Professor für Europarecht: EU-Reformvertrag ohne Volksabstimmung ist nichtig!
Dr. Adrian Hollaender ist ao. Univ.Prof. für Europarecht sowie internationale Grund- und Menschenrechte an der Staatlichen Universität Klausenburg (Partneruniversität der Univ. Wien, Associate Professor for International Law and Human Rights an der International University Vienna, Leiter des Zentrums für Rechtsforschung und Vorsitzender des Grundrechtskonvents im österreichischen Parlament. Dr. Adrian Hollaender hat für die Europäische Vereinigung für Bürgerrechte (EFCR) ein Gutachten geschrieben (http://www.efcr.at/tmp_de/files/111.pdf), in dem er rechtlich nachweist, dass eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag zwingend geboten ist, da dieser Vertrag eine Gesamtänderung der Verfassung bewirkt. Wörtlich heißt es:
"Die Unterlassung einer solchen Volksabstimmung wäre nicht nur eine derart offenkundige und schwerwiegende Verfassungsverletzung, dass der
Bundespräsident eine allfällige Beurkundung zu verweigern hätte (...), sondern würde überdies zur absoluten Nichtigkeit der auf eine Gesamtänderung
der Bundesverfassung ohne verfassungsrechtliche Legitimation durch ein Verfahren nach Artikel 44 Absatz 3 B-VG abzielenden Teile des
EU-Reformvertrags in Bezug auf die österreichische Rechtsordnung führen, was jedenfalls eine nicht vertretbare schwelende Rechtsunsicherheit bewirken würde. Ein Verzicht auf eine (aus den genannten Gründen mehrfach gebotene) Volksabstimmung käme im Ergebnis einer Aufgabe der - bisher als zentrale Norm zur Absicherung der österreichischen Bundesverfassung verstandenen - verfassungsrechtlichen Grundlagenschranke des Artikel 44 Absatz 3 B-VG gleich." Rundbrief Nr. 22-2007, 12. Dezember 2007, Werkstatt Frieden & Solidarität , Waltherstr. 15, 4020 Linz, www.werkstatt.or.at
EU-Abgeordnete pro Atomkraft
Das EU-Parlament hat sich im Oktober 07 in einer Resolution für die Nutzung der Atomkraft in der EU stark gemacht. Es billigte den nach dem CDU-Abgeordneten Herbert Reul benannten Reul-Report, nach dem die Atomkraft sowohl heute als auch künftig von Bedeutung ist. Ohne Atomkraft seien die europäischen Klimaziele nicht zu erreichen. Die deutschen Abgeordneten stimmten in der namentlichen Abstimmung größtenteils mit ihren Fraktionen. Grüne und Linke votierten geschlossen gegen die Resolution, Konservative und Liberale stimmten ausnahmslos zu. Lediglich die Sozialdemokraten waren gespalten. Eine Resolution hat allerdings keine rechtliche Wirkung.DNR Informationen für Deutschland und Europa, Dezember 07 / Januar 08, S. 12
EU-Gerichtshof für Lohn-Dumping
Schwedische Gewerkschaften haben einen Rückschlag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten: Die von ihnen angestrengte Blockade der schwedischen Baustellen des lettischen Bauunternehmens Laval un Partneri stellte laut einem Urteil des EuGH vom 28. Dezember 2008 eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die sich im vorliegenden Fall nicht mit dem Allgemeininteresse des Arbeitnehmerschutzes rechtfertigen liess (Rechtssache C-341/05).
Laval hatte im Mai 2004 Arbeitnehmer aus Lettland für die Durchführung von Bauarbeiten nach Schweden entsandt. Im Juni 2004 nahmen Laval, deren schwedische Tochter und die schwedische Bauarbeitergewerkschaft Verhandlungen über die Festlegung der Lohnsätze der entsandten Arbeitnehmer und Lavals Beitritt zum Bautarifvertrag auf. Zu einem Abschluss kam es aber nicht, und Laval unterzeichnete Tarifverträge mit der lettischen Baugewerkschaft. Die schwedische Bauarbeitergewerkschaft leitete einen Arbeitskampf in Form einer Blockade sämtlicher Laval-Baustellen in Schweden ein, unterstützt durch Massnahmen der schwedischen Elektrikergewerkschaft; Unter dem Laval-Personal befanden sich indessen keine Mitglieder dieser Gewerkschaften. Infolge der Unterbrechung der Arbeiten wurde die schwedische Laval-Tochter für insolvent erklärt. Laval klagte; das schwedische Gericht bat den EuGH um Rechtsbelehrung.
Der Fall weckte viel Aufmerksamkeit, weil es um die mit der EU-Osterweiterung gewachsenen Lohnunterschiede und um die Spannung zwischen Arbeitnehmerrechten und den unternehmerischen Freiheiten im Binnenmarkt geht. Der EuGH führte zunächst aus, das Recht auf Durchführung einer «kollektiven Massnahme» (Arbeitskampf). sei als Grundrecht anzuerkennen. Es müsse aber abgewogen werden gegen das EU-Prinzip des freien Dienstleistungsverkehrs. Dieser werde im konkreten Fall durch den Arbeitskampf eingeschränkt, was sich nur unter bestimmten Bedingungen rechtfertigen lasse. So müsse die Einschränkung u.a. durch «zwingende Gründe des Allgemeininteresses» gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Zu den Gründen des Allgemeininteresses könne der Schutz von Arbeitnehmern gegen Sozialdumping zählen.
Nun sieht die EU-Richtlinie (Gesetz) für die Entsendung von Arbeitnehmern in andere Mitgliedstaaten ein Mindestmass an Schutz vor, dessen konkrete Definition jedoch den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen wird. Schweden hat bei der Umsetzung dieser Richtlinie eine Reihe von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen fest gelegt, nicht aber den Mindestlohn. Auch gibt es keine klaren Vorschriften für Lohnverhandlungen. Unter diesen Umständen sei die erwähnte Blockade nicht mit dem freien Dienstleistungsverkehr und der Entsenderichtlinie zu vereinbaren, hielt der EuGH fest. NZZ, 19. Dezember 2007, S. 23