Müllsünden Rund ein Fünftel der Abfalltransporte in der EU sind illegal und zahlreiche Mülldeponien entsprechen nicht den Normen. Um gegen diese Zustände vorzugehen, hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, eine eigene EU-Agentur für den Abfallbereich ins Leben zu rufen. Eine entsprechende Studie veröffentlichte die Kommission Anfang Februar. Die Agentur soll dem Grundproblem einer schlechten Anwendung und Durchsetzung des europäischen Abfallrechts begegnen.
Die neue Einrichtung soll eine Reihe von Kontrollaufgaben wahrnehmen, etwa die Überprüfung der Durchsetzungssysteme in den Mitgliedstaaten sowie direkte Inspektionen von Anlagen bei gravierenden Verstößen. Ein Netzwerk in den Mitgliedstaaten soll die Agentur unterstützen. Noch in diesem Jahr soll eine gründliche Kosten-Nutzen-Analyse vorliegen, 2011 könnten dann weitere Schritte vorgeschlagen werden, so die EU-Kommission.
Das Problem der mangelnden Umsetzung des EU-Abfallrechts hat sich laut Kommission in den letzten Jahren mit dem zunehmenden Abfallabkommen verschärft. Jährlich fallen in der EU etwa 2,6 Milliarden Tonnen Abfalle an, von denen etwa 90 Millionen Tonnen als gefährliche Abfalle gelten. Die EU-Kommission hat berechnet, dass die tatsächliche Anwendung aller EU -Vorschriften im Abfallbereich neben den anderen positiven Umwelteffekten jährlich knapp 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen könnte. EU-Kommission, Informationen zur Abfallpolitik: www.ec.europa.eu/environment/waste, umwelt aktuell, März 2010, S. 9
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Lasche Grenzwerte für Gifte in Produkten Eine vom Nordischen Rat in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die in der EU-Chemikalienverordnung REACH festgelegte 0,1-ProzentGrenze für besonders besorgniserregende Stoffe nicht in jedem Fall ausreicht, um vor größeren Mengen giftiger Substanzen in importierten Produkten zu schützen. Wenn ein Produkt mehr als den in Artikel 33 der REACH-Verordnung festgelegten Wert von 0,1 Prozent Anteil eines besonders besorgniserregenden Stoffes enthält, muss dieses vom Hersteller angezeigt werden. Bei komplexeren Produkten wie Spielzeugen, Schuhen, Computern, Möbeln oder Werkzeugen können Einzelteile giftige Stoffe enthalten werden die 0,1 Prozent aber auf das Gesamtgewicht bezogen, kann rein rechnerisch die Grenze relativ problemlos unterschritten werden. Doch die Produkte könnten dann weniger harmlos sein als angenommen.
Der Nordische Rat, der sich aus Parlamentsabgeordneten der skandinavischen Staaten zusammensetzt, hatte schon früher Grenzwerte für einzelne Bauteile oder für enthaltene Materialien gefordert. In der Studie wurde nun nachgewiesen, dass größere Mengen giftiger Substanzen ohne Informationspflicht eingeführt werden können, wenn sich die Grenzwerte auf das Gesamtgewicht beziehen. Beispielsweise können so jährlich rund 900 Tonnen eines bestimmten Giftstoffes in importierten Schuhen ihren Weg zu den VerbraucherInnen finden, ohne dass dies angegeben werden muss.
Ausgeführt wurde die Studie von dem Hamburger Institut Ökopol und dem Öko- Institut. Studie (engl., 115 S.): www.kurzlink.de/svhc-studie2010, umwelt aktuell, März 2010, S. 10
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EU-Kommission hält Palmöl für nachhaltig Nach Ansicht der EU-Kommission entsprechen Biokraftstoffe, die aus Palmöl gewonnen werden, den Nachhaltigkeitskriterien der EU. Biokraftstoffe aus tierischen und pflanzlichen Abfallprodukten könnten sogar als besonders positiv gewertet werden. Das geht aus einem inoffiziellen Entwurf der Kommission hervor, der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe aus unterschiedlichen Quellen definieren soll. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie aus dem Jahr 2008 legt zwar fest, dass Biokraftstoffe in der EU nur unter Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitsregeln verwendet werden dürften. Kriterien wurden dafür aber nicht definiert.
