Übersicht Kurzinfos Liste | |
Kurzinfos 2/96Europa-Magazin Kurzinfos
Mehr Demokratie in Deutschland
Die Mitglieder der Bewegung ,Mehr Demokratie", die sich für die
Einführung der direkten Demokratie in Deutschland einsetzen, haben
nach dem Erfolg von ,Mehr Demokratie in Bayern" ihre
Mitgliederzahlen verdoppeln können. In den nächsten fünf bis sieben
Jahren will die Gruppierung nun direkte Demokratie durch eine
Kampagne in ganz Deutschland zur Diskussion stellen. Ziel ist die
Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. Wir wünschen
,Mehr Demokratie" viel Erfolg (,Mehr Demokratie" gibt die
,Zeitschrift für Direkte Demokratie" heraus, Fritz-Berne-Strs. 1, 81241
München).
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Brüsseler Demokratieverständnis
Brüsseler Bürokraten nehmen Demokratie vor allem als Risiko wahr.
So äusserte sich der EU-Kommissar van den Broek in der Weltwoche
wie folgt: ,Wenn wir das demokratische Risiko reduzieren können,
wird es einfacher, eine Lösung zu finden". Für solchen Klartext
bedanken wir uns (Weltwoche, 11. 4. 96).
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Österreichs Bauern unter Anpassungsdruck
Die österreichische Landwirtschaft zählt zu jenen
Wirtschaftsbereichen, welche die Folgen des EU-Beitritts
unmittelbar zu spüren bekommen haben. Wie zu erwarten war, sind
die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse stark
zurückgegangen: für pflanzliche Agrarprodukte um gut 20%, für
Produkte aus der Tierhaltung um rund 23% und für Milch um einen
Drittel. Von den niedergerissenen Agrarschutzwällen haben die
Konsumenten hingegen kaum profitiert: Der Rückgang der
Agrargüterpreise betrug im Detailhandel nur 1,7% (NZZ. 30. 5. 96).
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"Flexiblere" Militäreinsätze
An ihrer Frühjahrstagung in Berlin haben die Nato-Aussenminister
die Voraussetzungen für flexiblere Militäreinsätze ausserhalb des
Bündnisgebietes geschaffen. Dazu wurde das Konzept der
,Combined Joint Task Forces (CJTF)" beschlossen. Ein
CJTF-Kommando wird in Fällen gebildet, wo NATO- und
Nicht-NATO-Einheiten für Friedensoperationen ausserhalb des
Bündnisgebietes zum Einsatz kommen. Eine solche CJTF kann auch
für Einsätze unter Leitung der Westeuropäischen Union (WEU) zur
Verfügung stehen (NZZ.4. 6. 96). Die Parlamentarische
Versammlung der WEU hat in Paris das Communiqué der NATO
zum Anlass genommen, einen Ausbau der militärischen Kapazitäten
der WEU zu fordern. Mit Befriedigung wurde zur Kenntnis
genommen, das nicht nur das Prinzip gemeinsamer
Streitkräftekommandos (CJTF), sondern auch die Zuständigkeit der
WEU für begrenzte Operationen in europäischem Namen ausserhalb
des NATO-Gebietes anerkannt wurde (NZZ. 7. 6. 96).
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Übergang zu Auslandeinsätzen
Das mittelfristige französische Militärprogramm für 1997 bis 2002
sieht strategische Umstrukturierungen für die Armee vor, namentlich
den Übergang zu einem auf Auslandeinsätzen spezialisierten
Berufsheer. Damit die Welt (vor allem die afrikanische) auch im
nächsten Jahrhundert an europäischem Wesen genesen kann (NZZ.
15. 5. 96).
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Neutralitäts-Volksbegehren in Österreich
In Österreich wurde von der Bürgerinitiative ,Nein zur EU" ein
Volksbegehren zur Wahrung der Neutralität lanciert. Das
Volksbegehren verlangt, dass Verhandlungen über den Beitritt zu
supranationalen Organisationen oder Bündnissen, die eine
gemeinsame Verteidigungspolitik betreiben oder anstreben, nur auf
Grund einer vorhergegangenen Volksabstimmung geführt werden
dürfen. Mit diesem Volksbegehren - das rechtlich eher eine Petition
als ein wirkliches Volksbegehren darstellt - wollen die Initianten der
Regierung in sicherheitspolitischer Hinsicht die Hände binden. Die
ÖVP dringt seit etlicher Zeit auf grössere ,Solidarität" - wie
neuerdings die militärische Blockbildung der reichen Industrieländer
genannt wird. Diese ,Solidarität" könnte laut ÖVP die Gestalt eines
Beitritts Östereichs zur Westeuropäischen Union oder gar zur NATO
annehmen (NZZ. 19. 3. 1996).
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Entwicklungspolitische Kritik
Der Bundesrat ersucht die eidgenössichen Räte um die Eröffnung
eines fünften Rahmenkredites im Umfange von 960 Millionen
Franken, der es erlauben soll, während mindestens vier Jahren neue
finanzielle Verpflichtungen zur Weiterführung von wirtschafts- und
handelspolitischen Massnahmen in den Entwicklungsländern
einzugehen. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft
Swissaid/Fastenopfer/Brot für alle/Helvetas/Caritas wird mit
einzelnen Teilen des neuen entwicklungspolitischen Rahmenkredits
des Bundes das Gebot, die Hilfe zugunsten der ärmeren Länder und
Bevölkerungsschichten zu verbessern, völlig missachtet. Zu einem
Teil handle es sich um einen Kampffonds für die Schweizer
Exportwirtschaft, der in einem Entwicklungshilfekredit nichts zu
suchen habe. Abzulehnen sei auch die ohne Bedarfsnachweis
beantragte Erhöhung der Ausfallgarantien für die
Exportrisikogarantie von 100 auf 200 Millionen Franken. Damit
werde auch versucht, über den einkalkulierten Abbau der effektiven
Auszahlungen hinwegzutäuschen. Die Hilfswerke fordern statt
dessen einen Ausbau der Zahlungsbilanzhilfe (NZZ. 30. 5. 96).
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EU-Schokolade
Die EU-Kommision schlägt vor, dass Kakaobutter bei der
Schokoladeherstellung bis zu 5% durch andre Pflanzenfette ersetzt
werden könne. Damit ist sie auf heftige Kritik gestossen.
Entwicklungspolitiker sehen einen Rückgang des Kakaoverbrauchs
um 80 000 bis 200 000 t, einen heftigen Preisverfall und dramatische
soziale Konsequenzen für Länder wie Ghana voraus, deren Export
zum überwiegenden Teil vom Kakao abhängt. Auch
EU-Mitgliedländer, wie die Niederlande, die in Amsterdam den
grössten Kakoeinfuhrhafen der Welt besitzen, wehren sich gegen die
Verfälschung der Schokolade (NZZ. 19. 4. 96).
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Kroatien im Europarat
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat am
Mittwoch der Aufnahme Kroatiens als 40. Mitglied des
Europarats trotz erheblicher Bedenken zugestimmt. Die
Entscheidung fiel unter der Voraussetzung, dass Zagreb in den
nächsten drei Jahren 26 konkrete Auflagen erfüllt.
Ausschlaggebend für die Zustimmung des Plenums waren
schliesslich die Sozialisten und die Christlichdemokraten, die den
umfassenden Zusagen der Regierung und des kroatischen
Parlaments vertrauten. Einzig die Vereinigte Linke blieb bei ihrer
ablehnenden Haltung, der sich auch die britischen
Labourabgeordneten und manche Liberale anschlossen (NZZ. 25.
4. 96). Kroatiens Präsident übte nach der anfänglichen Weigerung
des Europarats, Kroatien aufzunehmen, Kritik an dieser
Institution. Kroatien gehöre aus der Sicht der Regierung in Zagreb
als römisch-katholisches Land zum Kreis der westeuropäischen
Zivilisation, nicht zu Osteuropa und dem Kreis der Orthodoxen
(NZZ. 28. 5. 96).
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Sanktionsmöglichkeiten im Europarat
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat in ihrer
Frühjahrsitzungswoche die Möglichkeit zu kurzfristigen
Sanktionen gegenüber Mitgliedstaaten geschaffen, die ihren beim
Beitritt eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommen.
Einstimmig sprach sich die Versammlung dafür aus, dass die
Parlamentarier eines Landes, das die Grundprinzipien der
Demokratie und der Achtung der Menschenrechte verletzt oder
aber die Zusammenarbeit bei der Überprüfung seiner beim
Beitritt eingegangenen Verpflichtungen verweigert, von den
Beschlüssen oder der gesamten Arbeit der Versammlung
ausgeschlossen werden können. Das Ministerkomitee kann in
Form einer Empfehlung aufgefordert werden, die Mitgliedschaft
des Landes auf bestimmte Zeit ruhen zu lassen oder ganz zu
beenden (NZZ. 24. 4. 96).
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Ständiger internationaler Strafgerichtshof
Die Ereignisse im früheren Jugoslawien und in Ruanda
verstärkten den Druck der öffentlichen Meinung bezüglich der
Schaffung eines ständigen internationalen Strafgerichts-hofes. Die
Uno-Völkerrechtskommission (ein Organ der
Generalversammlung) arbeitete deshalb einen entsprechenden
Entwurf aus. Eine gewisse Zurückhaltung übten bisher zwei
Grossmächte - die USA und Grossbritannien - sowie Japan.
Dazu gesellten sich einige Entwicklungsländer, die dem gesamten
Prozess der Stärkung des humanitären Völkerrechts skeptisch
gegenüberstehen und die Errichtung eines ständigen
Strafgerichtshofs als eine Erfindung des Westens zur weiteren
Einschränkung ihrer Hoheit zur Rechtfertigung von
Einmischungen in lokale Konflikte ansehen. Der von der
Kommission ausgearbeitete Entwurf soll im Laufe des Jahres
einer vorbereitenden Kommission und anschliessend einer
Staatenkonferenz vorgelegt werden (NZZ. 2./3. 3. 96).
