Übersicht Kurzinfos Liste | |
Kurzinfos 2/98
Russland unterzeichnet
Anlässlich der Frühjahrssitzung des Ministerkomitees des Europarats hat Russland Anfangs Mai die Ratifizierungsurkunden für die Europäische Menschenrechtskonvention, die Antifolterkonvention sowie die Charta der kommunalen Selbstverwaltung hinterlegt. Damit akzeptiert Russland sowohl das individuelle Klagerecht seiner Bürger vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg als auch die ständigen Überprüfung der Polizei und der Gefängnisse durch die Kommission zur Verhinderung von Folter und unmenschlicher Behandlung. NZZ. 6.5.98
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Abkommen über grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit
Die Schweiz und Frankreich haben ein Abkommen über grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit unterzeichnet. Das Abkommen sei ein wichtiger und pragmatischer Schritt zur Assoziation der Schweiz an das Schengen-System sagte der französische Aussenminister Chevènement. Das Abkommen regelt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen Grenzpolizei, Polizei, Justiz und Migration. Laut BR Koller muss vermieden werden, dass die von lauter Schengen-Staaten umgebene Schweiz zu einer "Insel der Unsicherheit" werde. Nach dem Abkommen mit Frankreich würden ähnliche Verträge mit Deutschland, Österreich und Italien angestrebt. Diese Abkommen bleiben aber notgedrungen unter dem Schengener Niveau, da die Schweiz z.B. keinen Online-Zugang zum Schengener Informationssystem habe. Dieser "Nachteil" könne aber mit gemeinsamen Kooperationszentren in Grenznähe gemildert werden. Basler Zeitung, 12.5.98
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Indirekter Gegenvorschlag zur EU-Initiative
Als indirekten Gegenvorschlag zur EU-Beitritts-Initiative der Eurojeunes erlässt der Bundesrat einen "Bundesbeschluss über Beitrittsverhandlungen mit der EU". Dieser lautet wie folgt: Art. 1: Die Schweiz beteiligt sich am europäische Integrationsprozess und strebt zu diesem Zweck den Beitritt zur Europäischen Union an. Art. 2: Der Bundesrat bereitet Beitrittsverhandlungen vor. Der Integrationsbericht des Bundesrats, der über die politischen, ökonomischen und finanziellen Auswirkungen eines schweizerischen EU-Beitritts informiert, ist Teil dieser Vorbereitung. Der Bericht enthält ausserdem eine Übersicht über die staats- und wirtschaftspolitischen Massnahmen für den Fall eines EU-Beitritts. Art. 3: Der Bundesrat entscheidet im Lichte der Beratungen über den Integrationsbericht, des Ausgangs der sektoriellen Verhandlungen und auf Grund von Konsultationen, insbesondere mit den Kantonen, über den Zeitpunkt der Reaktivierung des schweizerischen EU-Beitrittsgesuchs. Art.4: Dieser Bundesbeschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum" (NZZ. 28.5.98). Der Bundesbeschluss ändert an der offiziellen Politik des Bundesrates nichts, die auf eine Beschneidung der Volksrechte und seinen eigenen Machtzuwachs hinausläuft. Der EU-Beitritt wird zwar vom strategischen Ziel zum "Zweck", um das Ziel der europäischen Integration zu erreichen. Dadurch wird der EU-Beitritt eher weniger wichtig. Der Bundesrat wird sich aber kaum in philosophische Betrachtungen über die respektive Bedeutung von Zweck und Ziel ausgelassen haben.
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Jugoslawien - Europarat
Jugoslawien erfülle derzeit die Bedingungen für eine Aufnahme in den Europarat nicht. Belgrad müsse sich zunächst um eine friedliche Lösung des Konflikts in der überwiegend von Albanern bewohnten serbischen Provinz Kosovo bemühen, sagte die Präsidentin der parlamentarischen Versammlung des Europarates, Fischer, am 20 April 98 in Strassburg. "Wenn Belgrad in den Europarat aufgenommen werden will, darf es die Diskussion über den Schutz der Grundrechte und die Achtung von Minderheiten nicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten zurückweisen". Aus dem früheren Jugoslawien sind bisher Slowenien, Mazedonien und Kroatien im Europarat vertreten. NZZ. 21.4.98
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Versicherungsschutz gegen Volksinitativen?
Bisher können sich Unternehmen fast gegen alle versichern, sogar gegen politische Risiken wie Krieg oder soziale Umwälzungen. Gegen Wahl- und Abstimmungsergebnisse gibt es aber noch keinen Versicherungsschutz. Zum Thema "Versicherungsschutz gegen Volksinitiativen" wurde deshalb an der Uni Freiburg eine Arbeitsgruppe gegründet. Die Einführung eines solchen Versicherungsschutzes könnte auch politische Folgen haben. Werden auf den entsprechenden Versicherungen Derivate oder Anleihen emittiert und an Schweizer verkauft, könnten die finanziellen Interessen der wahlberechtigten Bürger das Abstimmungsresultat beeinflussen. Entsprechend müsste der Verkauf an stimmberechtigte SchweizerInnen verboten werden. Anderseits würde für das versicherte Unternehmen der Anreiz entfallen, die Initiative mittels Lobbying und Werbekampagne zu bekämpfen. Dies würde u.U. die Demokratie stärken, da die Meinungsbildung von Spezialinteressen unbeeinflusster verlaufen würde. Hohle Drohungen von Interessengruppierungen (z.B. Abwanderung) würden nur mehr ernst zu nehmen sein, wenn die Verlagerungskosten durch genügend hohe Versicherungsabschlüsse gedeckt sind. Anderseits würde bei genügend hoher Versicherung die Verlagerungsdrohung realistischer, da dem Unternehmen durch Verlagerung keine bedeutenden Kosten mehr entstehen. Die Heterogenität der Risikoträger würde bei Versicherungsschutz zunehmen, was u.U. deren Organisationsfähigkeit verringert und damit die Meinungsbildungsprozesse freier ablaufen liesse. NZZ.21.4.98 (direkte Demokratie)
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Aufwertung des Sardischen
In Jahrzehnte langem Kampf haben die Sarden dem italienischen Staat eine wenn auch begrenzte Anerkennung ihrer Sprache abgerungen. Zwar wird Sardisch das Italienische als Unterrichtssprache nicht ersetzen. Sardisch wird aber in Zukunft im Umgang mit den Ämtern und Gerichten gesprochen werden dürfen und seit Anfang 98 hat auf der Insel das Sardische Parität mit dem Italienischen, ohne jedoch andere Minderheitensprachen auf Sardinien zu benachteiligen. Das Gesetz vom 15. Oktober 1997 stellt das Katalanische von Alghero, das Tabarkinische von Sulcis im Westen und die Dialekte von Sassari und der Gallura im Norden der Insel auf gleiche Stufe wie die sardische Kultur und Sprache. NZZ. 22.4.98
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EU-Hilfe in Bosnien
Das EU-Parlament kritisiert die Umsetzung der von der EU bewilligten Hilfe für den Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Regionen im ehemaligen Jugoslawien. Kritisiert werden etwa von der Kommission aufgestellte bürokratische Hürden. So seien 1996/1997 von mehr als 350 Millionen ECU, die für den Wiederaufbau zur Verfügung standen, nur etwa 100 Millionen verwendet worden. Die USA dagegen brächten es mit ihrer glänzend organisierten Equipe vor Ort auf eine Verwendung von 95% der 200 gesprochenen Millionen Dollar. Brüssel wird auch vorgeworfen, dass das Engagement der EU mit Ausnahme einiger gebrauchter Strassenbahnen mit dem Aufkleber "EU" an Ort und Stelle kaum sichtbar werde. NZZ. 4./5. 4. 98
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Euro-Klagen abgewiesen
Die Euroklagen von deutschen Professoren wurden vom deutschen Verfassungsgericht abgewiesen. Eine der Klagen hatte ihre Beschwerde unter anderem darauf begründet, dass der Übergang zur dritten Stufe der Währungsunion 1999 die Stabilität des Geldes so stark gefährde, dass dies die Eigentumsgarantie, die im Artikel 14 des Grundgesetzes umschrieben ist, gefährden könne. Die Verfassungsrichter legten dar, dass die Regierung und das Parlament beauftragt seinen, die Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft mit zu gestalten. Diese trügen damit zur objekiv-rechtlichen Sicherung des Eigentums bei. Abgewiesen wurde auch eine andere Beschwerde, die ernsthaftere Einwände geltend machte. Danach verletze die geplante Währungsunion demokratische Rechte nach Artikel 38 des Grundgesetzes. Da die Bürger im Prinzip nur über das Wählen von Abgeordneten am demokratischen Prozess teilnehmen könnten, seien die Handlungen der Bundesregierung auf europäischer Ebene oder der EU-Organe nur dann demokratisch legitimiert, wenn sich diese nicht zu weit vom Willen der Wähler entfernten. Auch diese Argumentation wurde vom Verfassungsgericht abgelehnt. NZZ. 3.5.98
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EU-Werbung
970 Millionen ECU - soviel investierte die EU aus dem Struktur- und dem Kohäsionsfond in das Areal der EXPO 98 in Lissabon. Die EU wird sich an der EXPO 98 mit einem eigenen Pavillon präsentieren. Eine andere Episode: Das EU-Parlament (EP) und die Generale Bank luden alle Sekundarschulen Belgiens zu einen "Euro-Tag" in die Brüsseler Zentrale des EU-Parlamentes ein. Dem Parlament gehe es vornehmlich darum, den "Hoffnungsträgern Europas die Gemeinschaftsidee zu vermitteln", während die Banker ihren künftigen Kunden die Angst vor dem Euro nehmen wollten. Bei ihrem Besuch im Parlamentsgebäude werden die Schüler u.a. mit einem fetzigen Video - eigens für den EP-Lehrgang konzipiert - animiert. Insgesamt 15 000 belgische Schüler werden für einen Tag die EP-Schulbank drücken. Die Schüler können an Computern selbst prüfen, was vom Unterricht hängen geblieben ist. Die Aktion soll auch auf andere EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt werden. EUmagazin, 5/98
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Was ist verhandelbar?
