf Eis liegt. Durch die eventuelle Einführung der Entsenderrichtlinie wird die Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt teilweise rückgängig gemacht. Die konkurrenzschwächeren Länder werden auf die Dauer versucht sein, im Gegenzug den Marktzugang für Güter und Dienstleistungen zu erschweren (NZZ. 4. 6. 96; Pressedienst SGB, Nr. 12, 96).


Konkurrenzfähige Schweizer Industrie

Eine Studie der IBM Schweiz und der Lausanner Managementschule IMD kommt zum Schluss, dass die Schweizer Industrie sehr wettbewerbsfähig ist. Werden der Einsatz moderner Managementmethoden und Produktionstechniken und der dadurch erreichte Lesitungsgrad (messbar etwa in Durchlaufzeiten, Fehlerraten und Kundenzufriedenheit kombiniert), erreichen nicht weniger als 75 % der Schweizer Unternehmen Spitzenwerte - in den vier anderen Ländern Grossbritannien, Deutschland, Holland und Finnland nur 50% (Tagesanzeiger, 27. 2. 96).


EU-Kommission gegen Öko-Steuern

Die EU Kommission hat sich gegen die Einführung von Öko-Steuern als Mittel des Umweltschutzes gewandt. In einer Stellungnahme zum Thema Umwelt und Handel hiess es, der Schutz der Umwelt und die Liberalisierung des Welthandels seien gleichrangige Ziele (NZZ. 16. 2. 96).


Bezeichnungsschutz

Eine Serie von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der EU soll in Zukunft nach ihren Ursprungsbezeichnungen geschützt werden (Parmaschinken, Parmesan, spezielle Olivenöle, Süsswaren, usw.). Vorerst wurden 318 landwirtschaftliche Erzeugnisse definiert, die in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen aufgenommen werden. Diese Erzeugnisse dürfen ausschliesslich von Produzenten in einem bestimmten Gebiet nach genau definierten Erzeugungsbedingungen hergestellt werden. Emmentaler gilt dabei als Gattungsbezeichnung, nicht mehr als Ursprungsbezeichnung. Dies hängt nicht damit zusammen, dass die Schweiz nicht EU-Mitglied ist - wie dies von manchen Journalisten dargestellt wurde - sondern ist auf ein früheres Versäumnis der schweizerischen Käsehersteller zurückzuführen. EU-weit geschützt ist statt dessen auf Antrag Frankreichs die Bezeichnung Emmental de Savoy. Vielleicht lässt sich dieBezeichnung ,Emmentaler Emmentaler" schützen! (NZZ.7. 3. 96).


Auslandinvestitionen der Schweiz

Eine Untersuchung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) kommt zum Schluss, dass die Schweiz innerhalb der OECD traditionell die höchste Pro-Kopf-Quote an Auslandinvestitionen stellt. Die von schweizerischen Unternehmen im Jahr 1994 weltweit getätigten Direktinvestitionen beliefen sich auf eine Rekordhöhe von 11 Mrd. Dollar. Gemäss den Aufzeichnungen der OECD investierten schweizerische Unternehmen zwischen 1983 und 1994 insgesamt fast 64 Mrd. Dollar im Ausland. Zu den wichtigsten Destinationen zählten die USA (21,5%), Grossbritannien (9,8%), Deutschland (8,5%) sowie Frankreich (8,6). Aus historischen Gründen finden sich in Lateinamerika (13,9%) weit mehr schweizerische Auslandinvestitionen als etwa in Asien (4,2%). Demgegenüber investierten ausländische Firmen zwischen 1983 und 1994 insgesamt nur 18 Mrd. Dollar in der Schweiz. Die wichtigsten Auslandinvestoren kommen aus den USA (24,2%), Frankreich (18,8%), den Niederlanden (16,7%) und Deutschland (12,0%). Die OECD fordert, um die Auslandinvestitionen zu fördern, die Aufhebung gewisser Schranken gegenüber ausländischem Kapital. Der Bericht geisselt etwa die statutarischen Beschränkungen betreffend die Anerkennung als Aktionär, welche ausländischen Investoren die Übernahme schweizerischer Gesellschaften erheblich erschwerten (NZZ. 3. 5. 96).


Neuenburg floriert

Der Kanton Neuenburg konnte in den letzten 15 Jahren nicht weniger als 500 ausländische Gesellschaften anlocken. Nach dem EWR-Nein war kein Einbruch zu verzeichnen. In den letzten zwei Jahren allein konnten 80 Betriebe angezogen werden. Fancis Sermet von der Neuenburger Wirtschaftsförderung schreibt dies gewissen Vorteilen des schweizerischen Standortes zu: die geographische Lage, die politische Stabilität, die Neigung der Schweizer, Fremdsprachen zu reden, das ,Swiss made". Obwohl die Produktionskosten hoch sind, ist die Produktivität hoch. Gut ausgebildete Arbeitskräfte stellen einen guten Trumpf im Standortwettbewerb dar (Berner Bund, 22. 1. 96; PME Magazine, 9. 95).


SBN-Direktor Rich zur WWU

Georg Rich, Direktor der Schweizerischen Nationalbank (SBN), bekundete anlässlich eines Symposiums am Europa-Institut der Uni Basel (31. 5. 96) seine grundsätzliche Skepsis gegenüber dem angestrebten monetären Schulterschluss, zumal für ihn der wirtschaftliche Nutzen der WWU nicht auf der Hand liegt. Deren Hauptnachteil besteht nach seinen Worten darin, dass die europäische Zentralbank ihre Geldpolitik an den für die WWU als Ganzes geltenden wirtschaftlichen Eckdaten ausrichten muss, also keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der einzelnen Länder und Regionen nehmen kann. Problemlos wäre die ,Globalisierung" der Geldpolitik nur bei hoher wirtschaftlicher Konvergenz, doch diese sei in der EU nur ansatzweise gegeben. Rich meinte, dass die Schweiz längerfristig aus der WWU wirtschaftliche Vorteile ziehen werde, sofern die Europäische Zentralbank wirklich eine stabilitätsorientierte Geldpolitik führen wird: In der kurzen und mittleren Frist dürfte im Urteil Richs die monetäre Integration Europas für die schweizerische Wirtschaft eine Reihe von Problemen aufwerfen. Er erinnerte an die finanzpolitischen Sanierungsbemühungen, die wohl zumindest vorübergehend das Wirtschaftswachstum in Europa bremsten und damit die Exportchancen der Schweizer Industrie beeinträchtigten. Rich sprach sich gegen eine Anbindung des Frankens an die D-Mark bzw. später an den Euro. Die mit einer solchen Anbindung verbundenen Anpassungsprobleme wären nämlich für die helvetische Wirtschaft kaum geringer als die volkswirtschaftlichen Kosten der Wechselkursschwankungen (NZZ. 1./2. 6. 96).


