State of the Union Die EU soll "weltpolitikfähig" werden und als "Architekt der Welt von morgen" auftreten. Dies hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im September 2018 in seiner "State of the Union"-Rede gefordert, deren Bezeichnung der berühmten gleichnamigen Rede des US-Präsidenten vor beiden Kammern des Kongresses in Washington nachgebildet ist. Juncker will dazu insbesondere die Militarisierung der Union und die Hochrüstung ihrer Außengrenzen forcieren. Während der deutsch dominierte Staatenbund um jeden Preis zur Weltmacht aufsteigen will, nehmen die Spannungen im Inneren erheblich zu. Das vom EU-Parlament auf den Weg gebrachte EU-Verfahren gegen Ungarn, das seit Jahren demokratische Rechte abbaut, verschärft den Konflikt zwischen den westeuropäischen Machtzentren und dem Osten der Union. Das krasse Wohlstandsgefälle zwischen dem Zentrum der EU und der verarmten Peripherie besteht ungebrochen fort. Schwere Menschenrechtsverstöße vor allem gegen Flüchtlinge begleiten das globale Machtstreben der im Innern zerklüfteten Union. 13. September 2018 https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7720/
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EU und schmutziges Geld Die EU rühmt sich gerne, die weltweit strengsten Vorschriften zur Geldwäschereibekämpfung zu haben. Umso peinlicher ist die jüngste Serie von Skandalen. Im Februar 2018 wurde die Liquidation der ABLV, der drittgrössten Bank Lettlands, eingeleitet, nachdem ihr eine US-Behörde systematische Geldwäscherei vorgeworfen hatte. Im Juli 18 rügte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) Malta wegen grober Mängel bei der Überwachung der dortigen Pilatus Bank. Im September weiteten sich die Vorwürfe gegen das grösste dänische Institut, die Danske Bank, aus, über deren estnische Zweigstelle zwischen 2007 und 2015 grosse Mengen unter anderem an russischem Geld gewaschen worden sein sollen. Schliesslich trat der Finanzchef der niederländischen ING-Bank zurück, nachdem sich diese in einem Vergleich mit der niederländischen Staatsanwaltschaft auf die Zahlung von 775 Mio. € wegen Versäumnissen bei der Geldwäschereiprävention zwischen 2010 und 2016 geeinigt hatte.
So unterschiedlich diese Fälle sind, so auffallend ist, wie lange es häufig gedauert hatte, bis die Behörden einschritten, und wie oft der Anstoss aus den USA kam. Besonders stark betroffen scheinen kleine, periphere EU-Staaten zu sein, deren Banken auf das Offshore-Geschäft setzen. All dies hat EU-Parlamentarier, die Finanzminister und weitere EU-Organe aufgeschreckt. Tenor ihrer Vorstösse ist, dass das Problem weniger bei den Vorschriften als bei deren Um- und Durchsetzung liege. In Reaktion darauf hat die EU-Kommission anlässlich der Strassburg-Rede ihres Präsidenten Juncker im September 2018 eine Stärkung der Rolle der EBA vorgeschlagen.
Säumige Mitgliedstaaten
Gesetzliche Grundlage der Bekämpfung der «Wäsche» illegal erwirtschafteter Gelder und der Terrorismusfinanzierung in der EU ist die Anti-Geldwäscherei-Richtlinie (AML-Richtlinie), die bereits fünfmal überarbeitet worden ist (wobei die fünfte Version erst 2020 umzusetzen ist). Die EU hat damit die internationalen Standards der Financial Action Task Force übernommen, aber auch zusätzliche Regeln aufgestellt. Allerdings haben die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht einigen Spielraum, und nicht alle zeigen sich dabei besonders eifrig. So hat Brüssel im Juli rechtliche Schritte gegen mehrere Staaten unternommen, weil sie die vierte AML-Richtlinie ein Jahr nach dem Termin noch gar nicht umgesetzt hatten.
Überwacht wird die Einhaltung der AML-Vorschriften durch nationale Behörden. Und hier liegt ein zweites Problem: Die jüngsten Fälle hätten gezeigt, dass die Einhaltung nicht überall in der EU nach den gleichen hohen Standards überwacht und durchgesetzt werde, erklärte Justizkommissarin Věra Jourová bei der Vorlage des erwähnten Kommissionsvorschlags. Das System sei aber nur so stark wie sein schwächstes Glied.
Ein drittes Problem bilden Mängel bei der Kooperation und dem Informationsaustausch zwischen den Bankenaufsehern (die Eigenkapital- und ähnliche Vorschriften durchsetzen) und den für die AML-Aufsicht zuständigen Behörden auf nationaler Ebene und zwischen den Behörden verschiedener Mitgliedstaaten. Dies hängt auch mit dem erwähnten Flickwerk nationaler Ansätze bei der Abwehr der Geldwäscherei zusammen, während die Bankenaufsicht stärker harmonisiert ist und für die grossen Banken des Euro-Raums gar eine bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte zentrale Aufsicht besteht. Letztere ist aber nicht für die Durchsetzung der AML-Vorgaben zuständig. Eine engere Zusammenarbeit der beiden «Stränge» der Aufsicht wäre insofern wichtig, als Versäumnisse bei der Geldwäschereibekämpfung auch das Überleben von Banken oder gar die Integrität des Binnenmarkts und die Finanzstabilität gefährden können.
