Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, beschäftigt sich mit Szenarien des Austritts aus dem Euro. Spanien und Italien müssten Beträge in dreistelliger Milliardenhöhe begleichen.
In einem Brief an die Europa-Parlamentarier Marco Valli und Marco Zanni hat Draghi nicht nur die Möglichkeit eines Austritts anerkannt, sondern auch gleich eine Hauptbedingung gestellt. Das austretende Land müsse seine Salden gegenüber der EZB und den nationalen Notenbanken im Zahlungsverkehrssystem der Euro-Zone (Target 2) ausgleichen. Target 2 ermöglicht die grenzüberschreitenden Zahlungen in der Euro-Zone. Während Frankreich mit einem negativen Saldo von rund 30 Mrd. € (Ende November 2016) relativ überschaubare Verpflichtungen hat, steht Italien mit einem Minus von 363 Mrd. € deutlich tiefer in der Kreide. Auch Spanien hat einen sehr hohen absoluten Saldo (minus 330 Mrd. €).
Die Forderung, alle Schulden müssten getilgt werden, klingt nur vordergründig vernünftig. Es ist kaum vorstellbar, wie beispielsweise Italien diese Summe aufbringen könnte, die immerhin gut einem Fünftel seines Bruttoinlandproduktes entspricht. Ob und wie andere Euro-Länder ihre Forderungen an ein austrittswilliges Land mit Negativsaldo durchsetzen könnten, hat Draghi nicht erklärt. Offen bleibt auch, welche Währung – Euro oder die neue Landeswährung – zur Anwendung käme. NZZ, 30. Januar 2017, S. 21