EU-Zinsniveau wäre "katastrophal"

Ein Beitritt der Schweiz zur EU mit anschliessender Übernahme der EU-Einheitswährung würde für die Zinsen und damit die Mieten in der Schweiz eine starke Belastung darstellen. Da innerhalb eines Währungsraumes nur ein Zinsniveau existieren kann und die schweizerische Volkswirtschaft zu klein ist, um die Geldpolitik der EU beeinflussen zu können, müsste die Schweiz zum Beitrittszeitpunkt das in der EU herrschende Zins- und Inflationsniveau übernehmen. Die Realzinsen in der EU liegen erfahrungsgemäss rund 2 Prozentpunkte höher als in der Schweiz. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Hypothekar- und Mietzinse. Zudem wären die durch die Wohnbau- und Eigentumsförderung des Bundes (WEG) finanzierten Projekte betroffen. Beim heutigen jährlichen Förderungsniveau von 3 000 Wohnungen entstünden in 25 Jahren uneinbringliche Forderungen vor 528 Mio. Fr. für jede einzelne Jahresförderungstranche (NZZ.4./5. 5. 96).


EU-Arbeitslosigkeit

In den Ländern der EU sind rund 5,2 Millionen Erwerbspersonen unter 25 Jahren als arbeitslos gemeldet. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft mitteilte, ist damit etwa jeder fünfte Jugendliche in der EU ohne einen Job. Die jungen Frauen und Männer stellen derzeit 28% aller Arbeitslosen (Tagesanzeiger 23.2.96). In der EU beträgt die Arbeitslosigkeit 10,8% oder 18 Millionen Arbeitnehmer (Tagesanzeiger, 17. 5. 96).


Euro-Promotion

Die EU will in diesem Jahr 19 Millionen Ecu für die Informationskampange ausgeben, mit der den ,Bürgern" die Währungsunion nahegebracht werden soll. Finanziert werden sollen unter anderem Konferenzen, Wanderausstellungen, eine Datenbank und Ausbildungsprogramme für Vortragsredner (Weltwoche, 2. 5. 96).


Ausschaltung des Parlamentes

In Belgien wurde im Mai die Ausschaltung des Parlaments beschlossen, um der Regierung freie Hand zur Erreichung des Maastrichter Kriterien für die Währungsunion zu geben (NZZ. 23. 5. 96).


Eine historische Zäsur

Laut Sparkassenpräsident Horst Köhler hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund deshalb klar für die Währungsunion ausgesprochen, weil er die Aufwertung der D-Mark als wesentliche Ursache für Wachstums- und Arbeitsplatzverluste in Deutschland betrachtet. Mit dem Vorschlag eines ,Bündnisses für Arbeit" von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel hätten die Gewerkschaften den Zusammenhang zwischen Lohnkosten und Arbeitsplätzen akzeptiert. Dies könne eine positive Zäsur von geradezu historischer Dimension sein (Spiegel,14, 96).


EU-Steuerharmonisierung?

Die EU-Kommission hat sich für eine geringere Besteuerung der Arbeit und einen möglichen Ausgleich durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen. In einem Papier wird der Steuerwettbewerb zwischen den EU-Mitgliedern unter anderem für die Erhöhung der Besteuerung des Faktors Arbeit in der EU zwischen 1980 und 1993 um rund 20% verantwortlich gemacht. Die EU-Kommission schlägt eine einheitliche Minimalquote für die effektive Besteuerung in der EU vor. Der für Steuern zuständige EU-Kommissar Mario Monti sprach sich für eine Erhöhung des durchschnittlichen Mehrwertsteuersatzes in der EU um 1% bis 3% aus (bisher 15 %) (NZZ. 22. 3. 96).


Genmanipulierte Lebensmittel

Das EU-Parlament verlangt, dass genmanipulierte Lebensmittel künftig der Pflicht zur Kennzeichnung unterliegen, sofern sie sich chemisch nachweislich von bestehenden Lebensmitteln unterscheiden. Diese nicht besonders weitreichenden Forderung geht weiter als der Verbraucherschutz, der dem Ministerrat vorschwebt. Damit ist absehbar, auf welchem Niveau sich die Kennzeichnungspflicht von genmanipulierten Nahrungsmitteln in der EU festsetzen wird (NZZ. 14. 3. 96).


Personenfreizügigkeit

Im April wurde in Brüssel eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die den Gründen für die geringe Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU nachgehen soll. Es sollen Hindernisse beim grenzüberschreitenden Berufs- und Wohnortwechsel identifiziert und Vorschläge zur Verbesserung der Personenfreizügigkeit ausgearbeitet werden. Lediglich 1,4% der EU-Bevölkerung (ca. 5 Mio. Personen) halten sich gegenwärtig in einem anderen EU-Land auf. Demgegenüber zählt die EU 11 Mio. Ausländer aus Drittstaaten (NZZ.24. 4. 96).


EU empfiehlt Rückzug

Der für Aussenbeziehungen zuständige EU-Kommissar Hans van den Broek hat dem Bundesrat am 2. Februar in Davos nahegelegt, das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen. Laut Tagesanzeiger löste dieser Wink bei der Schweizer Delegation Schock und Horror aus. Van den Broek wies darauf hin, dass der Widerstand in der Schweizer Bevölkerung gegen die Personenfreizügigkeit anlässlich der Abstimmung zum EWR von 1992 möglicherweise auch darin begründet gewesen sei, dass der EWR als erster Schritt in Richtung einer künftigen EU-Mitgliedschaft verstanden wurde. Um nicht noch einmal in diese Situation zu geraten, könnten die Schweizer Behörden ein Interesse an der Klarstellung haben, dass eine EU-Mitgliedschaft nicht das ultimative Ziel ist" (Tagesanzeiger, 8. 3. 96).


Wachsendes Unabhängigkeitsbedürfnis

Laut einer Studie der ETH Zürich ist der Anteil der Befürworter einer möglichst grossen Selbstbestimmung der Schweiz zwischen 1993 und 1995 von 37 auf 45 Prozent gestiegen. Der Anteil der EU-Anschlusswilligen viel von 39 auf 29 Prozent zurück. Eine dritte Fraktion schliesslich tritt für einen Kompromiss ein. Sie ist zwar für eine Annäherung an die EU, möchte aber, dass die Schweiz möglichst unabhängig bestimmen kann, wie stark und wie schnell sie sich supranationalen Organisationen anschliessen will. Der Anteil dieser Gruppe sei zwischen 1993 und 1995 von 24 auf 26 Prozent gewachsen (Tagesanzeiger, 4. 3. 96).


Geo-Umfrage

In der Geo-Nummer zum Thema Schweiz haben die Interviewer folgendes zu Tage gebracht: 87,3% der Schweizer empfinden sich als ausserordentlich gastfreundlich gegenüber Touristen, aber nur 37,4% sehen auch ihre Mitlandsleute so. 71,4% bezeichnen sich als besonders ausländerfreundlich, aber nur 21,9% lassen diese Qualifikation auch für die anderen gelten. 76,6% der Befragten sind nach eigener Angabe sehr weltoffen, die anderen Schweizer betrachten aber nur 25,4% als offen (NZZ. 11. 4. 96).