Bei EU-Beitrittsverhandlungen ist relativ wenig verhandelbar. Ein Beitrittsland hat den Acquis Communautaire, das gesamte EU-Recht zu übernehmen. Da gibt es nichts zu verhandeln. Verhandelbar sind nur Übergangsfristen. Aber auch dabei sind die Spielräume durch die diesbezügliche Tradition begrenzt. Beitrittsländern wurden bisher Fristen von 2 bis 3 Jahren gewährt. Was Stimmgewichte und Beitragszahlungen angeht, so sind auch diese durch die bisherige Entwicklung der EU mehr oder weniger festgelegt. So würde die Schweiz 3 bis 4 Stimmen im EU-Rat und 16 bis 21 Abgeordnete im 626 Mitglieder umfassenden EU-Parlament erhalten. Zudem ist davon auszugehen, dass sie 3,5 bis 4 Milliarden Franken in die EU-Kasse beizusteuern hätte (laut Bericht des Bundesrates von 1992).
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Osterweiterung
Bei einer Aufnahme aller zehn ost- und mitteleuropäischen Kandidaten würde die EU-Bevölkerung um mehr als ein Viertel auf nahezu 500 Millionen anwachsen, das gesamte Bruttoinlandprodukt (BIP) aber nur um 5 %. Deshalb wurde der Kreis der Beitrittskandidaten vorläufig eingeengt. Angefangen wird mit fünf Staaten Mittel und Ost-Europas, sowie Griechisch-Zypern. Bevölkerungsmässig entspricht dies 63 Millionen Personen (Estland, Tschechien, Polen, Slowenien, Ungarn). In Estland lag 1995 das BIP pro Kopf bei etwa 23% des EU-Durchschnitts, in Polen bei rund 31%, in Ungarn bei 37%, in Tschechien bei 55% und in Slowenien bei 59%. Die EU will mit Finanzhilfe die neuen Kandidaten beitrittsfähig machen. Rund 3 Milliarden ECU sollen jährlich in den Osten fliessen (an alle 10 Kandidaten, hinzu kommen somit Bulgarien, Litauen, Rumänien, Lettland, Slowakei). Allein zur Erreichung von EU-Umweltstandards wären nach Berechnung der EU-Kommission rund 120 Milliarden ECU notwendig. Basler Zeitung, 28.3.98
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EU-PR-Kampagne
Das "europäische Kulturzentrum" in Genf hat eine PR-Kampagne für den EU-Beitritt der Schweiz gestartet. Zur Kampagne gehören ein Internet-Auftritt, monatliche Comics, eine Wanderausstellung mit gespendeten Kunstwerken, Plakate mit den Passfotos der Bürgerinnen und Bürger, die sich für den EU-Beitritt der Schweiz engagieren wollen. Konkret propagiert das Zentrum, das oft im Auftrag von EU und Europarat wirkt und dieses Jahr letztmals Forschungsgelder des Bundes erhält, den Aufbau eines "landesweiten Bürgernetzes" für staatsbürgerliche Bildung in "Europafragen". "Euratelier" heisst die Methode, die das Zentrum in den letzten drei Jahren an tausend Personen getestet hat (Geld müsste man haben!). Strategie: Man versucht den SchweizerInnen beizubringen, dass wichtige schweizerische Errungenschaften (Schokolade, Uhren, direkte Demokratie!) durch ausländische Einflüsse entstanden sind. Das ist löblich. Wie daraus die Notwendigkeit des EU-Beitritts folgt, ist allerdings schwer nachzuvollziehen. So stammt u.a. die wichtigen agrarkulturellen Errungenschaften der Tomate, der Kartoffel und der Chilis aus Zentralamerika - entsprechend müssten wir morgen mindestens der NAFTA beitreten. Etliche - nicht nur agrarkulturelle - Errungenschaften stammen aus Vorderasien, China und Afrika, weswegen "wir" sofort überall mit dortigen Staaten EU-ähnliche supranationale Strukturen aufbauen müssten! Der EU-Beitritt wird zudem von der Kampagne wieder mal mit Slogans portiert, die mit der EU wirklich nichts zu tun haben. Es wird nämlich verlangt, dass die "Schweiz am Aufbau eines solidarischen, humanen, demokratischen, kulturell reichen, umweltverträglichen und friedenstiftenden Europa mitwirken" solle (TA, 11.6.98). Einen solchen Aufruf würden wir natürlich sofort unterstützen, wenn er nicht mit der Forderung nach einem EU-Beitritt verknüpft wäre. Die beiden sind nämlich unverträglich und im Gegensatz zu anderen politischen Gruppierungen (SP, EU-Turbo-Grüne, Eurojeunes, Gewerkschaften) versuchen wir, kohärente Positionen zu vertreten, wobei uns - offenbar wieder im Gegensatz zu anderen - das solidarische, humane, demokratische, kulturell reiche, umweltverträgliche und friedensstiftende Europa eben wichtiger ist als die EU.
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Offizielle Schweiz als Vertreterin von Spezialinteressen
Der Bund vertritt in seiner Aussenpolitik oft Spezialinteressen - von Multis (Banken, Chemieriesen) oder der übrigen Exportindustrie. Dies einer der Gründe für unsere Skepsis gegenüber Bundesräten, die in EU-Ministerräten sitzen. In neuester Zeit gab es für diese Tatsache erneute eindrückliche Belege: der Bund setzt sich im Rahmen der WTO für ein strenges Patent-Recht ein, das u.a. von den Dritt-Welt-Ländern einen verstärkten Patentschutz verlangt. Dies ist entwicklungspolitisch falsch und erlaubt es den Chemieriesen Quasimonopole zu halten. Dadurch wird die Vormachtstellung der Multis gefestigt - zu lasten der Entwicklung der armen Länder (siehe den interessanten Artikel von Richard Gerster, Geschäftsleiter Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas und Caritas in der NZZ. 4./5. 4. 98). Ein anderes, skandalöses Beispiel ist der Einsatz des Bundesrates für die Genehmigung der Bankenfusion in den USA. Der Bundesrat setzt sich hier für rein privatwirtschaftliche Belange ein - und erst noch einseitig für die Belange von "Schweizer"-Multis. Ein drittes Beispiel stellen die bilateralen Verhandlungen dar, wo für die Privatinteressen von Swissair, des Lastwagengewerbes und einige mickrige Erleichterungen für die bereits florierende Exportindustrie die Allgemeinheit zur Kasse gebeten werden soll (Subventionierung des Transitverkehrs).