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Niederländische Gefängisse in Übersee
Der Europarat hat die unmenschlichen Haftbedingungen in einem
Gefängnis auf der niederländischen Antillen-Insel Curacao
angeprangert. Die Europaratsvertreter fanden nach eigenen
Angaben in den 22 Quadratmeter grossen, von Ratten und
Küchenschaben wimmelnden Zellen bis zu 20 eingepferchte
Gefangene vor. Auch Isolationshaft bis zu einem Jahr sei in dem
Gefängnis üblich. Erst auf Drängen des Antifolterkomitees seien
einige besonders archaische Sanktionen abgeschafft worden, wie
das Festschnallen von Häftlingen mit eisernen Fussschnallen oder
ihre Isolation in Kerkern bei Wasser und Brot - wie ,Europa" am
Ende des 20. Jahrhunderts seine Kolonien behandelt! (NZZ. 19.
1. 96).
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Britische Blockade
EU-Vertreter geben der Britischen Blockade von
EU-Entscheidungsprozessen wenig Bedeutung. Ausserhalb der
EU-Regierungskonferenz würden nämlich nur noch selten
Entscheidverfahren angewendet, die Einstimmigkeit erfordern (NZZ.
28. 5. 96).
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Minderheitenschutz
Abgeordnete aus den Parlamenten der 38 Mitgliedstaaten des
Europarats (Januar 96) haben in einer Debatte über die
Minderheitenpolitik den Vorwurf an einzelne Mitgliedstaaten
gerichtet, die Anwendung der Rechtsmittel zum
Minderheitenschutz zu verzögern oder ganz aufs Spiel zu setzen.
Sie forderten die Regierungen in einer Entschliessung auf, die
vom Europarat entwickelten Vetragstexte durch umgehende
Ratifizierung in Kraft zu setzen. Vor allem am Widerstand von
Ländern wie Frankreich, Griechenland und der Türkei, die als
zentralistische Staaten die Existenz von Minderheiten ignorieren,
scheiterten bis 1993 alle Versuche, zu Schutzrechten für
Minderheiten zu gelangen. 1993 wurde unter dem Eindruck der
Ereignisse in Osteuropa mit den Minderheitsrechten vorwärts
gemacht. Es kam zur Ausarbeitung von Rahmenverträgen, die
von den meisten Staaten ratifiziert wurden. Zu einem Skandal
gerieten aber die Arbeiten der bis Ende 1994 geplanten
Fertigstellung des Zusatzprotokolls für kulturelle Rechte. Die
Arbeiten sind Ende letztes Jahr faktisch eingestellt worden. Die
erabeiteten Papiere sollen nun veröffentlicht werden.
Verantwortlich für die blockierte Situation: Frankreich,
Grossbritannien und die Türkei (NZZ. 25. 1. 96).
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Formen der Isolation
Der Bundesrat hat im Januar den Bericht über die Tätigkeiten der
Schweiz im Europarat 1995 verabschiedet. Die Schweiz hat auch
1995 Projekte des Europarats mit freiwilligen Beiträgen
unterstützt. Sie waren für eine Einrichtung zur Ausbildung der
Richter in Albanien, für ein Fernsehprogramm für die
russischsprachige Bevölkerung in Estland, für eine Schule für
Kaderleute in Politik und Verwaltung in Moskau sowie für ein
Projekt zur Ausstattung russischer Bibliotheken mit
Menschenrechtsliteratur bestimmt (NZZ. 25. 1. 96). c
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Kommissionsvorschläge zur EU-Regierungskonferenz
Die EU-Kommission präsentierte Ende Februar ihre Vorschläge
zur Reform der EU-Verträge. Laut der Kommission stellt
Maastricht II die letzte Gelegenheit dar, im Kreis von nur 15
Mitgliedstaaten die weitere Entwicklung der EU zu planen und
durch einen flexibleren Grundriss sicherzustellen, dass mit der
Erweiterung kein politischer Selbstmord verübt wird. Die
Regierungskonferenz müsse deshalb (1) verhindern, dass die
Institutionen durch neue Mitglieder aufgebläht werden, (2)
sicherstellen, dass vom Einstimmigkeitsprinzip Abschied
genommen wird und (3) dafür sorgen, dass das
Integrationstempo nicht vom langsamsten bzw. störrischsten
Mitglied vorgegeben wird. Konkret soll die Mitgliederzahl im
EU-Parlament auf 700 beschränkt werden. Allenfalls sei auch die
Stimmengewichtung im Ministerrat anzupassen. Mittels des
doppelten Mehrs könnte grössere Rücksicht auf die Mehrheit der
Unionsbevölkerung genommen werden. Pro Mitglied soll nur
mehr maximal ein Kommissar nach Brüssel entsandt werden.
Für grundsätzliche Fragen, etwa der Aussenpolitik, befürwortet
die Kommission eine besonders qualifizierte Mehrheit. Diese
sollte auch bei EU-Vertragsänderungen Geltung haben, die nicht
Verfassungscharakter haben (NZZ. 29. 2. 96).
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EU-Parlament für mehr Mehrheitsentscheide
Die Positionen des EU-Parlamentes bezüglich der
EU-Regierungskonferenz liegen nahe bei denen der
EU-Kommission. In seiner Entschliessung setzt sich das
Parlament für acht wesentliche Zielsetzungen ein: für eine klare
Definition der europäischen Staatsbürgerschaft; für wirksamere
Antworten auf die Sorgen der Bürger über Mängel bei der inneren
Sicherheit; für die Entwicklung der sozialen und der ökologischen
Dimension und der Beschäftigungspolitik; für die Stärkung der
außenpolitischen Rolle der EU; für grössere Offenheit und
Transparenz in den EU-Gesetzgebungsverfahren; für
entscheidende Fortschritte bei der Handlungsfähigkeit durch
Mehrheitsentscheidungen; für die wirksame Bekämpfung von
Betrügereien bei der Verwendung von Gemeinschaftsgeldern
sowie für einen vereinfachten und verständlichen Vertrag (NZZ.
14. 3. 96).
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Betrugsbekämpfung
Das EU-Parlament befürwortet den langfristigen Aufbau einer
gemeinsamen Zollverwaltung in der EU, um eine
wirkungsvollere Betrugsbekämpfung bei der Zollabrechnung zu
erreichen. Vorerst sollen im Aktionsprogramm ,Zoll 2000" eine
engere Vernetzung der nationalen Zollverwaltungen durch die
Einrichtung einer europäischen Zollakademie zur
gemeinschaftlichen Ausbildung von Zollbeamten der EU erreicht
werden. Der Berichterstatter zum Aktionsprogramm, der
deutsche Christdemokrat Karl von Wogau erklärte, das Ziel eines
Binnenmarktes sei erst dann erreicht, wenn mit dem
gemeinsamen Schutz der Aussengrenzen auch eine völlige
Öffnung der Binnengrenzen einhergehe. Wogau schlug die
Einführung des Begriffs ,Heimatmarkt" vor, um zu
verdeutlichen, dass die weitere Entwicklung zu einem
gemeinsamen Markt eine wirklich neue Stufe darstelle (NZZ. 18.
4. 96).
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Brüsseler Manna gegen EU-Skepsis
Um den Schweden ihren EU-Blues aufzuheitern, will Brüssel
einen Plan für die Entwicklung der Westregionen des Landes
ausarbeiten. Die Schweden der Provinzen Bohuslän, Värmland,
Skaraborg, Alvsborg und Halland blicken mit Neid zu ihren
norwegischen Nachbarn, denen es trotz Fernbleiben von der EU
blendend geht. Im vergangenen Winter beklagte die Wirtschaft
von Göteborg stagnierende Verkäufe, einen kriselnden
Immobiliensektor und steigende Arbeitslosigkeit. Brüssel möchte
die Westschweden nun davon überzeugen, aus ihrer ,Region" ein
,europäisches Schaufenster" für den Rest Schwedens zu machen.
Dazu sollen Investoren aus der EU angelockt werden. In Hinblick
auf das ,Europa der Regionen" sollen die bestehenden Provinzen
auch administratif verflochten werden (Journal de Genève, 24. 4.
96).
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Nachwehen des Reinheitsgebots
Am 12. März 1987 urteilte der EU-Gerichtshof, dass das
deutsche Importverbot von Bier, das dem deutschen
Reinheitsgebot nicht genügte, mit dem EU-Recht nicht vereinbar
sei. Eine elsässische Bierbrauerei reklamierte daraufhin
Schadenersatzpflicht. Zwischen 1981 und 1987 hätte sie durch
das faktische Importverbot Deutschlands einen Schaden von 1,8
Mio. DM erlitten. Der EU-Gerichtshof stellte fest, dass
EU-Staaten auch dann schadenersatzpflichtig werden, wenn der
ihnen zur Last gelegte Verstoss dem nationalen Gesetzgeber
zuzuschreiben ist. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum
Ersatz der Schäden, die durch Verstösse gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, könne nicht auf Schäden
beschränkt werden, die nach dem Erlass eines Urteils eingetreten
sind, sondern erstreckten sich auch auf die Schäden, die vorher
verursacht worden seien. Mit dem Urteil des EU-Gerichtshofes,
wonach der gesetzgebende Staat unter bestimmten
Voraussetzungen für Schäden haftet, die dem Einzelnen durch
Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, bleibt das
Gericht auf der Linie eines Urteils von 1991. Damals
(Rechtssache Fancovich), hatten die Richter entschieden, dass der
Staate, der eine EU-Richtlinie nicht rechtzeitig umsetze,
schadenersatzpflichtig werde, wenn einem Einzelnen dadurch ein
Schaden entstehe (NZZ. 6. 3. 96).