Unerfreulich

Die vom Bundesrat im Rahmen seines Dreikreisemodells geschaffene Neuregelung, wonach seit Anfang 1995 nur noch Saisonniers aus EU-Staaten nach 37 Monaten Arbeit in der Schweiz eine Jahresbewilligung erhalten, wird vom Bundesgericht nicht beanstandet. Der vor allem BürgerInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien diskriminierende Umwandlungsstop ist weder gesetzes- noch verfassungswidrig. Nach den Richtern sind Ungleichbehandlungen nach nationalen Gesichtspunkten zulässig (NZZ. 11./12. 5. 96).


Drei-Kreise-Modell ,rassistisch"

Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus hält das Drei-Kreise-Modell der Ausländerpolitik für unvereinbar mit dem Internationalen Übereinkommen gegen Rassendiskriminierung. Die nach Herkunftsregionen gestufte Zulassung von Einwanderern sei in ihrer Grundstruktur rassistisch und fördere negative Einstellungen gegenüber einem grossen Teil der Bevölkerung ausländischer Herkunft (NZZ. 24. 5. 96).


Käseherstellung unter EU-Fuchtel

Die Schweiz exportiert rund einen Viertel ihrer Milchproduktion in den EU-Raum. Um diesen Markt offen zu halten, müssen die Schweizer Betriebe den Brüsseler Hygieneauflagen nachkommen, noch bevor diese in allen EU-Staaten erfüllt werden. Die EU-Auflagen punkto Milch- und Milchproduktequalität (EWGR92/46) hätten ursprünglich bereits ab Anfang 1994 erfüllt sein müssen. Die EU-Kommission verschob die Frist dann aber mehrmals. Zuletzt wurde sie auf Anfang 1997 erstreckt. In den EU-Ländern selber muss die Hygienerichtlinie erst ab 1998 vollständig umgesetzt sein. Damit verlangt die EU von Drittstaaten Dinge, die sie sich selber nicht auferlegt - was wohl als protektionistisches Grossmachtgehabe zu betrachten ist (NZZ. 9. 4. 96).


Gewerkschaftsbund - EUphorisch, ohne Argumentationen

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat den Bundesrat aufgefordert, aus der europapolitischen Defensive herauszutreten. Die Integration der Schweiz in die EU müsse in drei Etappen erfolgen. Zunächst sollen in den kommenden Monaten die bilateralen Verhandlungen abgeschlossen werden, dann sei ein zweiter Anlauf für einen EWR-Beitritt anzustreben. Mit einem Beitritt zur EU soll der Integrationsprozess abgeschlossen werden. Gründe für den EU-Beitritt wurden keine angegeben. Damit geht man sicher, dass diese nicht kritisiert werden können. (NZZ. 23. 2. 96).


Verfassungsrevision

Nach dem Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens lässt der Bundesrat nicht locker und möchte unbedingt die Unterschriftenzahlen für Initiative und Referendum erhöhen (150 000 für Initiativen; 100 000 für Referenden). Auf Druck der Wirtschaftsverbände wird der programmatische Artikel über Sozialziele anders formuliert. Bezüglich der Verfassungsgerichtsbarkeit ist der Bundesrat ebenfalls zurückgekrebst: Das Bundesgericht soll Bundesgesetze auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Völkerrecht prüfen dürfen - allerdings nicht von sich aus und abstrakt, sondern nur in konkreten Anwendungsfällen, und wenn individuelle Rechtsansprüche betroffen sind. Zum anderen befürwortet der Bundesrat Zugangsbeschränkungen zum überlasteten Bundesgericht. Für das neue Volksrecht des Verwaltungs- und Finanzreferendums soll die Latte höher gelegt werden als geplant. Ursprünglich hatte er vorgeschlagen, dass auf Antrag eines Drittels der National- und Ständeräte Bewilligungen für Kraftwerke, Konzessionen, Rüstungskäufe und ähnliche Grossvorhaben dem fakultativen Referendum unterstellt würden. Nach dem neuen Vorschlag braucht es dafür einen Mehrheitsbeschluss. TA 24/25.8.96


Kleine Aussenpolitik

Die grenzüberschreitende, kantonale Zusammenarbeit boomt seit dem EWR-Nein. Die dafür zuständige Bundesstelle wurde aufgestockt. Kantone können künftig bilaterale Verträge abschliessen und versuchen, von dieser Möglichkeit regen Gebrauch zu machen. Die Kantone betreiben dabei vor allem Regionalpolitik. Folgende Institutionen widmen sich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Arbeitsgemeinschaft des Jura, Französisch-Genferisches Regionalkomitee, Genferseerat, Cotrao, Grenzüberschreitende Mont-Blanc-Konferenz, Oberrheinkonferenz, Rat Wallis-Aostatal, Internationale Bodenseekonferenz, Arge Alp, Regio Insubrica, Regio Sempione. Diese Aktivitäten, eine positive Konsequenz des EWR-Neins, zeigen, dass die Schweiz sich vernetzen kann, ohne sich in den Westeuropäischen Block zu integrieren. Berner Bund, 22.7.96.


WHO und britisches Rindfleisch

Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich Mitte Mai in Genf für eine Überprüfung des EU-Importverbots für britisches Rindfleisch ausgesprochen. Nach einem dreitägige Expertentreffen zum Rinderwahnsinn und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit erklärte der amerikanische Wissenschafter Joe Gibbs, bisher habe kein Beweis für eine Übertragung des Rinderwahnsinns auf den Menschen erbracht werden können. Das totale Importverbot lasse sich daher wissenschaftlich nicht begründen (NZZ. 17. 5. 96).


"Maastricht" vor Gericht

Der Vertrag von Maastricht kommt wieder vor ein Gericht. In Dänemark muss geprüft werden, ob der der Maastrichter Vertrag überhaupt dem dänischen Verfassungsrecht entspreche. Zwölf Däninnen und Dänen - darunter ein Werftarbeiter, eine Fischergattin und ein Musiker - haben gegen den dänischen Ministerpräsidenten Poul Nyrup Rasmussen Klage eingereicht. Laut Artikel 20 der dänischen Verfassung darf Souveränität nur in einem "genau bestimmten Rahmen" abgetreten werden. Gleichzeitig sieht aber der Maastrichter Vertrag in Artikel 235 vor, dass sich die EU ohne Vertragsänderung zusätzliche Kompetenzen aneignen kann.

