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Kurzinfos März 2018
Licht in den Rat der EU bringen Die EU -Ombudsperson Emily O'Reilly hat in einem Mitte Februar 2018 erschienenen Untersuchungsbericht deutlich mehr Transparenz bei den Entscheidungsverfahren im Rat der EU eingefordert. Der Rat der EU ist die Vertretung der 28 EU-Mitgliedstaaten. Er teilt sich mit dem EU-Parlament das Haushaltsrecht sowie die gesetzgeberische Kompetenz im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren.
In erster Linie kritisiert O'Reilly, dass zu oft nicht öffentlich gemacht werde, welche Position welcher Mitgliedstaat im legislativen Prozess zu einem bestimmten Thema einnehme. Sowohl in den zahlreichen Arbeitsgruppen als auch auf Ausschussebene der Ständigen Vertreterinnen (COREPER) müsse der Rat größere Transparenz herstellen. Außerdem soll der Zugang zu Dokumenten verbessert werden, indem weniger Dokumente als ,,not for circulation“ („nicht für die Veröffentlichung“) oder „limite“ (begrenzt) erklärt werden.
Sven Giegold, EU-Abgeordneter (Grüne/EFA), begrüßte die Inhalte des Untersuchungsberichts: "Es muss endlich mehr Licht ins Hinterzimmer des EU-Rats kommen. Die Intransparenz im Rat ist immer wieder Futter für EU -Gegner. Transparenz über Entscheidungsprozesse und Zugang zu mehr Dokumenten des Rats würde die europäische Demokratie deutlich stärken." Umwelt aktuell, März 2018, S. 26, https://www.ombudsman.europa.eu/press/release.faces/en/89685/html.bookmark
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Slowenien: EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Kroatien Im Grenzkonflikt zwischen den beiden EU-Mitgliedern Slowenien und Kroatien geht Slowenien nun auf EU-Ebene gegen seinen Nachbarn vor. Das Land leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Kroatien ein. Einen entsprechenden Brief der Regierung habe die EU-Kommission 9. März 2018 erhalten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Freitag. Dieser werde nun geprüft. «Das ist ein Rechtsstreit zwischen zwei Mitgliedstaaten», betonte der Sprecher. Die EU-Kommission stehe jedoch bereit, zwischen den Parteien zu vermitteln.
Die beiden EU- und Nato-Mitglieder streiten um den Grenzverlauf in der Bucht von Piran auf der Halbinsel Istrien in der nördlichen Adria. Ein von der EU vermitteltes Schiedsgericht hatte fast die gesamte Bucht Slowenien zugesprochen. Weil Ljubljana im Schiedsverfahren gegen Regeln verstossen hatte, erkennt Kroatien diesen Schiedsspruch nicht an und sieht die Grenze weiter in der Mitte der Bucht. Beide Nachbarn hatten jeweils die Fischer der anderen Seite mit Dutzenden von Strafbescheiden wegen Grenzverletzungen belegt.
Die EU-Kommission hat nun drei Monate Zeit, um ihre Position festzulegen. Sollte Brüssel nicht reagieren, könnte Slowenien den Nachbarstaat vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. NZZ, 9. März 2018, S. 2
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Wird Eurish in Brüssel das Englische ersetzen? «Ich zögere zwischen Englisch und Französisch, aber ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich werde auf Französisch sprechen, weil Englisch langsam, aber sicher an Bedeutung in Europa verlieren wird.» Das sagte der EU-Kommissions-Präsident Juncker vor einigen Monaten bei einer Rede in Florenz. Er spielte damit natürlich auf den Brexit an. Denn nach dem EU-Austritt des Schwergewichts Grossbritannien werden nur noch die Kleinstaaten Irland und Malta als anglophone Mitglieder verbleiben.
Dank ihnen wird Englisch eine der 24 Verkehrssprachen der EU bleiben. Im für seinen Sprachpatriotismus bekannten Frankreich gibt es aber Bestrebungen, dies zu ändern. Der Bürgermeister von Béziers in Südfrankreich twitterte etwa, dass seiner Ansicht nach das Englische nach dem Brexit-Entscheid jedwede Legitimation verloren habe, EU-Verkehrssprache zu bleiben. Der linkssozialistische Politiker Jean-Luc Mélenchon verlangte, Englisch zumindest als dritte Amtssprache des Europaparlaments abzuschaffen. Solche Vorstösse haben aber trotz dem Brexit-Malus nicht den Hauch einer Chance. Der Grund dafür liegt in der dominanten Stellung des Englischen als Mittel der globalen Verständigung. Spätestens seit der Osterweiterung der EU hat sich das Englische in der Union längst als allen gemeinsame Zweitsprache durchgesetzt.