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Lobbying-Regelung gescheitert
Die Zahl der Interessenvertreter beim EU-Parlament übertrifft die
Zahl der Abgeordneten um ein Vielfaches. Das EU-Parlament hat
in einem neuen Anlauf vergeblich versucht, die Tätigkeit von
Lobbyisten zu regeln (beratende Leistungen, Zuwendungen und
Geschenke!). Ein britischer Mineralölkonzern allein beschäftigt in
Brüssel 400 Mitarbeiter zur Wahrnehmung seiner Interessen. Um
diesen Andrang zu kanalisieren, wurde vom
Gechäftsordnungsausschuss des Parlaments eine Vorlage
erarbeitet: ein Ausweis für den Zutritt zum Parlament hätte zur
Pflicht werden sollen. Die Interessenvertreter hätten ihn unter der
Voraussetzung erhalten, dass sie sich zur Einhaltung der
Verhaltensregeln verpflichtet hätten. Dazu hätte die
kostenpflichtige Eintragung in ein öffentlich zugängliches
Register gehört, in dem hätte angegeben werden müssen, für wen
wer auf welchen Gebieten tätig ist. Zudem hätte bei der
Verlängerung des nur zwölf Monate gültigen Ausweises ein
Bericht mit einer Auflistung aller Kontakte im Parlament verlangt
werden sollen, sowie Belege aller erbrachten Leistungen oder
Zuwendungen, die 1500 sFr überstiegen hätten. Diesbezüglich
war ein Streit programmiert, da in manchen Ländern bereits
kleinste Zuwendungen als Bestechung gelten. Im
EU-Beamtenstatut sind aber Geschenke durchaus erlaubt.
Nachdem Sozialisten und Christlichdemokraten in
Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten die vom
Geschäftsordnungsausschuss des Parlamentes erarbeiteten
Vorlage ihres eigentlichen Sinns völlig entleert hatten, blieb als
einziger Ausweg die Rückweisung in den Ausschuss. Zurück
blieben gegenseitige Schuldzuweisungen mit Vorwürfen wie
Schizophrenie, Kapitulation vor den Interessengruppen bis hin zu
Manipulationsversuchen gegenüber der Öffentlichkeit (NZZ.
20./21. 1. 96).
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Entsenderrichtlinie für 1999?
An einem Treffen vom 3. 6. 1996 erklärten sich die
EU-Arbeitsminister bereit, 1999 in ihren Staaten sogenannte
Entsende-Gesetze einzuführen. Dieser Beschluss, der gegen
britischen und portugiesischen Widerstand fiel, hat zum Ziel, dass
für entsandte Arbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen wie
für die ,einheimischen" gelten sollen. Dabei wurde ein
italienischer Kompromissvorschlag gutgeheissen, der eine
Schwellenfrist von bis zu einem Monat vorsehen kann und in
einer Öffnungsklausel den Sozialpartnern erlaubt, Ausnahmen für
Arbeiten von geringerem Umfang einzuführen. Der deutsche
Arbeitsminister Blüm schöpfte im Anschluss an die Sitzung neue
Hoffnung für ein in Deutchland geplantes Entsendegesetz, das
mittlerweile wegen Opposition diverser Arbeitgeberverbände auf
Eis liegt. Durch die eventuelle Einführung der Entsenderrichtlinie
wird die Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt teilweise
rückgängig gemacht. Die konkurrenzschwächeren Länder werden
auf die Dauer versucht sein, im Gegenzug den Marktzugang für
Güter und Dienstleistungen zu erschweren (NZZ. 4. 6. 96;
Pressedienst SGB, Nr. 12, 96).
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Konkurrenzfähige Schweizer Industrie
Eine Studie der IBM Schweiz und der Lausanner
Managementschule IMD kommt zum Schluss, dass die
Schweizer Industrie sehr wettbewerbsfähig ist. Werden der
Einsatz moderner Managementmethoden und
Produktionstechniken und der dadurch erreichte Lesitungsgrad
(messbar etwa in Durchlaufzeiten, Fehlerraten und
Kundenzufriedenheit kombiniert), erreichen nicht weniger als 75
% der Schweizer Unternehmen Spitzenwerte - in den vier anderen
Ländern Grossbritannien, Deutschland, Holland und Finnland nur
50% (Tagesanzeiger, 27. 2. 96).
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EU-Kommission gegen Öko-Steuern
Die EU Kommission hat sich gegen die Einführung von
Öko-Steuern als Mittel des Umweltschutzes gewandt. In einer
Stellungnahme zum Thema Umwelt und Handel hiess es, der Schutz
der Umwelt und die Liberalisierung des Welthandels seien
gleichrangige Ziele (NZZ. 16. 2. 96).
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Bezeichnungsschutz
Eine Serie von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der EU soll
in Zukunft nach ihren Ursprungsbezeichnungen geschützt werden
(Parmaschinken, Parmesan, spezielle Olivenöle, Süsswaren,
usw.). Vorerst wurden 318 landwirtschaftliche Erzeugnisse
definiert, die in das Verzeichnis der geschützten
Ursprungsbezeichnungen aufgenommen werden. Diese
Erzeugnisse dürfen ausschliesslich von Produzenten in einem
bestimmten Gebiet nach genau definierten
Erzeugungsbedingungen hergestellt werden. Emmentaler gilt
dabei als Gattungsbezeichnung, nicht mehr als
Ursprungsbezeichnung. Dies hängt nicht damit zusammen, dass
die Schweiz nicht EU-Mitglied ist - wie dies von manchen
Journalisten dargestellt wurde - sondern ist auf ein früheres
Versäumnis der schweizerischen Käsehersteller zurückzuführen.
EU-weit geschützt ist statt dessen auf Antrag Frankreichs die
Bezeichnung Emmental de Savoy. Vielleicht lässt sich
dieBezeichnung ,Emmentaler Emmentaler" schützen! (NZZ.7. 3.
96).
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Auslandinvestitionen der Schweiz
Eine Untersuchung der OECD (Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung) kommt zum Schluss, dass
die Schweiz innerhalb der OECD traditionell die höchste
Pro-Kopf-Quote an Auslandinvestitionen stellt. Die von
schweizerischen Unternehmen im Jahr 1994 weltweit getätigten
Direktinvestitionen beliefen sich auf eine Rekordhöhe von 11
Mrd. Dollar. Gemäss den Aufzeichnungen der OECD
investierten schweizerische Unternehmen zwischen 1983 und
1994 insgesamt fast 64 Mrd. Dollar im Ausland. Zu den
wichtigsten Destinationen zählten die USA (21,5%),
Grossbritannien (9,8%), Deutschland (8,5%) sowie Frankreich
(8,6). Aus historischen Gründen finden sich in Lateinamerika
(13,9%) weit mehr schweizerische Auslandinvestitionen als etwa
in Asien (4,2%). Demgegenüber investierten ausländische Firmen
zwischen 1983 und 1994 insgesamt nur 18 Mrd. Dollar in der
Schweiz. Die wichtigsten Auslandinvestoren kommen aus den
USA (24,2%), Frankreich (18,8%), den Niederlanden (16,7%)
und Deutschland (12,0%). Die OECD fordert, um die
Auslandinvestitionen zu fördern, die Aufhebung gewisser
Schranken gegenüber ausländischem Kapital. Der Bericht geisselt
etwa die statutarischen Beschränkungen betreffend die
Anerkennung als Aktionär, welche ausländischen Investoren die
Übernahme schweizerischer Gesellschaften erheblich erschwerten
(NZZ. 3. 5. 96).
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Neuenburg floriert
Der Kanton Neuenburg konnte in den letzten 15 Jahren nicht
weniger als 500 ausländische Gesellschaften anlocken. Nach dem
EWR-Nein war kein Einbruch zu verzeichnen. In den letzten zwei
Jahren allein konnten 80 Betriebe angezogen werden. Fancis
Sermet von der Neuenburger Wirtschaftsförderung schreibt dies
gewissen Vorteilen des schweizerischen Standortes zu: die
geographische Lage, die politische Stabilität, die Neigung der
Schweizer, Fremdsprachen zu reden, das ,Swiss made". Obwohl
die Produktionskosten hoch sind, ist die Produktivität hoch. Gut
ausgebildete Arbeitskräfte stellen einen guten Trumpf im
Standortwettbewerb dar (Berner Bund, 22. 1. 96; PME Magazine,
9. 95).
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SBN-Direktor Rich zur WWU
Georg Rich, Direktor der Schweizerischen Nationalbank (SBN),
bekundete anlässlich eines Symposiums am Europa-Institut der
Uni Basel (31. 5. 96) seine grundsätzliche Skepsis gegenüber
dem angestrebten monetären Schulterschluss, zumal für ihn der
wirtschaftliche Nutzen der WWU nicht auf der Hand liegt. Deren
Hauptnachteil besteht nach seinen Worten darin, dass die
europäische Zentralbank ihre Geldpolitik an den für die WWU als
Ganzes geltenden wirtschaftlichen Eckdaten ausrichten muss, also
keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der einzelnen Länder und
Regionen nehmen kann. Problemlos wäre die ,Globalisierung"
der Geldpolitik nur bei hoher wirtschaftlicher Konvergenz, doch
diese sei in der EU nur ansatzweise gegeben. Rich meinte, dass
die Schweiz längerfristig aus der WWU wirtschaftliche Vorteile
ziehen werde, sofern die Europäische Zentralbank wirklich eine
stabilitätsorientierte Geldpolitik führen wird: In der kurzen und
mittleren Frist dürfte im Urteil Richs die monetäre Integration
Europas für die schweizerische Wirtschaft eine Reihe von
Problemen aufwerfen. Er erinnerte an die finanzpolitischen
Sanierungsbemühungen, die wohl zumindest vorübergehend das
Wirtschaftswachstum in Europa bremsten und damit die
Exportchancen der Schweizer Industrie beeinträchtigten. Rich
sprach sich gegen eine Anbindung des Frankens an die D-Mark
bzw. später an den Euro. Die mit einer solchen Anbindung
verbundenen Anpassungsprobleme wären nämlich für die
helvetische Wirtschaft kaum geringer als die
volkswirtschaftlichen Kosten der Wechselkursschwankungen
(NZZ. 1./2. 6. 96).