Das Höchste Gericht Dänemarks hat Mitte August beschlossen, dass die Klage zu akzeptieren sei und von einem Amtsgericht überprüft werden solle. Nach dem von dänischen Politikern und Juristen als sensationell bezeichneten Urteil muss Regierungschef Nyrup Rasmussen die bisherigen Verfahrenskosten der klagenden Bürger begleichen. Diese belaufen sich auf rund 15 000 Franken. Die Stellung der dänischen Bürgerinnen und Bürger in der EU-Politik wird durch dieses Gerichtsurteil gestärkt. Verändert wurde auch die Verhandlungsposition Kopenhagens bei der laufenden EU-Regierungskonferenz. Zudem gerät der Maastricht-II-Fahrplan in Gefahr. "Eine Ratifizierung von Maastricht II kommt erst in Frage, wenn die vorliegende Klage geprüft ist", sagte der Aussenminister Niels Helveg Petersen. Es wird mit einer Prozessdauer von bis zu vier Jahren gerechnet. Gäben die Richter den klagenden Bürgern schliesslich auch in der Sache recht, wäre die dänische EU-Mitgliedschaft ernsthaft in Frage gestellt. TA 16.8.96.


Das EU-Parlament erwägt

A. in der Erwägung, dass die Wirtschaft in der EU 1995 nur ein sehr schwaches jährliches BIP-Wachstum von 2,5% verzeichnete, wobei das Wachstum in den letzten Monaten des Jahres 1995 nahezu zum Stillstand kam, sowie in der Erwägung, dass die Kommission ihre letzten Wachstumsprognosen für 1996 auflediglich 1,5% nach unten korrigiert hat, wobei für einige Mitgliedstaaten mit Wachstumsraten von unter 1% gerechnet wird,

B. in der Erwägung, dass die Arbeitslosenzahl in der EU einen historischen Höchststand von ungefähr 18 Millionen Menschen erreicht hat und dass mindestens 50 Millionen Menschen unter sozialer Ausgrenzung und Armut leiden, sowie in der Erwägung, dass die jüngsten Zahlen auf einen weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit in den meisten Mitgliedstaaten hindeuten,

C. in der Erwägung, dass die Binnennachfrage in der EU angesichts der Vertrauenskrise der Verbraucher sehr schwach ist, wobei diese Krise durch Faktoren wie eine hohe Arbeitslosenquote sowie in einigen Mitgliedstaaten festgestellte Bedrohungen für die Zukunft der sozialen Sicherheit und die Reallöhne weiter geschürt wird, während sich, wie aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht, die hohen Gewinnspannen nicht in höheren Privatinvestionen oder einer höheren Erwerbstätigenquote niedergeschlagen haben

D. in der Erwägung, dass die öffentlichen Investitionen in der EU als Teil des BIP von durchschnittlich 3,5% Anfang der 80er Jahre allmählich auf derzeit weniger als 2,5% zurückgegangen sind ..... " Entschliessung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik, B4-0731, 0747, 0750 und 0757/96.


EU-Abgeordnete wollen Bezüge offenlegen

Nachdem ein erster Versuch, zu transparenteren Lobbying-Verhältnissen in Brüssel zu gelangen, kläglich gescheitert war (siehe EM 2/96), raffte sich das EU-Parlament nun doch noch zu einer, wenn auch abgespeckten Regelung des Lobbyings durch. Die EU-Parlamentarier haben sich darauf beschränkt, den EU-Wählern Einblick in ihre wichtigsten Einkommensquellen zu gewähren. Künftig müssen die Volksvertreter alle ihre beruflichen Tätigkeiten und auch ihre übrigen, gegen Entgelt ausgeübten Funktionen in ein öffentlich zugängliches Register beim Parlamentspräsidium eintragen lassen. Ausserdem sollen alle finanziellen, personellen und materiellen Vergünstigungen, die ein Abgeordneter zusätzlich zu den vom Parlament bereitgestellten Mitteln von Dritten erhält, unter Angabe von deren Namen eingetragen werden. Die Forderung nach einer ihr ganzes Vermögen umfassende Erklärung, wurde als zu starker Eingriff ins Privatleben abgelehnt. Bezüglich der Erfassung der Lobbyisten wurde eine auf Freiwilligkeit beruhende Lösung gewählt. Diese können sich nun in ein Register eintragen, das ihre Auftraggeber angibt. Dies um zu verhindern, dass immer mehr Abgeordnete die für sie interessanten Lobbyisten als ihre Mitarbeiter deklarieren und sich so von der Offenlegungspflicht ihrer eigentlichen Arbeitgeber und ihrer Tätigkeit zu befreien. Da dies ohnehin schon immer häufiger geschieht, kann das Parlament jetzt eine Höchstzahl von Mitarbeitern pro Abgeordneten festsetzen. NZZ 19.7.96


Neuer Zoll der Türkei auf EU-Gütern

Die Türkei wird wieder einen Einfuhrzoll für Güter aus Staaten der EU erheben. Die Zölle waren erst am 1. Januar mit dem Inkrafttreten der Zollunion mit der EU abgeschafft worden. Im vergangenen Jahr exportierte die Türkei Güter im Wert von 20 Mrd. $, importierte aber zugleich Güter im Wert von 30 Mrd. $. Die Gütereinfuhr aus den EU-Ländern war nach Aufhebung der Zollunion anfangs des Jahres drastisch gestiegen. Bei Abschluss der Zollunion wurde vereinbart, dass die Türkei für die Verluste infolge des Abbaus der Zollschranken finanzielle Unterstützung in der Höhe von 3 Mrd. $ von der EU erhalten soll. Diese Vereinbarung wird on Griechenland blockiert. NZZ 24.7.96


Roms erster Schritt zur Dezentralisierung

Der Reform- und Regionenminister Bassanini hat einen Gesetzesentwurf vorgestellt, in dem die Aufgaben des Zentralstaates abschliessend aufgezählt sind; alle nicht erwähnten Gebiete verbleiben den nachgeordneten Gebietskörperschaften. Bis 1999 soll der Staate eine ganze Reihe von Kompetenzen an die Regionen, Provinzen und Gemeinden abgeben. Das ganze Erziehungswesen, die Justizorganisation und die Polizei sollen allerdings nach wie vor in den Händen des Zentralstaates verbleiben. Von wirklicher Dezentralisierung kann nur bei der Abgabe von Steuerkompetenzen nach unten gesprochen werden. Auch diesbezüglich scheint die italienische Regierung vorwärts machen zu wollen. Eine detaillierte Neuordnung soll bis Jahresende vorgelegt werden. NZZ 22.6.96


Jean Monet und die "europäische Identität"

Jean Monet, Urheber des Schumann-Planes von 1950, der 1951 zur ersten der europäischen Gemeinschaften, der Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) führte, hat sich je länger, je mehr gegen eine europäische Identität zur Wehr gesetzt, die nur den ausgedienten Nationalismus auf einer höheren Ebene wiederhergestellt hätte. NZZ 9.7.96 (Buchbesprechung von Jacques van Helmont, François Fontaine, Jean Monnet, Fondation Jean Monet pour l'Europe et Centre de recherches européennes, Lausanne 1996). ende kurzinfos.