Umweltorganisationen kritisierten den Entwurf der Kommission scharf. Friends of the Earth Europe (FoEE) sieht vor allem in der Akzeptanz von Ölpalmenplantagen eine Einladung zur Zerstörung von Regenwäldern. Die Produktion von Palmöl bisher vor allem für die Nahrungsmittel- und die Chemieindustrie ist nach UN-Angaben heute schon die Hauptursache für die Vernichtung von Regenwäldern in Malaysia und Indonesien.. Eine stärkere europäische Nachfrage werde diese Situation noch verschlimmern, so FoEE. Die Organisation Transport & Environment warnte, dass auch die Bevorzugung von Abfällen bei der Bilanzierung der Biokraftstoffe falsche Anreize setzen würde. Wahrscheinlich würden tierische Fette dann nicht mehr für Kosmetika eingesetzt, sondern zu Biokraftstoffen verarbeitet. Die Kosmetikindustrie würde dann stärker auf Palmöl zurückgreifen, was die Zerstörung der Regenwälder abermals verstärken würde. FoEE: wwwJoeeurope.org (Agrofuels), umwelt aktuell, März 2010, S. 13
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Schlecht informiert SUISSEUROPE, das Blatt des Intergrationsbüros EDA/EVD des Bundes schreibt, das EU-Parlament habe die neue Kommission Barroso II erstmals unter dem Vertrag von Lissabon bestätigt. „Neu stellt jedes EU-Land eine Kommissarin oder einen Kommissar“. Das war auch bisher der Fall. Im Verfassungs-Vertrag sollte die Vertretung aller Länder aufgehoben werden. Im die Iren zu ködern, wurde dann übergangsweise garantiert, dass alle Länder in der Kommission vertreten sind. Es ist kaum vorstellbar, dass das Integrationsbüro so schlecht informiert ist. Offenbar will man Dynamik hin zu mehr „Demokratie“ vorspiegeln. SUISSEUROPE, Ausgabe 1, März, 2010. www.europa.admin.ch
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SP-Parteiprogramm – Entwurf Bezüglich EU-Politik ist im SP-Parteientwurf der SP (26. März 2010) nichts neues zu finden. Die EU wird weiterhin als Friedensprojekt verklärt – auf dem Weg zu einer Sozialunion. „Klar: Auf dem Weg zur Demokratisierung der EU und zur Errichtung einer echten Sozial- und Wirtschaftsunion bleibt viel zu tun, neoliberale Konzepte wirken auch in der EU und auf diese ein. Auch Rückschläge sind möglich“. Die neoliberalen Konzepte wirken, gemäss dieser Darstellung, irgendwie am Rande beim hehren „EU-Friedensprojekt“ mit. Eine Analyse der politischen Möglichkeiten, die neoliberalen Konzepte zurückzudrängen, die immerhin quasi verfassungsmässig in den EU-Verträgen festgeschrieben sind, fehlt. Nun, das ist ja nicht verwunderlich, haben uns die Sozialdemokraten in der heiligen Allianz mit den Christdemokraten das rechtsliberale, antidemokratische Neue Europa doch eingebrockt. Da erstaunen dann irreal anmutenden Aussagen wie „Auf der Weltbühne gibt es aber keinen anderen globalen Player, der so klar für die Menschenrechte und für soziale und ökologische Leitplanken der Globalisierung eintritt wie die EU“ nicht mehr.
Weniger erstaunt dann wohl die Aussage: „Die europäische Integration und die Globalisierung der Welt sind daher transnationale Entwicklungen, die dem Charakter der Sozialdemokratie strategisch entsprechen“. Die strategische Ausrichtung etwa des Lissaboner Vertrages? - z.B. die quasi verfassungsmässige Festschreibung von mehr Rüstungsausgaben.
Weiter heisst es „Die nationale Grenze ist als Rahmen für politisches Handeln löchrig geworden und eignet sich nicht für die Lösung der grossen Probleme mit ihren internationalen Dimensionen: Klimawandel, Migrationsbewegungen, Warenhandel und Kapitalverkehr, Finanzspekulation, Massenkommunikation, Kooperationen im Bereich der Wissenschaften, Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechte, Krieg und Frieden. Mehr als je zuvor muss sich sozialdemokratische Politik international orientieren und einbringen“. Die EU hat allerdings den Klimawandel mit ihrer neoliberalen Wachstumspolitik bisher eher verschärft als bekämpft und durch Warenhandel und Kapitalverkehrsliberalisierung Verkehrsprobleme und Finanzspekulation angeheizt. Für Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Massenkommunikation, Kooperationen im Bereich der Wissenschaften, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte brauchen wir die UNO und den Europarat. Und bezüglich des Friedens hätten wir auf die aufrüstende EU lieber verzichtet.