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EU-Zinsniveau wäre "katastrophal"
Ein Beitritt der Schweiz zur EU mit anschliessender Übernahme
der EU-Einheitswährung würde für die Zinsen und damit die
Mieten in der Schweiz eine starke Belastung darstellen. Da
innerhalb eines Währungsraumes nur ein Zinsniveau existieren
kann und die schweizerische Volkswirtschaft zu klein ist, um die
Geldpolitik der EU beeinflussen zu können, müsste die Schweiz
zum Beitrittszeitpunkt das in der EU herrschende Zins- und
Inflationsniveau übernehmen. Die Realzinsen in der EU liegen
erfahrungsgemäss rund 2 Prozentpunkte höher als in der
Schweiz. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die
Hypothekar- und Mietzinse. Zudem wären die durch die
Wohnbau- und Eigentumsförderung des Bundes (WEG)
finanzierten Projekte betroffen. Beim heutigen jährlichen
Förderungsniveau von 3 000 Wohnungen entstünden in 25
Jahren uneinbringliche Forderungen vor 528 Mio. Fr. für jede
einzelne Jahresförderungstranche (NZZ.4./5. 5. 96).
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EU-Arbeitslosigkeit
In den Ländern der EU sind rund 5,2 Millionen Erwerbspersonen
unter 25 Jahren als arbeitslos gemeldet. Wie das Institut der
deutschen Wirtschaft mitteilte, ist damit etwa jeder fünfte
Jugendliche in der EU ohne einen Job. Die jungen Frauen und
Männer stellen derzeit 28% aller Arbeitslosen (Tagesanzeiger
23.2.96). In der EU beträgt die Arbeitslosigkeit 10,8% oder 18
Millionen Arbeitnehmer (Tagesanzeiger, 17. 5. 96).
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Euro-Promotion
Die EU will in diesem Jahr 19 Millionen Ecu für die
Informationskampange ausgeben, mit der den ,Bürgern" die
Währungsunion nahegebracht werden soll. Finanziert werden
sollen unter anderem Konferenzen, Wanderausstellungen, eine
Datenbank und Ausbildungsprogramme für Vortragsredner
(Weltwoche, 2. 5. 96).
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Ausschaltung des Parlamentes
In Belgien wurde im Mai die Ausschaltung des Parlaments
beschlossen, um der Regierung freie Hand zur Erreichung des
Maastrichter Kriterien für die Währungsunion zu geben (NZZ.
23. 5. 96).
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Eine historische Zäsur
Laut Sparkassenpräsident Horst Köhler hat sich der Deutsche
Gewerkschaftsbund deshalb klar für die Währungsunion
ausgesprochen, weil er die Aufwertung der D-Mark als
wesentliche Ursache für Wachstums- und Arbeitsplatzverluste in
Deutschland betrachtet. Mit dem Vorschlag eines ,Bündnisses für
Arbeit" von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel hätten die
Gewerkschaften den Zusammenhang zwischen Lohnkosten und
Arbeitsplätzen akzeptiert. Dies könne eine positive Zäsur von
geradezu historischer Dimension sein (Spiegel,14, 96).
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EU-Steuerharmonisierung?
Die EU-Kommission hat sich für eine geringere Besteuerung der
Arbeit und einen möglichen Ausgleich durch eine Erhöhung der
Mehrwertsteuer ausgesprochen. In einem Papier wird der
Steuerwettbewerb zwischen den EU-Mitgliedern unter anderem
für die Erhöhung der Besteuerung des Faktors Arbeit in der EU
zwischen 1980 und 1993 um rund 20% verantwortlich gemacht.
Die EU-Kommission schlägt eine einheitliche Minimalquote für
die effektive Besteuerung in der EU vor. Der für Steuern
zuständige EU-Kommissar Mario Monti sprach sich für eine
Erhöhung des durchschnittlichen Mehrwertsteuersatzes in der EU
um 1% bis 3% aus (bisher 15 %) (NZZ. 22. 3. 96).
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Genmanipulierte Lebensmittel
Das EU-Parlament verlangt, dass genmanipulierte Lebensmittel
künftig der Pflicht zur Kennzeichnung unterliegen, sofern sie sich
chemisch nachweislich von bestehenden Lebensmitteln
unterscheiden. Diese nicht besonders weitreichenden Forderung geht
weiter als der Verbraucherschutz, der dem Ministerrat vorschwebt.
Damit ist absehbar, auf welchem Niveau sich die
Kennzeichnungspflicht von genmanipulierten Nahrungsmitteln in der
EU festsetzen wird (NZZ. 14. 3. 96).
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Personenfreizügigkeit
Im April wurde in Brüssel eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen,
die den Gründen für die geringe Mobilität von Arbeitskräften
innerhalb der EU nachgehen soll. Es sollen Hindernisse beim
grenzüberschreitenden Berufs- und Wohnortwechsel identifiziert
und Vorschläge zur Verbesserung der Personenfreizügigkeit
ausgearbeitet werden. Lediglich 1,4% der EU-Bevölkerung (ca. 5
Mio. Personen) halten sich gegenwärtig in einem anderen
EU-Land auf. Demgegenüber zählt die EU 11 Mio. Ausländer
aus Drittstaaten (NZZ.24. 4. 96).
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EU empfiehlt Rückzug
Der für Aussenbeziehungen zuständige EU-Kommissar Hans
van den Broek hat dem Bundesrat am 2. Februar in Davos
nahegelegt, das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen. Laut
Tagesanzeiger löste dieser Wink bei der Schweizer Delegation
Schock und Horror aus. Van den Broek wies darauf hin, dass der
Widerstand in der Schweizer Bevölkerung gegen die
Personenfreizügigkeit anlässlich der Abstimmung zum EWR von
1992 möglicherweise auch darin begründet gewesen sei, dass der
EWR als erster Schritt in Richtung einer künftigen
EU-Mitgliedschaft verstanden wurde. Um nicht noch einmal in
diese Situation zu geraten, könnten die Schweizer Behörden ein
Interesse an der Klarstellung haben, dass eine EU-Mitgliedschaft
nicht das ultimative Ziel ist" (Tagesanzeiger, 8. 3. 96).
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Wachsendes Unabhängigkeitsbedürfnis
Laut einer Studie der ETH Zürich ist der Anteil der Befürworter
einer möglichst grossen Selbstbestimmung der Schweiz zwischen
1993 und 1995 von 37 auf 45 Prozent gestiegen. Der Anteil der
EU-Anschlusswilligen viel von 39 auf 29 Prozent zurück. Eine
dritte Fraktion schliesslich tritt für einen Kompromiss ein. Sie ist
zwar für eine Annäherung an die EU, möchte aber, dass die
Schweiz möglichst unabhängig bestimmen kann, wie stark und
wie schnell sie sich supranationalen Organisationen anschliessen
will. Der Anteil dieser Gruppe sei zwischen 1993 und 1995 von
24 auf 26 Prozent gewachsen (Tagesanzeiger, 4. 3. 96).
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Geo-Umfrage
In der Geo-Nummer zum Thema Schweiz haben die Interviewer
folgendes zu Tage gebracht: 87,3% der Schweizer empfinden sich
als ausserordentlich gastfreundlich gegenüber Touristen, aber nur
37,4% sehen auch ihre Mitlandsleute so. 71,4% bezeichnen sich
als besonders ausländerfreundlich, aber nur 21,9% lassen diese
Qualifikation auch für die anderen gelten. 76,6% der Befragten
sind nach eigener Angabe sehr weltoffen, die anderen Schweizer
betrachten aber nur 25,4% als offen (NZZ. 11. 4. 96).
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Unerfreulich
Die vom Bundesrat im Rahmen seines Dreikreisemodells
geschaffene Neuregelung, wonach seit Anfang 1995 nur noch
Saisonniers aus EU-Staaten nach 37 Monaten Arbeit in der
Schweiz eine Jahresbewilligung erhalten, wird vom
Bundesgericht nicht beanstandet. Der vor allem BürgerInnen aus
dem ehemaligen Jugoslawien diskriminierende
Umwandlungsstop ist weder gesetzes- noch verfassungswidrig.
Nach den Richtern sind Ungleichbehandlungen nach nationalen
Gesichtspunkten zulässig (NZZ. 11./12. 5. 96).
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Drei-Kreise-Modell ,rassistisch"
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus hält das
Drei-Kreise-Modell der Ausländerpolitik für unvereinbar mit dem
Internationalen Übereinkommen gegen Rassendiskriminierung.
Die nach Herkunftsregionen gestufte Zulassung von
Einwanderern sei in ihrer Grundstruktur rassistisch und fördere
negative Einstellungen gegenüber einem grossen Teil der
Bevölkerung ausländischer Herkunft (NZZ. 24. 5. 96).
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Käseherstellung unter EU-Fuchtel
Die Schweiz exportiert rund einen Viertel ihrer Milchproduktion
in den EU-Raum. Um diesen Markt offen zu halten, müssen die
Schweizer Betriebe den Brüsseler Hygieneauflagen nachkommen,
noch bevor diese in allen EU-Staaten erfüllt werden. Die
EU-Auflagen punkto Milch- und Milchproduktequalität
(EWGR92/46) hätten ursprünglich bereits ab Anfang 1994 erfüllt
sein müssen. Die EU-Kommission verschob die Frist dann aber
mehrmals. Zuletzt wurde sie auf Anfang 1997 erstreckt. In den
EU-Ländern selber muss die Hygienerichtlinie erst ab 1998
vollständig umgesetzt sein. Damit verlangt die EU von
Drittstaaten Dinge, die sie sich selber nicht auferlegt - was wohl
als protektionistisches Grossmachtgehabe zu betrachten ist (NZZ.
9. 4. 96).
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Gewerkschaftsbund - EUphorisch, ohne Argumentationen
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat den Bundesrat
aufgefordert, aus der europapolitischen Defensive herauszutreten.