Abbau der Diskriminierung durch Ursprungsregeln

Der EU-Ministerrat hat Ende Juli beschlossen, die Ursprungsregeln im Rahmen des europäischen Freihandels zu vereinheitlichen. Bei den Ursprungsregeln ging es um folgendes: Nur Güter, deren Wert bis zu einem bestimmten Prozentsatz in einem Land produziert wurden, durften im Rahmen der Freihandelsverträge zollfrei die Grenzen überschreiten. In der Schweiz wurde vor allem die Textilindustrie von diesen Regelungen betroffen, da in dieser Industrie jeweils nur ein ungenügender Teil der Wertschöpfung in der Schweiz erfolgt. Durch den EWR war die Frage der Ursprungsregeln - trotz oft gegenteiliger Behauptungen - nur schwach betroffen. Im ersten bilateralen Vertrag nach dem Nein zum EWR wurden die Ursprungsregeln Schweiz-EU an das EWR-Niveau angepasst. Davon war damals wenig zu hören. Erst durch einen EU-Beitritt wären die Ursprungsregeln entfallen. Brüssel unternahm nun einen Vorstoss, um das sogenannte System der paneuropäischen Kumulation einzuführen. Produkten, die entweder im EU-Raum, im EWR-Raum, im Rahmen des EFTA-Freihandelsabkommens (Schweiz, Island, Norwegen) oder in den 10 assozierten Staaten Mittel- und Osteuropas die Ursprungsbescheinigung gemäss Abkommen erlangt haben, behalten diesen ungeachtet weiterer Verarbeitung in den beteiligten Ländern. Die paneuropäische Kumulierung wird vor allem der helvetischen Textilindustrie zum Vorteil gereichen. Beim passiven Veredelungsverkehr (= die Verlagerung von arbeitsintensiven Produktionsprezesse in Billiglohnländer) wird diese nun nicht mehr diskriminiert, sofern die Auslagerung in die von der EU-Regelung betroffenen Länder erfolgt (d.h. in die ehemaligen Ostblockstaaten). Interessanterweise wurde die Entscheidung des EU-Ministerrates von den Behörden und den interessierten Verbänden in der Öffentlichkeit verschwiegen. Die NZZ äusserte diesbezüglich erstaunen. Mit dem Entscheid des Ministerrates verlieren aber die EU-Beitritts-Befürworter eines ihrer letzten stichhaltigen wirtschaftlichen Argumente für den EU-Beitritt. Das Schweigen des Bundesrates und der Textilindustrie erstaunt deshalb kaum. NZZ 2.8.96.


Last des EWR-Neins?

Die Maschinenindustrie liebt das Jammern über die denkwürdige EWR-Abstimmung. Schwierigkeiten versucht sich dem Entscheid des Schweizer Volkes anzulasten. Versucht man nach fassbaren Folgen des Neins zum EWR zu suchen, findet man eigenartiger weise nichts greifbares. Da wird von der Summe der Nachtteile geredet, die alleine zwar unbedeutend seien, im ganzen aber doch gravierend. Als Beispiele hört man dann von "psychologischen Folgen", von Schalteröffnungszeiten, die eingehalten werden müssen, von vermehrtem Papierkrieg mit der Mehrwertsteuer usw. Dabei gilt zu beachten, dass die verschärfte Konkurrenz auf dem EU-Markt vor allem den Konvergenzkriterien zuzuschreiben ist. Dass die Probleme der EU-Länder zu mehr verstecktem Protektionismus führt ist verständlich und hat nichts mit dem EWR-Nein zu tun. Die Schalteröffnungszeiten ebensowenig, da die Grenzkontrollen durch den EWR nicht abgeschafft worden wären. Vermehrter Papierkrieg bezüglich der Mehrwertsteuer wird auch von EU-KMU's beklagt. Das methodische Vorgehen des Verbandes der Maschinenindustriellen ist ebenfalls etwas fragwürdig. Die angeblichen Benachteiligungen werden über Befragungen erhoben. Dabei wird nicht untersucht, welchen Einfluss die Medien auf die Wahrnehmung der Unternehmer haben. Es wurden Umfragebogen verschickt. Fast ein Drittel davon kam zurück (295/950). Laut jedem Lehrbuch für empirische Soziologie ist eine solche Untersuchung unseriös. Weniger Fragebogen bei abgesicherter Repräsentativität wäre bedeutend mehr! Zuletzt wurde bei der Publikation der Ergebnisse die Kategorie "lästig bis bedrohlich" geschaffen. Eine seriöse Untersuchung müsste Zahlen für "lästig" und "bedrohlich" separat auflisten. Wahrscheinlich waren die entsprechenden Resultate aber zuwenig ausschlachtbar. Beachtlich ist, dass nur 26% der Betriebe bei einem Scheitern der bilateralen Verhandlung als Alternative sehen. NZZ 15.8.96


Deutsche Metallindustrie

Die Deutsche Metallindustrie hat in den Ersten fünf Monaten 1996 fast 70 000 Stellen abgebaut. Für das Gesamtjahr prognostiziert der Arbeitgeberverband einen Verlust von 120 000 Stellen. TA 13.8


Kurzfristig und langfristig

An der Jahresversammlung des Arbeitgeberverbandes und des Branchenverbandes der Schweizer Maschinenindustrie ging Martin Purtscher, Landeshauptmann des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg, auf die Folgen des EU-Beitrittes Österreichs ein. Er wies darauf hin, dass mit der Marktöffnung kurzfristig die Anpassungskosten überwiegen und erst mittel- und langfristig positive Wohlstandeffekte Platz greifen. (NZZ 21.9.96) Wie sagte doch M. Keynes? - langfristig sind wir alle tot.


WTO lässt Hormone zu

In der letzten Vollversammlung der Codex Alimentarius Kommission der Welthandelsorganisation WTO wurde in geheimer Abstimmung beschlossen, künftig bestimmte Hormone in der Tiermast zuzulassen. Damit dürften künftig Einfuhrverbote von Hormonfleisch als Handelshemnisse betrachtet und vom GATT-Schiedsgericht als solche verboten werden (Kultur und Politik, Nr. 3. 96)


Volksabstimmung in Japan

Die Bürger der nordjapanischen Kleinstadt Maki haben sich in einer Abstimmung mit 61 Prozent gegen den Bau eines Kernkraftwerks entschieden. Der erst im Januar dieses Jahres wegen seiner Ablehnung des Kernkraftwerkprojekts gewählte Bürgermeister Takaaki Sasaguchi hatte vor dem Plebiszit zugesagt, dass er sich an das grundsätzlich nicht bindende Votum halten werde. Gegenwärtig sind in Japan landesweit verstreut 49 Kernkraftwerke in Betrieb, mit denen knapp 30 Prozent des gesamten Stromenergiebedarfs gedeckt wird. NZZ 5.8.96


Fischereipolitik

Überall in der EU wird derzeit Raubbau an den Fischbeständen betrieben. Zur Erhaltung der Bestände müssten die zulässigen Fangmengen erheblich gesenkt werden. Die Aufsichtsbehörden sind weitgehend machtlos gegenüber illegalen Praktiken. Das geht aus dem ersten, auf Verordnung 2847/93/EWG basierenden Bericht der Kommission über die Kontrolle der Fischerei hervor. EUR-OP, Nr. 2, Sommer 96.