Dem Englischen droht in der EU vielmehr eine andere Gefahr: Weil in Brüssel Englisch meist von Leuten gesprochen und geschrieben wird, die eine andere Muttersprache haben, entwickelt sich dort allmählich ein spezieller euro-englischer Jargon – genannt Eurish. Dieser sorgt umgekehrt in Grossbritannien bei Muttersprachlern für Irritation. Wenn EU-Beamte beispielsweise etwas betonen wollen, heisst das auf Eurish nicht «to emphasise» oder «to stress», sondern «to underline» (im Sinne des deutschen «unterstreichen»). Wie lange wird es wohl gehen, bis Texte von Eurish auf Englisch übersetzt werden müssen, damit sie auch von Briten verstanden werden können? Als ob es nicht schon genug Verständigungsprobleme zwischen Brüssel und London gäbe. NZZ, 9. März 2018, S. 2
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EU-Zahlungen für Marktzugang in der Schweiz? In der Fragestunde des Nationalrats stellte Rösti der Regierung die Frage: «Wie hoch ist der Marktzugangsbeitrag der EU für den Schweizer Markt?» Die Schweizer Zahlung von 1,3 Mrd. Fr. für die EU-Oststaaten werde neuerdings als Beitrag der Schweiz für den EU-Marktzugang begründet, meinte Rösti. Da aber die EU mehr Güter in die Schweiz exportiere als umgekehrt, stelle sich die Frage, ob in dieser Logik nicht auch die Schweiz einen Marktzugangsbetrag aus Brüssel erhalten müsse. Der Bundesrat sprach in seiner Antwort an Rösti von einem Beitrag für ein sicheres, stabiles und prosperierendes Europa, wovon auch die Schweiz profitiere. Die Schweiz weist gegenüber der EU ein Handelsbilanzdefizit auf. 2017 exportierte die Schweiz Güter für rund 117 Mrd. Fr. in die EU und importierte Waren für knapp 133 Mrd. Fr. Auch unter Einbezug der Dienstleistungen (Schweizer Exportüberschuss von rund 5 Mrd. Fr. für 2016) bleibt es aus helvetischer Sicht bei einem bilateralen Importüberschuss. Letztlich geht es aber um Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse. Der Bundesrat führt weiter aus: Die Schweiz exportierte 2016 pro Einwohner Güter im Wert von 13 500 Fr. in die EU, während die EU pro Einwohner Waren im Wert von knapp 250 Fr. in die Schweiz lieferte. Aus der Exportsicht war damit der bilaterale Handel für die Schweiz über fünfzig Mal so wichtig wie für die EU. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Importe.
In der Tendenz ähnlich (wenn auch deutlich weniger krass) sehen die Handelsbeziehungen von Grossbritannien mit der EU aus: Die Briten importieren mehr aus den übrigen EU-Staaten, als sie in die Rest-EU ausführen, aber der bilaterale Handel ist für die Briten weit wichtiger als für die EU. Dies sagt viel aus über das Kräfteverhältnis in den EU-Austrittsverhandlungen von London mit Brüssel, und es trug dazu bei, dass bisher vor allem die Briten Konzessionen machen mussten. NZZ, 14. März 2018, S. 25. Wenn der mächtigere dem schwächeren Forderungen austreiben will, bezichtigt er ihn der Rosinenpickerei.
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Kantone gegen Einmischung der EU bei Beihilfen Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) wehrt sich dagegen, EU-Grundsätze über staatliche Beihilfen in einem allfälligen Rahmenabkommen zu verankern. Diese sind in der EU grundsätzlich verboten. Um Marktverzerrungen zu verhindern, will die EU künftig deshalb mitbestimmen, welche Arten von staatlichen Beihilfen in der Schweiz noch möglich sein sollen. Wie die KdK am Freitag mitgeteilt hat, würde ein solches Verbot nach EU-Kriterien das gesamte staatliche Handeln der Schweiz und damit sowohl Bund als auch Kantone und Gemeinden betreffen.