Die Integration der Schweiz in die EU müsse in drei Etappen
erfolgen. Zunächst sollen in den kommenden Monaten die
bilateralen Verhandlungen abgeschlossen werden, dann sei ein
zweiter Anlauf für einen EWR-Beitritt anzustreben. Mit einem
Beitritt zur EU soll der Integrationsprozess abgeschlossen
werden. Gründe für den EU-Beitritt wurden keine angegeben.
Damit geht man sicher, dass diese nicht kritisiert werden können.
(NZZ. 23. 2. 96).
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Verfassungsrevision
Nach dem Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens lässt der
Bundesrat nicht locker und möchte unbedingt die
Unterschriftenzahlen für Initiative und Referendum erhöhen (150
000 für Initiativen; 100 000 für Referenden). Auf Druck der
Wirtschaftsverbände wird der programmatische Artikel über
Sozialziele anders formuliert. Bezüglich der
Verfassungsgerichtsbarkeit ist der Bundesrat ebenfalls
zurückgekrebst: Das Bundesgericht soll Bundesgesetze auf ihre
Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Völkerrecht prüfen dürfen -
allerdings nicht von sich aus und abstrakt, sondern nur in
konkreten Anwendungsfällen, und wenn individuelle
Rechtsansprüche betroffen sind. Zum anderen befürwortet der
Bundesrat Zugangsbeschränkungen zum überlasteten
Bundesgericht. Für das neue Volksrecht des Verwaltungs- und
Finanzreferendums soll die Latte höher gelegt werden als geplant.
Ursprünglich hatte er vorgeschlagen, dass auf Antrag eines
Drittels der National- und Ständeräte Bewilligungen für
Kraftwerke, Konzessionen, Rüstungskäufe und ähnliche
Grossvorhaben dem fakultativen Referendum unterstellt würden.
Nach dem neuen Vorschlag braucht es dafür einen
Mehrheitsbeschluss. TA 24/25.8.96
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Kleine Aussenpolitik
Die grenzüberschreitende, kantonale Zusammenarbeit boomt seit
dem EWR-Nein. Die dafür zuständige Bundesstelle wurde
aufgestockt. Kantone können künftig bilaterale Verträge
abschliessen und versuchen, von dieser Möglichkeit regen
Gebrauch zu machen. Die Kantone betreiben dabei vor allem
Regionalpolitik. Folgende Institutionen widmen sich der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Arbeitsgemeinschaft des
Jura, Französisch-Genferisches Regionalkomitee, Genferseerat,
Cotrao, Grenzüberschreitende Mont-Blanc-Konferenz,
Oberrheinkonferenz, Rat Wallis-Aostatal, Internationale
Bodenseekonferenz, Arge Alp, Regio Insubrica, Regio Sempione.
Diese Aktivitäten, eine positive Konsequenz des EWR-Neins,
zeigen, dass die Schweiz sich vernetzen kann, ohne sich in den
Westeuropäischen Block zu integrieren. Berner Bund, 22.7.96.
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WHO und britisches Rindfleisch
Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich Mitte
Mai in Genf für eine Überprüfung des EU-Importverbots für
britisches Rindfleisch ausgesprochen. Nach einem dreitägige
Expertentreffen zum Rinderwahnsinn und der
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit erklärte der amerikanische
Wissenschafter Joe Gibbs, bisher habe kein Beweis für eine
Übertragung des Rinderwahnsinns auf den Menschen erbracht
werden können. Das totale Importverbot lasse sich daher
wissenschaftlich nicht begründen (NZZ. 17. 5. 96).
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"Maastricht" vor Gericht
Der Vertrag von Maastricht kommt wieder vor ein Gericht. In
Dänemark muss geprüft werden, ob der der Maastrichter Vertrag
überhaupt dem dänischen Verfassungsrecht entspreche. Zwölf
Däninnen und Dänen - darunter ein Werftarbeiter, eine
Fischergattin und ein Musiker - haben gegen den dänischen
Ministerpräsidenten Poul Nyrup Rasmussen Klage eingereicht.
Laut Artikel 20 der dänischen Verfassung darf Souveränität nur in
einem "genau bestimmten Rahmen" abgetreten werden.
Gleichzeitig sieht aber der Maastrichter Vertrag in Artikel 235
vor, dass sich die EU ohne Vertragsänderung zusätzliche
Kompetenzen aneignen kann.
Das Höchste Gericht Dänemarks hat Mitte August beschlossen,
dass die Klage zu akzeptieren sei und von einem Amtsgericht
überprüft werden solle. Nach dem von dänischen Politikern und
Juristen als sensationell bezeichneten Urteil muss Regierungschef
Nyrup Rasmussen die bisherigen Verfahrenskosten der
klagenden Bürger begleichen. Diese belaufen sich auf rund 15
000 Franken. Die Stellung der dänischen Bürgerinnen und Bürger
in der EU-Politik wird durch dieses Gerichtsurteil gestärkt.
Verändert wurde auch die Verhandlungsposition Kopenhagens
bei der laufenden EU-Regierungskonferenz. Zudem gerät der
Maastricht-II-Fahrplan in Gefahr. "Eine Ratifizierung von
Maastricht II kommt erst in Frage, wenn die vorliegende Klage
geprüft ist", sagte der Aussenminister Niels Helveg Petersen. Es
wird mit einer Prozessdauer von bis zu vier Jahren gerechnet.
Gäben die Richter den klagenden Bürgern schliesslich auch in der
Sache recht, wäre die dänische EU-Mitgliedschaft ernsthaft in
Frage gestellt. TA 16.8.96.
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Das EU-Parlament erwägt
A. in der Erwägung, dass die Wirtschaft in der EU 1995 nur ein
sehr schwaches jährliches BIP-Wachstum von 2,5% verzeichnete,
wobei das Wachstum in den letzten Monaten des Jahres 1995
nahezu zum Stillstand kam, sowie in der Erwägung, dass die
Kommission ihre letzten Wachstumsprognosen für 1996
auflediglich 1,5% nach unten korrigiert hat, wobei für einige
Mitgliedstaaten mit Wachstumsraten von unter 1% gerechnet
wird,
B. in der Erwägung, dass die Arbeitslosenzahl in der EU einen
historischen Höchststand von ungefähr 18 Millionen Menschen
erreicht hat und dass mindestens 50 Millionen Menschen unter
sozialer Ausgrenzung und Armut leiden, sowie in der Erwägung,
dass die jüngsten Zahlen auf einen weitere Zunahme der
Arbeitslosigkeit in den meisten Mitgliedstaaten hindeuten,
C. in der Erwägung, dass die Binnennachfrage in der EU
angesichts der Vertrauenskrise der Verbraucher sehr schwach ist,
wobei diese Krise durch Faktoren wie eine hohe
Arbeitslosenquote sowie in einigen Mitgliedstaaten festgestellte
Bedrohungen für die Zukunft der sozialen Sicherheit und die
Reallöhne weiter geschürt wird, während sich, wie aus dem
Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht, die hohen Gewinnspannen
nicht in höheren Privatinvestionen oder einer höheren
Erwerbstätigenquote niedergeschlagen haben
D. in der Erwägung, dass die öffentlichen Investitionen in der EU
als Teil des BIP von durchschnittlich 3,5% Anfang der 80er Jahre
allmählich auf derzeit weniger als 2,5% zurückgegangen sind .....
" Entschliessung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik,
B4-0731, 0747, 0750 und 0757/96.
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EU-Abgeordnete wollen Bezüge offenlegen
Nachdem ein erster Versuch, zu transparenteren
Lobbying-Verhältnissen in Brüssel zu gelangen, kläglich
gescheitert war (siehe EM 2/96), raffte sich das EU-Parlament
nun doch noch zu einer, wenn auch abgespeckten Regelung des
Lobbyings durch. Die EU-Parlamentarier haben sich darauf
beschränkt, den EU-Wählern Einblick in ihre wichtigsten
Einkommensquellen zu gewähren. Künftig müssen die
Volksvertreter alle ihre beruflichen Tätigkeiten und auch ihre
übrigen, gegen Entgelt ausgeübten Funktionen in ein öffentlich
zugängliches Register beim Parlamentspräsidium eintragen
lassen. Ausserdem sollen alle finanziellen, personellen und
materiellen Vergünstigungen, die ein Abgeordneter zusätzlich zu
den vom Parlament bereitgestellten Mitteln von Dritten erhält,
unter Angabe von deren Namen eingetragen werden. Die
Forderung nach einer ihr ganzes Vermögen umfassende
Erklärung, wurde als zu starker Eingriff ins Privatleben
abgelehnt. Bezüglich der Erfassung der Lobbyisten wurde eine
auf Freiwilligkeit beruhende Lösung gewählt. Diese können sich
nun in ein Register eintragen, das ihre Auftraggeber angibt. Dies
um zu verhindern, dass immer mehr Abgeordnete die für sie
interessanten Lobbyisten als ihre Mitarbeiter deklarieren und sich
so von der Offenlegungspflicht ihrer eigentlichen Arbeitgeber und
ihrer Tätigkeit zu befreien. Da dies ohnehin schon immer häufiger
geschieht, kann das Parlament jetzt eine Höchstzahl von
Mitarbeitern pro Abgeordneten festsetzen. NZZ 19.7.96
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Neuer Zoll der Türkei auf EU-Gütern
Die Türkei wird wieder einen Einfuhrzoll für Güter aus Staaten
der EU erheben. Die Zölle waren erst am 1. Januar mit dem
Inkrafttreten der Zollunion mit der EU abgeschafft worden. Im
vergangenen Jahr exportierte die Türkei Güter im Wert von 20
Mrd. $, importierte aber zugleich Güter im Wert von 30 Mrd. $.
Die Gütereinfuhr aus den EU-Ländern war nach Aufhebung der
Zollunion anfangs des Jahres drastisch gestiegen. Bei Abschluss
der Zollunion wurde vereinbart, dass die Türkei für die Verluste
infolge des Abbaus der Zollschranken finanzielle Unterstützung
in der Höhe von 3 Mrd. $ von der EU erhalten soll. Diese
Vereinbarung wird on Griechenland blockiert. NZZ 24.7.96
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Roms erster Schritt zur Dezentralisierung
Der Reform- und Regionenminister Bassanini hat einen
Gesetzesentwurf vorgestellt, in dem die Aufgaben des
Zentralstaates abschliessend aufgezählt sind; alle nicht erwähnten
Gebiete verbleiben den nachgeordneten Gebietskörperschaften.