Umweltvisionen

Die Mautgebühren am Brenner stossen in Brüssel auf Ablehnung. Die EU-Kommission sieht einen Verstoss gegen geltendes EU-Recht, konkret gegen die Wegekostenrichtlinie 93/89. Demnach müssen Gebührensätze durch Infrastrukturkosten, Gebührenerhöhungen folglich durch gestiegene Bau-, Betriebs- oder Ausbaukosten gerechtfertigt werden. Zudem darf keine Diskriminierung von in- und ausländischen Fahrzeugen erfolgen. Die EU-Kommission droht der Österreichischen Regierung mit einer Klage vor dem EU-Gerichtshof. NZZ 26.7.96


Gentech-Soja

Das Bundesamt für Gesundheitswesen beschäftigt sich intensiv mit dem in der Schweiz ersten Gesuch, ein gentechnisch verändertes Nahrungsmittel einzuführen. Eingereicht hat es der amerikanische Monsanto-Konzern; er will gentechnisch veränderte Sojabohnen in die Schweiz importieren. Sollte die Einfuhr bewilligt werden, stellt sich die Frage der Deklaration. Nach schweizerischem Lebensmittelrecht müssen Nahrungsmittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, mit dem Label "GVO" gekennzeichnet werden. Davon ausgenommen sind nur Nahrungsmittel, zu deren Herstellung zwar gentechnische Methoden angewendet werden, die aber kein gentechnisch verändertes Erbmaterial mehr in sich tragen. Diese Deklarationspflicht gilt - im Gegensatz zur EU-Gesetzgebung - auch bei Gemischen, in denen nur ein kleiner Teil gentechnisch veränderter Substanzen vorkommt. In der EU will man gentechnisch veränderte Produkte grosszüger behandeln. Als Richtschnur zur Kennzeichnungspflicht soll die sogenannte "substantielle Äquivalenz" gelten. Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind nur zu deklarieren, wenn sie deutlich von herkömmlichen abweichen. NZZ 10/11. 8. 96


Klima-Durchbruch

Die 158 Unterzeichnerstaaten der Uno-Klimakonvention in Genf konnten sich im Grundsatz auf völkerrechtlich verbindliche Schadstoff-Reduktionsziele einigen. Die beteiligten Staaten anerkennen den menschlichen Einfluss auf den bedrohlichen Anstieg der Treibhausgas- und Aerosolkonzentration in der Atmosphäre erstmals auf höchster politischer Ebene. Das Schlussdokument verlangt völkerrechtlich verbindliche Reduktionsziele für die Jahre 2005, 2010 und 2020. In die Pflicht genommen werden vorerst bloss die Industrieländer. Den Entwicklungs- und Schwellenländern wird weiterhin ein Nachholbedarf zugestanden. Am Genfer Klimagipfel gab es aber noch keine Übereinstimmung bezüglich der mengenmässig festzulegenden Reduktionsziele oder allfälliger Sanktionen bei Zuwiderhandlung. Materielle Ergebnisse werden Aufgabe der dritten Parteienkonferenz der Klimakonvention in Japan 1997 sein. TA 19.7.96


Seuchengefahr

Die Veränderung des Klimas könnte auch gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Seuchen drohen auf Gegenden überzugreifen, in denen sie bislang unbekannt waren. So könnte sich im Falle einer Erwärmung die Malaria in Teilen der USA, in Südeuropa und in Australien ausbreiten. In Grossstädten könnten zudem Tausende von Menschen jährlich durch Hitzewellen umkommen. TA 10.7.96


Zugeständnisse bewirken Verschlechterung

"Alle Zugeständnisse in den Verhandlungen mit der EU (schrittweiser Verzicht auf die 28-Tonnen-Limite, Lockerung des Nachtfahrverbots) bewirken eine Verchlechterung der Rahmenbedingungen der Bahn." NZZ 14.6.96.


Sozialcharta - Bundesrat kippt

Der vehemente Widerstand der Wirtschaftsverbände hat bewirkt, dass der Bundesrat, nachdem er sich lange für die Ratifikation der Europarats-Sozialcharta eingesetzt hatte, diese nun vorerst ablehnt. Besonders BR Villiger legte sich ins Zeug, um den Kurswechsel - der lebendiges Zeugnis davon ablegt, was der Bundesrates und der Wirtschaftsverbände unter "Offenheit" verstehen - durchzuziehen. Die Sozialcharta verpflichte zum stetigen Ausbau des Sozialstaates. Dies wecke Hoffnungen, die angesichts der Finanzperspektiven der Sozialwerke vorderhand ohnehin nicht erfüllt werden könnten. Damit gibt Villiger vor, den Text der Sozialcharta zum Nennwert zu nehmen. Die EU-Länder zeigen diesbezüglich weniger Skrupel, da sie trotz Ratifizierung der Sozialcharta munter Sozialabbau betreiben. TA 3.9.96


Kinderarbeit

Jedes achte zehn- bis vierzehnjährige Kind muss arbeiten. Über die jüngeren liegen keine Zahlen vor. Dies macht bei der erfassten Altersgruppe weltweit 73 Millionen arbeitender Kinder aus. Importsperren und ähnliche Massnahmen gegen die von Kindern produzierten Güter erweisen sich oft nur als Importschutz der reichen Länder. Die Kinder landen auf der Strasse - ohne dass ihnen irgendwelche Alternativen angeboten würden. TA 4.9.96