Bereits im Februar 2018 war eine Delegation der Konferenz der Kantonsregierungen nach Brüssel gereist, um sich ein Bild von der Sache zu machen. Zudem gab sie zwei Gutachten in Auftrag, welche die potentiellen Auswirkungen auf die Schweizer Praxis aufzeigen sollen. Beide kamen zu dem Resultat, dass ein Beihilfeverbot weitreichende Folgen hätte. Darunter fallen etwa staatliche Massnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien oder auch kantonale Steuererleichterungen für globale Konzerne. Grundsätzlich könnten auch kommunale Darlehen an Sportvereine für den Bau von Stadien darunterfallen.
Laut KdK sollen die Grundsätze staatlicher Beihilfen nur in sektoriellen, bilateralen Abkommen geregelt werden. Zudem spricht sie sich gegen «fremde Richter» in dieser Sache aus. Jede Partei müsse sich selber überwachen. Allenfalls sei eine autonome Schweizer Überwachungsbehörde zu schaffen. NZZ, 24. März 2018, S. 18
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Für ein Importverbot von glyphosathaltigen Produkten Weltweit werden jährlich rund 850.000 Tonnen (t) des Pflanzengiftes Glyphosat verkauft. Glyphosat wurde von Krebsforschungsagentur der WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Pflanzenpathologin Arlene von Bruggen von der University of Florida kommt auf Basis von 220 Studien u.a. zu dem Fazit, dass Glyphosat das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson erhöht.
Untersuchungen haben bei Menschen in den USA und auch in Österreich Glyphosat im Urin nachgewiesen. Laut einer Studie von Global 2000 sind bei drei von zehn Österreichern Rückstände des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat im Harn nachweisbar. Doch wie gelangt es in unsere Körper, wenn Anbauflächen doch nur im Frühling - vor dem Austrieb - damit behandelt werden dürfen? Eine Antwort darauf hat Landwirtschaftspräsident Schultes parat. „Das umstrittene Mittel Glyphosat wird in Österreich bei keinen Pflanzen eingesetzt, die geerntet werden“, so Hermann Schultes. Warum es dann doch auch im Urin von Österreichern nachgewiesen werden kann? „Weil diese auch Produkte aus anderen Ländern konsumiert haben“, so Schultes weiter.
Die Europäische Union verhandelt z.B. derzeit mit den Mercosurstaaten - Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Venezuela - gerade ein Freihandelsabkommen. Die Mercosurstaaten exportieren hauptsächlich Agrarprodukte und Rohstoffe, während die EU vor allem Maschinen und Chemikalien nach Südamerika liefert. Wie Glyphosat. Das Totalherbizid das sämtliche Pflanzen tötet, die nicht zuvor dagegen resitent gemacht werden (z.B. Genveränderung bei Mais, Soja, ...) und tonnenweise in der industriellen Landwirtschaft eingesetzt wird, dessen Verbrauch sich seit Markteinführung in den 1970 er Jahren verhundertfacht hat. Während multinationale Saatgut- und Pestizidkonzerne Milliarden Euros scheffeln, bedrohen Pestizide wie Glyphosat die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt, und auch die Gesundheit von Menschen.
Die ländliche Bevölkerung in Ländern wie Argentinien, Brasilien oder Paraguay bekommen die Auswirkungen des massiven Glyphosateinsatzes zu spüren. In manchen Regionen Argentiniens werden beispielsweise Felder mit Glyphosat-resistenten Sojabohnen auch aus der Luft besprüht. Dort kommen laut Arztberichten viermal häufiger als anderswo missgebildete Kinder zur Welt. Die Menschen leiden unter erhöhten Krebsraten, Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten, Fehlgeburten, Frühgeburten.
Vielen Bauern und Bäuerinnen sowie Indigenen wird darüber hinaus ihre Lebensgrundlage entzogen, sie sind oder werden gezwungen ihr Land an große Firmen zu verkaufen, oder es wird ihnen einfach weggenommen. Sie müssen riesigen Monokulturplantagen weichen.
Stellt sich die Frage, warum der Import von mit Glyphosat behandelten Produkten, aus dem Ausland nicht verboten wird? Die Antwort: Weil das dem Freihandelsprinzip des EU-Binnenmarkts widerspricht. D.h. man kann die Produktion, nicht aber den Import verbieten. Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wurde weitere fünf Jahre in der EU zugelassen. Eveline Steinbacher, März 2018, https://www.solidarwerkstatt.at/umwelt-energie/fuer-ein-importverbot-von-glyphosathaltigen-produkten
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Achmea-Urteil des EuGH Die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Diese Klausel entzieht dem Mechanismus der gerichtlichen Überprüfung des Unionsrechts Rechtsstreitigkeiten, die sich auf die Anwendung oder Auslegung dieses Rechts beziehen können
Im Jahr 1991 schlossen die ehemalige Tschechoslowakei und die Niederlande ein Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen[1] (BIT[2]). Das BIT bestimmt, dass Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei gütlich oder, falls dies nicht möglich ist, vor einem Schiedsgericht beizulegen sind.