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Formen der Isolation
Die Schweiz beteiligt sich am weltweiten Schul- und Umweltprojekt "Globe". "Globe" war 1995 auf eine Initiative von US-Vizepräsident Al Gore hin lanciert worden. Im Zentrum stehen Schülerteams, die regelmässig umweltrelevante Daten im Umfeld ihrer Schule erfassen und via Internet austauschen. In der Schweiz soll das Programm ab Mitte August 1998 während einer Pilotphase von zwei Jahren in den Kantonen Bern, Basel-Stadt, St. Gallen, Thurgau und Waadt erprobt werden. Bis heute beteiligen sich über 4000 Schulen in 65 Ländern am Programm. NZZ. 2.4.98
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EU-Parlament verweigert Entlastung
Das EU-Parlament verweigerte der EU-Kommission vorerst die Entlastung für den Haushalt 1996. Bis zum September 98 soll die EU-Kommission Vorschläge dazu vorlegen, welche Konsequenzen sie aus der jährlich wiederkehrenden Kritik des EU-Rechnungshofs und der EU-Abgeordneten an der mangelnden Sparsamkeit im Umgang mit den Steuergeldern der Steuerzahler in den EU-Ländern ziehen will. Das Parlament stellt fünf Schwerpunkte heraus, die bis zum endgültigen Entlastungsbeschluss auszuräumen sind. Dabei handelt es sich um die Nichtbefolgung der Empfehlungen zu einem Kontrollsystem für den mehrere Länder durchlaufenden Warentransport, um die mangelnde "demokratische" Rechenschaftspflicht bei der Betrugsbekämpfung innerhalb der EU-Institutionen, sowie um das Finanzgebaren bei allen grossen aussenpolitischen Programmen (Bosnien-Herzegowina, Mittel- und Osteuropa, Mittelmeerprogramm). Alle aussenpolitischen Projekte seien nur unzureichend ausgeführt worden. Weitere schwerwiegende Versäumnisse sind die Verzögerungen bei der Einführung des integrierten Kontrollsystems für die Verwendung der Mittel im Agrarsektor sowie die nicht umgesetzten Forderungen des BSE-Untersuchungsausschusses des EU-Parlamentes. Hinzu kommt das Fehlen von detaillierten Informationen zu den vorgeschlagenen Massnahmen für de Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen mit Hilfe der Strukturfonds. NZZ. 1.4.98
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Nyerere gegen weltweiten Sozialstandard
Der ehemalige Präsident Tansanias und heute Leiter des South Centres in Genf, wendet sich anlässlich der Nord-Süd-Konferenz der Schweizer Hilfswerke Ende Mai 98 gegen die Einführung von weltweiten Sozialstandards, da diese, etwa im Rahmen der WTO eingeführt, dazu führen könnten, dass die Exporte von armen Länder in reiche Länder unterbunden würden. Dadurch würde die u.a. von westeuropäischen Gewerkschaften geforderte Einführung von Sozialstandards nur zu einer Zementierung von weltwirtschaftlichen Ungleichheiten führen. NZZ. 17.5. 98. Nyerere ist zuzustimmen, falls diese Standards weltweit auf gleichem Niveau angesiedelt werden. Diese müssten aber vielmehr den jeweiligen pro-Kopf Produktivitätsniveaus angepasst werden. In den "entwickelten" Ländern müssten die Mindestsozialstandards höher sein als in den armen Ländern. Ohne die Einführung von minimalen Sozial- und Ökostandards wird es kaum möglich sein, Sozial- und Ökodumping zu verhindern. Es ist aber auch klar, dass der Kampf gegen Dumping nicht auf Kosten der wirtschaftlichen Entwicklung der Dritt-Welt-Länder gehen darf.
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EU-Mittel für Polen gekürzt
Die EU hat die für dieses Jahr für Polen vorgesehene Phare-Hilfe von 212 Mio. ECU auf 178 Mio. ECU gekürzt. Zur Begründung dieses Schritts verweist die EU-Kommission in einem Communiqué darauf, die von Polen eingereichten Projekte bezögen sich zum Teil nicht auf die Prioritäten der "Beitrittspartnerschaft". Aus dem Phare-Programm werden nur noch Projekte finanziert, welche auf die Erfüllung der in den länderspezifischen EU-Beitrittspartnerschaften formulierten Ziele ausgerichtet sind. NZZ. 27.5.98
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Courage
Viel Verwegenheit bekundet die "Schweizer Europa Zeitung" (No. 2, Juni 98), indem behauptet wird: "der EU-Beitritt gefährdet die direkte Demokratie nicht". Dabei wird rein formalrechtlich argumentiert: die direkte Demokratie (Referendum und Initiative) bleibt in den Bereichen, die nicht von der EU aufgesogen werden, erhalten. Dies wurde unseres Wissens von niemand je bestritten. Daraus zu schliessen, dass der EU-Beitritt ein demokratischer Sonntagsspaziergang ist, ist aber mehr als aberwitzig. Aus demokratiepolitischer Warte ist der EU-Beitritt bedenklich, weil in den Bereichen, in denen die Entscheidungskompetenz von der EU übernommen wird, direktdemokratische Selbstbestimmung verboten wird. Das genügt uns vollends, um gegen einen EU-Beitritt der Schweiz zu sein. Die Vorgehensweise von "Courage" geht jeder seriösen Diskussion aus dem Weg. Man zieht Propaganda und Verharmlosung offensichtlich einer ernsthaften Auseinandersetzung vor - wohl weil man von einer solchen angesichts gewisser Realitäten nichts gutes zu erwarten hätte.
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Erste, aufschlussreiche Sitzung des Euro-11-Rates
In Luxemburg haben die Finanzminister der elf Euro-Teilnehmerländer am 4. Juni zum erstenmal den Euro-11-Rat abgehalten. Der Euro-11-Rat ist ein informelles Gremium ohne offizielle Beschlusskraft. Die Beratungen drehten sich vor allem um prozedurale Fragen und das Verhältnis zur EU-Zentralbank, die am 2. Juni in Frankfurt ihre Arbeit aufgenommen hat. Der französische Finanzminister Strauss-Kahn hatte zuvor in einem Zeitungsinterview schon den Ton gesetzt. Er ermahnte die kleinen "peripheren" Länder der künftigen Euro-Zone, sich vor Überhitzungserscheinungen ihrer Volkswirtschaften zu hüten und restriktive Budgetmassnahmen zu ergreifen. Auf diese Weise müsse ein Rahmen geschaffen werden, in dem die EZB ihre Zinssätze möglichst niedrig halten können. Da Frankreich, Italien und Deutschland zusammen rund 75% des Wirtschaftsvolumens der Euro-Zone darstellen, müsse die Bank ihre Geldpolitik vor allem auf diese Länder ausrichten (NZZ. 5.6.98). Für den Klartext des neoliberalen, wahrhaft internationalistischen "Sozialisten" Strauss-Kahn bedanken wir uns.
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EU-Konkurrenz
für Europarat In ihrem Streben, Kooperation in Europa zu monopolisieren, hat die EU im Amsterdamer Vertrag Bereiche angeschnitten, die traditionell im Kompetenzbereich des Europarates liegen. Besonders brisant ist der Bereich der Menschen- und Grundrechte, in dem der Europarat bereits vor mehr als vierzig Jahren die Europäische Menschenrechtskonvention als Grundrechtsbasis für ganz Europa entwickelt hat. Diese Konvention ist die Grundlage für die Klagen von Bürgern aus den Europaratsländern vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg. Durch Aufnahme eines eigenen Grundrechtskatalogs in den EU-Vertrag, ist nun auch der oberste Gerichtshof der EU gezwungen, auf Klagen von EU-Bürgern wegen Grundrechtsverletzungen einzutreten. Die Luxemburger Richter haben zwar zu erkennen geben, dass sie sich an den Strassburger Urteilen orientieren wollen, die Gefahr einer alternativen Rechtsprechung ist aber durchaus realistisch, weil in der EU letztlich allein die EU-Verträge massgebend sind. Deshalb hat die parlamentarische Versammlung des Europarats bereits 1995 vorgeschlagen, die EU solle als Ganzes der Europäischen Menschrechtskonvention beitreten, um so die Rechtseinheit sicher zu stellen. Die EU-Richter wiesen diesen Vorschlag aber als nicht zulässig zurück, weil die EU für diesen Schritt noch keine ausreichende Rechtspersönlichkeit entsprechend dem Völkerrecht darstellt. Der Versuch, in den Amsterdamer-Verhandlungen diese Voraussetzung zu schaffen, scheiterte an der notwendigen Einstimmigkeit. Ähnliche Probleme tauchen zukünftig auch in anderen Bereichen auf, die unnötige Doppelspurigkeiten verursachen könnten. Besondere Sorgen bereitet den Europaratsparlamentariern auch das zunehmende Streben der EU, sich als aussenpolitische Macht auf der Weltbühne zu etablieren. NZZ. 22.4.98
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WEU-Versammlung in Paris
De Puig, Präsident der Beratenden Versammlung der Westeuropäische Union (WEU), des militärische Arm der EU in spe, beklagte anlässlich der Frühjahrssession dieses Gremiums in Paris erneut das Fehlen eines schlüssigen Konzepts der EU für deren Beziehungen zur WEU, obwohl der Amsterdamer-Vertrag die WEU näher an die EU heran führt. Er lobte dem gegenüber die USA und die NATO für ihre positive Haltung gegenüber einer europäische Verteidigungsidentität. NZZ. 19. 5.98
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EU-Grenzschutz
Das EU-Parlament sieht schwer lösbare Probleme bei der Umsetzung einiger Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags im Zusammenhang mit der Ostererweiterung der EU voraus: so bei der Abschaffung der Kontrollen an den neuen Binnengrenzen im Osten der Gemeinschaft, bei der Einwanderung und dem Asylrecht sowie beim freien Personenverkehr. Deshalb sollten laut EU-Parlament die Bewerberländer ihre Visa-Bestimmungen möglichst schon vor ihrem Beitritt den EU-Regelungen anpassen. Das Parlament fordert eine systematische Zusammenarbeit von Europol mit den Polizeibehörden der Kandidatenländer. Langfristig schwebt dem Parlament sogar die Bildung eines "Europäischen" Grenzschutzes vor. EUmagazin, 5/98.