Im Papier heisst es weiter „Dennoch bleibt der Nationalstaat ein zentraler politischer Handlungsraum. Das gilt vor allem für die Schweiz, die noch (es darf gekichert werden!) nicht der Europäischen Union angehört. Sie hat ihre Position als einer der weltweit führenden Finanzplätze, als Land mit Spitzenforschung und Spitzentechnologie, mit hochqualifizierter Arbeitnehmerschaft, als Volkswirtschaft mit extremer Exportorientierung, als Einwanderungsland, als Sozialstaat, als direkte und föderalistische Demokratie im grossen Ganzen behaupten können. Die internationalen Megatrends zeigen sich aber auch in der Schweiz: der grassierende Neoliberalismus, der einer dramatischen Kräfteverschiebung innerhalb des bürgerlichen Lagers zugunsten der nationalkonservativen Rechten Vorschub leistet, wo Verlierer der Unterschicht und vom sozialen Abstieg bedrohte Mittelschichtsangehörige nun ihr Heil suchen; die Rückkehr des Shareholder-Values und der von ihm ausgehenden extremen Renditeorientierung des Kapitals; die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich; der Frontalangriff auf den Sozialstaat; die steigende Zuwanderung und ihre populistische Bewirtschaftung zulasten der SP; auf der anderen Seite die politische Öffnung des Landes nach aussen, sichtbar geworden im UNO-Beitritt und in den bilateralen Verträgen mit der EU.“ Die entscheidende Gestaltung dieser Entwicklungen durch die EU an diesen Entwicklungen wird unterschlagen.
Ziemlich pathetisch heisst es dann: „Gleichzeitig war die Sozialdemokratie immer Teil einer internationalen Freiheitsbewegung. Seit ihren Anfängen ist sie eine Emanzipationsbewegung der Arbeiterschaft und eine Demokratiebewegung, welche für die Teilhabe aller am Staat kämpft. Sie war es, die in ganz Europa die Ideen der Französischen Revolution und der Revolution von 1848 weiterführte. Demokratiegeschichte ist in Europa von der Geschichte der Sozialdemokratie nicht zu trennen. Sie hat Freiheitsrechte und Demokratie erstritten, das Frauenstimmrecht erkämpft und sich jeder Diktatur und staatlichen oder nichtstaatlichen Unterdrückung widersetzt.“ Es ist unbestreitbar, dass soziale Bewegungen und teilweise die Sozialdemokratie zur Entwicklung der Demokratie in Westeuropa einen wesentlichen Beitrag leisteten. Es ist aber auch unbestreitbar, dass es in der Sozialdemokratie immer wieder elitistisch- und bürokratisch-antidemokratische Tendenzen gab. Diese feiern spätestens seit Ende der 80er Jahr in Form der enthusiastischen Begrüssung des antidemokratischen, neoliberalen EU-Projektes neue Urstände. Die Verdienste früherer Generationen von Sozialdemokraten für die Demokratie werden von der SP heute für den Kampf gegen die Demokratie durch einen EU-Beitritt hemmungslos instrumentalisiert.
„Zur Vereinigungsfreiheit gehört auch das Recht auf kollektive Kampfmassnahmen gegen Arbeitgeberwillkür.“ Von den gewerkschaftsfeindlichen Urteilen des EU-Gerichtshofes haben die Genossen offenbar nichts gehört.
Selbstverständlich wird wieder der Mythos von der Notwendigkeit der „Mitgestaltung“ in der EU beschworen: „Die europäische Integration unter Führung der EU und die Globalisierung der Welt sind historisch bedeutsame Prozesse. Sie gehen mit einem Souveränitätsverlust der Nationalstaaten einher. Die Schweiz als eng mit der EU verbundener, aber ihr noch nicht angehörender Staat erlebt diesen Souveränitätsverlust schleichend und nennt ihn beschönigend «autonomen Nachvollzug». Der Verlust kann nach Ansicht der SP nur durch den Souveränitätsgewinn auf europäischer Ebene kompensiert werden, der mit der EU-Mitgliedschaft verbunden ist.“ Im Entwurf werden an dieser Stelle das wahrscheinliche Stimmengewicht von ca. 3% nicht erwähnt. Es wird nicht erwähnt, wer dann in Brüssel mitredet (Stärkung der Exekutive und der Verwaltung zu Lasten des Parlamentes und der stimmberechtigten Bevölkerung). Eben, wir wissen ja, welche Bevölkerungsschichten die neue Sozialdemokratie verteidigt. Wenigstens wird nicht wie auch schon – dem Leser völlige Naivität unterstellend - behauptet, man könne fehlendes Gewicht durch die Güte der Argumente ersetzen.
http://www.sp-ps.ch/fileadmin/downloads/Medienkonferenzen/2010/100407_mk_parteiprogramm/100407_Entwurf_SP_Parteiprogramm_d.pdf
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