Nach der Auflösung der Tschechoslowakei im Jahr 1993 trat die Slowakei in deren Rechte und Pflichten aus dem BIT ein. Im Jahr 2004 öffnete die Slowakei ihren Krankenversicherungsmarkt für private Investoren. Achmea, ein zu einem niederländischen Versicherungskonzern gehörendes Unternehmen, gründete daraufhin eine Tochtergesellschaft in der Slowakei, um dort private Krankenversicherungen anzubieten. Im Jahr 2006 machte die Slowakei jedoch die Liberalisierung des Krankenversicherungsmarkts teilweise rückgängig und untersagte insbesondere die Ausschüttung von Gewinnen aus dem Krankenversicherungsgeschäft.
Im Jahr 2008 leitete Achmea auf der Grundlage des BIT ein Schiedsverfahren gegen die Slowakei ein, mit der Begründung, dass das genannte Verbot gegen das Abkommen verstoße und ihr dadurch ein Vermögensschaden entstanden sei. Im Jahr 2012 befand das Schiedsgericht, dass die Slowakei gegen das BIT verstoßen habe, und verurteilte sie, Schadensersatz in Höhe von etwa 22,1 Mio. Euro an Achmea zu zahlen.
Im Anschluss daran erhob die Slowakei bei den deutschen Gerichten[3] Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs. Nach ihrer Auffassung verstößt die Schiedsklausel im BIT gegen mehrere Bestimmungen des AEU-Vertrags[4].
Der im Rechtsbeschwerdeverfahren angerufene Bundesgerichtshof (Deutschland) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die von der Slowakei angefochtene Schiedsklausel mit dem AEU-Vertrag vereinbar ist.
Die Tschechische Republik, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Zypern, Lettland, Ungarn, Polen, Rumänien und die Europäische Kommission haben Erklärungen zur Unterstützung des Vorbringens der Slowakei eingereicht, während Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Finnland die streitige Klausel und – allgemeiner – ähnliche Klauseln in den 196 gegenwärtig zwischen den Mitgliedstaaten der EU bestehenden BIT für gültig halten.
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass nach dem BIT das gemäß diesem Abkommen gebildete Schiedsgericht insbesondere auf der Grundlage des geltenden Rechts der von dem fraglichen Rechtsstreit betroffenen Vertragspartei und aller erheblichen Abkommen zwischen den Vertragsparteien zu entscheiden hat.
Angesichts der Merkmale des Unionsrechts – wie seiner Autonomie gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten und dem Völkerrecht, seinem Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten sowie der unmittelbaren Wirkung einer ganzen Reihe seiner Bestimmungen für die Unionsbürger und die Mitgliedstaaten – ist es zum einen Teil des in allen Mitgliedstaaten geltenden Rechts und zum anderen aus einem internationalen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten hervorgegangen. Daher kann das fragliche Schiedsgericht unter diesen beiden Aspekten das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr auszulegen oder sogar anzuwenden haben.
Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Gerichtsbarkeit des fraglichen Schiedsgerichts im Verhältnis zu der der slowakischen und der niederländischen Gerichte Ausnahmecharakter hat, so dass es nicht Teil des Gerichtssystems der Slowakei oder der Niederlande ist. Folglich kann dieses Schiedsgericht nicht als Gericht „eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft werden und ist daher nicht befugt, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen anzurufen.
Zur Frage, ob der Schiedsspruch der Überprüfung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterliegt, das dem Gerichtshof unionsrechtliche Fragen in Verbindung mit einem vom Schiedsgericht behandelten Rechtsstreit vorlegen könnte, stellt der Gerichtshof fest, dass gemäß dem BIT die Entscheidung des Schiedsgerichts endgültig ist. Zudem legt das Schiedsgericht seine eigenen Verfahrensregeln fest und wählt insbesondere selbst seinen Sitz und folglich das Recht, das für das Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung der Gültigkeit des von ihm erlassenen Schiedsspruchs gilt.