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Dänische Verfassungsklage
Anfang April hat der Oberste Gerichtshof Dänemarks eine Verfassungsklage gegen den Maastrichter Vertrag abgewiesen, womit er ein gleichlautendes Urteil erster Instanz aus dem Vorjahr bestätigte. Interessant an der Urteilsbegründung der Richter: wie das deutsche Verfassungsgericht waren die Richter der Meinung, dass EU-Entscheidungen, die den Rahmen der dänischen Verfassung sprengen, weiterhin von dänischen Gerichten aufgehoben werden können. Der Vorrang des EU-Gerichtshofes wird somit nur auf Gebieten anerkannt, die von der dänischen Verfassung - und damit durch Volksabstimmung vom dänischen Volk - den EU-Gremien übertragen wurden. Die Kompetenz-Kompetenz verbleibt somit laut Gerichtsspruch eindeutig bei Dänemark (DNR-EU-Rundschreiben, 4.98). Dieser Gerichtsspruch trug etliches zur Beruhigung der dänischen Stimmbürgerschaft und damit zum Amsterdamer-Ja bei.
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Dänisches Amsterdamer-Referendum
55,1% der Dänen sagten anlässlich der Volksabstimmung vom letzten Maiwochenende Ja zum Amsterdamer Vertrag. Der Abstimmungskampf wurde durch die EU-Befürworter nicht zuletzt auch deswegen gewonnen, weil sie die Idee der Schaffung eines europäischen Bundesstaates für tot erklärten. Der Vorsitzende der Sozialistischen Volkspartei, Holger K. Nielsen, einer der profiliertesten Exponenten der linken Opposition gegen das Amsterdamer Vertragswerk, erinnerte die Regierung daran, das sie diese in Zukunft an entsprechenden Äusserungen messen wolle. Ministerpräsident Rasmussen wies darauf hin, dass die EU-Ausweitung in Richtung Osten, der auf Grund des revidierten Unionsvertrags nun der Weg geebnet werde, den Integrationsprozess - im Sinne einer Vertiefung - unweigerlich verlangsamen werde. Neue Abkommen wie jenes von Amsterdam seien deshalb in nächster Zeit nicht mehr zu erwarten (NZZ. 30./31.5.98). Erfreulich am dänischen Referendum: 45% der sozialdemokratischen Wählerbasis stimmten gegen Amsterdam. Weniger erfreulich: die Referendums-Kampagne zu Amsterdam brachte erstmals in einer dänischen EU-EG-Abstimmungskampagne fremdenfeindliche Stimmen ans Tageslicht. Während bisher die EU-Opposition eine mitte-links oder ein linkes Phänomen war, wurde diesmal der Amsterdamvertrag auch von der fremdenfeindlichen Rechten bekämpft
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Irischer Achtungserfolg
Auf Betreiben der EU-Kommission wurde das Referendum zum Amsterdamer-Vertrag in Irland bewusst (1) auf denselben Tag wie die Abstimmung des Nordirlandabkommens gelegt. Die Ja-Euphorie des Friedensabkommens sollte auf den Amsterdamer Vertrag abfärben. (2) vor die Abstimmung in Dänemark gerückt, um den dänischen Euronationalen Angstmacherei mit Isolationsdrohungen im Falle eines Neins zu ermöglichen. Die Abstimmung in Irland geriet trotz bedenklicher Taktik und kümmerlicher Debatte zu einem Achtungserfolg für die Amsterdam-Gegner. Noch nie in der irischen EU-Integrationsgeschichte stimmten so viele Nein (38%).
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EU-Parlament - Ja zur gemeinsamen Verteidigungspolitik
Ziel einer gemeinsamen Verteidigungspolitik laut EU-Parlament ist: die gemeinsamen Werte, die grundlegenden Interessen und die Unabhängigkeit und Integrität der Union (im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen) zu wahren (Punkt 1). Ziel einer gemeinsamen Verteidigungspolitik besteht ferner darin, die Interessen der Union in allen ihren Aspekten zu schützen, "einschliesslich der Versorgungssicherheit in wesentlichen Punkten, wenn diplomatische Instrumente dazu nicht mehr ausreichen" (Punkt 3), womit militärische Interventionen zwecks Rohstoffsicherung gemeint sind. Das EU-Parlament bejaht im weiteren auch ein Sicherheitskonzept, das die Petersberg-Missionen umfasst (d.h. militärische Interventionen ausser des "Hoheitsgebietes" der EU, "peace-making" genannt) (Punkt 7). Der Ausdruck "Hoheitsgebiet der Europäischen Union" taucht im Dokument selber auf. A4-0171/98 (14. Mai 98)
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Mut zur Grösse
Österreich als kleines Land wisse, dass Europa Mut zur Grösse brauche. Mit dieser umwerfenden Logik schloss der österreichische Aussenminister und Vizekanzler, Wolfgang Schüssel am 15. Mai eine an der Hofburg in Wien gehaltene Rede. Schüssel sagte, Europa müsse zurück auf die Weltbühne, der alte Kontinent könne sich der grossen Politik und den damit verbundenen Wahrheitsfragen nicht länger entziehen. Die Antwort sei "mehr Europa, nicht weniger", mehr Feuer und Leidenschaft. Österreich könne nicht abseits stehen, wo es darum gehe, die europäische Friedensidee militärisch zu untermauern. NZZ. 16./17. 5.98
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Entwicklungspolitik
Der Vertrag von Maastricht war aus entwicklungspolitischer Sicht noch als Meilenstein begrüsst worden, weil er in fünf Artikeln (130u-y) recht anspruchsvoll tönende Ziele, wie die Verpflichtung zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, den Vorrang für Armutsbekämpfung und das Kohärenzgebot (Querschnittsklausel) vertraglich verankerte. Allerdings wurde auch die Integration der Dritt-Welt-Länder in den Weltmarkt gefordert. Für den Amsterdamer Vertrag hingegen ist Entwicklungspolitik kein Thema. Bei den inhaltlichen Neufassungen des EU-Vertragstextes wird sie nur einmal (bei der Änderung des Artikels C, Absatz 2) im Abschnitt III über die zu schaffende "effiziente und kohärente Aussenpolitik" erwähnt, wodurch die Entwicklungspolitik den Zielen der Aussenpolitik untergeordnet wird. Ansonsten bleibt Entwicklungspolitik für Amsterdam eine inhaltliche Leerstelle.
Dies liegt grösstenteils daran, dass sich die EU auf dem Weg vom Binnenmarkt zur Supermacht langsam zu den "harten" politischen Themen vorarbeitet. Mit dem Amsterdamer Vertrag sollen klassische Bereiche nationalstaatlicher Souveränität wie Innen-, Aussen- und Verteidigungspolitik in den EU-Rahmen überführt werden. Abschnitt III beschreibt in 22 Artikeln die Grundpfeiler für eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik, bis hin zu rüstungspolitischer Zusammenarbeit und Kampfeinsätzen in Krisengebieten. Wenn jetzt von Kohärenz die Rede ist, dann geht es offenkundig nicht mehr um die Übereinstimmung mit den entwicklungspolitischen Zielen der EU, sondern darum, dass die EU-Staaten in der Weltpolitik mit einer Stimme sprechen, dass sie entschlossen auftreten und tüchtig mit dem Säbel rasseln sollen. Forum Umwelt & Entwicklung, Rundbrief 98/1, Am Michaelshof 8-10, D-53177 Bonn, Tel: 0049 228 359 704 (Eine äusserst lesenswerte Nummer!!!)