Viertens fehlt es, stets laut Kommission, an gemeinsamen Regelungen für die Kooperation mit Drittstaaten bei der Geldwäscherei-Aufsicht. Manche dieser Probleme geht bereits die fünfte AML-Richtlinie an, die beschlossen, aber noch nicht in nationales Recht umgesetzt ist. NZZ, 18. September 2018, S. 23
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Gemeinsamer Kampf für ein soziales Europa Im Zusammenhang mit der Verteidigung der Flankierenden Massnahmen (FlaM) erreichen den SGB Solidaritätsbotschaften des europäischen Gewerkschaftsbundes und zahlreicher nationaler Gewerkschaftsbünde und Gewerkschaften. Denn die Verteidigung der Löhne und Arbeitsbedingungen ist zentral für eine überlebensfähige, soziale EU.
Die bisherige Europapolitik der Gewerkschaften basierte auf dem Prinzip, dass sie den Menschen nützen soll, egal welchen Pass sie besitzen. Das galt besonders für den bilateralen Weg. Entsprechend forderte der SGB gemeinsam mit den europäischen Schwesterorganisationen und dem Europäischen Gewerkschaftsbund erfolgreich: Löhne und Arbeitsbedingungen schützen, nicht die Grenzen!
Europa muss sozialer werden
Leider haben in den letzten Jahren die Interessen der Arbeitnehmenden in den Gremien der EU nicht immer Priorität besessen. Im Gegenteil: die von der EU seit 2008 vielen Ländern verordnete Austeritätspolitik und verpasste Chancen im Arbeitnehmerschutz haben viele EU-BürgerInnen in die Arme rechtsnationaler Populisten getrieben und "europamüde" gemacht.
Es braucht bessere Flankierende Massnahmen, nicht schlechtere
In der Schweiz wurde der Lohnschutz bisher kontinuierlich verbessert, weil allen klar war, dass ohne ihn in unserem Hochlohnland die Arbeitsbedingungen und das soziale Gefüge gefährdet wären und die Zustimmung zum bilateralen Weg bröckeln würde. Leider haben sich nun die FDP-Bundesräte und ihre Entourage aus diesem Konsens verabschiedet. Sie übernehmen die Logik der Neoliberalen und wollen den Arbeitnehmerschutz, also die FlaM, schleifen.
Vor diesem Hintergrund versuchen gewisse Teile der EU-Kommission sowie Gewerbetreibende besonders aus dem süddeutschen Raum, in der Diskussion um ein mögliches Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU den Schutz gegen Lohn- und Sozialdumping in Frage zu stellen. Dieselben Kräfte versuchen gleichzeitig alles, um in der EU verbindliche soziale Standards und den Schutz der Arbeitnehmenden zu verhindern.
Die europäischen Gewerkschaften setzen auf die Schweiz
Wer heute behauptet, der Lohnschutz in der EU sei demjenigen in der Schweiz rechtlich ebenbürtig, versteht nichts von der Materie. Und wer dies ohne oder wider besseres Wissen weiterverbreitet, stellt sich willentlich oder unwillentlich gegen die progressiven europäischen Kräfte und insbesondere gegen die europäische Gewerkschaftsbewegung. Es ist kein Zufall, dass die europäischen Gewerkschaften ihre Schweizer Schwesterorganisationen dazu auffordern, in Sachen FlaM hart zu bleiben - zum Wohl der Arbeitnehmenden. Der SGB hat Solidaritätsschreiben der Gewerkschaftsbünde Bulgariens, Rumäniens, aber auch Polens und Ungarns erhalten, in denen sie dem SGB ihre Unterstützung im Kampf um die FlaM mitteilen und ihn auffordern, gegenüber den Binnennmarkt-Turbos in der EU-Kommission standhaft zu bleiben. Denn eine Abschwächung des Lohnschutzes in der Schweiz wäre ein katastrophales Signal für die fortschrittlichen, gewerkschaftlichen Kräfte in Europa. Für sie war die Revision der Entsenderichtlinie nur ein erster Schritt in die richtige Richtung: zu einem sozialen Europa, das gleiche, gerechte Löhne für alle Arbeitnehmenden in der EU garantiert. SGB-Newsletter 28.09.2018, Luca Cirigliano, Datum: 28. September 2018 (Auszüge)
https://www.sgb.ch/index.php?id=206&tx_news_pi1%5Bnews%5D=5704&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=5c1e58237d3986204e3095876aa1ccff
EU-Kommission propagierte 2012 im Labour Market Development-Report die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die Reduktion von Überstundenzuschlägen, sowie generell den Abbau von kollektivvertraglichen Regelungen zugunsten „dezentralisierter“ Lohnfindung. Und zwar mit dem deklarierten Ziel: „Reduktion der gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht“.
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