Bis 1999 soll der Staate eine ganze Reihe von Kompetenzen an
die Regionen, Provinzen und Gemeinden abgeben. Das ganze
Erziehungswesen, die Justizorganisation und die Polizei sollen
allerdings nach wie vor in den Händen des Zentralstaates
verbleiben. Von wirklicher Dezentralisierung kann nur bei der
Abgabe von Steuerkompetenzen nach unten gesprochen werden.
Auch diesbezüglich scheint die italienische Regierung vorwärts
machen zu wollen. Eine detaillierte Neuordnung soll bis
Jahresende vorgelegt werden. NZZ 22.6.96
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Jean Monet und die "europäische Identität"
Jean Monet, Urheber des Schumann-Planes von 1950, der 1951
zur ersten der europäischen Gemeinschaften, der Montanunion
(Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) führte, hat sich
je länger, je mehr gegen eine europäische Identität zur Wehr
gesetzt, die nur den ausgedienten Nationalismus auf einer höheren
Ebene wiederhergestellt hätte. NZZ 9.7.96 (Buchbesprechung
von Jacques van Helmont, François Fontaine, Jean Monnet,
Fondation Jean Monet pour l'Europe et Centre de recherches
européennes, Lausanne 1996). ende kurzinfos.
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Abbau der Diskriminierung durch Ursprungsregeln
Der EU-Ministerrat hat Ende Juli beschlossen, die
Ursprungsregeln im Rahmen des europäischen Freihandels zu
vereinheitlichen. Bei den Ursprungsregeln ging es um folgendes:
Nur Güter, deren Wert bis zu einem bestimmten Prozentsatz in
einem Land produziert wurden, durften im Rahmen der
Freihandelsverträge zollfrei die Grenzen überschreiten. In der
Schweiz wurde vor allem die Textilindustrie von diesen
Regelungen betroffen, da in dieser Industrie jeweils nur ein
ungenügender Teil der Wertschöpfung in der Schweiz erfolgt.
Durch den EWR war die Frage der Ursprungsregeln - trotz oft
gegenteiliger Behauptungen - nur schwach betroffen. Im ersten
bilateralen Vertrag nach dem Nein zum EWR wurden die
Ursprungsregeln Schweiz-EU an das EWR-Niveau angepasst.
Davon war damals wenig zu hören. Erst durch einen EU-Beitritt
wären die Ursprungsregeln entfallen. Brüssel unternahm nun
einen Vorstoss, um das sogenannte System der paneuropäischen
Kumulation einzuführen. Produkten, die entweder im EU-Raum,
im EWR-Raum, im Rahmen des EFTA-Freihandelsabkommens
(Schweiz, Island, Norwegen) oder in den 10 assozierten Staaten
Mittel- und Osteuropas die Ursprungsbescheinigung gemäss
Abkommen erlangt haben, behalten diesen ungeachtet weiterer
Verarbeitung in den beteiligten Ländern. Die paneuropäische
Kumulierung wird vor allem der helvetischen Textilindustrie zum
Vorteil gereichen. Beim passiven Veredelungsverkehr (= die
Verlagerung von arbeitsintensiven Produktionsprezesse in
Billiglohnländer) wird diese nun nicht mehr diskriminiert, sofern
die Auslagerung in die von der EU-Regelung betroffenen Länder
erfolgt (d.h. in die ehemaligen Ostblockstaaten).
Interessanterweise wurde die Entscheidung des EU-Ministerrates
von den Behörden und den interessierten Verbänden in der
Öffentlichkeit verschwiegen. Die NZZ äusserte diesbezüglich
erstaunen. Mit dem Entscheid des Ministerrates verlieren aber die
EU-Beitritts-Befürworter eines ihrer letzten stichhaltigen
wirtschaftlichen Argumente für den EU-Beitritt. Das Schweigen
des Bundesrates und der Textilindustrie erstaunt deshalb kaum.
NZZ 2.8.96.
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Last des EWR-Neins?
Die Maschinenindustrie liebt das Jammern über die denkwürdige
EWR-Abstimmung. Schwierigkeiten versucht sich dem
Entscheid des Schweizer Volkes anzulasten. Versucht man nach
fassbaren Folgen des Neins zum EWR zu suchen, findet man
eigenartiger weise nichts greifbares. Da wird von der Summe der
Nachtteile geredet, die alleine zwar unbedeutend seien, im ganzen
aber doch gravierend. Als Beispiele hört man dann von
"psychologischen Folgen", von Schalteröffnungszeiten, die
eingehalten werden müssen, von vermehrtem Papierkrieg mit der
Mehrwertsteuer usw. Dabei gilt zu beachten, dass die verschärfte
Konkurrenz auf dem EU-Markt vor allem den
Konvergenzkriterien zuzuschreiben ist. Dass die Probleme der
EU-Länder zu mehr verstecktem Protektionismus führt ist
verständlich und hat nichts mit dem EWR-Nein zu tun. Die
Schalteröffnungszeiten ebensowenig, da die Grenzkontrollen
durch den EWR nicht abgeschafft worden wären. Vermehrter
Papierkrieg bezüglich der Mehrwertsteuer wird auch von
EU-KMU's beklagt. Das methodische Vorgehen des Verbandes
der Maschinenindustriellen ist ebenfalls etwas fragwürdig. Die
angeblichen Benachteiligungen werden über Befragungen
erhoben. Dabei wird nicht untersucht, welchen Einfluss die
Medien auf die Wahrnehmung der Unternehmer haben. Es
wurden Umfragebogen verschickt. Fast ein Drittel davon kam
zurück (295/950). Laut jedem Lehrbuch für empirische
Soziologie ist eine solche Untersuchung unseriös. Weniger
Fragebogen bei abgesicherter Repräsentativität wäre bedeutend
mehr! Zuletzt wurde bei der Publikation der Ergebnisse die
Kategorie "lästig bis bedrohlich" geschaffen. Eine seriöse
Untersuchung müsste Zahlen für "lästig" und "bedrohlich"
separat auflisten. Wahrscheinlich waren die entsprechenden
Resultate aber zuwenig ausschlachtbar. Beachtlich ist, dass nur
26% der Betriebe bei einem Scheitern der bilateralen Verhandlung
als Alternative sehen. NZZ 15.8.96
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Deutsche Metallindustrie
Die Deutsche Metallindustrie hat in den Ersten fünf Monaten
1996 fast 70 000 Stellen abgebaut. Für das Gesamtjahr
prognostiziert der Arbeitgeberverband einen Verlust von 120 000
Stellen. TA 13.8
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Kurzfristig und langfristig
An der Jahresversammlung des Arbeitgeberverbandes und des
Branchenverbandes der Schweizer Maschinenindustrie ging
Martin Purtscher, Landeshauptmann des österreichischen
Bundeslandes Vorarlberg, auf die Folgen des EU-Beitrittes
Österreichs ein. Er wies darauf hin, dass mit der Marktöffnung
kurzfristig die Anpassungskosten überwiegen und erst mittel- und
langfristig positive Wohlstandeffekte Platz greifen. (NZZ
21.9.96) Wie sagte doch M. Keynes? - langfristig sind wir alle
tot.
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WTO lässt Hormone zu
In der letzten Vollversammlung der Codex Alimentarius
Kommission der Welthandelsorganisation WTO wurde in geheimer
Abstimmung beschlossen, künftig bestimmte Hormone in der
Tiermast zuzulassen. Damit dürften künftig Einfuhrverbote von
Hormonfleisch als Handelshemnisse betrachtet und vom
GATT-Schiedsgericht als solche verboten werden (Kultur und
Politik, Nr. 3. 96)
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Volksabstimmung in Japan
Die Bürger der nordjapanischen Kleinstadt Maki haben sich in
einer Abstimmung mit 61 Prozent gegen den Bau eines
Kernkraftwerks entschieden. Der erst im Januar dieses Jahres
wegen seiner Ablehnung des Kernkraftwerkprojekts gewählte
Bürgermeister Takaaki Sasaguchi hatte vor dem Plebiszit
zugesagt, dass er sich an das grundsätzlich nicht bindende Votum
halten werde. Gegenwärtig sind in Japan landesweit verstreut 49
Kernkraftwerke in Betrieb, mit denen knapp 30 Prozent des
gesamten Stromenergiebedarfs gedeckt wird. NZZ 5.8.96
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Fischereipolitik
Überall in der EU wird derzeit Raubbau an den Fischbeständen
betrieben. Zur Erhaltung der Bestände müssten die zulässigen
Fangmengen erheblich gesenkt werden. Die Aufsichtsbehörden
sind weitgehend machtlos gegenüber illegalen Praktiken. Das geht
aus dem ersten, auf Verordnung 2847/93/EWG basierenden
Bericht der Kommission über die Kontrolle der Fischerei hervor.
EUR-OP, Nr. 2, Sommer 96.
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Umweltvisionen
Die Mautgebühren am Brenner stossen in Brüssel auf
Ablehnung. Die EU-Kommission sieht einen Verstoss gegen
geltendes EU-Recht, konkret gegen die Wegekostenrichtlinie
93/89. Demnach müssen Gebührensätze durch
Infrastrukturkosten, Gebührenerhöhungen folglich durch
gestiegene Bau-, Betriebs- oder Ausbaukosten gerechtfertigt
werden. Zudem darf keine Diskriminierung von in- und
ausländischen Fahrzeugen erfolgen. Die EU-Kommission droht
der Österreichischen Regierung mit einer Klage vor dem
EU-Gerichtshof. NZZ 26.7.96
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Gentech-Soja
Das Bundesamt für Gesundheitswesen beschäftigt sich intensiv
mit dem in der Schweiz ersten Gesuch, ein gentechnisch
verändertes Nahrungsmittel einzuführen. Eingereicht hat es der
amerikanische Monsanto-Konzern; er will gentechnisch
veränderte Sojabohnen in die Schweiz importieren. Sollte die
Einfuhr bewilligt werden, stellt sich die Frage der Deklaration.