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Strafgericht für Kriegsverbrecher
Die Idee eines ständigen Strafgerichts für Kriegsverbrecher begleitet die UNO seit ihrem Bestehen. Durch die Völkermorde in Rwanda und Bosnien erhielt sie neuen Auftrieb. Die Schweiz fordert ein starkes Gericht, da das Projekt ganz auf der Linie der klassischen Schweizer Aussenpolitik liegt: Verstärkung des humanitären Völkerrechts, eventuell gar durch ein eigenständiges internationales Abkommen. In den USA mehrt sich die Opposition gegen ein zu starkes Gericht. Ist nämlich das supranationale Element zu stark ausgeprägt, wird die neue Institution im amerikanischen Kongress Schiffbruch erleiden. NZZ. 28.4.98
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Primakow lobt die Schweiz
Viele Staaten Europas litten unter "Nato-Zentrismus", kritisierte der russische Aussenminister Primakow bei seinem Besuch in der Schweiz und zitierte die Schweiz als löbliche Ausnahme. Er zollte der schweizerischen Neutralität Anerkennung. Das Fernbleiben von militärischen Bündnissen bedeute nicht das Abseitsstehen bei internationalen Problemen, wie die Schweiz beweise. Primakow hob den Schweizer Vorsitz der OSZE positiv hervor. Russland hätte die neuen Sicherheitsstrukturen nach dem Ende des Kalten Krieges gerne auf der Basis der OSZE gesehen, die eine Art UNO für Europa hätte werden sollen. In der OSZE seien alle Staaten Europas vertreten und auch die USA seien eingebunden. Bei seinem Besuch in Bern bezeichnete Primakow denn auch die Nato-Osterweiterung als "grossen historischen Fehler". Moskau habe sich nach dem Ende des Kalten Krieges ein einheitliches Europa ohne Trennlinien mit gleichberechtigten kleinen und grossen Staaten gewünscht. Entspechend scharf kritisiert Primakow, dass nun neue Blöcke gebildet werden. Es gebe heute keine Bedrohung mehr, deshalb sei die Besessenheit einiger Länder, die Nato auszubauen, unverständlich. Berner Bund, 4.6.98
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Direktinvestitionen Schweiz-EU
Rund ein Fünftel der Drittländer-Investitionen in der EU mit langfristigem Charakter stammt aus der Schweiz (72,35 Mrd. von 367 Mrd. Ecu). EU-Unternehmen wiederum, die in Drittländern Aktiven von total 472 Mrd. Ecu stehen haben, haben davon 10% in der Schweiz investiert (45,51 Mrd. Ecu). Damit ist die Schweiz nach den USA der zweitwichtigste Investitionspartner der EU. Sie ist eines der wenigen Drittländer, das gegenüber der EU einen positiven Investitionssaldo aufweist (Postivsaldo von 26,9 Mrd. Ecu). Die EU insgesamt gehört ebenfalls zu den Nettoexporteuren von Kapital. Dies ist der hohen Investitionstätigkeit der EU-Mitgliedstaaten in den USA, im Mercosur- und im Asean-Raum zuzuschreiben. Etwas weniger wurde in Mittel- und Osteuropa investiert (15 Mrd. Ecu). Dies entspricht einem Drittel der EU-Direktinvestitionen in der Schweiz. NZZ. 29.4.98
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Vorsitz-Gerangel
Das Gerangel um den Vorsitz der EU-Zentralbank (EZB) zeigt deutlich, welches Gewicht die kleinen Staaten in der EU haben. Frankreich konnte durchsetzen, dass der Holländer Duisenberg nach vier Jahren "freiwillig" zurücktritt, obwohl dies laut Maastrichter Vertrag verboten ist. Wer die Macht hat, braucht sich um Verträge wenig zu kümmern. Beim Vorsitz-Streit ging es dabei nicht mal um den traditionellen Konflikt zwischen der deutschen und französischen Konzeption der Rolle einer Zentralbank (politische Kontrolle versus Unabhängigkeit), da der von den Franzosen portierte Trichet ebenso neoliberal-monetaristisch eingestellt ist wie der Holländer Duisenberg. Eher schon geht es um die Frage: Nach den wirtschaftlichen Bedürfnissen welcher Länder soll sich die Geldpolitik der Zentralbank ausrichten. Die Sitzverteilung im ersten EZB-Direktorium benachteiligt in ausgeprägter Form die Vertretungsansprüche der kleinen Länder. Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien sind alle vertreten, während die übrigen 7 Länder nur zwei Sitze haben. (NZZ. 4.5.98). Interessanter Weise wird dieser Umstand von den EU-phorikern, die unermüdlich die Vorteile der Präsenz von Kleinstaaten in EU-Gremien rühmen, mit keinem Wort erwähnt.
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EU-Budget 99
Die Ausgaben der EU sollen im kommenden Jahr um 3,38% steigen. Die EU-Kommission verabschiedete Ende April das provisorische Budget, das Ausgaben von 86,35 Mrd. Euro (ca. = ECU) vorsieht. Während der Agrarsektor bisher die Hälfte des EU-Haushalts ausmachte, wird er 1999 erstmals auf rund 40% veranschlagt. Dafür soll der Anteil an Ausgaben für die Strutkurförderung von jetzt 30% auf 40% steigen. Bei den Zahlungen für strukturell schwache Gebiete sieht der Entwurf eine Steigerung von 9% im Vergleich zu 98 vor. Die Agrarausgaben erhöhen sich gegenüber 1998 um 0,5%. Die Schwerpunkte setzt die EU-Kommission im Budget laut EU-Kommissar Liikanen auf die Beschäftigungsinitiative der Gemeinschaft, auf Infrastrukturprojekte, Forschung und Entwicklung. Insgesamt betragen die vorgesehenen Zahlungen 1,11% des BIP der 15 Mitgliedstaaten. NZZ. 30.4.98
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Stabilität des Euro
In einer dreistündigen Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlamentes stellte der neue Vorsitzende der EU-Zentralbank (EBZ) Duisenberg klar, dass die Zeiten politischer Einflussnahme auf die Währungspolitik vorbei sind. Er beharrte darauf, dass die Protokolle der EZB-Beratungen erst nach 16 Jahren veröffentlicht werden sollen. Er sei zwar bereit, dem EU-Parlament viermal jährlich Rede und Antwort zu stehen, lehne aber ähnliche Verpflichtungen gegenüber den nationalen Parlamenten ab. Auch dürften die Regierungen nicht auf die Hilfe der EZB hoffen, wenn in einem Land ein "asymmetrischer Schock" zu einer Krise führt. Aufgabe der Zentralbank sei zu aller erst die Wahrung der Stabilität des Euro. Dies bedeute eine Inflation "zwischen null und zwei Prozent". (Basler Zeitung, 8.5.98) Wir danken für den Klartext.