Gleichstellungsgesetz

Am 1. Juli ist das Gleichstellungsgesetz in Kraft getreten, das die Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt verbietet. Das Gesetz betrifft nicht nur Lohn, Anstellung, Kündigung, Aus- und Weiterbildung und Beförderung, sondern auch Arbeitszuteilung und Arbeitsbedingungen. Eine Sekretärin, die ständig den Kaffee für die ganze Abteilung kochen muss, bloss weil alle ihre Kollegen Männer sind, kann sich weigern, diese lästige Pflicht zu übernehmen. Das Gesetz verankert die sogenannte Beweislasterleichterung: Eine Frau muss nicht beweisen, dass sie diskriminiert worden ist, sie muss eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts nur glaubhaft darlegen können. Reine Behauptungen genügen nicht. Umgekehrt muss aber der Arbeitgeber nachweisen können, dass keine Diskriminierung vorliegt. Frauen, die sich wegen einer Diskriminierung bei ihrem Arbeitgeber beschweren oder ein Gerichtsverfahren einleiten, sind vor Rachekündigung geschützte. Dieser Schutz gilt bis sechs Monate über den Abschluss eines Prozesses oder Beschwerdeverfahrens hinaus. Das neue Gleichstellungsgesetz beweist, dass die Schweiz auf dem Gebiete der Gleichberechtigung fortschreiten kann, ohne der EU beizutreten. Anlässlich des EWR-Abstimmung wurde von befürwortenden Frauen immer wieder ins Feld geführt, ein EWR-Beitritt würde uns die Gleichstellungsrichtlinien der EU bringen. In autonomer Entwicklung ist das Niveau der EU (oder bei entsprechendem Einsatz der Frauen) sogar ein höheres Niveau erreichbar. TA 28.6.96


Wirksame Umwelt-Konventionen

Die zwischen den europäischen und nordamerikanischen Staaten abgeschlossenen Umweltschutzverträge zeigen erste Wirkungen. Dies gab die UNO-Wirtschaftskommission für Europa (ECE) im Februar in Genf bekannt. Der Ausstoss von Schwefeldioxid ist in Europa seit 1980 um 21 Millionen Tonnen zurückgegangen. Weniger eindrucksvoll ist der Rückgang der Emissionen von Stickoxiden. Sie nahmen in 15 Jahren lediglich um zwei Millionen Tonnen ab. Die verschiedenen Konventionen und Protokolle über grenzüberschreitende Luftverschutzung wurden im Rahmen der ECE zwischen 1979 und 1994 abgeschlossen (Tagesanzeiger, 13. 2. 96).


Kluft immer grösser

Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Wirtschaftliches Wachstum geht an einem Viertel der Weltbevölkerung gänzlich vorbei. 89 Ländern geht es heute wirtschaftlich schlechter als vor zehn Jahren. Der alljährlich erstellte Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) führt auf, dass 1,6 Milliarden Menschen heute schlechter als vor 15 Jahren leben. Unter den reichen Ländern geht es nur dreien schlechter als in den 80er Jahren: Finnland, Island und Kanada. Dagegen ist in 70 Entwicklungsländern das heutige Einkommensniveau niedriger als vor 20 oder 30 Jahren. Das Vermögen der 358 bekannten Dollarmilliardäre übersteigt das jährliche Gesamteinkommen der Länder, in denen fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt. TA 17.7.96


Europäischer Gewerkschaftsbund

Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) werde sich nicht damit abfinden, dass die Europäische Union unfähig sei, verstärkt und koordiniert etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Der mangelnde politische Wille, dazu, wie er auf dem EU-Gipfel in Florenz sichtbar geworden sei, wäre besorgniserregend und schädlich sowohl für die Wirtschafts- und Währungsunion, als auch für das Vertrauen, das Bürger und Arbeitnehmer in die Union setzten. Diesen Standpunkt vertrat eine EGB-Delegation am 16. 7. 96 bei einem Treffen mit dem irischen Ministerpräsidenten und amtierende Präsidenten des Europäischen Rates John Brutton in Dublin (SGB-Pressedienst, 25. 7.96) Dass sich der EGB mit der Unfähigkeit der EU, die Arbeitslosigkeit in Griff zu bekommen abfinden wird, darauf kann jede Wette abgeschlossen werden. Das Verhalten des EGB während den letzten 10 Jahren ist dafür Tatbeweis genug.


CH-Topmanager verdienen mehr

Die Löhne der CH Topmanager haben 1996 um 7 Prozent zugelegt. Dabei wird die Spitze der höchstverdienenden immer schmäler. Die Top-Manager fahren mit Mercedes vor, essen in den besten Lokalen, lassen sich ihre Anzüge massanfertigen, bauen Stellen ab, streichen den Teuerungsausgleich, kündigen Arbeitsverträge, um sie zu schlechteren Bedingungen wieder abzuschliessen (sic. TA 9.9.96) und sie predigen mehr Konkurrenz, wettern gegen "Besitzstandsdenken" und lahme Entscheidungsprozesse in der direkten Demokratie.


Drei-Kreise-Modell

Die Vereinigung der Angestelltenverbände, der Christlich Natonale Gewerkschaftsbund, der Hotelier-Verein, der Schweizerische Gewerbeverband, der Schweizerische Bauernverband, der Schweizerische Baumeisterverband, Gastrosuisse, der Schweizer Tourismusverband und der Schweizerische Gewerkschaftsbund gaben in Sachen Übergangsregelung für die Saisonniers aus Ex-Jugoslawien ein Rechtsgutachten bei Prof. Auer, Staatsrecht, Genf, in Auftrag. Prof. Auer kam zu folgenden Schlüssen: Das vom Bundesrat 1991 im Hinblick auf die EWR- und EU-Integration verfügte Drei-Kreise-Modell verstösst gegen das "Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung". Trotz des vom Bundesrat im Abkommen ausgesprochenen Vorbehaltes bezüglich des Drei-Kreise-Modells ist die Schweiz verpflichtet, die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen anzupassen. Damit stützt der Staatsrechtsprofessor Andreas Auer die Stellungnahme der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) vom April dieses Jahres auch mit juristischen Argumenten. Im Sinne des Übereinkommens gegen Rassendiskriminierng April dieses Jahres auch mit juristischen Argumenten. Im Sinne des Übereinkommens gegen Rassendiskriminierng sind die Behörden nämlich verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, die Rassismus verhindern und gesellschaftliche tendes internationales Abkommen verletze: den "Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte". Sowohl dieser internationale Pakt als auch Artikel 4 der Schweizerischen Bundesverfassung garantieren das Prinzip der Gleichheit und der Gleichbehandlung. Mit der bundesrätlichen Migrationspolitik wird somit heute internationales als auch verfassungsmässiges Recht verletzt. Zuletzt verletzt nach Auer die bundesrätliche Migrationspolitik das verfassungsmässige Prinzip der Legalität, da für die heutige Politik die gesetzlichen Grundlagen fehlen (SGB Pressedienst, Nr. 16, 1996).


Etwas Schizophren

An der Delegiertenversammlung vom 31. August 1996 in Zürich verlangten die Grünen vom Bundesrat, das Drei-Kreise-Modell durch eine diskriminierungsffreie Regelung zu ersetzen. Das Modell sei in seinem Kern rassistisch. Bei der Beurteilung der Personenfreizügigkeit gegenüber den EU-Staaten ergaben sich erhebliche Unterschiede. Der Berner Luzius Theiler verlangte, das Ja zum freien Personenverkehr müsse mit dem ausdrücklichen Vorbehalt verbunden werden, dass diese "nicht mit einer zusätzlichen Diskriminierung für Nicht-EU-Angehörige erkauft wird." Dem trat die frühere Berner Nationalrätin Rosmarie Bär entgegen. Der "Schlaumeierantrag" Theilers laufe faktisch auf ein Nein zur Freizügigkeit hinaus. Doch wenn man für eine offene Schweiz eintrete, dürfe man diesen ersten Schritt nicht ablehnen. Der Antrag von Luzius Theiler wurde abgelehnt. Damit treten die Grünen faktisch für eine künftige Diskriminierung von Nicht-EU-Angehörigen ein. Die EU-Freizügigkeit als ersten Schritt hin zu einer "offenen Schweiz"! Soviel Blauäugigkeit kann selbst Frau Bär nicht von uns verlangen. 2.9.96.