Nach schweizerischem Lebensmittelrecht müssen
Nahrungsmittel, die gentechnisch veränderte Organismen
enthalten, mit dem Label "GVO" gekennzeichnet werden. Davon
ausgenommen sind nur Nahrungsmittel, zu deren Herstellung
zwar gentechnische Methoden angewendet werden, die aber kein
gentechnisch verändertes Erbmaterial mehr in sich tragen. Diese
Deklarationspflicht gilt - im Gegensatz zur EU-Gesetzgebung -
auch bei Gemischen, in denen nur ein kleiner Teil gentechnisch
veränderter Substanzen vorkommt. In der EU will man
gentechnisch veränderte Produkte grosszüger behandeln. Als
Richtschnur zur Kennzeichnungspflicht soll die sogenannte
"substantielle Äquivalenz" gelten. Gentechnisch veränderte
Lebensmittel sind nur zu deklarieren, wenn sie deutlich von
herkömmlichen abweichen. NZZ 10/11. 8. 96
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Klima-Durchbruch
Die 158 Unterzeichnerstaaten der Uno-Klimakonvention in Genf
konnten sich im Grundsatz auf völkerrechtlich verbindliche
Schadstoff-Reduktionsziele einigen. Die beteiligten Staaten
anerkennen den menschlichen Einfluss auf den bedrohlichen
Anstieg der Treibhausgas- und Aerosolkonzentration in der
Atmosphäre erstmals auf höchster politischer Ebene. Das
Schlussdokument verlangt völkerrechtlich verbindliche
Reduktionsziele für die Jahre 2005, 2010 und 2020. In die Pflicht
genommen werden vorerst bloss die Industrieländer. Den
Entwicklungs- und Schwellenländern wird weiterhin ein
Nachholbedarf zugestanden. Am Genfer Klimagipfel gab es aber
noch keine Übereinstimmung bezüglich der mengenmässig
festzulegenden Reduktionsziele oder allfälliger Sanktionen bei
Zuwiderhandlung. Materielle Ergebnisse werden Aufgabe der
dritten Parteienkonferenz der Klimakonvention in Japan 1997
sein. TA 19.7.96
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Seuchengefahr
Die Veränderung des Klimas könnte auch gravierende
Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Seuchen drohen auf
Gegenden überzugreifen, in denen sie bislang unbekannt waren.
So könnte sich im Falle einer Erwärmung die Malaria in Teilen
der USA, in Südeuropa und in Australien ausbreiten. In
Grossstädten könnten zudem Tausende von Menschen jährlich
durch Hitzewellen umkommen. TA 10.7.96
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Zugeständnisse bewirken Verschlechterung
"Alle Zugeständnisse in den Verhandlungen mit der EU
(schrittweiser Verzicht auf die 28-Tonnen-Limite, Lockerung des
Nachtfahrverbots) bewirken eine Verchlechterung der
Rahmenbedingungen der Bahn." NZZ 14.6.96.
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Sozialcharta - Bundesrat kippt
Der vehemente Widerstand der Wirtschaftsverbände hat bewirkt,
dass der Bundesrat, nachdem er sich lange für die Ratifikation der
Europarats-Sozialcharta eingesetzt hatte, diese nun vorerst
ablehnt. Besonders BR Villiger legte sich ins Zeug, um den
Kurswechsel - der lebendiges Zeugnis davon ablegt, was der
Bundesrates und der Wirtschaftsverbände unter "Offenheit"
verstehen - durchzuziehen. Die Sozialcharta verpflichte zum
stetigen Ausbau des Sozialstaates. Dies wecke Hoffnungen, die
angesichts der Finanzperspektiven der Sozialwerke vorderhand
ohnehin nicht erfüllt werden könnten. Damit gibt Villiger vor, den
Text der Sozialcharta zum Nennwert zu nehmen. Die EU-Länder
zeigen diesbezüglich weniger Skrupel, da sie trotz Ratifizierung
der Sozialcharta munter Sozialabbau betreiben. TA 3.9.96
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Kinderarbeit
Jedes achte zehn- bis vierzehnjährige Kind muss arbeiten. Über
die jüngeren liegen keine Zahlen vor. Dies macht bei der erfassten
Altersgruppe weltweit 73 Millionen arbeitender Kinder aus.
Importsperren und ähnliche Massnahmen gegen die von Kindern
produzierten Güter erweisen sich oft nur als Importschutz der
reichen Länder. Die Kinder landen auf der Strasse - ohne dass
ihnen irgendwelche Alternativen angeboten würden. TA 4.9.96
|
Gleichstellungsgesetz
Am 1. Juli ist das Gleichstellungsgesetz in Kraft getreten, das die
Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt verbietet. Das
Gesetz betrifft nicht nur Lohn, Anstellung, Kündigung, Aus- und
Weiterbildung und Beförderung, sondern auch Arbeitszuteilung
und Arbeitsbedingungen. Eine Sekretärin, die ständig den Kaffee
für die ganze Abteilung kochen muss, bloss weil alle ihre
Kollegen Männer sind, kann sich weigern, diese lästige Pflicht zu
übernehmen. Das Gesetz verankert die sogenannte
Beweislasterleichterung: Eine Frau muss nicht beweisen, dass sie
diskriminiert worden ist, sie muss eine Ungleichbehandlung
aufgrund des Geschlechts nur glaubhaft darlegen können. Reine
Behauptungen genügen nicht. Umgekehrt muss aber der
Arbeitgeber nachweisen können, dass keine Diskriminierung
vorliegt. Frauen, die sich wegen einer Diskriminierung bei ihrem
Arbeitgeber beschweren oder ein Gerichtsverfahren einleiten, sind
vor Rachekündigung geschützte. Dieser Schutz gilt bis sechs
Monate über den Abschluss eines Prozesses oder
Beschwerdeverfahrens hinaus. Das neue Gleichstellungsgesetz
beweist, dass die Schweiz auf dem Gebiete der
Gleichberechtigung fortschreiten kann, ohne der EU beizutreten.
Anlässlich des EWR-Abstimmung wurde von befürwortenden
Frauen immer wieder ins Feld geführt, ein EWR-Beitritt würde
uns die Gleichstellungsrichtlinien der EU bringen. In autonomer
Entwicklung ist das Niveau der EU (oder bei entsprechendem
Einsatz der Frauen) sogar ein höheres Niveau erreichbar. TA
28.6.96
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Wirksame Umwelt-Konventionen
Die zwischen den europäischen und nordamerikanischen Staaten
abgeschlossenen Umweltschutzverträge zeigen erste Wirkungen.
Dies gab die UNO-Wirtschaftskommission für Europa (ECE) im
Februar in Genf bekannt. Der Ausstoss von Schwefeldioxid ist in
Europa seit 1980 um 21 Millionen Tonnen zurückgegangen.
Weniger eindrucksvoll ist der Rückgang der Emissionen von
Stickoxiden. Sie nahmen in 15 Jahren lediglich um zwei Millionen
Tonnen ab. Die verschiedenen Konventionen und Protokolle über
grenzüberschreitende Luftverschutzung wurden im Rahmen der
ECE zwischen 1979 und 1994 abgeschlossen (Tagesanzeiger, 13. 2.
96).
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Kluft immer grösser
Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.
Wirtschaftliches Wachstum geht an einem Viertel der
Weltbevölkerung gänzlich vorbei. 89 Ländern geht es heute
wirtschaftlich schlechter als vor zehn Jahren. Der alljährlich
erstellte Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten
Nationen (UNDP) führt auf, dass 1,6 Milliarden Menschen heute
schlechter als vor 15 Jahren leben. Unter den reichen Ländern
geht es nur dreien schlechter als in den 80er Jahren: Finnland,
Island und Kanada. Dagegen ist in 70 Entwicklungsländern das
heutige Einkommensniveau niedriger als vor 20 oder 30 Jahren.
Das Vermögen der 358 bekannten Dollarmilliardäre übersteigt
das jährliche Gesamteinkommen der Länder, in denen fast die
Hälfte der Weltbevölkerung lebt. TA 17.7.96
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Europäischer Gewerkschaftsbund
Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) werde sich nicht
damit abfinden, dass die Europäische Union unfähig sei, verstärkt
und koordiniert etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu unternehmen.
Der mangelnde politische Wille, dazu, wie er auf dem EU-Gipfel
in Florenz sichtbar geworden sei, wäre besorgniserregend und
schädlich sowohl für die Wirtschafts- und Währungsunion, als
auch für das Vertrauen, das Bürger und Arbeitnehmer in die
Union setzten. Diesen Standpunkt vertrat eine EGB-Delegation
am 16. 7. 96 bei einem Treffen mit dem irischen
Ministerpräsidenten und amtierende Präsidenten des
Europäischen Rates John Brutton in Dublin (SGB-Pressedienst,
25. 7.96) Dass sich der EGB mit der Unfähigkeit der EU, die
Arbeitslosigkeit in Griff zu bekommen abfinden wird, darauf
kann jede Wette abgeschlossen werden. Das Verhalten des EGB
während den letzten 10 Jahren ist dafür Tatbeweis genug.
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CH-Topmanager verdienen mehr
Die Löhne der CH Topmanager haben 1996 um 7 Prozent
zugelegt. Dabei wird die Spitze der höchstverdienenden immer
schmäler. Die Top-Manager fahren mit Mercedes vor, essen in
den besten Lokalen, lassen sich ihre Anzüge massanfertigen,
bauen Stellen ab, streichen den Teuerungsausgleich, kündigen
Arbeitsverträge, um sie zu schlechteren Bedingungen wieder
abzuschliessen (sic. TA 9.9.96) und sie predigen mehr
Konkurrenz, wettern gegen "Besitzstandsdenken" und lahme
Entscheidungsprozesse in der direkten Demokratie.