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EU-Subventionen für Grossbauern
Umgerechnet mehr als 1,5 Milliarden Franken flossen 1996 aus den Fonds der EU als Untestützungsbeiträge in die Landwirtschaft Portugals. Beiträge aus Brüssel steuern heute knapp einen Fünftel zum Einkommen der Bauern bei. Doch die Subventionen kommen in erster Linie Grossgrundbesitzern zugute, während sich rund eine halbe Million Kleinbauern durch den EU-Agrarmarkt in ihrer Existenz bedroht sehen. Die durchschnittliche Betriebsgrösse beträgt 8,7 Hektar Land. Die Einkünfte der Kleinbetriebe sind nach Angaben des Bauernverbandes Portugals im vergangen Jahr um 13% gesunken und betragen zurzeit weniger als die Hälfte des Sozialhilfesatzes von monatlich etwa 480 Franken. Der vor allem kleinen und kleinsten Betrieben verpflichtete Nationale Bauernverband meldet, dass 78 % der Landwirte monatlich weniger als 115 Franken verdienen. Vom Brüsseler Geldregen bekommen die Kleinbauern kaum etwas zu sehen. Das Geld fliesst vielmehr in die Grossbetriebe. Während bei Kleinbetrieben der EU-Zuschuss 8,5% des Produktionswertes ausmacht (Gemüseanbau), liegt dieser Anteil bei im Alentejo gelegenen Grossbetrieben bei durchschnittlich 26%. Laut der Agenda 2000 ist zudem vorgesehen, dass die finanzielle Förderung der Obst- und Gemüseproduktion in den Jahren 2000 bis 2006 um 2,5% verringert werden soll. Avillez, Professor für Agrarökonomie in Lissabon, prophezeit, dass Portugals Bauern zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgeben werden. Die Zahl der Bauernhöfe ist nach Angaben des Nationalen Bauernverbands in den vergangen vier Jahren bereits um mehr als 60 000 gesunken. Die Folgen sind Verödung, Versteppung und Bodenerosion sowie eine verstärkte Abwanderung in die Ballungszentren Lissabon und Porto. Basler Zeitung, 24.3.98
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Gegen Lohnzahlungen in Euro
Arbeitgeber und Gewerkschaften sind sich einig: Schweizer Löhne sollen künftig nicht in Euro ausgezahlt werden. Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) wäre eine Lohnzahlung in Euro inakzeptabel. Die Arbeitnehmer dürften nicht die Wechselkursrisiken der Unternehmen tragen müssen. Bei einer starken Aufwertung des Franken wie in den Jahren 1993-95 würde die Kaufkraft der Beschäftigten stark sinken, was auch volkswirtschaftlich unsinnig wäre. Für die Firmen gebe es andere Absicherungsmöglichkeiten. Die Arbeitgeber weisen auf die gesetzliche Fragwürdigkeit von Zahlung in Euro hin. Laut Gesetzbuch ist eine Lohnzahlung in Fremdwährung nur mit Einverständnis beider Vertragsparteien zulässig. NZZ. 7.5.98
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Rückläufige Investitionsquote in der EU
Die privaten und staatlichen Bruttoanlageinvestitionen in der EU sind, ausgedrückt in Prozenten des Bruttoinlandproduktes (BIP), noch nie so gewesen wie 1996. Nach Angaben des Statistischen Amtes der EU in Luxemburg sank der Anteil in der Berichtsperiode nicht nur wegen der rückläufigen privaten Investitionen, sondern auch als Folge des seit geraumer Zeit zu beobachtenden Abwärtstrends bei den staatlichen Investitionen. Eurostat gibt keine Begründung für die Entwicklung. Es liegt aber auf der Hand, dass in den hochverschuldeten EU-Ländern (Italien, Belgien) die Maastrichter Kriterien nicht durch Kürzung staatlicher Konsumausgaben, sondern durch die Kürzung von Investitionen erfüllt wurden. Deshalb sank die staatliche Investitionsquote 1997 vermutlich ebenfalls. Die gesunkene Investitionsquote im privaten Bereich erklärt sich vor allem durch die Direktinvestitionen in Drittländern. Die private Investitionstätigkeit betrug 1980 noch 18,9% des BIP, 1995 aber nur noch 16,2% und 1996 noch 16%. Mit Ausnahme Deutschlands haben alle grossen EU-Mitgliedstaaten in diesem Jahrzehnt ihre staatliche Investitionsquote gedrückt. Bei den übrigen EU-Ländern gibt es aber keine klare Tendenz. Gemessen an der in den meisten EU-Ländern hohen Staatsquote von bis zu 50% bleiben die staatlichen Investitionstätigkeiten praktisch im gesamten EU-Raum überaus bescheiden. 9./10.5.98
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EU-Kommission rügt wegen zu wenig Liberalisierung
Die EU-Kommission wird gegen 5 Staaten der EU vorgehen, weil diese geltende Bestimmungen zur Liberalisierung der nationalen Telefonmärkte nicht vollständig umgesetzt haben. Wie die Kommission mitteilt, werden sogenannte Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich angestrengt. Die EU-Richtlinie für die Genehmigung von Telekommunikationsdiensten führt die Voraussetzungen auf, unter denen neue Anbieter zugelassen werden müssen. Die betroffenen Staaten hätten diese Bestimmungen entweder nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt oder Bedingungen für de Erteilung von Lizenzen eingeführt, die in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen seien. NZZ. 13.5.98
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Agenda 2000
Die EU-Kommission präsentierte Mitte März das Legislativpaket zur Agenda 2000. Die Gesetzesvorschläge im Volltext, Pressematerial sowie weitere Informationen können im Internet abgerufen werden: http://europa.eu.int/comm/agenda2000/index_de.htm
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EU-Agrarminister gegen "Agenda 2000"
In geschlossener Front haben die 15EU-Landwirtschaftsminister am 31. 3. 98 Kritik an den Plänen der EU-Kommission zur Agrar- und Strukturreform geübt. Mit dem Reformpaket "Agenda 2000" soll sich die EU auf die Osterweiterung vorbereiten. Dafür sei die Agenda 2000 jedoch völlig ungeeignet. Das bisherige System der Agrarpolitik wäre auf neue Mitglieder leichter zu übertragen als der Kommissionsvorschlag. Nach den Plänen der EU-Kommission sollen die Garantiepreise für landwirtschaftliche Produkte ab 2000 um bis zu 30% gesenkt werden. Die Bauern sollen einen Ausgleich durch direkte Einkommenshilfen erhalten, die teils noch von den Regierungen aufgestockt werden könnten. Die Minister kritisierten, dies führe letztlich zu einer höheren Belastung des EU-Haushaltes und zu niedrigeren Einkommen der Landwirte. Dies impliziere eine Entwertung des ländlichen Raumes. Die Bauern hingen immer stärker von staatlichen Direktzahlungen ab. NZZ. 1.4.98
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Innovationsfreudig
Die Schweizer Wirtschaft zeigt sich innovationsfreudig. Zu diesem Resultat kommen die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) sowie das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie. Eine im Herbst 96 in Angriff genommene Umfrage der KOF bei über 1700 Unternehmern kommt zum Resultat, dass der Anteil sogenannter innovierender Unternehmen im Zeitraum 1994 bis 1996 bei 78% lag. Dieser Wert liegt 6% unter dem Vergleichswert der Periode 1991 bis 1993, ist nach Ansicht der Experten aber noch immer sehr hoch. Die Innovationsleistung wurde in der Umfrage anhand verschiedener Indikatoren gemessen: Anzahl angemeldeter Patente oder Weltneuheiten, Ausmass der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, Umsatzanteil neuer Produkte. Die Produktivität der Forschung und Entwicklung (F & E) nahm dabei zu: mit weniger Geld wurden mehr Patente und Weltneuheiten generiert. Die Tendenz, auch im Ausland F & E zu betreiben nahm zu. Durch die Auslandaktvitäten werden vor allem die Bemühungen im Inland ergänzt. Die stärkere Initiative ausserhalb der Schweizer Grenzen sei somit weniger mit Schweizer Standortnachteilen zu begründen und eine Erosion des Forschungsplatzes Schweiz könne nicht beobachtet werden. NZZ. 15.5.98
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Euro-Abenteuer
Serge Gaillard spricht im Zusammenhang mit der Einführung einer Einheitswährung vom "Euro-Abenteuer". "Die Geldpolitik ist ein mächtiges Instrument zur Beeinflussung des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung. Genau darin liegt das Abenteuerliche an der Währungsunion. Die Nationalstaaten geben ihre geldpolitischen Kompetenzen aus der Hand. Sogar ihr Spielraum in der Finanzpolitik wird mit dem Stabilitätspakt eingeengt. Damit geben die Nationalstaaten die wichtigsten Instrumente zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aus der Hand." Auf Grund der (richtigen) Analyse fordert er dann allerdings unrealistische Lösungen: er verlangt eine europaweit koordinierte Konjunkturpolitik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit: europaweit tiefe Zinsen und europaweit koordinierte Investitionsprogramme in die europäische Infrastruktur, kurzum: eine gestrige Form von Keynesianismus (Umwelt!) für einen dafür nicht geeigneten Wirtschaftsraum von Spitzbergen nach Sizilien! Von den Machtverhältnissen in der EU gar nicht zu sprechen. Serge Gaillard analysiert richtig weiter: "Probleme wird es übrigens auch geben, wenn die Konjunktur in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich ist. Länder in der Krise können dann nicht mehr einfach ihre Währungen abwerten." Auch hier fordert er ein unrealistisches Mittel: "Deshalb muss auf europäischer Ebene ein Finanzausgleich geschaffen werden zwischen Ländern, die sich in der Hochkonjunktur befinden und solchen, die in der Rezession stecken". Dass ein Finanzausgleich im erforderlichen Rahmen in nächster Zeit möglich sein wird, in Zeiten, wo die Nettozahler ihre Zahlungen sogar senken wollen, ist nicht sehr wahrscheinlich. Zuletzt fordert Serge Gaillard den EU-Beitritt der Schweiz um "uns für ein soziales Europa und ökologische Rahmenbedingungen einzusetzen". Da sehen wir schon BR Ogi, Koller, Villiger, Couchepin und Cotti eifrig für ein soziales und ökologische Europa in EU-Hauptstädten und Brüssel herumeilend. Interessant zuletzt Gaillards Haltung zum Euro: Auf die Frage "Zusammengefasst: Ja zu Europa, Nein - solange wie nur möglich - zum Euro?" Antwortet er deutlich "Ja" (Zitate aus, Pressedienst SGB, 7.5.98, S. 107, 108).