Zum letztgenannten Punkt weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine solche gerichtliche Überprüfung von dem betreffenden nationalen Gericht nur vorgenommen werden kann, soweit das nationale Recht sie gestattet – eine Bedingung, die im vorliegenden Fall nicht vollständig erfüllt ist, da das deutsche Recht nur eine beschränkte Überprüfung in diesem Bereich vorsieht. In diesem Zusammenhang hebt der Gerichtshof hervor, dass die Überprüfung von Schiedssprüchen durch die Gerichte der Mitgliedstaaten zwar unter bestimmten Umständen im Rahmen eines Handelsschiedsverfahrens[5] legitimer Weise beschränkten Charakter aufweisen könnte, doch lassen sich diese Überlegungen nicht auf ein Schiedsverfahren wie das hier vorliegende übertragen. Während Ersteres nämlich auf der Parteiautonomie beruht, leitet sich Letzteres aus einem Vertrag her, in dem die Mitgliedstaaten übereingekommen sind, der Zuständigkeit ihrer eigenen Gerichte und damit dem System gerichtlicher Rechtsbehelfe, dessen Schaffung ihnen der EU-Vertrag[6] in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen vorschreibt, Rechtsstreitigkeiten zu entziehen, in denen dieses Recht anzuwenden oder auszulegen sein kann.
Aus diesen Gründen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Slowakei und die Niederlande mit dem Abschluss des BIT einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten geschaffen haben, der nicht sicherzustellen vermag, dass über diese Streitigkeiten ein zum Gerichtssystem der Union gehörendes Gericht befindet, wobei nur ein solches Gericht in der Lage ist, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten.
Unter diesen Umständen beeinträchtigt die im BIT enthaltene Schiedsklausel die Autonomie des Unionsrechts und ist daher nicht mit ihm vereinbar. Presse und Information: Gerichtshof der Europäischen Union; PRESSEMITTEILUNG Nr. 26/18; Luxemburg, den 6. März 2018; Urteil in der Rechtssache C-284/16; Slowakische Republik / Achmea BV, https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-03/cp180026de.pdf
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Freihandelsabkommen: EU-Agenda unter der Lupe Die Europäische Union treibt ihre Freihandelsagenda stringent voran. Auch wenn die öffentliche Aufmerksamkeit seit den Verhandlungen zu TTIP und CETA abgenommen hat, werden viele Abkommen mit ähnlichem Umfang verhandelt. Die Verhandlungen zu CETA sind abgeschlossen und das Abkommen ist seit Mitte 2017 in vorläufiger Anwendung. Zurzeit verhandelt die EU Abkommen mit den Mercosur-Staaten, mit Mexiko, Singapur, Japan, Australien und Neuseeland, um nur einige zu nennen. Die EU-Kommission sieht ihre Agenda durch transparentere Prozesse gerechtfertigt. Die verhandelten Abkommen bergen jedoch viele Gefahren für Umwelt, Gesundheit, soziale Standards und faire Handelsbedingungen.
Zivilgesellschaftliche Organisationen nehmen die Handelsstrategie der EU genau unter die Lupe. Die Publikation "Handel um jeden Preis?" von Foodwatch und Powershift befasst sich mit den Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur, Mexiko, Japan, Vietnam und Indonesien.
Das Forum Umwelt und Entwicklung hat eine Bestandsaufnahme der aktuellen Handelspolitik der EU veröffentlicht. In der Publikation wird die neue Handelsstrategie der EU untersucht und die wichtigen Themenfelder, die davon betroffen sind, genauer betrachtet. Von Landwirtschaft über Dienstleistungen, E-Commerce, Energie und Rohstoffen bis hin zu Umweltgütern verschafft "Handel für alle? - Probleme und Reformbedarf der aktuellen EU-Handelspolitik" einen Überblick über die wichtigsten Prozesse. Zudem gibt das Forum auch konkrete Handlungsempfehlungen. Zum Beispiel: Umwelt-, Sozial-, Daten-, Gesundheits- und Verbraucherschutzstandards erhöhen; öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge stärken; bäuerliche und nachhaltige Landwirtschaft sowie artgerechte Tierhaltung voranbringen; Konzerneinfluss begrenzen und Sonderklagerechte abschaffen; Arbeits- und Menschenrechte durch klare und durchsetzbare Regelungen verbindlich schützen. Umwelt aktuell, März 2018, S. 32. https://www.foodwatch.org/uploads/media/2018-02_foodwatch-powershift-Report_Handel-um-jeden-Preis_de_01.pdf; http://www.forumue.de/wp-content/uploads/2018/02/Trade-for-all-_-FUE_AGHandel_2018.pdf
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