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Drei-Kreise-Modell
Die Vereinigung der Angestelltenverbände, der Christlich
Natonale Gewerkschaftsbund, der Hotelier-Verein, der
Schweizerische Gewerbeverband, der Schweizerische
Bauernverband, der Schweizerische Baumeisterverband,
Gastrosuisse, der Schweizer Tourismusverband und der
Schweizerische Gewerkschaftsbund gaben in Sachen
Übergangsregelung für die Saisonniers aus Ex-Jugoslawien ein
Rechtsgutachten bei Prof. Auer, Staatsrecht, Genf, in Auftrag.
Prof. Auer kam zu folgenden Schlüssen: Das vom Bundesrat
1991 im Hinblick auf die EWR- und EU-Integration verfügte
Drei-Kreise-Modell verstösst gegen das "Internationale
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von
Rassendiskriminierung". Trotz des vom Bundesrat im
Abkommen ausgesprochenen Vorbehaltes bezüglich des
Drei-Kreise-Modells ist die Schweiz verpflichtet, die
entsprechenden gesetzlichen Grundlagen anzupassen. Damit stützt
der Staatsrechtsprofessor Andreas Auer die Stellungnahme der
Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) vom
April dieses Jahres auch mit juristischen Argumenten. Im Sinne
des Übereinkommens gegen Rassendiskriminierng April dieses
Jahres auch mit juristischen Argumenten. Im Sinne des
Übereinkommens gegen Rassendiskriminierng sind die Behörden
nämlich verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, die Rassismus
verhindern und gesellschaftliche tendes internationales
Abkommen verletze: den "Internationalen Pakt über die
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte". Sowohl dieser
internationale Pakt als auch Artikel 4 der Schweizerischen
Bundesverfassung garantieren das Prinzip der Gleichheit und der
Gleichbehandlung. Mit der bundesrätlichen Migrationspolitik
wird somit heute internationales als auch verfassungsmässiges
Recht verletzt. Zuletzt verletzt nach Auer die bundesrätliche
Migrationspolitik das verfassungsmässige Prinzip der Legalität,
da für die heutige Politik die gesetzlichen Grundlagen fehlen
(SGB Pressedienst, Nr. 16, 1996).
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Etwas Schizophren
An der Delegiertenversammlung vom 31. August 1996 in Zürich
verlangten die Grünen vom Bundesrat, das Drei-Kreise-Modell
durch eine diskriminierungsffreie Regelung zu ersetzen. Das
Modell sei in seinem Kern rassistisch. Bei der Beurteilung der
Personenfreizügigkeit gegenüber den EU-Staaten ergaben sich
erhebliche Unterschiede. Der Berner Luzius Theiler verlangte, das
Ja zum freien Personenverkehr müsse mit dem ausdrücklichen
Vorbehalt verbunden werden, dass diese "nicht mit einer
zusätzlichen Diskriminierung für Nicht-EU-Angehörige erkauft
wird." Dem trat die frühere Berner Nationalrätin Rosmarie Bär
entgegen. Der "Schlaumeierantrag" Theilers laufe faktisch auf ein
Nein zur Freizügigkeit hinaus. Doch wenn man für eine offene
Schweiz eintrete, dürfe man diesen ersten Schritt nicht ablehnen.
Der Antrag von Luzius Theiler wurde abgelehnt. Damit treten die
Grünen faktisch für eine künftige Diskriminierung von
Nicht-EU-Angehörigen ein. Die EU-Freizügigkeit als ersten
Schritt hin zu einer "offenen Schweiz"! Soviel Blauäugigkeit kann
selbst Frau Bär nicht von uns verlangen. 2.9.96.
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EWR-Tatsachen
Botschafter Bruno Spinner trat den Bestrebungen entgegen, im
Augenblick eine neue EWR-Beitritts-Debatte in Gang zu setzen.
Er rief dabei den EWR-Befürworten einige Tatsachen in
Erinnerung:
"1) Die Schweiz hat nicht etwa 'ein Recht auf EWR-Beitritt',
sozusagen per Knopfdruck, sondern sie wurde im
EWR-Anpassungsprotokoll der EWR-Vertragsparteien vom 17.
März 1993 lediglich eingeladen, Verhandlungen über den späteren
Beitritt zum EWR aufzunehmen.
2) EWR-Beitrittsverhandlungen wären keine blosse Formalität:
sie müssten mit der Europäischen Union, den 15
EU-Mitgliedstaaten und den drei EWR-Staaten, die alle ein
Verhandlungsmandat brauchen, geführt werden. Das
Verhandlungsergebnis, d.h. der Vertrag über die Modalitäten des
schweizerischen Beitritts zum EWR-Abkommen, müsste
wiederum von allen Vertragsparteien aufgrund deren interner
Rechtsordnung genehmigt werden.
3) Inhaltlich hat sich die EWR-Substanz, d.h. der sogenannte
EWR-relevante EU-Besitzstand, seit dem Stichdatum vom 31.
Juli 1991 quantitativ mehr als verdoppelt und qualitativ wesentlich
erweitert. Verhandlungsgegenstände wären unter anderem:
Übergangsregelung zur vollständigen Freizügigkeit für Personen;
Übernahmemodalitäten für das gesamte Sozial- Umweltschutz-
und Amtshilferecht (Finanzdienstleistungen) der EU;
Alpentransitregime; Übernahmemodalitäten für das
EU-Wettbewerbsrecht; Übergangsregelungen für die
Abschaffung der kantonalen Brandversi-cherungsmonopole;
schweizerische Beiträge an den EWR-Kohäsisonsfonds; Einsitz
und Gewicht schweizerischer Vertretern in den EU- und
EWR-Ausschüssen sowie in den supranationalen Efta-Behörden
(Efta-Gericht und Efta-Überwachungsbehörde). Ohne über die
Minimaldauer des EWR-Beitrittsprozesses spekulieren zu wollen,
scheint es mir doch etwas unverantwortlich zu sein, wenn
lediglich von einigen Monaten die Rede ist.
4) Für die vernünftige Einordnung der EWR-Option ist auch
wichtig zu wissen, über was nicht verhandelt würde, weil diese
Gegenstände nicht Teil des EWR-Abkommens sind: Nicht zur
Verhandlung stünden Mitentscheidungsrechte bei der Änderung
oder Schaffung von EU-Binnenmarktrecht, das auch für den
EWR gelten soll; Abschaffung von Ursprungsregeln und
Warenkontrollen an der Grenze, da die EWR-Staaten ausserhalb
der EU-Zollunion verbleiben; Fragen der äusseren und inneren
Sicherheit; Auswirkungen der zurzeit vorbereiteten
Währungsunion auf unsere Währung und den
Wirtschaftsstandort Schweiz; Teilnahme am gemeinsamen
Agrarmarkt.
5) Unrichtig und nicht gerade bescheiden ist die hin und wieder
gehörte Ansicht, als EWR-Vertragspartei verfüge die Schweiz
über ein 'quasi bilaterales Globalabkommen mit der EU', denn im
Verhältnis zu Liechtenstein, Island und Norwegen sei die Schweiz
ein dominierender Partner. Richtig ist, dass die Efta-Staaten im
EWR alle die gleichen Rechte und Pflichten haben und dass jeder
dieser Staaten abwechslungsweise während sechs Monaten für
die anderen Staaten gegenüber der EU als alleiniger Sprecher
auftritt. " TA 23.8.96
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Brenner-Lastwagenverkehr
Im letzten Jahr haben 1,3 Millionen Lastwagen den Brenner-Pass
zwischen Österreich und Italien überquert. Das entspricht einer
Zunahme von 13,7 % gegenüber dem Vorjahr, berichteten die
Behörden des österreichischen Bundeslandes Tirol am Mittwoch in
Innsbruck. Gleichzeitig sei der Transport von Lastwagen mit der
Bahn (rollende Landstrasse) auf dieser Strecke um 20 Prozent
gesunken. Nachdem die Gebühren (Brenner-Maut) für die
Passstrasse auf den 1. Februar heraufgesetzt worden sind, sei die
Auslastung der Bahn aber von 64 auf 75 % zu Anfang Jahr
angestiegen (NZZ, 28. 3. 96). Die Erhöhung der Brenner-Maut hat
die EU-Kommission dazu veranlasst, bis Ende März gegen
Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Die
Kommission stellt sich auf den Standpunkt, dass sich die höheren
Strassenbenützungsgebühren nicht - wie es die Wegekostenrichtlinie
voraussetzt - durch höhere Infrastrukturausgaben rechtfertigen lässt.
Umwelt-Argumenten wird somit von der EU-Kommission in dieser
Frage kein Gewicht gewährt (NZZ. 20. 3. 96).
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Hollands Landwirtschaft
Hollands Landwirtschaft hat Probleme. In den letzten Jahren haben
sich nicht nur die Subventionen aus Brüssel verringert; strengere
Umweltauflagen und die Konkurrenz südlicher EU-Länder
verdüstern zusätzlich die Perspektiven der Landwirtschaft. Die
hochintensive Massenproduktion wird vor allem in Deutschland von
Imageproblemen geplagt. Nach der EU-Agrar-Reform Anfang der
neunziger Jahre, welche die Subventionen weitgehend an die Flächen
statt wie bisher an die Produktionsmengen bindet, sind die
Einkommen der niederländischen Bauern kräftig gesunken.
Angesichts der herrschenden Misere in vielen Produktionszweigen
ist Den Haag geneigt, zum altbewährten Rezept der Rationalisierung
und Vergrösserung der Betriebe Zuflucht zu nehmen. Damit dürften
sich aber die Imageprobleme der Landwirtschaft (,fade
Retortenprodukte") im Ausland verschärfen. Bei einer Rückkehr zu
traditionellen Anbaumethoden könnten die Holländer vielleicht ihr
Image korrigieren. Zugleich aber müssten sie ihre Produktion auf
einen Bruchteil des derzeitigen Volumens beschränken (NZZ. 17. 1.
96).
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