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Florierende Maschinenindustrie
Der beständig wegen dem EWR-Nein jammernde VSM (Verein Schweizerischer Maschinen-Industrieller) meldet eine florierende Maschinenindustrie. "Der konjunkturelle Aufschwung in der Schweizerische Maschinen-, Elektro und Metallindustrie hat sich im 1. Quartal 1998 konsolidiert. Die Auftragseingänge stiegen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,7%. Eine Steigerung von 19,2% bei den Inlandaufträgen bestätigt, dass auch im Inlandgeschäft die Talsohle durchschritten ist. Der im Vergleich zum 4. Quartal 1997 schwächere, aber immer noch deutlich positive Zuwachs von 8% bei den Auslandsaufträgen ist auf die Folgen der Kriese an Asiens Finanzmärkten zurückzuführen. Die gute Konjunktur in den Hauptmärkten Europa und USA lässt eine weitere Verbesserung der Lage erwarten." Der im Ausland erzielte Umsatz legte mit 7,8% stärker zu als der im Inland (2,3%). Im Vergleich zur Vorjahresperiode stiegen die Exporte im 1. Quartal 1998 nominell um 12,0%, was einem der höchsten je erreichten Quartalszuwächse entspricht. Die Ausfuhren in die EU konnten im 1. Quartal 1998 um 15,3% gesteigert werden - wohl Ausdruck des angeblichen Isolationismus. Medienmitteilung des VSM, 18.5.98
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Exit-Risiko
Kurz nachdem die Einführung des Euro beschlossene Sache war, wird unter Finanzanalysten bereits ein neuer Risikofaktor diskutiert: es wird die Frage nach dem Risiko gestellt, dass ein Land die Wärhungsunion verlässt und eine neue eigene Währung einführt. In offizieller Sicht ist die Währungsunion zwar unwiderruflich, und es gibt rechtlich gesehen keine Möglichkeit auszutreten. Die Geschichte sollte allerdings bezüglich angeblich unwiderruflicher Entwicklungen vorsichtig machen. Entsprechend wird das Exit-Risiko mittlerweile von Banken in informellen Arbeitsgruppen diskutiert: solange es keine politische Union gebe, bestehe ungeachtet der vertraglichen Situation die Möglichkeit, dass Mitgliedländer aus der Währungsunion aussteigen. Zwei Szenarien treten dabei hervor: (1) Wachsende wirtschaftliche Probleme, insbesondere hohe Arbeitslosigkeit, führen in einem Land zu einem politischen Stimmungsumschwung und damit zu demokratischem Druck, die Währungsunion zu verlassen. (2) Die Haushaltdefizite eines Landes nehmen ein derartiges Ausmass an, dass andere Länder sich bemühen werden, den Kreis der Euro-Land-Teilnehmer zu verkleinern. NZZ. 25.5.98
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Studentenmobilität
Bern bezahlt jährlich 5,2 Millionen Franken für den Studentenaustausch mit der EU. Der EU-Delegierte der Uni Genf sieht keine Gefahr für die Teilnahme der Schweizer Studenten an den EU-Studentenaustauschprogrammen. Die Schweizer hätten ausserhalb der EU sogar gewissen Vorteile, da sie sich nicht mit der Brüsseler Bürokratie herumschlagen müssten. "Dans ce domaine nous avons un avantage à nous trouver à l'extérieur: nous ne souffrons pas, ainsi, de la bureaucratie de Bruxelles.". So wird z.B. die Schweiz nicht durch Quoten gebremst, die die EU den Mitgliedstaaten auferlegt. Die Teilnahme am Erasmus-Programm ist in den letzten Jahren konstant gestiegen. Ca. 130 Genfer und ebenso viele Lausanner studierten 96/97 an einer EU-Universität, während umgekehrt 160 EU-Studenten in Lausanne und mehr als 170 in Genf studierten. (Le temps. 5.6.98). Die EU-Stipendien sind übrigens sehr klein: 150 - 300 Fr. pro Monat. Die Schweiz zahlt ihren Studenten bedeutend mehr aus. Die EU-Stipendien werden zudem spät ausbezahlt (bis zu 3Jahren zu spät). Die Schweizer Zahlungsmoral ist bedeutend besser.
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EU-Verkehrs-Studie
Eine im Auftrag der EU erarbeitet EU-Studie zum alpenquerenden Güter- und Personenverkehr wurde Anfangs April vorgelegt. Die Studie war von Prognos (Basel), Regional Consulting (Wien) und Isis (Paris) erarbeitet worden. Die Studie kommt laut Bundesamt für Verkehr (BAV) zur Erkenntnis, dass der alpenquerende Güter- und Personenverkehr weiterhin kräftig wachsen werde. Die Studie kommt für den zentralen Alpenbogen Mont-Ceni/Fréjus-Brenner zu einem jährlichen Güterverkehrswachstum auf Strasse und Schien von durchschnittlich 2,75 %. Dies entspricht bis 2010 einem Zuwachs von 63 %. Beim Personenverkehr wurde ein jährliches Wachstum von 1,55% eruiert, was bis 2010 einen Zuwachs von 32% bedeutete. NZZ. 4./5.4.98
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Preis des Alleingangs?
In seinem Pressedienst behauptet der Schweizerische Gewerkschaftsbund, dass es für die Schweiz um einiges einfacher wäre, sie "könnte ihre fortschrittliche Verkehrspolitik aus der Position eines Mitgliedstaates denn als Aussenseiterin vertreten. Es war vorauszusehen: Der Alleingang hat einen hohen Preis" (17. 3. 98). Die Behauptung wird nicht weiter belegt. Wie sollte sie auch, da sie offensichtlich falsch ist.
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EU-Parlament erlaubt Lebensmittelbestrahlung
Das EU-Parlament hat auf seiner Sitzung am 18. 2. 98 einer Richtlinie zur Regelung der Bestrahlung von Lebensmitteln zugestimmt. Zwar setzte sich das EP für einige Korrekturen ein (vor allem eine Kennzeichnungspflicht), hat aber eine Reihe von Anträgen, die die öffentliche Kontrolle des Lebensmittelausschusses (der z.B. die Strahlungsdosis für Produkte festlegt) betreffen, abgelehnt. DNR-EU-Rundschreiben, 3/98
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Basler Konvention: Erfolg
Ende Februar 98 haben die über 100 Unterzeichnerstaaten der Basler Konvention über den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle in Malaysia eine strengere Fassung akzeptiert. Die Verschärfung führt ein Verbot für den Transport von gefährlichen Abfällen aus OECD- in nicht OECD-Länder ein. DNR-EU-Rundschreiben, 3/98.
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Biopatent-Richlinie genehmigt
Das EU-Parlament hat am 12. Mai die sogenannte Biopatent-Richtlinie verabschiedet. Gegen die massive Kritik der Grünen, die bis zu letzt eine Abstimmung zu verhindern suchten, hat das EU-Parlament entschieden, dass biotechnologische Erfindungen im allgemeinen (pflanzlicher und tierischer Bereich) geschützt werden können. Es wurden nur beim Umgang mit menschlichem genetischem Material ethische Grenzen gezogen: Eingriffe in die menschliche Keimbahn, das Klonen von Menschen und die Verwendung von menschlichen Embryonen für industrielle Zwecke werden vom Patentschutz ausgenommen. Es geht aber nicht um ein Verbot gentechnologischer Experimente, wie in jüngster Zeit etwa bei Schafen vorgekommen sind. Die Biopatent-Richtlinie äussert sich nur zur Frage, wieweit die Ergebnisse solcher Forschung und Experimente schützenswert sind, damit sie kommerziell ausgewertet werden können. 13.5.98
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Ein Drittel Atomkraft
Die Kernenergie hat 1997 unverändert 36% des Stroms in der EU geliefert; rund 812 Mrd. kWh Strom. 1997 wurden in 8 Staaten der EU Strom in Kernkraftwerken erzeugt. Spitzenreiter war Frankreich mit einem Anteil der Kernenergie von 87% an der Netto-Stromerzeugung des Landes. Es folgen Spanien und Deutschland mit 32% Anteil. In Finnland wurden 30% des Stroms aus Kernenergie gewonnen, in Grossbritannien waren es 29%. NZZ. 13.5.98
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Gentechnik
Bezüglich der Marktzulassung der drei gentechnisch veränderten Maispflanzen der Firmen Monsanto, Novartis und AgreVo bzw. der Rapspflanze von AgreVo zog die EU-Kommission einen wissenschaftlichen Ausschuss zu Rate. Dieser kam am 12. Februar zum Schluss, dass es keinen Beweis für negative Auswirkungen auf die menschliche bzw. tierische Gesundheit oder die Umwelt gäbe. Das vom Komitee erstellt Gutachten wurde an die Mitgliedstaten versandt, die in der folge über den Vorschlag abstimmen mussten. Am 18. März stimmte eine qualifizierte Mehrheit für eine Marktzulassung. Frankreich, Schweden, Dänemark und Luxemburg verweigerten ihre Zustimmung für die vier Gentech-Pflanzen. Europa-Info, 4.98.