EWR-Tatsachen

Botschafter Bruno Spinner trat den Bestrebungen entgegen, im Augenblick eine neue EWR-Beitritts-Debatte in Gang zu setzen. Er rief dabei den EWR-Befürworten einige Tatsachen in Erinnerung:

"1) Die Schweiz hat nicht etwa 'ein Recht auf EWR-Beitritt', sozusagen per Knopfdruck, sondern sie wurde im EWR-Anpassungsprotokoll der EWR-Vertragsparteien vom 17. März 1993 lediglich eingeladen, Verhandlungen über den späteren Beitritt zum EWR aufzunehmen.

2) EWR-Beitrittsverhandlungen wären keine blosse Formalität: sie müssten mit der Europäischen Union, den 15 EU-Mitgliedstaaten und den drei EWR-Staaten, die alle ein Verhandlungsmandat brauchen, geführt werden. Das Verhandlungsergebnis, d.h. der Vertrag über die Modalitäten des schweizerischen Beitritts zum EWR-Abkommen, müsste wiederum von allen Vertragsparteien aufgrund deren interner Rechtsordnung genehmigt werden.

3) Inhaltlich hat sich die EWR-Substanz, d.h. der sogenannte EWR-relevante EU-Besitzstand, seit dem Stichdatum vom 31. Juli 1991 quantitativ mehr als verdoppelt und qualitativ wesentlich erweitert. Verhandlungsgegenstände wären unter anderem: Übergangsregelung zur vollständigen Freizügigkeit für Personen; Übernahmemodalitäten für das gesamte Sozial- Umweltschutz- und Amtshilferecht (Finanzdienstleistungen) der EU; Alpentransitregime; Übernahmemodalitäten für das EU-Wettbewerbsrecht; Übergangsregelungen für die Abschaffung der kantonalen Brandversi-cherungsmonopole; schweizerische Beiträge an den EWR-Kohäsisonsfonds; Einsitz und Gewicht schweizerischer Vertretern in den EU- und EWR-Ausschüssen sowie in den supranationalen Efta-Behörden (Efta-Gericht und Efta-Überwachungsbehörde). Ohne über die Minimaldauer des EWR-Beitrittsprozesses spekulieren zu wollen, scheint es mir doch etwas unverantwortlich zu sein, wenn lediglich von einigen Monaten die Rede ist.

4) Für die vernünftige Einordnung der EWR-Option ist auch wichtig zu wissen, über was nicht verhandelt würde, weil diese Gegenstände nicht Teil des EWR-Abkommens sind: Nicht zur Verhandlung stünden Mitentscheidungsrechte bei der Änderung oder Schaffung von EU-Binnenmarktrecht, das auch für den EWR gelten soll; Abschaffung von Ursprungsregeln und Warenkontrollen an der Grenze, da die EWR-Staaten ausserhalb der EU-Zollunion verbleiben; Fragen der äusseren und inneren Sicherheit; Auswirkungen der zurzeit vorbereiteten Währungsunion auf unsere Währung und den Wirtschaftsstandort Schweiz; Teilnahme am gemeinsamen Agrarmarkt.

5) Unrichtig und nicht gerade bescheiden ist die hin und wieder gehörte Ansicht, als EWR-Vertragspartei verfüge die Schweiz über ein 'quasi bilaterales Globalabkommen mit der EU', denn im Verhältnis zu Liechtenstein, Island und Norwegen sei die Schweiz ein dominierender Partner. Richtig ist, dass die Efta-Staaten im EWR alle die gleichen Rechte und Pflichten haben und dass jeder dieser Staaten abwechslungsweise während sechs Monaten für die anderen Staaten gegenüber der EU als alleiniger Sprecher auftritt. " TA 23.8.96


Brenner-Lastwagenverkehr

Im letzten Jahr haben 1,3 Millionen Lastwagen den Brenner-Pass zwischen Österreich und Italien überquert. Das entspricht einer Zunahme von 13,7 % gegenüber dem Vorjahr, berichteten die Behörden des österreichischen Bundeslandes Tirol am Mittwoch in Innsbruck. Gleichzeitig sei der Transport von Lastwagen mit der Bahn (rollende Landstrasse) auf dieser Strecke um 20 Prozent gesunken. Nachdem die Gebühren (Brenner-Maut) für die Passstrasse auf den 1. Februar heraufgesetzt worden sind, sei die Auslastung der Bahn aber von 64 auf 75 % zu Anfang Jahr angestiegen (NZZ, 28. 3. 96). Die Erhöhung der Brenner-Maut hat die EU-Kommission dazu veranlasst, bis Ende März gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Die Kommission stellt sich auf den Standpunkt, dass sich die höheren Strassenbenützungsgebühren nicht - wie es die Wegekostenrichtlinie voraussetzt - durch höhere Infrastrukturausgaben rechtfertigen lässt. Umwelt-Argumenten wird somit von der EU-Kommission in dieser Frage kein Gewicht gewährt (NZZ. 20. 3. 96).


Hollands Landwirtschaft

Hollands Landwirtschaft hat Probleme. In den letzten Jahren haben sich nicht nur die Subventionen aus Brüssel verringert; strengere Umweltauflagen und die Konkurrenz südlicher EU-Länder verdüstern zusätzlich die Perspektiven der Landwirtschaft. Die hochintensive Massenproduktion wird vor allem in Deutschland von Imageproblemen geplagt. Nach der EU-Agrar-Reform Anfang der neunziger Jahre, welche die Subventionen weitgehend an die Flächen statt wie bisher an die Produktionsmengen bindet, sind die Einkommen der niederländischen Bauern kräftig gesunken. Angesichts der herrschenden Misere in vielen Produktionszweigen ist Den Haag geneigt, zum altbewährten Rezept der Rationalisierung und Vergrösserung der Betriebe Zuflucht zu nehmen. Damit dürften sich aber die Imageprobleme der Landwirtschaft (,fade Retortenprodukte") im Ausland verschärfen. Bei einer Rückkehr zu traditionellen Anbaumethoden könnten die Holländer vielleicht ihr Image korrigieren. Zugleich aber müssten sie ihre Produktion auf einen Bruchteil des derzeitigen Volumens beschränken (NZZ. 17. 1. 96).

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