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Deklarationspflicht für Gentech-Lebensmittel
In der EU gilt der Grundsatz, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel zu kennzeichnen sind, sofern sie sich nachweislich von herkömmlichen Produkten unterscheiden. Dies beschlossen die Landwirtschaftsminister der EU mit qualifizierter Mehrheit gegen die Stimmen Schwedens, Dänemarks und Griechenlands. Der Beschluss hat zur Folge, dass Unternehmen, die Produkte wie Mais oder Soja anbieten, den Verpackungsinhalt laufend wissenschaftlich überprüfen müssen. Falls genmanipulierte Substanzen darunter sind, muss dies deklariert werden. Für weitere manipulierte Produkte, die in Zukunft auf den Markt drängen werden, gilt dasselbe. Es wurden allerdings zwei Schlupflöcher ins Regelwerk eingefügt: (1) Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss kann einen Grenzwert festlegen, unterhalb dessen keine Kennzeichnung notwendig ist. (2) Es wird eine Liste erstellt mit Produkten (z.B.Sojaöl), die nicht gekennzeichnet werden müssen, weil die Nachweisbarkeit des gentechnischen Eingriffs fragwürdig sei. NZZ. 27.5.98
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EU-Kritik an Ukraine
Eine Delegation der EU hat die ukrainische Regierung in mehrtägigen Gesprächen in Kiew nicht davon abbringen können, die auf den 1. April in Kraft tretenden restriktiven Massnahmen zum Import von Gebrauchtwagen aufzuweichen. Nach dem Beschluss der ukrainischen Regierung werden dann Einführen von Fahrzeugen, die älter sind als fünf Jahre, vollständig untersagt, auf jüngere Gebrauchtwagen wird ein Zuschlag von mindestens 5000$ erhoben. Diese Massnahmen hatte der südkoreanische Autohersteller Daewoo als Bedingung für eine Grossinvestition von 1,3 Mrd. $ in ein Joint venture mit dem ukrainischen Produzenten AwtoZAZ gefordert, zusammen mit einem Erlass von Zöllen und Mehrwertsteuern auf Vorprodukten. Brüssel wies darauf hin, dass damit das am 1. März in Kraft getretene Handelsabkommen zwischen der Ukraine und der EU verletzt werden. Sanktionen würden jedoch zurzeit keine erwogen. NZZ.14./15.3.98
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Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI)
Das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) der OECD konnte nicht wie beabsichtigt am 27./28.4.98 bei der OECD-Mnisterkonferenz in Paris unterzeichnet werden. Vielmehr sollen die Minister der 29 Staaten Verhandlungsmandat und Verhandlungsleiter neu bestimmen. Gescheitert ist der rasche Abschluss nicht an der zunehmenden Kritik an Inhalt und Verhandlungsstil; vielmehr sind insbesondere die USA mit einigen Entwicklungen nicht einverstanden, so mit der Weigerung Frankreichs und Kanadas, die kulturelle Protektion aufzugeben, und dem dringenden Wunsch europäischer Länder, via MAI die extraterritorialen Gesetze der USA zu eliminieren (Helms Burton). Auch wird die Zahl der Ausnahmen immer grösser; 600 sind bereits beantragt. Die Sinnhaftigkeit der MAI-Deregulierung wird dadurch selbst Befürwortern des MAI nicht mehr einsichtig. Europa-Info, 4.98
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Sternstunde?
Nach dem unerfreulichen Juni-Abstimmungswochenende sprach BR Villiger von einer "Sternstunde der direkten Demokratie". Darin kommt ein seltsames Demokratieverständnis zum Ausdruck. Dem Stimmvolk wird Reife und ähnliches attestiert, wenn es im eigenen Sinne entscheidet, sonst wird von den Grenzen der direkten Demokratie geredet. Die Demokratie ist aber nicht ein System, dessen Ziel darin besteht, die eigenen Interessen durchzusetzen. Es ist ein System, das den Ausdruck verschiedener Interessen erlaubt. Ein demokratisches Verständnis zeichnet sich dadurch aus, dass es den pluralistischen Ausdruck von Interessen im Rahmen der Menschenrechte befürwortet und das jeweilige Resultat akzeptiert - wenn auch nicht immer mit Hurra.
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De qui se moque-t-on
Als ich vom Null-Summen-Resultat von Gunvor Guggisberg am Concours Eurovision de la Chanson in Birmingham hörte - als Chanson-dieser-Art-Uninteressierter habe ich den Concours selber nicht reingezogen, da ich Velvet Underground, Martha and the Muffins, REM und "ähnliches" vorziehe - meinte ich spasseshalber zur familiären Umgebung "Jetzt wird's heissen, die Schweizer Niederlage sei dem 'Abseitsstehen' der Schweiz zuzuschreiben." Ein etwas mitleidiger Blick zur Antwort! Ich musste geniert zugeben - jetzt hast du etwas übertrieben. Um so grösser das ungläubige Staunen: Die CVP liess doch tatsächlich in einer Pressemitteilung verlauten, das schlechte Abschneiden der "Schweiz" sei durch unseren Nicht-Beitritt zur EU zu erklären. pr.
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CVP und EU
Was von der SP noch erstaunte - von der CVP war es eigentlich zu erwarten: das Ja zum EU-Beitritt (Basler Zeitung, 6.4.98). Den Vorläufern der CVP wurde schliesslich die Demokratie abgerungen, nur folgerichtig, wenn sie diese nun wieder unschädlich haben will. Mit der direkten Demokratie konnte sich die CVP solange anfreunden, als sie noch einen Kampf gegen den Freisinn auszutragen hatte. Durch das Abschleifen des konservativen C's (KC) im bürgerlich-liberalen Staat, wodurch die bürgerliche Komponente der CVP reingewaschen zum Durchbruch kam, erübrigt sich dieses Instrument jedoch. Der urkatholische Mangel an demokratischer Einstellung kann damit endlich rein zum Ausdruck gebracht werden - Rückkehr zu den Wurzeln. Dass man sich über diesen Sieg über die demokratische Regression gleich freudentränend in die Arme fällt - hat allerdings doch etwas erstaunt. pr.
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Demokratieabbau verniedlicht
Laut Ursula Koch, Präsidentin der SP Schweiz, "ist es wichtig, aufzuzeigen, dass auch bei einem EU-Beitritt die demokratischen Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Schweiz sehr hoch bleiben werden" (Pressedienst SP Nr. 495, S. 3). Der deutsche Bundeskanzler Kohl behauptet, 70% der deutschen Innenpolitik werde in Brüssel gemacht. Kohl gibt zwar nicht an, wie er auf diese Zahl kommt. Jedenfalls drückt sie aus, dass die meiste deutsche Innenpolitik in Brüssel gemacht wird. Woraus dann bezüglich Ursula Koch zu schliessen wäre, dass sie einen Bereich von bedeutend weniger als der Hälfte demokratische Selbstbestimmung als sehr hoch betrachtet.
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Politische Verwertung von Geschichte
In den letzen paar Jahren führten die Politiker in der Schweiz mehrmals vor, wie man Geschichte fürs Tagesgeschäft bewusst instrumentalisiert. Da waren zuerst die 700 Jahr feiern, um die GSoA-Initiative zu bekämpfen. Anlässlich dieser Feierlichkeiten wurden der 100ste Geburtstag der Einführung der Volksinitiative nie erwähnt, obwohl dieses Ereignis wohl bedeutend interessanter und bedeutsamer ist als die Rütli-Geschichte. Anlässlich der 1998-Feierlichkeiten wurde der westphälische Friedensvertrag, in dem die Schweiz offiziell aus dem Reichsverband entlassen wurde, bewusst in Hinblick auf die EU-Integration unterschlagen. Dafür sollte die Helvetik und die Gründung des Bundesstaates von 1948 gebührend gefeiert werden - ersteres als Beispiel für den günstigen Einfluss des Auslandes auf die Schweiz, das zweite als historisches Beispiel fürs Abtreten von Souveränität an ein grösseres Gebilde. Gegen diesen Missbrauch der Geschichte gibt es einiges einzuwenden. Erstens sind Demokratie und Unabhängigkeit untrennbar verbunden. In einer Gebietskörperschaft können nur die Bereiche demokratisch geregelt werden, die im eigenen Kompetenzbereich liegen. Zweitens wird kaum jemand die günstigen Einflüsse des Auslandes auf die Entwicklung der demokratischen Institutionen in der Schweiz leugnen wollen. Daraus die Notwendigkeit eines EU-Beitritts folgern zu wollen, ist ein argumentativer Salto mortale. Ein weiteres Beispiel für verkorksten Geschichtsmissbrauch ist der ständige Vergleich der Gründung des Bundesstaates mit der EU-Integration. Während die Gründung des Bundesstaates mit der Einführung demokratischer Rechte verbunden war, geht es bei der EU-Integration um deren substantielle Einschränkung. Verschiedener könnten die beiden somit gar nicht sein.
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